Soll man Kunden mit zu vielen Retouren einfach kündigen?

vom 06.08.2013, 13:25 Uhr

Übrigens kann man wohl von einem Kunden erwarten, dass er den Verstand einschaltet und sich überlegt, was er online bestellt und was nicht.

Und das steht wo geschrieben? Damit würdest du unser Wirtschaftssystem praktisch abschaffen und das Geheimnis des Erfolgs zu Grabe tragen. Das ist nun mal der Konsum. Nicht der sinnvolle Verbrauch! Übrigens wird der Kunde schon seinen Verstand nutzen, wenn er sich 20 Tablets zur Ansicht bestellt um vielleicht eines zu behalten. Im Laden kann es sie sich doch auch anschauen?[/quote] Ich kann mir bei Amazon und anderen Internethändlern sogar 120 und vermutlich noch mehr Tablets anschauen. Klar kann ich die online noch nicht anfassen.

Aber man kann, als halbwegs intelligenter Mensch schon mal eine Vorauswahl treffen, so dass man vielleicht noch drei zur Vorauswahl bestellt, weil schon eine ganze Menge Geräte aufgrund technischer Ausstattung oder der Preisgestaltung nicht interessant sind. Neben den Fotos hat man ja auch immer noch die Möglichkeit, Rezensionen anderer Kunden zu lesen uns sich vorab eine Meinung zu bilden. Wenn schon zehn Leute geschrieben haben, dass das Tablet XY wacklige Knöpfe und einen billigen Plastiklook hat, dann muss ich das auch nicht bestellen, wenn ich auf der Suche nach etwas im noblen Aluminiumcase bin. Oder?

Und Konsum heißt eigentlich eben das Kaufen, das Ge- oder Verbrauchen und gegebenenfalls das Neukaufen. Massenhaftes bestellen von Waren mit anschließender Retoure bringt keinen Profit. Das alleine ist als Massenphänomen sicherlich geeignet, unserem Wirtschaftssystem ordentlich Sand ins Getriebe zu streuen. Die einzigen die da satt profitieren, das sind die Paketdienste.

Wenn ich Kinder habe, die den halben Schuhladen durchprobieren wollen, ist es vielleicht sinnvoller das auch im Schuhladen und nicht im heimischen Wohnzimmer zu machen. Also ist es OK wenn der Schuhladen um die Ecke massive Kosten zu tragen hat (Vorhaltung, Verkäufer/Berater, Miete usw.) und damit deshalb vom Markt verschwindet, weil die Online Händler ein Recht darauf haben, nur Kunden zu bedienen die definitiv "intelligent" kaufen? Wo ist denn da eine sinnvolle Begründung? Wieso also soll Amazon die Geschäftsrisiken nicht haben, der Schuhhändler schon?

Ich glaube, der Vergleich hinkt. Schuhe sind für die Problemlage wohl eher auch nicht das passendste Beispiel. Aber wenn ich eine riesige Auswahl an Gegenständen als Auswahl zu mir nach Hause bestelle, dann sind sie vorübergehend erst mal aus dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Wenn dann jemand auch noch von der relativ großzügigen 30 tätigen Rückgabefrist ausgiebig Gebrauch macht bei Amazon, dann ist vielleicht sogar schon der Sommer vorbei, bis die ungewollten Schuhe wieder im Rücksendezentrum und Tage später wieder im Onlineshop landen.

Dass das Kosten verursacht, die auch nicht hinter der Lagerhaltung eines konventionellen Ladengeschäfts vor Ort zurück stehen, sollte klar sein. Vor allem kann ich mich im Schuhladen neben eine Mutter mit einer Riesen Schuhauswahl stellen und die darauf ansprechen, dass ich das Paar X bei Nichtgefallen sofort mal meinen Kindern anprobieren möchte. Das dauert dann vielleicht ein paar Minuten.Von daher sehe ich an dem Punkt Schuhläden vor Ort fast sogar ein wenig im Vorteil. Und mit der guten Beratung einer Fachverkäuferin kann man sicherlich auch Schuhe absetzen, die der Kunde online zurück geschickt hätte.

Zudem verstehe ich nicht, warum man wirklich so viele Schuhe bestellen muss. Ich habe nun mal keine Füße von der Stange. Sie sind weit breiter als der Durschschnittsfuß. Aus genau dem Grund habe ich noch nie Schuhe online bestellt, weil ich genau weiß, dass ich so viele Retouren haben werde und das ist mir einfach schon viel zu umständlich und nervend. Deshalb gehe ich in den Laden, wo ich eben wirklich probieren kann, bis ich ein außergewöhnlich breites Modell gefunden habe. Das ist auch für mich praktischer. Ich versteh nicht so ganz, warum das offensichtlich viele anders empfinden.

Wo steht denn geschrieben, dass es dem "Kunden" zugestanden wird, dass er mit seinem Verhalten dafür sorgen darf, dass ein Unternehmen Dank seines Verhaltens einen Verlust macht?
Wieso muss denn der Verkäufer zwangsläufig eine Verlust machen? Er muss bei seiner Preisgestaltung Risiken mit einberechnen. Das ist die Grundaufgabe eines jeden Händlers! Kalkuliert Amazon falsch (um billig zu sein), dann ist das ein Fehler.

Auf jeden Fall solle jeder geschäftsfähige und mündige Bürger mindestens einmal im Leben in der Schule gelernt haben, was ein Kaufvertrag ist und was ein Handelsunternehmen ist. Dass ein Laden nicht die Aufgabe hat, Verluste zu machen und Heilsarmee zu spielen, das sollte jedem glasklar sein. In unserem Wirtschaftssystem geht es nun mal um Profit. Das ein Kunde unerwünscht ist, der permanent nur Verlust und keinen Profit verursacht, das sollte eigentlich auch jedem klar sein. Bestes Beispiel ist da eben auch eine Bank, wo man als unprofitabler Kunde ganz andere Konditionen bekommt, als jemand der ein gutes verlässliches Einkommen hat und zuverlässig seinen Kredit fürs Eigenheim abzahlt.

Beim Thema Kaufvertrag sollte eigentlich auch bei jedem noch aus der Schule im Hinterkopf vorhanden sein, dass man eine so genannte Willenserklärung abgibt, wenn man einen Kaufvertrag abschließt. Das heißt, die Willenserklärung heißt, ich möchte gerne die Ware X oder die Dienstleistung Y kaufen. Wenn man also 20 Tablets bestellt um vielleicht eines zu behalten, dann ist das so von einem Kaufvertrag nicht vorgesehen, weil man ja beim Bestellen eigentlich die Willenserklärung zum Kauf mit abgibt. Das heißt dass man beim Bestellen eigentlich dem Verkäufer mitteilt, ich möchte gerne diese 20 Tablets kaufen.

Von daher finde ich es schon verständlich, wenn dann ein Verkäufer sagt: Hör zu, lieber Kunde, es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte, ob du zwanzig Tablets kaufen oder zur Ansicht bestellen willst. Wenn du die nicht zu kaufen beabsichtigst, dann kostet der Service mit der Auswahl zur Begutachtung eben die Servicepauschale X extra. Schließlich nimmt der Kunde ja einen Service entgegen, der Arbeit und Verschleiß verursacht. Warum also sollte ich als Händler schlechtere Preise machen müssen, nur weil sich einige Leute nicht an die Spielregeln des Kaufvertrages halten wollen, auch wenn es ihnen möglich wäre?


Statt dessen lieber die Herrschaft der Willkür und eben doch immer die unausgesprochene Drohung, dass der Kunde zwar das Fernabsatzgesetz kennen darf es aber nicht zur Anwendung kommen soll - weil nach einer magischen Berechnungsformel die nur Amazon bekannt ist dem gemeinen Kunden der Ausschluss droht?

Eine magische Berechnungsformel sollte es denke ich nicht bleiben. Transparenz wäre hier schon gut. Aber so wie ich es verstanden habe, hat Amazon ja auch nicht mal ansatzweise hunderten Kunden gekündigt, sondern wie es scheint nur ganz wenigen, die es wohl einfach mal total übertrieben haben. Und diese Leute gibt es immer und überall. Wer das Modell der Gaußschen Glockenkurve kennt, weiß, dass es immer eine winzig kleine Menge gibt, die zu einem extremen Wertebereich gehören. Ich denke auch nicht, das man bei Amazon denjenigen an den Kragen will, die ein absolut durchschnittliches Bestell- und Rücksendeverhalten an den Tag legen.

Zudem sind Schuhe und Kleidungsstücke nicht unbedingt die besten Beispiele für diese Sachlage, wie ich finde. Bei solchen Waren ist es sicherlich haushaltsüblich relativ hohe Rückläufe zu haben. Die sind sicherlich auch Branchenüblich und mit in den Preis einkalkuliert. Aber um das Tablet von einem Vorschreiber wieder aufzugreifen: Warum muss man da zwanzig Exemplare bestellen, nur weil man sie ansehen will?

Ebenso mit Computern, MP3-Playern oder anderen Geräten: Kann man sich nicht vor Kauf entscheiden, ob Schwarz nicht vielleicht doch ein wenig zu dunkel ist oder ein Display mit 3,8 Zentimetern doch etwas zu klein für einen Videoplayer ist? Kann man nicht schon im Vorfeld wissen, dass ein Player mit einer 4 GB Speichereinheit für die eigene Musiksammlung zu klein ist? Offensichtlich scheint das einigen schon zu großer Aufwand zu sein.

Oder wie erklärt man sich sonst, dass bei Amazon Warehouse deals überreichlich viele technisch vollkommen einwandfreie Geräte im Angebot sind, die nun als gebraucht billiger verkauft werden, weil sie irgend jemandem nicht zugesagt haben? Sicher gibt es immer mal wieder das Geschenk, das auf Verdacht gekauft doch nicht so gut gefällt. Aber in den Massen kommt das sicher nicht vor. Und da wird Amazon sicher auch unterscheiden, ob jemand sich ständig mal das neueste technische Spielzeug zur Ansicht bestellt, oder ob die Schuhe leider tatsächlich nicht passten.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Wieso muss denn der Verkäufer zwangsläufig eine Verlust machen?

Ich habe doch klar und deutlich geschrieben, dass ich mich auf einen Artikel bezogen habe in dem dargelegt wurde, dass es inzwischen Kunden gibt, mit denen Versandunternehmen überhaupt keinen Gewinn mehr machen sondern im Gegenteil noch Unkosten haben. Ich denke die Diskussion macht keinen Sinn, wenn meine Beiträge nicht mal ordentlich gelesen werden oder wenn ich absichtlich falsch verstanden werde.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ein Konto zu sperren, weil es zu viele Retouren gab, halte ich schon für etwas überzogen, kenne aber solche Maßnahmen schon immer. Dennoch halte ich es nicht für gerechtfertigt und denke, es ist problematisch, da Grenzen zu ziehen. Handelt es sich um Rücksendungen, weil die Ware einfach unbrauchbar ist, ist es für nicht gerechtfertigt, handelt es sich aber um Rücksendungen, weil man zum Beispiel vier mp3-Player bestellt hat und nur einen behalten möchte, die anderen bestellt hat, um sich zu entscheiden, sehe ich es etwas anders. Die Begründung stellt für mich durchaus ein Argument da, wenn es darum geht, Kunden auf ihre Rücksendungen aufmerksam zu machen und mit Konsequenzen zu versehen.

Ich denke jedoch, man sollte dem Kunden auch die Möglichkeit geben, überhaupt zu wissen, dass sein Konto gesperrt werden könnte, da man zu viele Rücksendungen erhalten hat. Sicherlich ist eine Rücksendung immer mit Unkosten versehen, aber manchmal sind Rücksendungen berechtigt.

Allerdings muss ich sagen, seitdem ich bei Amazon Kunde bin, habe ich dort nur ein- oder zweimal etwas zurückschicken müssen und ich denke, das geht vielen so. Im Gegensatz zum Kleidungskauf, den ich online mache, ist es bei Amazon eher Unterhaltungsmedien, die ich dort einkaufe und geht etwas kaputt oder etwas funktioniert nicht, geht es ganz klar wieder zurück. Aber häufig ist es nicht vorgekommen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



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