Spontane Überstunden zulässig?
Ich hatte vor zwei Wochen die Situation, dass die eine Kollegin vom Empfang plötzlich zu mir kam und fragte, ob ich denn heute mal "spontan" bis 17:00 Uhr arbeiten könnte. Ich habe natürlich erst mal geschluckt, weil ich an dem Tag um 15:00 Uhr Feierabend gehabt hätte. Und innerlich hat mich das auch richtig angestunken, weil ich a) nicht darauf vorbereitet war und b) mir 17:00 Uhr auch viel zu spät ist.
Ich sagte dann zwar zu, aber widerwillig. Als ich dann zwei Tage später zu ihr sagte, dass ich dann am darauf folgenden Montag und Dienstag jeweils eine Stunde früher gehen möchte, meinte sie, dass das nicht gehen würde. Ich fragte sie, warum, aber so richtig beantworten konnte sie mir das auch nicht. Also sagte ich ihr, dass ich dann am Dienstag zwei Stunden früher gehen möchte. Da kam dann wieder ein blöder Spruch, warum ich denn nicht sammle und dafür mal einen Freitag zu Hause bleiben könnte.
Das hat mich echt geärgert, denn ich will ja nicht sammeln und ich mache auch keine Überstunden. Als ich das Einstellungsgespräch mit meinem Chef hatte, hat er auch zu mir gesagt, dass wir hier keine Überstunden machen. Im Nachhinein habe ich mich auch geärgert, dass ich das mit den Stunden nicht mit dem Chef abgesprochen habe, denn die besagte Kollegin hat mir im Grunde gar nichts zu sagen.
Aber mich würde mal interessieren, ob das überhaupt zulässig war. Meiner Ansicht nach müssen Überstunden rechtzeitig angekündigt werden und nicht von heute auf morgen. Ich hätte ja auch einen Termin haben können. Klar, der Hintergrund war der, dass zwei Kolleginnen krank waren, so dass in der unteren Etage, wo ich sitze, niemand war und die Kollegin oben alleine war und jedes Mal, wenn jemand kommt, hätte herunter laufen müssen. Trotzdem mache ich so etwas nicht noch einmal, jetzt bin ich vorbereitet. Wenn so eine Frage noch mal kommt, habe ich eben einen Termin, Punkt.
Innerbetriebliche Arbeitsabläufe zu organisieren, dass auf der einen Seite der Sinn der Firma, die Bedienung der Kunden, auf der anderen Seite die Belange der Beschäftigten, also derer, die den Dienst am Kunden und alles, was damit in Zusammenhang steht, leisten, ist in einschlägigen Ausbildungen, Seminaren und Kursen oft genug durchgekaut worden.
An diesem Beispiel sieht man ganz deutlich, dass es einer Organisation bedarf. Auf der einen Seite kann eine Firma ohne Mitarbeiter nicht existieren, auf der anderen Seite sollten die Ansprüche der Arbeitnehmer nicht allzu hoch geschraubt werden. Schon im 19. Jahrhundert bildeten sich dann Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen heraus. Der Streik der Arbeiter kann auch nur so lange durchgehalten werden, wie es das Budget der Streikkasse ermöglicht. Der Streikende wird sonst nicht nur den Arbeitgeber, den Unternehmer, oder ganz klassenkämpferisch ausgedrückt, den Kapitalisten, schädigen, ohne sich auf Dauer selbst damit zu schaden. Diese Zusammenhänge hatte man schon im historischen Ablauf recht früh erkennen müssen.
In jeder Firma ist nun die Balance zwischen den nunmehr im Arbeitsrecht ihren Niederschlag findenden und zwischen den Tarifparteien ausgehandelten Bedingungen nicht immer so leicht zu erfüllen.
Kann nur aus eigener Erfahrung berichten. Dort war im Arbeitsvertrag festgesetzt, dass Überstunden mit dem Lohn abgegolten sind. Ausnahmen bildeten natürlich die Reisekostenabrechnungen. Diese Methode hängt auch mit der Art der Tätigkeit zusammen. Das Arbeitsvolumen schwankte sehr stark, und die Tätigkeiten mussten dann unter Umständen auch am Wochenende oder nachts ausgeführt werden.
Wenn es sich um einen klassischen Nine-to-Five-Job handelt, würde man das schon anders sehen können. Ob nun Anträge sofort bearbeitet werden müssen, oder doch bis morgen Zeit hätten, diesen Spielraum müsste einmal der Dienstherr, beziehungsweise der Chef entscheiden, oder ein anderer Verantwortlicher. In so einer oder ähnlichen Situation wäre das kurzzeitige Umdisponieren des Personals nicht unbedingt nötig. Hauptsache, das Ziel 30.000 Anträge pro Monat der Prämiensparabteilung im Finanzamt wird bis zum Stichtag rechtzeitig genug abgeleistet. Nur als Beispiel.
Sollten sich die Überstunden aber in nicht unerheblichen Maße anhäufen, sehe ich schon eher eine Chance, dass der Arbeitnehmer mit diesbezüglichen Beschwerden zu seinem Recht kommt. Bisweilen kurzfristig für Kollegen einzuspringen, scheint aber heute nicht selten die geübte Praxis. Da sollte man lieber den Ball flach halten. Sonst ist man bei der nächsten Entlassungswelle bestimmt mit von der Partie.
Anders würde es sich verhalten, wenn nun immer wieder bestimmte Kollegen für sich "Sonderrechte" beanspruchten. Bei sonst gleicher Position und gleichem Lohn. Man hat ja heute das verbriefte Recht, zu erfahren, wieviel die lieben Kollegen so verdienen. Abgesehen davon finde ich dieses "Recht" für problematisch. Ursprünglich sollte das BGH-Urteil nur dazu dienen, die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen aufzubrechen. In der Praxis schürte dies erst recht unter Umständen den Neid und die Missgunst unter den Kollegen.
Beispiel: In der Fabrik müssen im Produktionsbereich schwere Gegenstände gehoben werden. Dafür hat der Arbeitgeber extra Elektrohebezeuge angeschafft. An diesem Arbeitsplatz können dann auch Frauen beschäftigt werden. Nun verhält es sich oft so, dass diese Hebezeuge stark beansprucht werden und dementsprechendem Verschleiß ausgesetzt sind, sprich defekt sind. Oder, dass sich die Frauen nicht trauen, mit den Geräten umzugehen. Dann wird immer nach dem "starken Mann" gerufen, der die schweren Gegenstände mit Muskelkraft, ohne Hilfsmittel bewegen muss, damit die Produktion nicht ins Stocken gerät, ohne dass er dafür extra Geld bekommt.
Jetzt Frauen und Männer an derselben Einsatzstelle denselben Lohn zu zahlen, halte ich für nicht gerechtfertigt, da ja nicht beide dieselbe Arbeit leisten. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber im Sinne seiner Fürsorgepflicht elektrische Hilfsmittel angeschafft hat. Allein die Anschaffung derselben begründet noch kein Notwendig Werden körperlich schwerer Belastung, die sich aus der Art Arbeit intrinsisch ergibt. Aber das ist ein anderes Thema.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Patientenakte funktioniert bei Euch? 1692mal aufgerufen · 5 Antworten · Autor: Gorgen_ · Letzter Beitrag von Gorgen_
Forum: Politik & Gesetz
- Patientenakte funktioniert bei Euch?
- Alte Videos (VHS) digitalisieren lassen - eure Erfahrungen? 1998mal aufgerufen · 14 Antworten · Autor: Emmi22 · Letzter Beitrag von Gorgen_
Forum: Technik & Elektronik
- Alte Videos (VHS) digitalisieren lassen - eure Erfahrungen?
- Bubble Tea aus dem Supermarkt - lohnt sich das? 2355mal aufgerufen · 6 Antworten · Autor: GoroVI · Letzter Beitrag von fragdenapotheker
Forum: Aktuelles
- Bubble Tea aus dem Supermarkt - lohnt sich das?
- Wie findet ihr etwa das Tafelsackerl von der Bäckerei Geier? 1221mal aufgerufen · 8 Antworten · Autor: fragdenapotheker · Letzter Beitrag von fragdenapotheker
Forum: Essen & Trinken
- Wie findet ihr etwa das Tafelsackerl von der Bäckerei Geier?
- Pflanzen Krankheiten - welche sind am meisten verbreitet? 1458mal aufgerufen · 2 Antworten · Autor: Darling2 · Letzter Beitrag von Gorgen_
Forum: Garten & Pflanzen
- Pflanzen Krankheiten - welche sind am meisten verbreitet?