Sich von der Agentur für Arbeit unter Druck gesetzt fühlen?
Glücklicherweise hatte ich erst dreimal mit der Agentur für Arbeit zu tun. Das erste Mal war im Jahr 2009, als ich auch zum ersten Mal arbeitslos geworden bin. Es ist ja nicht so, dass ich nicht auch selber aktiv nach einem neuen Job gesucht hatte, aber die Leute dort sind mir tierisch auf die Nerven gegangen. Zum einen musste ich öfter zu Terminen und zum anderen haben die mir Jobangebote geschickt, wo ich mindestens 45 Minuten hätte fahren müssen und das wollte ich natürlich nicht.
Dann wollten sie mich in eine Art Maßnahme für Bewerbertraining schicken. Das habe ich natürlich abgelehnt, weil es einzig und allein der Tatsache dienen soll, dass man aus der Arbeitslosenstatistik heraus fällt. Und ich hatte auch keine Lust, mich sieben Stunden in einen Raum zu setzen und dort sinnlos beschäftigt zu werden. Glücklicherweise hatte ich dann zeitnah einen Job gefunden, so dass man mich dann auch in Ruhe gelassen hat.
Das zweite Mal war im Jahr 2020, als ich durch Corona arbeitslos geworden bin. Aber da war es ja glücklicherweise so, dass die Termine alle telefonisch stattgefunden haben, um die Kontakte zu vermeiden. In der Zeit sind die Mitarbeiter dort mir auch kaum auf die Nerven gegangen. Auch Jobangebote haben sie mir fast keine zugeschickt.
Im Jahr 2024, als ich Ende Januar gekündigt und noch für den Februar bezahlt freigestellt wurde, habe ich mich zum März arbeitsuchend gemeldet. In der Zeit habe ich aber schon kräftig Bewerbungen geschrieben und auch eine Stelle zum 01. März gefunden. Und was soll ich sagen, es war noch Februar und ich war offiziell noch gar nicht arbeitsuchend, da wurde ich schon von der Agentur für Arbeit angeschrieben und es wurde mir ein Gesprächstermin geschickt.
Darüber habe ich mich sehr geärgert, denn ich war ja offiziell noch nicht ohne Arbeit und die haben nichts Besseres zu tun, als mich anzuschreiben. Auch Jobvorschläge habe ich dann kurze Zeit später bekommen, so dass ich mich extrem unter Druck gesetzt gefühlt habe. Die sollten sich doch lieber um die Langzeitarbeitslosen kümmern und nicht um diejenigen, die noch nicht mal arbeitslos sind!
Als ich dann den Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, habe ich mich auch direkt wieder bei der Agentur für Arbeit online abgemeldet. Und trotzdem haben die mir noch Vermittlungsvorschläge geschickt. Da kann man mal sehen, dass gar nicht genau hingeschaut wird. Ich habe dann noch mal eine Nachricht an meine zuständige Sachbearbeiterin geschrieben, dass ich bereits in Arbeit bin und man mir bitte keine Jobangebote mehr zuschicken möge.
Hattet Ihr auch solche oder ähnliche Erfahrungen mit der Agentur für Arbeit? Und was denkt Ihr darüber, wäre es nicht sinnvoller, sich erst mal um die Leute zu kümmern, die schon länger arbeitslos sind?
Sehr ärgerlich war die Zahlungsaufforderung vom Landesarbeitsamt für angeblich zu viel gezahlte Leistungen. Dabei war diese Forderung von mir bereits Monate vorher beglichen worden, nachdem ich von der neuen Firma in Festanstellung übernommen worden war und das erste Gehalt auf dem Konto hatte. Das Einzige, was sie mir erlassen hatten, waren die Verzugszinsen.
Ich sehe in diesem Vorfall die Tatsache bestätigt, dass der Begriff "Arbeitslosigkeit" und die Person "Arbeitsloser" nicht nur in der Bevölkerung allgemein negativ besetzt ist, nein, die Ämter selbst gehen stillschweigend von Betrugsversuchen aus. Jeder Arbeitslose ist also ein Betrüger. Dabei wäre es genau andersherum. Das Amt hatte mich betrogen. Wie ich hinterher feststellte, hätte ich sogar Anspruch auf drei Monate Leistungen mehr gehabt, wenn ich direkt zu Anfang einen Widerspruch eingelegt hätte. Die Sperrzeit am Anfang war nicht rechtens. Ich hatte sogar zwischenzeitlich einen Rechtsanwalt mit dem Fall befasst. Ohne Erfolg.
Der Rechtsanwalt selber behandelte mich wie den letzten Dreck. Er machte die Bemerkung: "Nun wollen Sie noch mehr Geld abzocken?" Konnte ihm die unbegründete Mahnung vorlegen. Da das Geld ja bereits zurückgezahlt worden war, bestanden ja keinerlei Verbindlichkeiten mit dem Amt mehr. Er hat das Mandat abgelehnt. War auch nicht nötig, ihm noch Geld in den Rachen zu stopfen, wenn er so wie so einen wenig lukrativen Bagatellfall übernommen hätte, wo er außer juristisch einwandfrei formulierten Schriftwechsel zu führen nichts Substanzielles hätte tun müssen. Money for nothing.
Noch ärgerlicher fand ich die Abmeldung bei der Krankenkasse und dem Rententräger für sage und schreibe drei Tage. Dann hätte ich sogar noch ein Doppelarbeitsverhältnis gehabt. Eines nach Steuerklasse I und eines nach Steuerklasse VI. Nur weil ich von einem Arbeitgeber zum anderen gewechselt hatte. Der Übergang von einem zum anderen hatte sich angeblich zeitlich überschnitten. Auf der anderen Seite fehlte die Meldung für drei Tage.
Und die Rentenkasse sagte mir, für drei Tage würden sie keinen Vertrag abschließen. Ich fühlte mich völlig über den Tisch gezogen. Statt den Arbeitslosen über seine Rechte und Pflichten aufzuklären und ihm die Formalitäten zu erleichtern, macht es das Arbeitsamt erst recht kompliziert. Eine Begründung für diese Vorgehensweisen sehe ich darin, dass dadurch die Eigeninitiative des Arbeitslosen stärker motiviert werden soll, durch Arbeitssuche und -aufnahme den unliebsamen, gesellschaftlich und von den Ämtern geradezu geächteten Zustand Arbeitslosigkeit so schnell wie irgend möglich zu beenden.
Dass dabei alle Beschäftigungslose über denselben Leisten geschlagen werden, finde ich nicht gut. Sicher, es gibt Jugendliche, die benötigen einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten, um in die Pötte zu kommen, auf der anderen Seite gibt es genug Leute, denen nach langjähriger Tätigkeit, wie es heißt, "aus betrieblichen Gründen" gekündigt wurde, und aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters kaum noch eine reelle Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten.
Was ich unbedingt noch loswerden wollte, ist, dass sich mir die Berechnungsgrundlage des Arbeitslosengeldes I nicht erschließt. Also, da habe ich früher einmal eine Tätigkeit über ein Zeitarbeitsunternehmen ausgeübt, bei der mir der Chef versprach, ich käme auf Tariflohn wie die Festangestellten, wenn ich Überstunden und Wochenenddienste machen würde.
Entgegen der landläufigen Meinung, die auch das Arbeitsamt vertreten hat, man könne bei Zeitarbeitsverhältnissen nicht gekündigt werden, dieses müsse Lohnfortzahlung leisten, auch wenn "Flaute" herrsche, kündigte mir dieses Unternehmen damals dann doch..
Nun beim Arbeitsamt gemeldet: Das Arbeitslosengeld wurde jetzt zurück gerechnet, auf das, was ich bekommen hätte, wenn ich eine reguläre, von den Gewerkschaften propagierte Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche gehabt hätte. Also nicht unerheblich weniger. Nach deren Berechnungsgrundlage wären es noch nicht einmal 4 Euro pro Stunde gewesen, wofür ich angeblich gearbeitet hätte. Wie ich durch Indiskretion herausgefunden hatte, bezahlte der Unternehmer 12 Euro pro Stunde für mich an das Zeitarbeitsunternehmen. Diese Drittelung ist sogar bis heute üblich: Rest also für Zeitarbeit und Staat (Steuer, Sozialabgaben).
Dabei habe ich mehr Steuern und Sozialabgaben für Überstunden und Wochenenddienste abgezogen bekommen. Diese Mehrleistung von mir wurde mir nicht auf das zu erhaltende ALG I angerechnet. Das finde ich einfach ungerecht. Gerade im Niedriglohnsektor kann ich dann durchaus nachvollziehen, dass dann keiner mehr arbeiten will für solch einen Hungerlohn. Aber die Zeiten waren damals so.
Schaue ich mir die heutigen Mindestlöhne so an, dann frage ich mich, wer das bezahlen soll. Insgesamt schlägt das dann auf Lebenshaltungskosten durch. Unterm Strich hat keiner gewonnen dabei. Und Motivation, arbeiten zu gehen, ist das dann auch nicht, wenn hinterher alles wieder derart ungerecht versteuert und sozial vergabend wird.
Natürlich kann auch ein Zeitarbeitsunternehmen entsprechend der gesetzlichen Regelungen kündigen. Und, das sollte man nie vergessen, viele Arbeitgeber (egal ob Zeitarbeitsunternehmen oder nicht) kündigen rechtswidrig, weil sich die meisten Arbeitnehmer nicht wehren.
Denn wenn nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben wird, ist eben auch die unrechtmäßig ausgesprochene Kündigung wirksam. Das geringe Prozessrisiko nehmen viele Unternehmen in Kauf.
Und was regst du dich darüber auf, dass dein Leiharbeitsunternehmen für dich 12 Euro pro Stunde kassiert hat? Rechne bitte mal realistisch! Das Zeitarbeitsunternehmen trägt das Risiko. Es muss deine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zahlen, deinen Urlaub und deine Nichtbeschäftigung einschließlich Sozialabgaben und Steuern finanzieren. Der ganze administrative Teil muss finanziert werden. Außerdem ist das keine karitative Einrichtung, Gewinn sollte auch rausspringen. Bei uns kostet ein Leiharbeiter das Unternehmen mindestens 50 Euro pro Stunde. Davon kommen 29 Euro brutto beim Leiharbeiter an.
Und was die Berechnung von Arbeitslosengeld 1 angeht, ist das eigentlich ganz einfach. Maßgeblich ist dein durchschnittliches sozialversicherungspflichtiges Bruttoeinkommen der letzten 12 Monate, in denen du sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst.
Und Grundlage ist natürlich nicht, was das entleihende Unternehmen dem Zeitarbeitsunternehmen gezahlt hat, denn das ist nicht dein Arbeitgeber. Das ist das Zeitarbeitsunternehmen und daher gilt deren Abrechnung. Du schreibst, du hast an Wochenenden und Feiertagen gearbeitet, die Zuschläge fließen beispielsweise nicht mit ein, weichen sie nicht sozialversicherungspflichtig sind.
Deine Überstunden dürften auf einem Arbeitszeitkonto gelandet sein. Auch wenn du das dem Zeitarbeitsunternehmen nicht geschenkt hast, ist die Auszahlung schätzungsweise nach Antrag auf Arbeitslosengeld erfolgt. Ergo kein Lohn der letzten 12 Monate.
Also ist das Bruttoeinkommen zur Berechnung deutlich niedriger als auf deiner Lohnabrechnung. Daraus wird der Tagessatz berechnet, also pauschal durch 30. Das dann minus pauschalierter Steuern und Sozialabgaben. Das ist teurer als mit Steuererklärung.
Jetzt hast du den Tagessatz und von dem bekommst du ohne Kinder 60 Prozent und mit Kindern 67 Prozent. Diese ziemlich mickrige Summe mal 30 gleich dein Arbeitslosengeld.
Aber zurück zum Ursprungsthema. Warum sollte man sich unter Druck gesetzt fühlen, wenn die Agentur für Arbeit ihren Job macht und einen Termin vergibt und Vermittlungsvorschläge macht? Das ist doch ganz normal. Schließlich soll man schnell in Arbeit und eventuelle Probleme sollen schnell beseitigt werden. Langzeitarbeitslose sind doch gar nicht deren Klientel.
Muss mich erst einmal bei @cooper75 für die fundierten Ausführungen bedanken. Allerdings muss ich noch einige Korrekturen zu meinen Ausführungen anbringen. Der Nettolohn wäre, nach Umrechnung heute etwa 3 Euro gewesen (ein Witz nach heutigen Maßstäben). Die Wochenenddienste und Überstunden wurden zum damaligen Zeitraum tatsächlich anders behandelt, als das dem heutigen Stand entspricht. Und der Unternehmer zahlte das Doppelte an da Zeitarbeitsunternehmen für Arbeitszeit über die "normale" Regelarbeitszeit 48 Stunden.
Ich bezog mich bei meiner Überlegung darauf, was mir an Bruttolohn auf dem Lohnzettel stand, und was dann netto ausbezahlt wurde. Die Differenz waren dann die Steuer und Sozialabgaben. Danach hätte das ALG I damals um einiges höher ausfallen müssen. Die Pauschalierung hat Überstunden und Sonnabend- und Sonntagsarbeit nicht als "reguläre" Arbeit eingestuft, aber dafür sind tatsächlich anhand meiner alten Unterlagen zum damaligen Zeitpunkt Sozialabgaben und erhöhte Steuersätze an den Staat abgeflossen.
Gehe davon aus, dass die neueste Sozialgesetzgebung diese Dinge berücksichtigt hat, es also heute nicht mehr zu solchen Unstimmigkeiten kommt. Die Berechnungsgrundlagen haben sich bestimmt heute zugunsten der Arbeitnehmer geändert.
Ein Unterdrucksetzen von Seiten des Arbeitsamtes war bei mir ja eigentlich nicht nötig. Wie ich oben schon anmerkte, war auch in dem genannten Zeitraum das Image des Arbeitslosen extrem schlecht. Da passierten Dinge, die ich so beschreiben möchte: Man wurde wie Mitglieder der niedrigsten Kaste in Indien, wie Parias behandelt. Auch von Ärzten und Zahnärzten. Allein dies motivierte einen, möglichst schnell aus diesem Zustand "Arbeitslosigkeit" heraus zu kommen. Dabei hatte ich auch Tätigkeiten angenommen, die nicht nur schwer, sondern auch schlecht bezahlt wurden. Auf gesundheitliche Dinge wurde überhaupt keine Rücksicht genommen. Vogel friss oder stirb.
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