Virginia Care - um vorzutäuschen, noch Jungfrau zu sein

vom 19.01.2014, 05:07 Uhr

Es gibt ja verschiedene Kulturen, in denen Wert darauf gelegt wird, dass eine Frau noch jungfräulich in die Ehe geht. Sofern dies nicht nur ein Wunsch ist, sondern eine strikte Vorgabe, bei der der Verstoß dagegen auch stark sanktioniert wird, kann dies für die junge Frau ernsthafte Probleme bedeuten. Dann nämlich, wenn sie ihre Jungfräulichkeit schon vorher verloren hat, oder aber vielleicht auch dann, wenn die angeblichen körperlichen Anzeichen von Jungfräulichkeit bei ihr vermutlich nicht in der Hochzeitsnacht auftreten dürften. Es gibt ja dieses in meinen Augen archaische Ritual, angeblich das Bettlaken nach der Hochzeitsnacht auf Blutflecken zu untersuchen. Ebenso gibt es Frauen, die ihre Jungfräulichkeit schon verloren haben, und die Angst haben, ihr Ehemann könnte dies irgendwie körperlich in der Hochzeitsnacht bemerken, weil sich der Geschlechtsverkehr dadurch möglicherweise anders anfühle.

Für die letzten beiden Probleme gibt es nun eine käufliche Lösung, von der ich neulich online zufällig und verwundert erfahren habe: Virginia Care. Es handelt sich dabei um eine Art künstliche Haut, die frau sich wie ein Diaphragma einführen kann. Dieses künstliche Gewebe reißt wohl bei Belastung schnell, ergibt vorher aber einen fühlbaren Widerstand, und außerdem soll es sich wohl auch langsam durch den Kontakt mit Feuchtigkeit auflösen. Dabei wird ein roter Farbstoff, der wie Blut aussehen soll, abgegeben. Mittlerweile gibt es wohl schon zwei verschiedene Farbvarianten davon. Insgesamt soll durch dieses Hilfsmittel der Eindruck einer Entjungferung erzeugt werden. Dazu sollte sich die Nutzerin dieses Ding einfach einige Minuten vor dem Geschlechtsverkehr unauffällig einsetzen.

Als ich von diesem Produkt gelesen habe, fand ich das erst einmal ziemlich erstaunlich. Ich frage mich jetzt noch, was ich davon genau halten sollte. Sollte man froh sein, dass insbesondere muslimische Mädchen somit vielleicht vor Schwierigkeiten bewahrt werden können? Und dabei ginge es wohl nicht nur um Frauen, die nicht mehr jungfräulich sind, sondern vielleicht sogar um weitere, denn nicht jede Frau blutet während der Entjungferung, was von extrem peniblen Familien möglicherweise schon als Verdacht auf Sex vor der Ehe durchgehen könnte. Abgesehen davon gibt es Mädchen, die so verzweifelt sind, dass sie sich notfalls sogar das Hymen wieder operativ zunähen lassen wollen. Da ist es wohl besser, wenn sie sich bloß etwas Künstliches einsetzen lassen, das ist zumindest kein operativer Eingriff, der ja auch Risiken bürgen könnte.

Oder sollte man diese ganze Sache hinterfragen und daher auch die Etablierung solcher Produkte kritisieren? Oder ist es vielleicht moralisch nicht das Wahre, seinem zukünftigen Ehepartner gleich zu Beginn der Ehe falsche Tatsachen vorzuspiegeln? Sollte, wenn es überhaupt dieses Problem des "Jungfrauen-Zwangs" gibt, nicht vielleicht eine ganz andere Lösung für die gesamte Problematik gesucht werden, statt krampfhaft nach Mitteln zu suchen, um Jungfräulichkeit vorzutäuschen?

Eine Packung Virginia Care kostet übrigens sage und schreibe 40 Euro. Sie beinhaltet zwei künstliche Hymen, eines dazu ist zum vorherigen Ausprobieren der Wirkungsweise gedacht. Erhältlich ist das Produkt auf jeden Fall online. Es gibt aber wohl auch eine Nummer zur Bestellung über Apotheken. Ob irgendeine Apotheke Virginia Care im Standard-Sortiment hat, weiß ich allerdings nicht. Gesehen habe ich es noch nie, allerdings habe ich darauf auch noch niemals gezielt geachtet.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich finde es falsch, seinem Partner von Anfang an etwas vorzulügen. Dann basiert ja die ganze Beziehung/ Ehe auf einer Lüge und ich glaube nicht, dass das ein derartig gutes Omen ist. Ich wäre lieber dafür, von Anfang an Klartext zu reden. Ich meine, wie würde sich der Partner fühlen, wenn er beispielsweise Jahre später durch Zufall herausfindet, dass er von Anfang an eiskalt angelogen wurde?

Aber andererseits muss man dazu sagen, dass ich auch nicht diesem Kulturkreis angehöre und daher nicht weiß, wie man sich in so einer Situation fühlt und welch großer Druck auf den jungen Frauen lastet. Das sind ja oft auch die Gesellschaften, in denen Frauen und Mädchen nicht viel zu melden haben und sich einfach stumm den Männern unterordnen müssen, egal ob es jetzt der Vater ist oder der Ehemann.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn die Verwandten danach das Bettlaken kontrollieren und der Ehemann darauf besteht, dass seine Frau jungfräulich in die Ehe geht und bei fehlendem Blut ausflippen würde, beruht die Ehe sowieso nicht auf gegenseitigem Vertrauen. Wie gesagt, muss man bei der Entjungferung nicht bluten. Wenn der Ehemann nicht mal das einsehen würde, fällt die Lüge des künstlichen Hymens nicht mehr sonderlich ins Gewicht.

Diesen Gedankengang, dass die Ehe dann mit einer Lüge beginnen würde, finde ich extrem verwestlicht und von romantischen Idealbildern geprägt. Wir müssen hier ja nicht mal über die Mädchen reden, die gegen ihren Willen mit älteren Männer verheiratet werden. Die gibt es aber auch noch. Deren Ehe beruhen sowieso nicht auf Liebe und Vertrauen, sondern auf Verrat und Gewalt.

Aber es gibt doch vor allem noch Millionen von Mädchen, die keinerlei Spaß vor der Ehe haben dürfen. Während die Jungs dafür gelobt werden, wenn sie viele Mädchen hatten und alles andere als jungfräulich in die Ehe gehen. Dennoch leben beide in der gleichen Welt. Es ist ja nicht so, dass die Mädchen in Bergdörfern groß werden und die Jungs in den Städten. Nein, die Mädchen sind umringt von Jungs, Partys, Musik, schönen Kleidern, Schminke. Ihr Leben ist das eines normalen Teenagers, der sich eben auch mal verliebt. Aber gleichzeitig steckt ein Stück ihres Lebens in alten Zeiten fest und sie müssen dieser einen Versuchung widerstehen. Egal wie verliebt sie sind.

Natürlich ist es traurig, dass viele muslimische Mädchen noch unter diesem Druck stehen und natürlich wünscht man sich da eine nachhaltige Änderung der gesellschaftlichen Einstellung zu diesem Thema. Aber das ist ein sehr langer Prozess. Der ist doch auch schon im Gange, aber er wird auch noch eine ganze Weile dauern. Bis dahin erachte ich alle Möglichkeiten, diese Mädchen zu schützen, als hundertprozentig positiv. Ich bin da gar nicht zwiegespalten. Und diese Möglichkeit des künstlichen Hymens wird den Prozess in der Gesellschaft auch noch einmal antreiben. Denn wenn es so leicht zu umgehen ist, wird es zwangsläufig an Bedeutung verlieren.

Und dabei ginge es wohl nicht nur um Frauen, die nicht mehr jungfräulich sind, sondern vielleicht sogar um weitere, denn nicht jede Frau blutet während der Entjungferung, was von extrem peniblen Familien möglicherweise schon als Verdacht auf Sex vor der Ehe durchgehen könnte

Sobald eine Familie das Bettlaken kontrolliert, ist sie penibel. Ich kann es mir schwer vorstellen, dass eine Familie zwar kontrolliert, aber sowohl bei positivem als auch negativem Ergebnis ruhig bleibt. Wenn man etwas kontrolliert, ist das Ergebnis wichtig. Es folgt auf jeden Fall eine Befragung der jungen Frau und wenn man ihr nicht glaubt, wird sie bestraft oder die Ehe ist nicht gültig, wodurch sie von ihren Eltern verstoßen wird.

Eine Packung Virginia Care kostet übrigens sage und schreibe 40 Euro.
Den Preis finde ich jetzt eigentlich angemessen. Es ist ein neues Produkt. Also rein vom Gegenwert finde ich es okay. Moralisch gesehen sollten sie wohl eher wie Kondome kostenlos verteilt werden, aber das wäre eher ungewöhnlich. Die Frage ist, wo man sie kaufen kann und ob streng kontrollierte Mädchen dazu auch Zugriff haben.

Also ich finde dieses Produkt total genial. Ich hoffe, es wird mit der Zeit noch billiger. Und ich hoffe, sie machen ordentlich Werbung dafür. Ich freu mich für jedes Mädchen, dass dadurch einer sehr schlimmen Situation entgehen kann.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



So ein Hymen kann leider auch bei völlig gewöhnlichen Aktivitäten reißen. Beispielsweise beim Sport. Wenn man nun als Mädchen in einem Kulturkreis lebt, in dem so ein eigentlich recht keuscher Unfall ein Leben ruinieren kann, dann ist das aus meiner Sicht schon mal ein ziemlich unmenschlich. Von daher würde ich die Nutzung eines solchen Kunstprodukts nicht zwangsläufig als Betrug werten.

Zudem gibt es sicherlich auch in solchen Kulturkreisen die eine oder andere Liebesheirat, wo das Paar trotz allem Willen zur Disziplin vorher sich näher kam, als es die Elterngeneration und die Tradition billigt. Letztlich wäre dann die Ehe nicht mehr legitim. In dem Fall würden beide künftigen Ehepartner vielleicht sogar gemeinschaftlich das Gerätlein benutzen.

Zudem gibt es schon eine ganze Weile den "Trick", dieses Stück Haut chirurgisch wieder herstellen zu lassen. Allerdings dürfte dies eher eine Möglichkeit für reichere Bräute zu sein. Von daher finde ich einen Preis von 40 Euro relativ erschwinglich. Letztlich kann ich an dem Produkt selbst nichts verwerfliches finden. Wie es im Einzelfall eingesetzt wird, und ob man dies mit gutem Gewissen tun kann, ist letztlich entscheidend. Und wenn man in unmenschlichen Verhältnissen lebt, dann heiligt der Zweck die Mittel.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



An sich finde ich es definitiv auch nicht gut, seinen Partner zu belügen. Aber wie hier bereits geschrieben wurde, wenn der Partner möglicherweise nicht einmal frei gewählt wurde, dann stellt so eine Lüge wohl das allerkleinste Problem dar. Ich finde es in so einem Fall auch gut, wenn eine junge Frau, die nicht mehr jungfräulich ist und dadurch möglicherweise wirklich ernsthafte Probleme durch ihre Familie bekommen könnte, eine Methode hat, um aus dieser miserablen Lage möglichst gut wieder herauszukommen. Sollte es keinerlei Druck durch die Familie geben und sollte es keinerlei wirkliches Problem bedeuten, zum Zeitpunkt der Ehe nicht mehr jungfräulich zu sein, dann sollte man natürlich offen seinem Partner gegenüber sein. Das ist klar. Aber wenn wirklich eine Gefahr besteht, dann kann ich jede Methode, diese abzuwenden, definitiv befürworten.

Den Preis von 40 Euro finde ich aber schon etwas hoch. Man sollte bedenken, dass die Hochzeit ja normalerweise schon sehr früh stattfindet. In Deutschland geht es nicht vor dem 18. Lebensjahr, aus juristischen Gründen, aber auch das kann früh sein. Ganz zu schweigen von einigen Ländern im Ausland, wo eine Hochzeit möglicherweise auch schon viel früher möglich ist. Ich frage mich eben, woher ein Mädchen oder eine junge Frau, die vermutlich sonst auch wenig Freiräume hat, an dieses Geld kommen soll. Ich weiß nicht, inwiefern man in der Situation regelmäßig Taschengeld bekommt, wenn man ja viele Dinge, wofür man dieses brauchen könnte, ja sowieso nicht machen darf. Also bestenfalls müsste das Produkt so kostengünstig wie möglich verkauft werden, damit auch wirklich jede Frau, die es dringend benötigt, daran kommt. Eine kostenlose Ausgabe durch Beratungsstellen und Hilfestellen wäre natürlich das Optimum.

Und ja, auch die Beschaffung könnte problematisch sein, je nachdem, wie stark die Frau überwacht wird. Wobei bei einem noch schulpflichtigen Mädchen die Eltern oder der Bruder ja sicherlich nicht auch während der Schulzeit immer daneben sitzen, oder? In so einem Fall könnte sich das Mädchen ja von einer Freundin Virginia Care aus einer Apotheke besorgen und überreichen lassen. Oder aber, eine Vertrauenslehrerin könnte vielleicht helfen. Wobei natürlich auch wieder die Frage wäre, inwiefern ein Mädchen in der Situation sich traut, über die Thematik zu reden. Bei sehr konservativen Elternhäusern ist Sexualität ja sicher allgemein ein sehr verpöntes Thema und das offene Reden darüber ist dem Mädchen daher vielleicht peinlich.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Leider brauchen dies immer mehr Mädchen auch hier in Deutschland, weil sie in der Ehenacht ihre Jungfräulichkeit bezeugen müssen. Ansonsten geht es übel für sie aus. Ich finde es schlimm, dass so etwas heutzutage wieder Alltag in Deutschland wird. Aber um des lieben Friedens Willen wird eben alles akzeptiert.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 15.03.2019, 17:44, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ach, das hält wieder Einzug? Menschen, denen das wichtig ist, leben doch schon sehr lange in Deutschland und sind durchaus Christen. Außerdem wurde hierzulande das letzte Kranzgeld 1980 zugesprochen und der Paragraph wurde erst im Sommer 1998(!) gestrichen. Und überhaupt musste die Frau unbescholten sein, was nicht nur jungfräulich meint, um überhaupt entehrt werden zu können.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Wir hatten über 30 sogenannter Ehrenmorde letztes Jahr. Das kann man natürlich auch witzig finden und mit irgendwelchen Morden im Mittelalter verharmlosen oder entschuldigen. Die NPD hat früher auch immer so argumentiert, dass Straftaten von Ausländern letztlich die Ursache rechter Straftaten wäre. Es ist interessant zu lesen, wer sich heute in ähnlicher Weise äußert.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 17.03.2019, 17:36, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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