Unter welchen Umständen das eigene Kind anzeigen?

vom 20.04.2012, 14:04 Uhr

A hat eine Tochter, die schon mehrmals einen Ladendiebstahl gemacht hat und wurde aber bisher nicht erwischt. Die Tochter ist 16 Jahre alt. Die Mutter und auch der Vater sind beide berufstätig und kamen nur hinter die Ladendiebstähle, weil sie ständig neue Sachen bei der Tochter gefunden haben. Neue Sachen mit teuren Preisschildern, die sie sich nie leisten könnte. Sie bekommt mit ihren 16 Jahren 50 Euro Taschengeld im Monat und braucht sich eigentlich keine Klamotten zu kaufen. Diese kaufen die Eltern.

Ein Bekannter von A meinte nun, dass er seine Tochter anzeigen würde, damit sie auch mal eine richtige Strafe bekommt und anscheinend die Konsequenzen der Eltern wohl auch nicht fruchten. Stundenlange Gespräche mit der Tochter haben nichts gebracht und die Tochter zeigt auch keine Reue.

Dies war jetzt ein Beispiel einer Bekannten. Aber eigentlich wollte ich prinzipiell wissen, wann, unter welchen Umständen ihr euer eigenes Kind anzeigen würdet? Was müsste passieren, dass ihr euer Kind anzeigt? Sicher denkt jeder, der Kinder hat, dass es bei ihm nicht passieren wird, weil man sich ja auch um die Kinder kümmert und sie sehr lieb sind. Aber ich denke, dass man nicht wissen kann, was in 10 Jahren ist oder auch nur in 3 Jahren ist.

Was muss also passieren, dass ihr euer Kind anzeigt? Was muss sich euer Kind zu Schulden kommen lassen? Würdet ihr unter keinen Umständen eine Anzeige gegen euer Kind machen? Würden mehrmalige Ladendiebstähle schon ausreichen, wenn ihr einfach nicht an euer Kind rankommt? Müsste das Kind euch selber bestehlen? Müsste sich das Kind noch mehr zu Schulden kommen lassen?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ladendiebstahl hört sich heutzutage schon fast gar nicht mehr so schlimm an, wenn man dies mit anderen möglichen Straftaten vergleicht, die vermehrt von Jugendlichen verübt werden, aber trotzdem sehe ich selbst dies um einiges enger und finde, dass Ladendiebstahl schon ein hartes Stück ist, über das man nicht so einfach wegsehen kann und sollte. Ich selbst habe noch keine Kinder und hoffe inständig, dass diese mich später auch vor solchen Dingen wie Ladendiebstahl verschonen werden, aber wenn es sein muss, dann würde ich den Schritt bis hin zur Anzeige meines eigenes Kindes auch gehen.

Was nun dazu führt, dass das eigene Kind zum Ladendieb wird (Oder was auch immer mein Kind für eine Straftat begehen könnte) - Ich würde selbstverständlich auch erst mal das Gespräch mit meinem Kind suchen und nicht gleich zur Polizei rennen und dort Anzeige erstatten. Ich hätte dann selbstverständlich die Hoffnung, dass das Gespräch auch Früchte tragen wird und das ich es geschafft habe, meinem Kind ins Gewissen zu reden, wenn dies jedoch nichts gebracht haben sollte, und es immer und immer wieder vorkommt, dann sehe ich früher oder später eben auch keine andere Möglichkeit mehr. Zum einen wäre dies natürlich meine Pflicht, ein solches Verbrechen zu melden, auch wenn es sich um das eigene Kind handelt - Zum andern würde ich dies aber auch tun, um mein eigenes Kind vor schlimmeren zu bewahren. Spätestens wenn es rechtlich belangt wird und belangt wurde, dann wird vielleicht im Kopf des Kindes etwas passieren - Hier wäre dies der letzte Schritt den ich in Erwägung ziehen würde, in der Hoffnung, dass wenigstens dies fruchtet.

Was genau mein Kind jetzt für eine Straftat begehen müsste, damit ich die Straftat zur Anzeige bringe, kann ich so eigentlich gar nicht sagen. Ich würde wahrscheinlich in allen Fällen erst mal so wie beschrieben vorgehen und das Gespräch suchen - Wobei man in extremen Härtefällen wie Mord oder schwerer Körperverletzung sicherlich einen Unterschied machen muss. Hier wäre dann für mich auch kein Gespräch mehr die Lösung, vielmehr würde ich dann mit dem Gespräch drängen, sich selbst zur Anzeige zu bewegen, aber in sonstigen Fällen würde ich immer warten und schauen, ob meine Moralpredigten etwas gebracht haben.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke mal so einfach wird es gar nicht mit der Strafanzeige, da die Eltern außer Vermutungen das ihre Tochter die Sachen geklaut hat nichts haben. Um sie Anzeigen zu können, brauchen sie Beweise. Sie müssten also beim Diebstahl mehr oder weniger mit im Laden sein, und dann den Diebstahl melden. Dies wird sicherlich aber nicht möglich sein. Ich würde an der Stelle erst einmal mit der Tochter reden und mit Konsequenten drohen, was anderes bleibt ihnen auch nicht übrig. Wenn die Tochter zum Beispiel mit den Karten der Eltern zahlen würde, dann wäre es eine nachweisliche Straftat und könnte angezeigt werden. Auf Vermutungen leider nicht.

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» alkalie1 » Beiträge: 5526 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Es überrascht mich, dass die Tochter bisher nie erwischt wurde. Normalerweise haben Läden sowas wie Ladendetektive. Die Cousine einer Freundin hat mal als "Muttest" das Extra aus der "Bravo" mitgehen lassen und ist promt von einem Ladendetektiv erwischt worden. Sie war damals aber erst 12 oder 13, soweit ich weiß. Daher ist außer einer Standpauke der Eltern auch nicht viel mehr passiert.

Wenn die Tochter es aber regelmäßig macht und bisher immer damit davon kam, scheint sie ja schon richtig professionell vorzugehen. Das finde ich ganz schön bitter. Ich bin zwar keine Psychologin, aber ich kann mir ganz gut vorstellen, dass jemand, der zu solchen Sachen neigt (und auch noch ohne Reue) auch mal andere, vielleicht schlimmere Straftaten begehen könnte. Aber ich denke nicht, dass die Eltern da viel machen können. Als Strafe das Taschengeld kürzen wäre ja Schwachsinn, da die Tochter damit nur noch mehr zum klauen angeregt würde.

Und wie hier jemand schon erwähnt hat, haben die Eltern kaum richtige Beweise. Obwohl, soweit ich weiß, alles in der Kasse eines Ladens registriert wird. Das heißt, wenn die Eltern mit dem Kleidungsstück in den entsprechenden Laden gehen, sollte es unter Umständen möglich sein, zu gucken, ob der Einkauf registriert wurde. Aber das wäre wohl sehr umständlich. Da bleibt nur zu hoffen (auch wenn es fies klingt), dass die Tochter früher oder später erwischt wird und Sozialstunden aufgebrummt bekommt. Vielleicht lernt sie ja daraus. Wenn sie jetzt schon keine Reue zeigt, wird sie es anschließen wohl auch nicht bereuen, aber immerhin abgeschreckt sein für die Zukunft und davon ablassen.

Ich weiß gar nicht, unter welchen Umständen ich mein Kind anzeigen würde. Man muss ja auch erst ab 14 mit Konsequenzen rechnen. Vermutlich hätte ich zu große Angst, dass eine Anzeige unser Verhältnis dauerhaft schädigen wird. Als einziges fällt mir ein, wenn mein ausgewachsener Sohn mich schlagen würde und ich mich selber nicht körperlich wehren könnte. Dann müsste ich ihn wohl wegen Körperverletzung anzeigen. Aber es wäre schon ganz schön traurig, wenn es zu Körperverletzung zwischen Kind und Mutter kommen würde und ich müsste mir wohl oder übel Gedanken machen, ob ich in der Erziehung nicht etwas falsch gemacht hätte.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Von einer Anzeige als "Denkzettel" bei einem Teenager würde ich auch absehen. Stattdessen würde ich vertrauensbildende Maßnahmen bevorzugen, was nun nicht bedeutet dem Teenie die Kreditkarte inkl. PIN anzuvertrauen, sondern eher gemeinsame Erlebnisse. Sofern wir mein Kind wirklich entgleiten würde, würde ich eher auf Familienhilfe, Jugendamt, Psychologen, Lehrer, usw. setzen, je nach Situation auch über einen Umzug nachdenken, wenn ich mir sicher wäre, dass das Kind durch sein Umfeld stark beeinflusst wird. So ist eine Bekannte damals aus der Großstadt mitten ins Nichts gezogen. Die Kinder waren in der Grundschule und am Beginn der weiterführenden Schule, aber man erkannte schon den negativen Einfluss der Umgebung. Auf dem Dorf entdeckten sie schnell, dass das Leben dort anders funktioniert und fügten sich ein. Das kleinkriminelle Umfeld wurde quasi gegen den Reitstall getauscht.

Eine Anzeige käme für mich wohl nur in Frage, wenn ich mich selbst bedroht fühle, bzw. es wie bereits genannt zu Körperverletzungen mir gegenüber gekommen wäre. Und wenn wirklich schwere Straftaten vorliegen. Wobei ich auch dann zuerst das Gespräch suchen würde und mein Kind von einer Selbstanzeigen überzeugen würde.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Wiederholter (Laden)Diebstahl spricht doch Bände darüber, dass schon vorher was in der Erziehung schief gelaufen ist und sei es nur, dass die Eltern zugelassen haben, dass hier der falsche Freundeskreis aufgebaut wurde. Ich denke aber nicht, dass das Anlass genug wäre, hier die Staatsmacht ins Boot zu holen. Zumal kaum eine Verbesserung der Situation zu erwarten ist. Und ob damit ein Vertrauensverhältnis zu den Eltern aufgebaut wird, wage ich auch zu bezweifeln. Strafaktionen sind zwar angebracht, aber das muss intern geklärt werden. Haben die Eltern keinen Einfluss mehr auf das "Kind", so sollten sich diese an das Jugendamt wenden. Gerne auch mit der Angabe der konkreten Anlässe für die Anfrage bzw. den Hilferuf.

Sofern die Straftaten zu extrem werden, würde ich auch eher das "Kind" real vor die Tür setzen. Das bedeutet nicht, Hilfe zu verweigern. Aber helfen kann man nicht mit Gewalt und wenn das "Kind" keine Einsicht hinsichtlich des Fehlverhaltens hat, kann nicht geholfen werden. Dann muss dafür gesorgt werden, dass es keinen Schutz für die Entwicklung der kriminellen Karriere gibt.

Wo ich aber mit der Polizei zusammen arbeiten würde, wäre im Verhältnis zu den "Freunden" des Kindes. Jedenfalls dann, wenn von der Eltern der "Freunde" keine Hilfe zu erwarten ist. So würde ich gnadenlos juristisch gegen die "Freunde" vorgehen - denn in den wenigsten Fällen sind die Taten allein von einer Person verübt oder ohne einen Bezug zum sozialen Umfeld. Sei es beim Drogenkonsum, den Diebstählen oder auch bei z.B. Raub.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich würde mein Kind nur in extremen Fällen anzeigen, auf keinen Fall bei Ladendiebstahl. Anzeigen würde ich mein Kind, wenn es Taten begeht, die ihm schaden und ansonsten keine Möglichkeit besteht, ihm zu helfen, z. B. wenn es drogensüchtig ist und immer wieder in Apotheken einbricht und nichts anders hilft.

Heute war bei Menschen bei Maischberger eine Frau zu Gast, deren Sohn ein Sexualstraftäter ist, der mindestens vier Menschen brutal ermordet hat. Sie hat gesagt, dass sie es irgendwann vermutet hat, dass ihr Sohn die Taten begangen hat und hat es auch einem Bekannten, der bei der Polizei arbeitet, erzählt. Sie hat ihren Sohn, glaube ich, nicht direkt angezeigt, aber durch ihr Gespräch mit dem Bekannten sind sie ihm auf die Spur gekommen. Sie hat gesagt, dass sie froh sei, dass ihr Sohn im Gefängnis ist, so dass er keiner Frau mehr schaden kann. Sie hat den Kontakt zu ihm aber nicht abgebrochen und sieht ihn schon noch als ihren Sohn an. Sie kann sich auch nicht erklären, wie er so werden konnte. In so einem Fall würde ich mein Kind auch anzeigen, weil für die Allgemeinheit eine so große Gefahr besteht.

Aber in anderen Fällen würde ich mein Kind nicht anzeigen, weil ich Angst hätte, dass ich es sonst verliere. Selbst einen Banküberfall würde ich nicht anzeigen. Ich würde es wirklich nur anzeigen, wenn es sich selbst oder andere sehr stark gefährdet und eine andere Möglichkeit, die Gefährdung abzustellen, nicht besteht.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 25.04.2012, 23:25, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Der Ladendiebstahl war ja nur ein Beispiel. Ich wollte ja wissen, was passieren muss, damit ihr euer eigenes Kind anzeigt. Was ist, wenn euer Kind euch bestiehlt? Was ist, wenn euer Kind handgreiflich euch oder euren anderen Familienmitgliedern gegenüber wird? Was wäre, wenn euer eigenes Kind wirklich sehr gute Bekannte oder Freunde bestiehlt oder verletzt und nur ihr wisst, dass es euer Kind gewesen ist. Könntet ihr euren Freunden noch ins Gesicht schauen, wenn ihr da nicht eingreift und euer Kind anzeigt?

Es gibt viele Dinge, die ein Kind, auch bei guter Erziehung machen kann, weil es in den falschen Freundeskreis gerät. Deswegen wollte ich einfach wissen, ob ihr euer Kind niemals anzeigen würdet oder ob es da Grenzen gibt.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


@Diamante: Das Problem bei einer Anzeige bei innerfamiliären Diebstahl ist, dass die Polizei ja nicht mal wirklich was machen könnte. Wenn hier das Kind dann auch noch nicht erwachsen ist, ist der Diebstahl wie ich finde noch nicht mal möglich. Schließlich kann das Kind gar nicht den Besitz des gestohlenen Guts übernehmen. Hier dürfte die Polizei auf das Jugendamt verweisen.

Anders natürlich bei Handgreiflichkeiten. Wobei auch hier die Frage im Raum steht, was die Anzeige bewirken soll. Soll das Kind dann geläutert sein? In so einem Fall wäre es wohl besser, das Kind wirklich vor die Tür zu setzen! Denn hier ist eine Schwelle erreicht, die eigentlich nicht überschritten gehört. Erst wenn die räumliche Trennung keine Wirkung zeigt und immer noch Gefahr besteht, ist die Staatsmacht gefragt. Aber dann ist die Beziehung sowieso nachhaltig gestört.

Übrigens glaube ich nicht, dass bei einer "guten Erziehung" ein falscher Freundeskreis denkbar ist. Daher verstehe ich das eine immer nur als Ergebnis des anderen. Ist schon in der Erziehung was schief gelaufen, dann sind (so) falsche Freunde denkbar und die Situation kann eskalieren. Wenn es wirklich eine "gute Erziehung" gab, wäre der Weg für die falschen Freunde schon durch das Kind versperrt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Meine beste Freundin hat einen Job, bei dem sie jeden Mittwoch Blättchen austragen muss. Sie verdient dabei sehr sehr schlecht und hat es deshalb die letzten beiden Male nicht eingesehen auszutragen. Natürlich ist das nicht okay. Jedoch als ich letzten Mittwoch bei ihr war, hat ihre Mutter ihr angedroht, sie anzuzeigen, weil sie die Blättchen nicht austrägt.

Das finde ich schon ein wenig hart. Am Donnerstag hat meine Freundin den Job dann auch gekündigt. Ihre Mutter hat sie natürlich nicht angezeigt. Wenn sie das gemacht hätte, hätten wir uns alle sehr gewundert, denn ihre Mutter ist eigentlich nicht der Typ, der solche Androhungen wahr macht. Natürlich ist es jetzt besser, dass sie gekündigt hat, weil das was sie getan hat/ bzw. was sie NICHT getan hat ;-) nicht recht war.

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» Solala » Beiträge: 98 » Talkpoints: 2,72 »


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