Ökologisch erzogenes Kind und konventionelles Essen

vom 04.04.2012, 13:00 Uhr

Frau und Herr M sind die Eltern des dreijährigen N. Familie M lebt sehr biologisch und so sieht auch das Essen von N. aus. N. soll nun in einen Kindergarten angemeldet werden und dort auch Essen bekommen. Jedoch ist es so, dass das Essen keine Spur ökologisch ist, sondern angeliefert wird beziehungsweise dann noch im Konvektomat aufgewärmt wird. Damit sind die Eltern von N. gar nicht einverstanden und haben der Kindergartenleitung vorgeschlagen, dass die Eltern eben jeden Tag ein Essen für N. mitbringen, welches dann von N. dort eingenommen werden kann.

Darauf möchte sich aber der kirchliche Kindergarten nun gar nicht einlassen, es wäre mit einer Extrawurst zu vergleichen und wenn der Familie das Essen nicht passen würde, sollen sie doch das Kind wiederum abmelden oder sich lediglich mit einem Vormittagsplatz zufrieden geben. Da N. jedoch aufgrund der Berufstätigkeit beider Eltern auf einen Übermittagsplatz angewiesen ist, ist diese Reaktion und auch der Vorschlag für Familie M. indiskutabel. Dabei möchte Familie M. ja noch nicht einmal, dass das Essen von woanders her kommt oder dass nur noch frisch gekocht ist.

Am idealsten wäre es natürlich, wenn man die Einrichtung nun anhand des Essens aussuchen könnte, aber Familie M. steht eben diese Option nun nicht zur Verfügung. Eine andere Einrichtung ist zu weit entfernt und liegt weder auf dem Arbeitsweg noch wirklich gut erreichbar. Welche Möglichkeiten stehen Familie M. noch zur Verfügung, ohne sich verbiegen zu lassen? Ist es denn wirklich so schlimm, wenn Essen nur noch aufgewärmt werden muss? Ansonsten muss in der Küche nun nichts getan werden. Wie würdet Ihr Euch anstelle der Eltern verhalten?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich finde das kann man von zwei Seiten sehen. Ich kann die Mutter in jedem Fall verstehen. Wenn man großen Wert auf die Ernährung legt hat man meist einen guten Grund dazu. Wenn man sein Kind so lange schon gesund ernährt hat ist es ebenfalls verständlich, wenn man dies auch in der Kindergartenzeit weiterführen möchte. So bin ich momentan auch noch etwas geteilter Meinung, weil in unserem Kindergarten Tee zum Trinken gegeben wird. Wir möchten Tee allerdings nur gezielt bei Erkrankungen einsetzen, da wir es als sinnvoller erachten.

Auch kann ich aber den Kindergarten verstehen. Die Kinder essen alle am gleichen Tisch und wenn nur eines hervor sticht ist es für alle Kinder etwas blöd. Das bevorzugte Kind könnte in späterer Kindergartenzeit womöglich auch gehänselt werden, weil es immer Extrawürstchen bekommt. Außerdem kann es Streit geben, wenn das bevorzugte Kind mal ein besseres Essen auf dem Teller hat wie die anderen Kinder.

Wie man in einer solchen Situation entscheiden soll ist ebenfalls schwer. Ich denke man muss wohl oder übel mit den Entscheidungen der Kindergärtnerinnen leben. Vielleicht kann das Kind in der Mittagszeit auch von einem Erwachsenen abgeholt werden und zu hause oder bei Oma und Opa essen? Vielleicht versteht man sich auch gut mit den Nachbarn und einigt sich mit diesen. Mehr Ideen hab ich zu diesem Thema aber leider auch nicht.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ja, sicher ist es nachvollziehbar. In der Einrichtung werden aber auch Kinder betreut, die krankheitsbedingt auf eine andere Ernährung angewiesen sind. Hier stellen sich zum Teil die Erzieher dann selbst an den Herd und bereiten das mitgebrachte Essen dann zu. So dachte Familie M., dies wäre aufgrund der Lebenssituation nun kein Problem, wenn man das vorbereitete Essen dann auch noch mal aufwärmen kann. So viel Mehraufwand wäre es nicht.

Ich kenne es von den Einrichtungen, in denen ich gearbeitet auch so, dass da Rücksicht genommen wurde. Klar kann man nicht auf jedes Nichtmögen so eingehen, aber ich finde, es ist ein Unterschied, ob es sich um eine Lebenseinstellung handelt oder ob ein Kind einfach mal etwas nicht mag. Und selbst wenn, hier gab es dann auch immer eine Alternative oder eben genug andere Möglichkeiten. Notfalls wurde das restliche Frühstück verputzt.

Großeltern sind keine wirkliche Möglichkeit, die wohnen zu weit weg, eine Kinderbetreuung seitens der Nachbarn ist auch nicht möglich. Eventuell wäre eine Tagesmutter eine andere Möglichkeit, aber die müssten Familie M. zusätzlich zum Kindergarten selbst finanzieren und das würde die Kosten wieder übersteigen. Solche Überlegungen wurden schon durchgespielt.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen anderes Essen brauchen, sind da eine Ausnahme. Das war in meiner Ausbildung zur Erzieherin schon und auch in den Einrichtungen, in denen ich gearbeitet habe. Wenn ein Kind aus gesundheitlichen Gründen anderes Essen braucht, muss dieses Kind ein Attest mitbringen. Dieses Attest wird dann dazu benutzt, dass der Träger der Einrichtung mehr Geld für dieses Kind beantragen kann. Denn der Kindergartenbeitrag der Eltern ist ja nicht alles, was die Einrichtungen an Finanzen bekommen. Das Kind, welches aus gesundheitlichen Gründen einen Mehraufwand an Arbeit bedeutet, wird als "behindert" eingestuft.

Ein Kind, was aus Überzeugung der Eltern andere Nahrung bekommen soll, wird da kein Glück haben. Vielleicht sollte man mit dem Träger sprechen, dass man den Mehraufwand selber zahlt. Aber wundert euch nicht. Der Mehraufwand für Kinder, die anderes Essen bekommen ist sehr hoch. Denn man muss sich mal vorstellen, wenn drei Gruppen a`20 Kinder im Kindergarten sind und jedes Kind sein Essen selber mitbringt, weil er das Essen in der Einrichtung nicht mag oder nicht will. Das wäre ein so großer Mehraufwand, dass eine Küchenhilfe oder gar zwei eingestellt werden müssten. Und ob der Träger sich darauf einlässt ist fraglich.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich frage mich gerade, was der Kindergarten machen würde, wenn ein Kind angemeldet wird, das bestimmte Dinge nicht nur nicht essen soll sondern tatsächlich nicht essen kann. Ich denke da zum Beispiel an meine eigene Allergie gegen ein bestimmte Gruppe roter Farbstoffe. Das Zeug findet man in Konserven, Fertigsaucen, Fixpülverchen und solchen Sachen und es ist oft so, dass das Endergebnis dann nicht mal Rot aussieht, weil man mit Rot natürlich ganz viele Farben mischen kann.

Einige dieser Farbstoffe sind inzwischen in der EU verboten, aber es gibt ja noch ganz viele andere Zusatzstoffe, auf die man allergisch reagieren kann und bei denen man eben auch nicht sofort erkennt, dass sie sich im Essen befinden. Wenn das Essen dann noch von einem externen Anbieter geliefert wird, hat man ja auch keine Möglichkeit zu fragen, was sich genau in einem Gericht befindet.

Ich würde in dem Fall glaube ich wirklich mal mit dem Kinderarzt reden und fragen, ob er eine Attest oder sowas in der Art ausstellen könnte, das eben besagt, dass das Kind sein eigenes Essen haben muss. Dann könnte der Kindergarten doch eigentlich nichts machen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Der Punkt, dass für Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen eine spezielle Ernährung bekommen müssen, schon eine Ausnahme gemacht wird, für Eltern, die eine andere Ernährungsphilosophie vertreten, aber nicht, gibt vielleicht schon etwas zu denken. Sicherlich ist es für die Erzieherinnen ein gewisser Aufwand, die anderen Essenswünsche zu berücksichtigen, da sie mit den betreffenden Kindern eben nicht „nach Standard“ vorgehen könne. Stattdessen müssen sie immer darauf achten, wer welche Mahlzeit erhält und können nicht einfach jedem Mädchen oder Jungen die gleiche Nahrung geben. Da sind die Mitarbeiter des Kindergartens vielleicht bestrebt, solche Ausnahmen so selten wie möglich zu machen.

Vielleicht sehen sie es aber auch einfach nicht ein, warum nun ein Kind aus philosophischen Gründen anderes Essen bekommen sollte. Ich glaube, dass es vielen, die „ganz normal“ essen, schwer fällt, andere Ernährungsweisen anzuerkennen. Denn damit ist ja auch eine Wertung verknüpft. Du ernährst Dich anders, weil Du konventionelles Essen und Zusatzstoffe für etwas Negatives hältst. Die Kindergärtnerinnen, die sich aber konventionell ernähren, lesen dann ja zwischen den Zeilen eine Kritik an ihrer Ernährung oder die der Kinder heraus. Vielleicht wehren Sie den Wunsch nach anderer Kost deswegen auch so ab.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Also ich kann den Kindergarten an dieser Stelle schon sehr gut verstehen. Ich würde auch keine Sonderwünsche akzeptieren, wenn es nicht auch einen sehr wichtigen Grund dafür geben würde. Eine Lebensmittelintoleranz oder eine Allergie ist schon ein wichtiger Grund für mich, ebenso, wenn ein Kind aus religiösen Gründen gewisse Lebensmittel nicht zu sich nehmen soll. Aber wenn es nur darum geht, das die Eltern gerne biologisch erzeugte Lebensmittel für ihren Sprössling haben würden anstatt ganz normales, konventionell erzeugtes Essen, dann finde ich das schon recht engstirnig von Seiten der Eltern aus gesehen.

Es ist für mich ein Wunsch und es gibt keinen Grund, der in meinen Augen rechtfertigen würde, dass dieses Kind gesonderte Mahlzeiten bekommen kann. Auch, wenn die Eltern das Essen zur Verfügung stellen ist es und bleibt es ein zusätzlicher Mehraufwand für die Kindergärtnerinnen und die Erzieher, dass sie dieses Essen noch weiter zubereiten. Aus Sicht der Eltern wird das nicht sehr schlimm oder aufwändig erscheinen, aber man muss bedenken, dass auf mehrere Kinder geachtet werden muss und dann ist es ganz einfach nicht möglich, jedem eine Extrawurst zu servieren. Irgendwo muss man einfach als Einrichtung eine grenze ziehen und ich finde das auch total in Ordnung so.

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» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Zitronengras hat geschrieben:Der Punkt, dass für Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen eine spezielle Ernährung bekommen müssen, schon eine Ausnahme gemacht wird, für Eltern, die eine andere Ernährungsphilosophie vertreten, aber nicht, gibt vielleicht schon etwas zu denken.

Wenn man das ohne in der Situation selbst zu stecken, betrachtet, mag die Ansicht schon stimmen. Allerdings hatten wir die Diskussion auch schon lang und breit im Kindergarten - da ging es auch ganz speziell um das Essen. Bei uns war dann klar, dass eben keine Sonderwünsche erfüllt werden, weil das dann eben auch andere Eltern auf die Idee bringen könnte, dass sie bestimmte Wünsche erfüllt haben möchten.

Die Idee, ein Attest vorzulegen ist sicher eine Idee, die am ehesten Wirkung zeigen könnte. Die Frage ist aber doch, ob das wirklich nötig ist. Angeliefertes Essen kann auch hochwertig sein und was bedeutet eigentlich, dass dieses Essen definitiv nicht ökologisch sein kann? Außerdem ist die Erwärmung im Konvektomaten doch sehr schonend. Hier würde ich doch erst einmal eruieren, ob das Essen wirklich so schlecht ist.

Dann stellt sich mir die Frage, ob sich die Familie schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, wie es in Einrichtungen ist, die auch sehr ökologisch sind. Ich habe mich bei solchen Einrichtungen zu Tagen der offenen Tür schlau gemacht: da ist eine sehr stark Beteiligung der Eltern gefragt. Wenn die Eltern aber schon wegen der Berufstätigkeit nicht das Essen bringen können, dann frage ich mich, ob sie unter Umständen diese Beteiligung leisten könnten.

Ich würde wohl in einer solchen Situation weiterhin darauf achten, dass meine Vorstellungen daheim und auch bei den Dingen, die ich beeinflussen kann, durchgesetzt werden. Bei der einen Mahlzeit täglich würde ich dann aber wahrscheinlich in den sauren Apfel beißen und diese Mahlzeit so hinnehmen. Denn wenn es keine andere Alternative in der Nähe gibt, dann wird der Kindergarten sicher nicht auf das eine Kind angewiesen sein.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich habe kein Kind, aber wenn ich eins hätte würde ich anstelle der Eltern mal die fünf gerade sein lassen und einen Zahn herunter fahren. Ich würde meine eigenen Essens-Vorstellungen dem Kind nicht aufzwängen und dem Kind im Kindergarten keine Extrawurst braten lassen. Ich bin ja selber Vegetarierin, und wenn ich ein Kind hätte, dürfte das (sofern es will) im Kindergarten das essen, was die anderen Kinder auch essen. Ich denke nicht, dass das Kind dann eine Extrawurst beim Kindergartenessen bekommen sollte und es ist ja auch schwer, dem Kind beizubringen, wieso es denn anderes Essen essen muss als die anderen Kinder (man kann dem Kind gegenüber ja kaum eine Krankheit oder Unverträglichkeit erfinden).

Die Eltern haben eigentlich noch einige Möglichkeiten. Zum Einen könnten sie sich an einen Arzt wenden und ein entsprechendes Attest ausstellen lassen, das besagt, dass das Kind spezielles Essen benötigt. Da ist aber natürlich fraglich, ob ein Arzt so etwas machen würde, beziehungsweise müsste man dafür erst mal einen Arzt finden, der das tun würde. Auf dieses Attest könnte der Arzt schreiben, dass das Kind Nahrungsmittelunverträglichkeiten hat und eine bestimmte Ernährung benötigt.

Als weitere Möglichkeit könnte ein Elternteil von dem betroffenen Kind mittags (also dann, wenn im Kindergarten die Mittagessenszeit ist) das Mittagessen für das Kind vorbei bringt. Wenn die Eltern das nicht in ihrer Mittagspause hin bekommen, könnte das vielleicht ein Nachbar oder ein Verwandter machen. Da könnte man das Essen ja selber aufwärmen und der Kindergarten müsste keine Extrawurst für das Kind braten. Als letzte Möglichkeit kann sich die Familie dann natürlich einen anderen Kindergarten suchen, denn es gibt sicherlich Kindergärten, die selbst auf ökologisches Essen achten und auch Kindergärten, wo man dem Kind das selbst mitgebrachte Essen am Mittag geben würde.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich kapier ehrlich gesagt immer noch nicht, warum sich das Vorurtel und der Aberglaube hartnäckig hält, dass ökologisch erzeugtes Essen irgendwie "gesünder" ist. Als ob Bio-Essen irgendwie mehr Vitamine und Nährstoffe hätte oder weniger Chemikalien. Es sind auch schon oft genug Chemikalien und Pestizide an Bio-Produkten nachgewiesen worden durch Verwehungen, Betrug und dergleichen.

Daher sollten die Eltern es nicht übertreiben. Entweder sie akzeptieren die Regeln des Kindergarten oder einer bleibt zu Hause und kümmert sich um das Kind. Das ist wieder so ein Fall von "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" und ständig eine Extrawurst haben zu wollen ist für mich nicht nachvollziehbar. Das schaut sich das Kind doch ab und wird dann selbst zum unerträglichen Kotzbrocken, der den Mitmenschen auf den Keks geht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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