Latein - wirklich eine tote Sprache?

vom 12.11.2011, 17:19 Uhr

Wenn man jemanden etwas auf lateinischer Sprache sagt, und sei es nur, um diese Person ein wenig zu necken, dann kriegt man oft zu hören, dass Latein doch eine tote Sprache sei, die niemand mehr sprechen würde.´Aber ist das wirklich so? Ich als Naturwissenschaftler habe das irgendwie schon immer nicht ganz einsehen können, dass Latein eine tote Sprache sein soll. Schließlich sind sämtliche Lebewesen auf der Welt in lateinischer Sprache benannt, der Name, den ein Lebewesen in jeglicher anderer Sprache trägt ist nur ein Trivialname.

Und außerdem kann man aus dem Namen, wenn man denn Latein spricht, in sehr vielen Fällen auch schon Rückschlüsse auf das bezeichnete Objekt schließen. Mir ist besonders in der Blumenkunde aufgefallen, dass sehr viele Lernende sich sehr schwer tun, den wissenschaftlichen Namen einer Blume zuordnen zu können. Mir viel das eigentlich immer sehr einfach, weil ich ja zum Beispiel einer auffallend gelben Blume nicht einen Namen zuordnen würde, der "viridissima" enthält.

Wenn man des lateinischen nicht einigermaßen mächtig ist, dann hat man in den Wissenschaften einige Probleme und muss auswendig lernen, anstatt abzuleiten. Ein weiterer Grund, der gegen Latein als tote Sprache spricht ist, dass viele Sprachen auf Latein basieren und man nicht immer alle Vokabeln lernen muss, sondern sich viele auch aus dem Lateinischen herleiten kann. Ich habe auch im Englischunterricht wenig Vokabeln gelernt, dafür aber richtig gut in Latein. Dann konnte ich tatsächlich so manches englische Wort mit etwas logischem Denken herleiten.

Und dann gibt es noch unzählige Bücher und Comics, sowie auch kürzere Cartoons auf lateinischer Sprache! Für mich ist Latein also ganz und gar nicht tot, im Gegenteil, ich benötige es jeden Tag. Aber wie seht ihr das? Findet ihr meine Argumente überzeugend oder bleibt ihr dabei, dass Latein nicht mehr alltagsnah und somit eine tote Sprache ist?

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» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich stimme dir definitiv zu. Es gibt heute eine Vielzahl von Verwendung der lateinischen Sprache in Naturwissenschaften, wie beispielsweise Biologie. Namensbezeichnungen gehen auf die lateinische Sprache zurück. Auch in der deutschen Sprache findet sich häufig der Einfluss der lateinischen Sprache mit Wörtern wie "konstruktiv" etc. .

Andererseits wird heute nicht mehr wirklich lateinisch "gesprochen" im herkömmlichen Sinn. Italienisch ist größten Teils vom Lateinischen abgeleitet. In Vielen Bereichen der Naturwissenschaft findet das Lateinische dennoch Verwendung, weil es sozusagen "international" anerkannt ist und diese Einflüsse weltweit zu finden sind. Sei es in der Medizin oder in der Justiz, Latein ist keines Falls eine tote Sprache.

» weezy15 » Beiträge: 188 » Talkpoints: 2,98 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Die Aussage bezieht sich doch wohl auf die Tatsache, dass es kein Land mehr gibt, in dem die Sprache gesprochen wird. Sicher ist Latein immer noch die Amtssprache in Vatikanstadt, aber dort leben zum einen nicht mal tausend Menschen und außerdem wird dort die Sprache im Alltag ja auch nicht verwendet. Ich habe es in diesem Stadtstaat jedenfalls nicht erlebt, dass jemand auf Latein seinen Kaffee bestellt.

Aus dieser Tatsache folgt dann natürlich, dass sich die Sprache auch nicht mehr weiter entwickelt. Es gibt wohl Versuche einzelner, auch moderne Begriffe auf Latein auszudrücken und zum Teil finde ich die auch wirklich gelungen und kreativ, aber Tatsache ist doch, dass sich diese Begriffe nie durchsetzen werden, weil die Sprache eben nicht für Alltagsgespräche genutzt wird und weil mal als Schüler ja auch keine modernen Texte vorgelegt bekommt, wenn man die Sprache lernt.

Den Begriff "tote Sprache" finde ich auch nicht ganz passend, aber ich kann mir schon vorstellen, wie der Begriff zustande kam. Latein ist das Gegenteil einer lebendigen Sprache, also einer Sprache, die ständigen Veränderungen unterworfen ist und sich ständig neuen Einflüssen und Gegebenheiten anpassen muss. Und das Gegenteil von lebendig ist natürlich tot und von dir wird tot dann wohl auch mit ausgestorben gleich gesetzt, was ja nun auch ein verwandter Begriff ist. Irgendwie kann man diese Tatsache im Deutschen wirklich schlecht ausdrücken, aber statische oder stagnierte Sprache kommt denn ganzen schon näher, finde ich.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe mein Latinum gemacht und bin trotz allem der Meinung, dass Latein eine tote Sprache ist. Das hat doch nichts damit zu tun, dass sämtliche Sachen auf Latein bezeichnet werden. Man spricht einfach nicht lateinisch, du kannst einfach nicht ausschließlich (!) darüber kommunizieren. Mir persönlich nützt mein Latinum für das medizinische Fachtermini herzlich wenig. Und auch für das Bezeichnen von Blumen brauchst du nun wirklich kein Latinum.

Ich finde Latein logisch und es ist hilfreich um andere verwandte Sprachen zu erlernen, aber ich muss ehrlich sagen, dass mir Französisch vermutlich für mein Leben letzten Endes eher geholfen hätte. Das kann man durchaus sprechen, man versteht, wenn sich andere auf französisch unterhalten usw. Und hätte ich die Wahl gehabt, wäre russisch auch nicht verkehrt gewesen, weil das einfach mal noch sehr viele Menschen sprechen. Was nützt mir da Latein, wenn ich im Krankenhaus eine russische Familie befragen muss, die kein Wort englisch oder deutsch kann?

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe ein großes Latinum und bereue es keinen Augenblick, in der Schule Latein gewählt zu haben, denn ich halte es absolut nicht für eine tote Sprache. Latein kommt in ganz vielen Fremdwörtern vor, die teilweise schon so eingedeutscht sind, dass man sie kaum noch erkennt. Das Wort "Interesse" konnte ich beispielsweise erst richtig schreiben und vor allem trennen, als ich gelernt hatte, woher es kommt.

Sehr überrascht war ich, als ich in den Harry-Potter-Romanen sehr viel Latein fand. Fast alle Zaubersprüche haben lateinischen Ursprung. Und auch solche Wesen, wie etwa die Dementoren, sind nach lateinischen Begriffen benannt worden. Ich fand es sehr lustig, diese Dinge da wiederzufinden. Es zeigt mir irgendwie, dass es eine lange zurückliegende Zauberwelt mit Tradition ist und nichts Modernes.

Insgesamt ist Latein für mich keine tote Sprache, sondern eher so eine übergeordnete. Kaum einer spricht zwar noch fließend Latein, doch überall kommt es vor. Latein hilft mir, unbekannte Fremdwörter schnell und ohne weitere Hilfe zu verstehen. Latein hilft mir, wenn ich etwa Italienisch oder Spanisch lernen möchte. Latein hat mir zudem geholfen, die deutsche Grammatik zu verstehen, denn die ist weitestgehend identisch mit der lateinischen. Und Latein hat mir ein strukturiertes Denken beigebracht.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Wird Latein nicht deshalb als tote Sprache bezeichnet, weil man damit nicht kommunizieren kann? Ich dachte immer, dass man nicht ausschließlich Latein sprechen kann und es deshalb so genannt wird und nicht, weil es kaum noch gesprochen wird.

Ich finde zwar, dass es nicht schadet, wenn man Latein versteht oder wenigstens das eine oder andere herleiten kann, aber wenn man es nicht kann, hat man auch keinen Nachteil davon. Ich bezeichne Blumen nach ihrem Trivialnamen, wie du es genannt hast, der Lateinische Name interessiert mich zumeist herzlich wenig. Wenn ich ihn weiß, ist das zwar nett, aber ich muss ihn nicht können, da es mir dabei nicht um den Fachbegriff geht. Auch in medizinischen Bereichen kenne ich einige lateinische Begriffe, aber dazu muss ich kein Latein können. Irgendwann weiß man die Begriffe einfach und das auch, wenn man kein Latein kann.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Tod ist die lateinische Sprache mit Sicherheit nicht, sie ist eher heimatlos geworden. Wie die schon angesprochenen Bereiche der Wissenschaft beweisen wird die lateinische Sprache immernoch verwendet und ist aktuell, aber im Alltag wird sie von niemandem mehr verwendet. Daher kommt vermutlich die Redensart, Latein sei eine tote Sprache. Ich finde aber, ihr habt einen der größten, wenn nicht sogar den größten Verwendungsbereich der lateinischen Sprache übersehen und auch einen der aktuellsten und modernsten. Die Medizin.

Sämtliche Krankheiten, Strukturen und eigentlich alles was in der Medizin benannt werden kann, ist lateinisch benannt. Sieht man also die Verwendung von Latein, so lebt die Sprache wie kaum eine andere. Es ist nicht korrekt vom Tod einer Sprache zu sprechen, die lediglich im Alltag nicht mehr verwendet wird. Ich schließe mich dir an, Latein ist allgegenwertig und keinesfalls tot.

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Latein ist für mich in so weit tot, dass die Sprache an sich nur noch sehr selten flüssig gesprochen wird. Ich kenne nun niemanden, der sich fließend auf Latein unterhaltet, da werden eben doch andere Sprachen bevorzugt genutzt, auch wenn beide Parteien der Sprache mächtig sind.

So richtig tot ist Latein für mich auch nicht, dafür kommt es zu viel im Alltag vor. Neben den Beispielen von dir, dass es eben viel vor allem fachspezifische Begriffe gibt, die aus dem lateinischen stammen, ist es doch auch im Alltag so, dass sehr viele Wörter in den unterschiedlichsten Sprachen ihren Ursprung im lateinischen haben und somit bleibt die Sprache für mich trotzdem gegenwärtig.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich hatte ebenfalls Latein in der Schule und muss sagen, dass ich es wirklich gehasst habe. Ich konnte mich einfach nicht dazu durchringen, die ganzen Endungen zu lernen, denn ich konnte mich mit der Sprache nicht anfreunden und daher musste ich mich regelrecht dazu zwingen. Leider gab es damals an meiner Schule keine Alternative, Latein war als zweite Fremdsprache verpflichtend. Ich habe dann auch nur Latinum gemacht und Latein nicht vorher abgewählt, weil uns eingetrichtert wurde, dass man das Latinum später mal für viele Studiengänge brauchen wird. Ich konnte dem Ganzen nicht so wirklich Glauben schenken, aber ich habe mich dann doch nicht getraut, es abzuwählen, denn sonst hätte ich ja 4 Jahre umsonst Latein gelernt.

Mit toter Sprache ist meiner Meinung nach gemeint, dass es heutzutage so gut wie keine Leute mehr gibt, die sich in dieser Sprache unterhalten können und wollen. Wenn ich mich an das Latein aus meiner Schulzeit erinnere, dann fallen mir auch hauptsächlich Vokabeln zu Krieg und solchen Dingen ein - also nicht wirklich viele Vokabeln des Alltags. Insofern ist Latein meiner Meinung nach schon eine tote Sprache. Ich habe auch Freunde, die ebenfalls Latinum haben, aber die würden auch niemals auf die Idee kommen, auf einmal nur noch lateinisch zu sprechen. Obwohl ich Latein nie mochte und es immer verflucht habe, muss ich schon sagen, dass es mir bei Sprachen wie Französisch echt geholfen hat. Viele Sachen kann man herleiten und es gibt ja auch heute noch viele lateinische Fachbegriffe. Wenn man schon mal Latein hatte, fällt einem die Übersetzung oder Herleitung natürlich leichter.

An der Uni braucht man Latein tatsächlich für viele Studiengänge, was ich echt nicht erwartet hätte. Ich war mir darüber im Klaren, dass ein Medizinstudium wohl das Latinum erfordern würde, aber auch beim Geschichts- oder Theologiestudium wird heutzutage Latinum gefordert. Da war ich schon froh, dass ich das Latinum schon hatte, denn viele Kommilitonen mussten das Latinum dann parallel nachholen und taten sich echt schwer damit (was ich auch durchaus verstehen kann!). Latein ist also insofern tot, dass sie nicht mehr als Sprache an sich benutzt wird, aber sie ist dennoch allgegenwärtig, wie auch schon mehrfach erwähnt wurde. Für mich war es echt eine Qual, aber es gibt ja auch echte Latein-Fans und nützlich kann die Sprache auch sein! Wenn mein Sohn sich aber zwischen Spanisch und Latein entscheiden müsste (wie das auf manchen Schulen mittlerweile der Fall ist!) würde ich wahrscheinlich doch eher zu Spanisch raten, weil die Sprache eben noch von vielen benutzt wird und man meiner Meinung nach einfach mehr damit anfangen kann.

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» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich stimme dir vollkommen zu, was die Wichtigkeit von Latein betrifft, auch wenn ich Latein hasse. Es ist einfach mühsam, einen Satz zu haben, und dabei ein Wort, bei dem der Konjunktiv gar nicht passt, oder der Fall. Dann muss man sich immer entscheiden zwischen wörtlich oder frei. Dabei kann es passieren, dass man Punkteabzug bekommt, weil man beim wörtlichen Übersetzen den Sinn nicht wiedergegeben hat, oder weil man zu frei übersetzt hat.

Jedenfalls schlage ich mich trotzdem durch das Fach. Ich möchte später noch Spanisch lernen. Als ich mich einmal in der Sprache "umgesehen" habe, habe ich bemerkt, dass das lateinische Fundament wirklich außerordentlich groß ist. Man kann sich nicht nur viele Vokabel ableiten, sondern auch die Grammatik basiert auf Ähnlichem. Ich denke, dass es eine gute Wahl war, Latein anstatt von Französisch zu wählen, da ich damit die Grundlage aller romanischen Sprachen habe, wie Italienisch, Spanisch, Rumänisch usw. Außerdem steigert man sein Allgemeinwissen enorm, da man auch sehr viel Kulturkunde lernt, und außerdem wichtige Sprachkenntnisse erwirbt. Beispielsweise wusste ich nicht was ein Konjunktiv ist, obwohl wir das in Deutsch mehrfach durchgenommen haben. Erst mit der lateinischen Grammatik verstand ich die deutsche.

Am nützlichsten ist die lateinische Sprache natürlich bei Wissenschaften. Man kann sich äußerst viele Begriffe ableiten und wie du schon sagtest, erspart man sich das Auswendiglernen. Auch kann man beispielsweise die komplizierte Ärzte-Sprache ein wenig besser verstehen. In der Wissenschaft ist die lateinische Sprache allgegenwärtig und keineswegs tot.

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» mendacium. » Beiträge: 750 » Talkpoints: 17,61 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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