So wenig wie möglich konsumieren - vorbildlich?

vom 07.03.2015, 21:07 Uhr

Für mich ist das völlig überzogen und auf die Spitze getrieben. Die Mutter lässt sich die Kleidung von anderen schenken und sammelt Wollreste, um einen Pullover zu stricken? Das hat in meinen Augen schon fast zwanghafte Züge. Und die Kinder zum Geburtstag mit eigenhändig geklöppelten Natur-Devotionalien zu schicken, ist für meinen Geschmack auch schon gelebte Ideologie. Ideologien haben aber die Tendenz ins menschen- und lebensfeindliche abzudriften.

Eigentlich sind es ja mehrere Aspekte, die hier angesprochen werden, manche Ansätze wie Naturverbundenheit, kritischer Umgang mit Konsum und Medien finde ich vom Prinzip her gut, aber die fast schon weltfremde Verweigerung gegenüber den aktuellen Strömungen und Technologien sehe ich sehr kritisch. Wie soll ich einen bewussten Umgang mit diesen Dingen vermitteln, wenn ich versuche möglichst viel aus dem Leben der Kinder auszuschließen? Ein Negieren ist kein Umgang, das ist verschroben.

Die Frage, ob eine fast komplette Verweigerung von Konsum vorbildlich ist, kann ich nach meinen persönlichen Erfahrungen wirklich verneinen. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, wo der Konsum mancher Güter wie Möbel, Hausrat und Kleidung so klein wie möglich gehalten wurde. Da wurde geflickt, gestopft, gestrichen, gebastelt, zweckentfremdet und repariert, was die Näh- und Werkzeugkisten hergaben. Treibende Kraft war mein Vater, der es überhaupt nicht eingesehen hat, sein Geld für Möbel, Vorhänge, Gardinen, Teppiche, Dekor, Hausrat oder Kleidung auszugeben.

Er hat das auch echt auf die Spitze getrieben, genau wie seine Eltern auch. Alles war noch viel zu "gut", um es zu ersetzen. Da wurde das Sofa für eine vierstellige Summe nicht neu gekauft, sondern vom Polsterer teuer neu bezogen, die Lampe im Wohnzimmer bekam professionell neue Schnüre, in die alte Rostlaube wurde für mehrere Tausend Euro ein neuer Motor eingebaut. Hauptsache das Alte konnte irgendwie erhalten werden. Dass das im Endeffekt sogar noch unwirtschaftlicher war als der Kauf neuer Sachen, wurde gerne mal übersehen.

Die Familie aus dem Beispiel kann sich ja mal überlegen, wie ihr Haus in zwanzig bis dreißig Jahren aussehen mag, wenn sie sich dem Konsum komplett verweigern. Irgendwann sieht nämlich alles ramschig und schäbig aus und müsste plötzlich ersetzt werden. Und die Außenwelt sieht auch gar nicht den finanziellen Aufwand, der für das ständige Flickschustern und Ausbessern betrieben wurde, sondern nur das alte Zeug. Da kann dann schnell fälschlich ein ärmlicher Eindruck entstehen.

Es sieht auch niemand, dass die teuren Schuhe mal 500 Mark gekostet haben mögen, sondern nur, dass sie schon 15 Jahre alt sind. Und ganz ehrlich, Spaß macht das alles nicht. Ich kann solche totalen Konsumverweigerer absolut nicht verstehen und frage mich auch, wo die Leute aus dem Beispiel ihr ganzes Geld lassen, denn Konsum im Alltag wie teure Lebens- und Genussmittel, Kino, Urlaub oder Restaurantbesuche werden ja aus ideologischen Gründen auch wegfallen. Wozu geht man denn dann aber arbeiten, wenn man darbt ohne Ende?

» Verbena » Beiträge: 5138 » Talkpoints: 0,70 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Wie soll ich einen bewussten Umgang mit diesen Dingen vermitteln, wenn ich versuche möglichst viel aus dem Leben der Kinder auszuschließen?

Meinst du nicht, dass es ausreichend ist, wenn die Kinder sowas im Grundschulalter lernen? Oder wie sollen Kinder im Kindergartenalter überhaupt den bewussten Umgang mit Geld oder einem Fernseher lernen? Dafür sind die doch viel zu klein.

Wozu geht man denn dann aber arbeiten, wenn man darbt ohne Ende?

Das steht doch nirgends, dass die Eltern arbeiten gehen. Und selbst wenn: Wenn beide nur Mindestlohn verdienen dann hat man bei 2 Kindern nicht mehr viel Geld. Wir zum Beispiel haben momentan zum Glück auch mehr Geld als wir brauchen. Wir sparen das für ein weiteres Kind, für die Altersvorsorge und wenn die Kinder größer sind.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Sternenbande hat geschrieben:Das steht doch nirgends, dass die Eltern arbeiten gehen

Das steht im ersten Beitrag im zweiten Absatz gleich am Anfang sogar ganz explizit. :wink: Sie würden arbeiten und hätten genug Geld. Gut, von außen ist sowas natürlich immer schwerer zu beurteilen, wer weiß, wie die da Gelder eingeteilt sind oder wie viel Geld wirklich da ist. Man weiß es nie.

Und ja, das mit dem Lernen im Grundschulalter wird sicher auch stimmen, aber irgendwie glaube ich nicht so wirklich, dass die Familie sich in ein oder zwei Jahren grundlegend geändert haben wird.

» Verbena » Beiträge: 5138 » Talkpoints: 0,70 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Die Kinder müssen nicht frieren. Es gibt einen Kamin, der mit Holz beheizt wird. Sollte das wirklich stimmen, heizen die sich im Winter halb tot. Das kriegt man gar nicht hin ohne Kohle. Früh am Morgen wäre es bitter kalt in der Wohnung, das kühlt fein aus. Glaube nicht, dass sie sich und den Kindern das zumuten. Das wäre extrem egoistisch.

Wir haben früher fast auf einer Ebene gewohnt und die gesamte Etage mit einem einzigen Kaminofen im Wohnzimmer beheizt. Alle Zimmertüren waren stets geöffnet. Der Vorteil war, dass es überall schön warm war. Der Nachteil war, dass es im Wohnzimmer sehr warm war, meist 27 Grad. Aber man konnte auch kurz lüften, was die Wärme in den anderen Zimmern nicht minderte. Wir waren sehr froh über die Möglichkeit der Wärmezufuhr, da es sicher sehr viel teurer gewesen wäre, hätten wir alle Räume mit den vorhandenen Heizkörpern beheizen müssen.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Und ja, das mit dem Lernen im Grundschulalter wird sicher auch stimmen, aber irgendwie glaube ich nicht so wirklich, dass die Familie sich in ein oder zwei Jahren grundlegend geändert haben wird.

Na ja, unsere Kinder haben auch kein Handy oder Laptop und Fernsehen kucken wir höchstens mal im Winter. Dennoch werden wir die Zwillinge nach dem Kindergarten in einer Laptop-Klasse in der Grundschule anmelden wo sie lernen mit sowas umzugehen.

Man muss sich ja nicht ändern. Mein Mann und ich nutzen eben kein Smartphone oder dergleichen und finden es auch nicht gut, wenn Kinder sowas nutzen, aber wir wissen beide, dass Kinder eben auch größer werden und nicht ewig ohne Handy oder Laptop leben wollen.

@Quasselfee: Und was nützt ein Kamin im Wohnzimmer? Dann ist es im Bad, Küche und den Kinderzimmern immer noch kalt. Außerdem heizt der Kamin ja kaum über Nacht.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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