Sind Suppenküchen für Bedürftige diskriminierend?

vom 22.04.2016, 08:49 Uhr

In einer Reportage habe ich letztens jemanden gesehen, der der Meinung war das Suppenküchen für Bedürftige diskriminierend seien. Immerhin würde man in solchen Suppenküchen häufig die Reste von irgendwelchen Supermärkten und Discountern verarbeiten und die Bedürftigen fühlen sich dann auch ganz offensichtlich als Bittsteller.

Das wäre diskriminierend und überhaupt, warum sollten die Bedürftigen schlechter essen als die normale Bevölkerung. Viel menschlicher wäre es doch Gutscheine für Restaurants auszugeben oder Einkaufsgutscheine für den Supermarkt. So würden die Bedürftigen zumindest nicht nur von Resten leben.

Ich selbst muss sagen, dass ich diese Denkweise nicht so ganz nachvollziehen kann. Eigentlich reicht das Arbeitslosengeld für die meisten aus und viele Menschen sind auch selbst dran Schuld, wenn es eben nicht so ist. Findet ihr Suppenküchen diskriminierend? Wären Restaurantgutscheine wirklich eine bessere Lösung?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Sollen die freiwilligen Helfer, die die Zutaten sammeln, das Essen zubereiten, ausgeben und hinterher alles wieder sauber machen, die Gutscheine finanzieren? Außerdem ist eine Suppenküche kein Ersatz für einen Besuch im Restaurant.

Bekommen dann auch die nicht bedürftigen Besucher der Küche Gutscheine? Denn die Besucher haben normalerweise äußerst verschiedenen Gründen in die Küche. Armut ist nur einer davon. Soziale Kontakte, Arbeitsersparnis bei Gerichten, die sich für einen oder zwei nicht lohnen oder ein günstiges Mittagessen, weil es keine Kantine im Betrieb gibt, sind nur einige der anderen.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich kann diese Denkweise auch nicht so ganz nachvollziehen. Sicher ist es für die Bedürftigen nicht schön, in der Suppenküche anzustehen, um eine warme Mahlzeit zu bekommen. Aber das liegt doch nicht unbedingt an der Qualität der Zutaten, sondern allgemein daran, dass sie sich eben vielleicht als Bittsteller fühlen, weil sie etwas geschenkt haben möchten. Das wäre bei den Gutscheinen aber doch auch nicht viel anders. Darum denke ich, dass das System auch so bleiben kann.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Es ist schon erstaunlich, wodurch sich Menschen so alles diskriminiert fühlen. Ich würde mal sagen, dass das in diesem Fall reichlich übertrieben ist. Durch wen soll man dadurch diskriminiert werden? Der Organisation, die das Essen aufbereitet? Die Lebensmittelhändler, die Essen spenden? Durch den Rest der Bevölkerung, der so frech ist, und nicht den ganzen Supermarkt leer kauft, so dass Reste übrig sind?

Diese "Reste" sind übrigens völlig genießbar und nicht schlechter als andere Produkte. Nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, heißt das noch lange nicht, dass das Essen in irgendeiner Form niederwertig ist. Viele Menschen essen diese Lebensmittel auch dann, wenn sie es nicht müssten, weil sie sich dieser Tatsache bewusst sind und gute Lebensmittel nicht verschwenden möchten.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wozu sollte man Gutscheine ausgeben für einen Supermarkt? Jemand der auf der Straße lebt ist über ein warmes Essen dankbarer als wenn er mit einem Gutschein abgespeist wird und sich dann hinterher im Supermarkt davon ein Brötchen und ein Käse kaufen kann und wieder nur kalt ist. Gerade in den kalten Jahreszeiten sind die Suppenküchen stärker frequentiert, einfach wegen dem warmen essen. Eine Küche hat ein Obdachloser in der Regel nicht, dass er sich dort aus den einzelnen Zutaten selbst ein Gericht kochen könnte.

Die Gründe wieso jemand in eine Suppenküche geht sind unterschiedlich und es wird dort auch nicht nachgefragt. Dort wird einfach das Essen ausgegeben was dort ist und die Motivationen erfährt man zwar nebenbei, aber sind nicht der Bestandteil. So habe ich lange in einer Suppenküche nebenbei geholfen, dort kamen neben den Obdachlosen auch Mütter mit ihren Kindern essen oder auch Kinder nach der Schule alleine, weil die Eltern arbeiten waren und die Kinder ein warmes Essen bekommen sollten.

Diskriminiert hat sich meiner Meinung nach niemand gefühlt es war eher eine große Gemeinschaft in der sich gegenseitig ausgeholfen worden ist. So saßen immer ein paar ältere Leute gerne bei den Kindern und haben mit denen ihre Hausaufgaben gemacht oder Brettspiele gespielt nach dem essen oder auch neue Gruppen haben sich gebildet von Müttern mit ihren Kindern oder auch Obdachlose sind alleine gekommen und hinterher mit einem oder zwei anderen unterwegs gewesen für mehr Sicherheit.

Vom essen alleine war die Auswahl immer in Ordnung, natürlich trifft man nicht immer den Geschmack von jedem aber gemeckert wurde nie. Wenn einem etwas gar nicht zugesagt hat, dann wurde manchmal gefragt ob man stattdessen mehr Beilagen haben könnte. Das wurde aber auch nur selten überhaupt gefragt, die meisten waren froh etwas warmes zu essen zu bekommen und sie waren dankbar dafür.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich kenne reine Suppenküchen gar nicht. Ich kenne aber Tafeln. Hier gibt die örtliche Tafel auch einmal die Woche Suppe aus, die sich an sich auch jeder abholen kann, egal ob man einen Nachweis über die Bedürftigkeit hat oder nicht. Theoretisch könnte also auch Mark Zuckerberg, Angela Merkel oder Barack Obama dort Suppe abholen.

Die Suppe wird in der Nähe gekocht. Die Tafel selbst bekommt sie nur geliefert. Ich meine die Suppe kommt aus einer Einrichtung der Massenspeisung, die Kindergärten oder Heime bekocht. Da bin ich mir aber nicht wirklich sicher. Ich denke allerdings nicht, dass die Suppe nur aus den Resten der Supermärkte besteht.

Eigentlich reicht das Arbeitslosengeld für die meisten aus und viele Menschen sind auch selbst dran Schuld, wenn es eben nicht so ist.

Wenn man vorher ein Einkommen von über 1500 Euro Netto hatte, kommt man mit Arbeitslosengeld sicherlich aus. Wenn man aber vorher nur so 800 Euro Netto hatte, kommt man, je nach Wohnort und Randbedingungen, locker unter den aktuellen Arbeitslosengeld 2 Anspruch und kann theoretisch wie auch praktisch ergänzende Leistungen bekommen. Rein der Bezug von Arbeitslosengeld sagt noch nichts über die Höhe aus, die bei vielen eben unterschiedlich ist, da sie abhängig vom letzten Einkommen ist.

Mit einem Bescheid über Arbeitslosengeld bekommt man in der Regel auch keine Leistungen der Tafeln oder Suppenküchen. In der Regel wird dort ein Arbeitslosengeld 2 Bescheid oder ein Sozialhilfebescheid erwartet oder man kann nachweisen, dass das Einkommen unter dem Satz für Arbeitslosengeld 2 ist. Zumindest die Tafeln haben da aber keine bundeseinheitliche Regelung.

Hier vor Ort ist es so, dass die Supermärkte und Discounter übrig gebliebene Lebensmittel entweder von der Tafel oder von anderen Organisationen, die nach einem ähnlichen Prinzip wie die Tafeln arbeiten, abholen lassen. Wobei das Sortiment hier sicherlich ein breites Spektrum hat. Angefangen bei den krummen Gurken, über Obst und Gemüse mit leichten Mängeln, Überschüsse nach dem Weihnachts- und Ostergeschäft, abgelaufene Lebensmittel, über Waren, die aus dem Sortiment genommen werden, ist die Auswahl sicherlich groß.

Grundgedanke der Tafeln ist eigentlich auch nicht zwingend, damit eben Bedürftige zu versorgen, sondern der Gedanke ist eher, dass man Sachen, die sonst im Abfall landen würden, obwohl sie zum Großteil noch vollkommen in Ordnung sind, an Menschen abgibt, die sich die Sachen eben nicht leisten könnten.

Ich denke mal, dass Suppenküchen keine staatlichen Einrichtungen sind. Die Tafeln sind es auf keinen Fall. Die sind in der Regel gemeinnützige Vereine, die sich über Spenden finanzieren. Warum also sollte Vater Staat da Gutscheine ausstellen? Die Menschen die zur Tafel gehen, gehen dort freiwillig hin.

Sicherlich auch, weil die staatliche Unterstützung eben nicht ausreichend ist. Aber jeder Tafelkunde hat für sich die Wahl getroffen. Das nun als diskriminierend zu empfinden, da kann ich den Zusammenhang nicht sehen. Wobei aber viele Menschen, die eben keine Leistungen der Tafeln beziehen, gerne über die Menschen urteilen, die Leistungen der Tafeln beziehen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich finde es sowieso komisch, wenn man Suppenküchen mit Bedürftigen assoziiert. Wir haben die verschiedensten Suppenküchen in der Stadt. Teilweise sind sie von der Tafel, teilweise stehen anderen Vereine dahinter und einige betreiben Kirchgemeinden.

Bei uns ist es ganz simpel: Bedürftige bezahlen einen Euro für die Mahlzeit, Nicht-Bedürftige geben zwei Euro. Bei den kirchlichen Gemeinden ist es so, dass man im Pfarrbüro ohne Nachweis um eine Marke bitten kann, dann ist das Essen kostenlos, ansonsten kostet es auch 2 Euro.

Das Publikum besteht bei uns bei weitem nicht nur aus Obdachlosen und Langzeitarbeitslosen. Viele Rentner nutzen das Angebot, um soziale Kontakte zu haben. Manche kommen gezielt, wenn es die Dinge gibt, bei denen es sich nicht lohnt, nur für ein oder zwei Personen zu kochen. Und dann kommen noch ganz viele Angestellte, die keine Kantine haben und nehmen sich das Essen schnell in Tupperdosen oder Henkelmännern mit. Es ist bunt gemischt.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Mir erschließt sich nicht, was an diesen Suppenküchen diskriminierend sein soll. Da frage ich mich automatisch, ob nur Menschen auf so eine Idee kommen, die noch nie eine Suppenküche von innen gesehen haben. Denn ansonsten weiß man doch, wie die Menschen das ganze aufnehmen und wie sie auf das Angebot reagieren. Menschen, die sich davon diskriminiert fühlen werden ja wohl kaum freiwillig dorthin gehen und sich hinterher darüber aufregen, sondern eher dankbar für das Angebot sein - aus den unterschiedlichsten Gründen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Es ist doch schön, dass es überhaupt solche Angebote gibt und die Menschen nicht hungern müssen. Außerdem ist es doch auch klasse, wenn man Lebensmittel, die vielleicht sonst entsorgt worden wären wegen irgendwelchen dämlichen Regeln, noch verarbeitet. Die Lebensmittel sind ja nicht schlecht, sondern gut und sicherlich ist eine warme Suppe oder ein warmes Essen gerade im Winter auch schöner als irgendein blöder Gutschein. Als Obdachloser mag man sicherlich auch nicht in ein Restaurant gehen um dort etwas zu essen, wenn da auch andere Leute sitzen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Und wer genau soll diese Restaurant Gutscheine bezahlen? Es werden ja nicht einmal die Helfer in den meisten Einrichtungen für Bedürftige bezahlt weil es offensichtlich an Spenden fehlt, da zweifle ich stark daran das so viel Geld zusammenkommt das die Bedürftigen im Restaurant essen gehen könne. Außerdem glaube ich das ein wirklich Bedürftiger sogar ein Problem damit hätte für 25 Euro (in Form eines Gutscheins) essen zu gehen wenn er doch mit diesen 25 Euro so viel mehr hätte anfangen können. Natürlich wären Sie trotzdem dankbar, aber ich denke das dieses Geld wiederum sinnvoller eingesetzt werden kann. Da wäre es sinnvoller einen Gutschein für einen Supermarkt zu kaufen oder wie früher einfach Essensmarken zu verteilen.

Und jemand der wirklich auf das Essen von der Tafel oder dem warmen Mittagessen in einer Suppenküche abhängig ist fühlt sich nicht diskriminiert. Diese Leute sind froh darüber das es diese Möglichkeit gibt und Sie überhaupt ein warmes Essen auf dem Tisch haben. Da wird sich keiner hinsetzen und sagen: „Das sind Reste die will ich nicht.“ Jemand der so eine Aussage tätigt ist wohl nicht richtig bedürftig oder war es nie.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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