Disclaimer "in der Apotheke nachfragen" guter Ausdruck?
Dieser Spruch kommt ja gleichzeitig mit großen, kaum zu übersehenden Lettern unmittelbar nach Werbung für bestimmte pharmakologische Produkte, deren Zulassung nicht alleine durch deren festgestellte allgemeine Wirksamkeit erfolgt ist. Als Beispiel für Wegfallen des Pflichttextes sei stellvertretend genannt: die jetzt kaum oder nur selten zu sehende Werbung für ein Darmpflegemittel, das im Wesentlichen aus Hefepilzkulturen besteht, welche die Darmflora anregen sollen, bedarf nicht dieses, ich möchte gerne bei der Formulierung "Disclaimers" bleiben.
Also ein rechtlich vorgeschriebenen Haftungsausschluss, erst recht bei bei wissentlich oder unwissentlich erfolgender missbräuchlicher Verwendung. Wobei die Korrektheit des Verwendungszweckes selbst noch durch Expertise von Fremden, in diesem Falle Medizinkundige, durch Eigeninitiative des Anwenders nachgeprüft werden soll.
Was mich ehrlich gesagt an der Änderung des bisherigen Textes so ungemein stört, ist diese völlig unnötige Duplizierung, die wie ein Stottern von Legasthenikern anmutet, die schnell noch ein Wort hinterherschieben, um ein vorher gesprochenes Wort zu relativieren.
Als Fernsehzuschauer, aber das gilt für das Radiohören umso mehr, erwartet man, dass bei dem im schnellen Sprechtempo, zum Teil sogar in der Lautstärke um 20 dB abgesenkt, vorgetragenen Text jedes Wort sehr genau überlegt ist, nicht Überflüssiges verkündet wird.
In diesem Zusammenhang entwickelt der Zuhörer ein Erwartungsschema. Da dieser Spruch ja in der Werbesendung nicht nur einmal erscheint, sondern nach jedem Präparat, wo dies vorgeschrieben ist. In der Reihung der Begriffe soll jeder Begriff als solcher prägnant sein und etwas Neues vortragen. Also "Arzt", "Apotheker". Das sind die "Hooks", wie die Radiomacher das heutzutage so auf Neudeutsch nennen, auf die abgehoben wird. Jetzt kommt da noch eine Tautologie, also eine Mehrfachnennung hinein, indem "Arzt oder Ärztin" noch genannt werden.
Was, bitteschön, ist an "Ärztin" an Informationsgehalt drin. Nichts. Nur die Überbetonung des Geschlechts. Und die hat mit der zu vermittelnden Information rein Garnichts zu tun. Völlig überflüssig. Und um diese Doppelnennung von "Apotheker oder Apothekerin" tunlichst zu vermeiden, was sonst erst recht auffallen würde, wird nun diese ominöse Umstandsbestimmung des Ortes gewählt.
Nur als Beispiel noch hinzugefügt: "Arzt" ist eben nicht die Person, sondern in dem Zusammenhang im Sinne einer Berufsbezeichnung zu verstehen. Und die ist definitionsgemäß und von den meisten im Konsens übereinstimmend geschlechterneutral aufzufassen. Für das Wort "Apotheker" gilt es dann ebenso, so dass es keiner "Neuformulierung" des alten Textes bedürfte.
So sagt etwa mein Chef nicht zu mir, wenn ich mit roter Nase und niesend und prustend zum Büro komme, "geh' lieber zur Ärztin", sondern er fordert zum Gang zum Medizinkundigen, der auch ganz nebenbei Berechtigung zur Krankschreibung hätte, auf, indem er sagt: "Geh' zum Arzt." Dabei ist mir freigestellt, ob ich in eine Praxis gehe, die eine weibliche Fachkundige hat, oder zu einem ihrer männlichen Kollegen.
Oft sieht man auch auf (alten) Praxisschildern: Dr. Anita Sowieso, Facharzt für. Oder Dr. Anton Muxeneder, Dr. Heidi Muxeneder, Fachärzte für und nicht Fachärztinnen für oder Facharzt für und Fachärztin für. Diese Doppelnennungen sind unüblich. Jeder weiß doch, was gemeint ist. Mit einer zusätzlichen Nennung der Geschlechterform ist doch nichts an Informationsgehalt gewonnen.
Verlangt Herr Professor Doktor Karl Lauterbach jetzt etwa noch, dass alle Praxisschilder durch, seiner Meinung nach "zeitgemäßer", gegenderte ausgetauscht werden müssen, soll die Zulassung weiter bestehen bleiben?
Dass auch die Politik diese sprachlichen Umerziehungsversuche favorisieren muss, ist nicht zwangsläufig so. Das zeigt der Blick über den Tellerrand zum Beispiel auf unsere Nachbarn in Frankreich. Herr Staatspräsident Emmanuel Macron vertritt doch eine sehr begrüßenswerte Auffassung, indem er das Gendern in der französischen Sprache verbietet.
In Deutschland herrscht dagegen die Auffassung vor, es wieder jedem Recht machen zu wollen, und dabei dann niemandem hilft. Im Gegenteil, die Spaltung der Gesellschaft wird im Endeffekt damit noch weiter vorangetrieben.
Habe noch ein paar Stellungnahmen dazu im Internet gefunden. Da geht es um Werbung ganz allgemein und im Radio im Besonderen. Wenn Begriffe doppelt erscheinen, lediglich geschlechtsspezifisch differenziert werden, beinhalten sie keinerlei Informationsgehalt. Rein sprach-technisch und semantisch betrachtet wird jedem Werbemacher dies durchaus verständlich gemacht, wenn vom normalen Sprachgebrauch ausgegangen wird. Die Werbeproduktion sollte sich an bestimmte Spielregeln des Gewerbes halten, die den Werbeerfolg versprechen helfen und nicht vordergründig ideologisch vorgeschrieben werden.
Bezogen auf jenen Spruch, um den es in diesem Beitrag hier geht, bedeutet dies: Denn die Verknüpfung der Begriffe Arzt und Ärztin erfolgt in direkter, durch Komma im geschriebenen Bild im Fernsehen erkennbarer Weise als direkte Auswahlkriterien, die nacheinander in der Reihenfolge ihres Erscheinens in Anspruch genommen werden sollen im Sinne des vorangestellten Verbs "fragen".
Interessanterweise ist gegenüber der ersten Version des Pflichttextes im TV nun die Reihenfolge umgekehrt worden. Also in der aktualisierten Fassung jetzt erscheint zunächst "Ärztin". Das heißt, jemand wird aufgefordert, in umschriebener Form des Imperativs "fragen Sie" wen oder was, also zunächst die Ärztin, dann den Arzt der Reihe nach zu fragen.
Hier müsste korrekterweise eine "Oder-Form" gewählt werden. Also "fragen Sie entweder eine Ärztin oder einen Arzt", wobei die tatsächliche Reihenfolge der Inanspruchnahme völlig unangetastet bliebe, würde ein generisches Maskulinum weiter verwendet. So aber bekommt die Ärztin den ersten Zuschlag und der Arzt erscheint erst in zweiter Linie.
Beim Nachfolgenden "Apotheker" kommt ja dann auch das ominöse "oder". Also der Hinweis auf eine Alternative in der Informationsbeschaffung. Wobei jetzt ganz deutlich hervortritt, dass Ärztin und Arzt keine Alternativen sind, sondern vom Informationsgehalt her keinerlei Bedeutung haben, sondern nur aus ideologischen Gründen als Tautologie nachklappen.
Aber zurück zur Radiowerbung:
Schnell, schneller, am schnellsten. Eine weitere Möglichkeit: Speeden, speeden, speeden. Bis sich der Spot anhört wie das altbekannte „Bei Risiken und Nebenwirkungen…“. Ein absolutes No-Go und abgesehen davon nicht nur ineffektiv, sondern auch extrem unhöflich, wie ich finde: Soll ich mich etwa als Konsument extra arg anstrengen müssen, um allein die Werbebotschaft verstehen zu dürfen?
Quelle
Und durch die Doppelnennung von Arzt und Ärztin wird der Spot noch schneller gesprochen und damit noch unangenehmer und ruft bei mir regelrecht Brechreiz hervor. Und welche Apotheke oder Drogerie ich zur Therapie des so provozierten Brechreizes zur Beratung heranziehe, bestimmt nicht das Fernsehen und der ideologisch verbrämte Pflichttext schon einmal gar nicht.
Und jetzt kommt's:Hier Am Ende des Fernsehspots sieht und hört man, man höre und staune:
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Tierarzt oder Apotheker"
Ist jetzt der Pflichttext auch für Tierarzneien nötig. Und wieso gendert man das dann nicht. Inkonsequenz lasst grüßen. Äh Inkompetenz, nee, Inkontinenz.
Mein persönliches Empfinden dazu ist, dass diese Umformulierung unnötig ist. Allgemein das Gendern. Als das vor ein paar Jahren angefangen hat, dass man es jedem / jeder recht machen wollte. Man propagierte, dass jeder sich so fühlen darf, wie er möchte und sich entsprechend auch benennen darf UND entsprechend auch so angesprochen werden soll. Das vereinfacht Anreden nicht unbedingt.
In der Praxis kenne ich wenige, besonders Frauen, die sich durch eine Ansprachen benachteiligt fühlen. Weder Ärztinnen, noch Erzieherinnen, noch Apothekerinnen. Niemand besteht auf die entsprechende Endung. Entsprechend frage ich mich, woher kommt es wohl, dass man unbedingt Disclaimer ändern muss, obwohl doch jeder weiß, was gemeint ist und sich auch niemand darüber wirklich beschwert?
Die Antwort liegt nahe: vereinzelt! wird sich eben dann doch darüber beschwert. Und man muss es hier wieder der Minderheit recht machen. Vermutlich sind es nicht einmal Frauen, die sich darüber beschweren, sondern Menschen mit akuter Langweile.
Wohl kein anders Thema neben Klimaschutz hat in letzter Zeit derartig viel Aufmerksamkeit erfahren wie das "Gendern". Aber nicht nur stummer Protest mit geballter Faust in der Tasche existiert, nein, das Ganze wird zum Politikum mit "Volksentscheid". Es geht in die nächste Runde. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. hier
Gorgen_ hat geschrieben:Wohl kein anders Thema neben Klimaschutz hat in letzter Zeit derartig viel Aufmerksamkeit erfahren wie das "Gendern". Aber nicht nur stummer Protest mit geballter Faust in der Tasche existiert, nein, das Ganze wird zum Politikum mit "Volksentscheid".
Was ich ehrlich gesagt bis jetzt nicht verstanden habe. Worin genau liegt eigentlich das Aufregungspotenzial? Für mich ist das Thema Gendern eines, mit dem ich mich hin und wieder in meiner Freizeit beschäftige, wenn es gerade keine anderen Themen gibt, die ich als relevant empfinden würde. Oder wenn es mal wieder irgendwo als Aufreger auftaucht. Aber in meinem alltäglichen Leben spielt es eigentlich keine Rolle und ich denke normalerweise auch nicht häufig daran. Wenn ich gegenderte Texte wahrnehme, dann nehme ich sie hin, ohne mich darüber aufzuregen.
lascar hat geschrieben:Wenn ich gegenderte Texte wahrnehme, dann nehme ich sie hin, ohne mich darüber aufzuregen.
Und das ist genau die Haltung, die - sorry - zu einer weiteren Verhunzung der Sprache passiv beiträgt. Sprache ist ein hohes Gut, das es, wenn nötig, sogar mit höchstrichterlichen Mitteln zu schützen gilt.
Das heißt nicht, dass es Formen der Umgangssprache gibt, die von bestimmten Cliquen und so weiter zum Soziolekt gehören und auch dort von mir aus gepflegt werden können. Es geht aber beim Einzug von Formulierungen der oben beschriebenen Art ins Fernsehen und die Massenmedien eher darum, wie diese sprachlichen Verbiegungen Zustandekommen. Nicht etwa aus besserer Einsicht oder, weil die Leute das so wollen, nein, weil sie von einer Clique von Intellektuellen aufgezwungen worden sind, die partout nicht auf den Willen der Bevölkerungsmehrheit hören wollen, sondern beharrlich ihr eigenes ideologisch geprägtes Süppchen kochen.
Dagegen regt sich, wie ich meine, zu Recht der Widerstand mit dem Ziel, die Sprache so zu belassen wie sie seit Jahrhunderten gepflegt wird. Echte Argumente für "Gendersprache" habe ich nämlich noch nicht gehört. Vielmehr:
Quelle: hierDer Grund für die Propagierung von Gendersprache ist nicht die Beförderung der Gleichberechtigung sondern die Verfestigung von Herrschaft mit Hilfe der Sprache.
Gorgen_ hat geschrieben:Dagegen regt sich, wie ich meine, zu Recht der Widerstand mit dem Ziel, die Sprache so zu belassen wie sie seit Jahrhunderten gepflegt wird.
Wobei sich Sprache schon immer verändert hat und nicht seit Jahrhunderten unverändert bestehen bleibt. Würden wir heute noch genau so sprechen und schreiben wie vor mehreren Jahrhunderten, dann würde sich unsere Sprache deutlich anders lesen und anhören, als dies gegenwärtig der Fall ist. Und das hat nicht nur was mit dem Gendern zu tun, sondern damit, dass lebendige Sprachen unaufhörlich im Wandel sind.
Ich bin ja jetzt über 50 Jahre auf dieser Welt und selbst im relativ kurzen Zeitraum meines Lebens hat sich die Sprache schon deutlich verändert. Es sind viele Worte hinzugekommen, die man früher nicht verwendet hat, und umgekehrt sind Begriffe aus der Mode geraten, die früher umgangssprachlich üblich waren. Selbst grammatische Regeln haben sich verändert, und auch eine Rechtschreibreform hat es zu meinen Lebzeiten gegeben, die Schreibweisen und Regeln verändert hat.
Im Übrigen bin ich sehr am Thema Sprachen und Sprache interessiert und es wäre vermutlich verkehrt, mich als passiv (im Sinne von desinteressiert) wahrzunehmen. Es ist aber halt so, dass mein Fokus anders gelagert ist und mich eher andere Aspekte der Sprache und Sprachveränderung beschäftigen.
Sorry, Formulierung mit "passiv" waren von mir nicht persönlich gemeint. Allerdings könnte ich mir durchaus vorstellen, dass irgendwann sogar Wortäußerungen, die heute mit 13.000 Euro Bußgeld gegen Einstellung des Verfahrens noch geahndet werden, dann zum laxen Sprachgebrauch gehören. So Slogans, die ich hier nicht noch wiederholen möchte, reißen dann schneller ein, als man denkt, wenn nicht die Aufmerksamkeit der Bevölkerung dem entgegenwirkt.
Ähnlich ist es mit dem Einzug der sogenannten Gendersprache. Plötzlich wird in den Massenmedien so geredet. Wer hinderte jetzt jemanden, der irgendwann von "Germany great again" hört, das unreflektiert in sein Vokabular mit zu übernehmen, obwohl solche Dinge nicht political correct sind. Otto Normalverbraucher merkt das vielleicht garnicht, ihm wird das einfach vorgesetzt, dann wird das wohl so stimmen. Beim Gendern war das ja auch so. Plötzlich reden die im Fernsehen eben so. Es wird schon alles seine Richtigkeit damit haben.
Die Schlussfolgerung sollte sein, man sollte eine kritische Haltung bewahren, wenn einem etwas "komisch" vorkommt, oder auch nur gegen übliche Sprachregeln verstößt. Und das zitierte Beispiel des Pflichttextes stört den Sprechfluss, und klingt merkwürdig "verrenkt", da sind sich doch wohl alle einig. Ein gutes Deutsch ist das keineswegs.
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