Disclaimer "in der Apotheke nachfragen" guter Ausdruck?
"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker", so lautete der Spruch hinter der Medikamentenwerbung im Fernsehen bislang immer. Seit kurzem hört man immer öfter folgendes: "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt, Ihre Ärztin oder in der Apotheke."
Meine Frage an die Forenmitglieder: Warum nötigt man der deutschen Sprache derartige Verbiegungen auf. Habt Ihr eine eigene Meinung dazu?
Meine Meinung dazu ist: Die Betonung auf Geschlechterdifferenzierung ist bei Berufsbezeichnungen als stehende Redewendungen einfach falsch. Man geht auch nicht zur Bäckerin um die Ecke, sondern zum Bäcker, auch wenn Frauen einen meistens bedienen. Auch ist wohl eine stete Doppelnennung nur mit geschlechtsspezifischer Endung ein und desselben Wortes wie "Apotheker" keineswegs glücklich umschifft mit der Umstandsbestimmung des Ortes "in der Apotheke."
Diese Verbiegung des Ausdrucks ist für meine Begriffe zumindest genau so missverständlich. Denn, es wird nicht gesagt, wen man in der Apotheke fragen soll. Den Lehrling, oder vielleicht zufällig den Hund eines Kunden?
Ich möchte gerne meine Meinung zu der Diskussion über die Veränderung des bekannten Apothekerspruchs teilen. Die Anpassung von "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" zu "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt, Ihre Ärztin oder in der Apotheke" hat einige Fragen aufgeworfen, die ich persönlich für relevant halte.
Die Betonung auf Geschlechterdifferenzierung bei Berufsbezeichnungen in stehenden Redewendungen erscheint mir als eine fragwürdige Veränderung. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, wie "zum Bäcker gehen", ohne die Geschlechtsform zu differenzieren, obwohl Frauen häufig in diesem Beruf tätig sind. In diesem Kontext finde ich die stete Doppelnennung mit geschlechtsspezifischer Endung wie "Apotheker" nicht unbedingt gelungen, besonders in Verbindung mit der Ortsangabe "in der Apotheke".
Meiner Ansicht nach könnte diese Veränderung zu Missverständnissen führen, da nicht eindeutig gesagt wird, wen man in der Apotheke fragen sollte. Ist es der Apotheker, ein Lehrling oder vielleicht sogar der Hund eines Kunden? Eine klare Formulierung wäre wünschenswert, um die beabsichtigte Aussage zu präzisieren. Gleichberechtigung hat für mich einfach wichtigere Aspekte als das Gendern, beispielsweise gleiches Gehalt für dieselbe Arbeit.
Soweit mir bekannt ist, hat diese Änderung des Disclaimers Herr Professor Doktor Doktor Lauterbach erst so richtig hoffähig gemacht. hier Es ist bezeichnend für den ungebrochenen Reformwillen, dass sich sein Engagement nicht allein auf die ressortspezifischen Angelegenheiten beschränkt, sondern sich aktiv in die sehr umstrittene Genderdebatte einbringt. Dabei dürfte auch Herrn Minister Lauterbach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht entgangen sein, dass sich laut Umfrage mindestens etwa 68 % der Bevölkerung vehement gegen derartige manipulative Eingriffe in die deutsche Sprachkultur wenden.
Man könnte ein wenig polemischer formulieren, dass sich Herr Minister Lauterbach gerade mit derartigen Vorstößen nicht nur noch unbeliebter macht, als er zum gegenwärtigen Zeitpunkt so wie so schon bei einem Großteil der Ärzteschaft zu sein scheint, nein, dass dieses von den meisten Leuten als sprachliches Umerziehungsansinnen empfundene Vorgehen eher von den eigentlichen Problemstellungen abzulenken angedacht ist.
Besser wäre es, er würde der Binsenweisheit Folge leisten, indem er bei dem besagten, als Verb bereits eben genannten Gegenstand bliebe: "Lieber Professor Karl, bleib bei deinem Leisten." Alles andere könnte unter Umständen als Ablenkungsmanöver interpretiert werden.
Ich möchte Herrn Minister Lauterbach nicht unterstellen, dass er sich wie zum Beispiel die Oberbürgermeisterin von Köln für die Ewigkeit profilieren möchte, die einmal in einem DLF-Interview postulierte, dass in der Politik Tätige weit über ihre Amtszeit hinaus für eine Sache bekannt bleiben müssten. Und sie hätte als ihr Reformthema eben die Gendersprache gewählt. Ich möchte nicht annehmen, dass Herr Minister Lauterbach es für nötig empfindet, zu solchen unschönen Methoden greifen zu müssen, um sein Profil aufzupolieren.
Gorgen, wenn du es mit der Sprache so genau nehmen möchtest, dann halte auch selbst den Anspruch ein. Der von dir kritisierte Pflichttext ist nun wirklich kein Disclaimer. Nur weil du Denglisch bevorzugst, ist das noch lange nicht korrekt.
Außerdem mag Lauterbach dir persönlich nicht liegen, nur ist die Initiative hinter der Änderung viel größer. Denn es haben auch die Interessenverbände der Ärzte und Apotheker und Pharmahersteller an die Politik appelliert. Komisch, die Betroffenen wollen das also selbst.
Und die Ausrede, dass man dann nicht wüsste, an den man sich in der Apotheke wenden soll, ist nun wirklich lachhaft! Du löst schließlich auch nicht das Rezept bei der Reinigungskraft oder dem Hund eines Kunden ein. So viel Wissenstransfer sollte trotz der gruseligen Ergebnisse bei PISA noch drin sein.
Außerdem gibt es da noch ein kleine Knackpunkte, die Kritiker gerne vergessen. Erstens: Wann wendet man sich in der Apotheke denn mal an einen Apotheker? Da muss genau einer anwesend sein, beraten wird aber an allen Schaltern. Häufig ist der approbierte Leitungsmensch hinten im Büro. Komisch, dass 30 Jahre lang nicht darüber gemeckert worden ist.
Und die Nummer mit dem generischen Maskulinum ist halt auch nicht mehr zeitgemäß. Denn komischerweise gilt das nur für Berufe, die Frauen über Jahrhunderte nicht zugänglich waren. Da sind die nun mitgemeint. Aber Frauenberufe hatten dann doch eine eigene Bezeichnung. Und als die dann Männern offenstanden, bekamen die natürlich sofort eine eigene Bezeichnung. Geht ja nicht, dass die nur mitgemeint sind. Und wenn nun Frauen die Mehrheit in einem ehemaligen Männerberuf stellen, müssen Sie immer noch nur mitgemeint sein?
Die mittlerweile fast einhellige Meinung der Bevölkerung ist, die Sprache so einfach und unkompliziert wie möglich zu gestalten. Das gilt insbesondere für Verschlagwortung und Pflichttexte, mit der sich Werbetreibende aus der Verantwortung stehlen wollen. Wieso der bislang verwendete Pflichttext plötzlich abgewandelt werden soll, hat ganz andere Hintergründe. Fühle mich genötigt, noch einmal ganz kurz auf diese einzugehen.
Die erst seit ein paar Jahren so in Mode gekommene Extrabetonung der Geschlechtlichkeit in der Sprache ist eindeutig, und da sind sich die Experten sehr sicher, eine ideologisch geprägter Umerziehungsversuch, der aus der linkslastigen Ecke stammt. Umso betrüblicher, dass sogar Offizielle darauf hereinfallen. Das nenne ich Pseudoaktivismus. Dadurch, dass ständig immer wieder auf Einzelnennung geschlechtlicher Formen gepocht wird, führt eher zu einer Spaltung, denn zu einem Allgemeinkonsens in der Gesellschaft.
Da reden sie alle von Inklusion. Dann fragen Sie einmal einen Sehbehinderten, wie sich der durchgegenderte Text auf dem Text-to-Speech Übersetzer des Notebooks, mit dem auch die Kommunikation ermöglicht werden soll, anhört. Das ist einfach eine Tortur. Und um dem Zynismus noch eins draufzusetzen, jetzt behauptet die Genderfraktion, diese Änderungen kämen aus der Mitte der Gesellschaft selbst. So etwas ist noch nicht einmal Dialektik, sondern plumpester Täuschungsversuch.
Aber die Gesellschaft ist anderweitig und im Gegensatz zur "Genderfraktion" auf absolut demokratischer Basis aktiv: hier
Gorgen_ hat geschrieben:Diese Verbiegung des Ausdrucks ist für meine Begriffe zumindest genau so missverständlich. Denn, es wird nicht gesagt, wen man in der Apotheke fragen soll. Den Lehrling, oder vielleicht zufällig den Hund eines Kunden?
Naja, den Satzbestandteil "in der Apotheke" finde ich jetzt eigentlich nicht sehr missverständlich. Kaum jemand wird gezielt in eine Apotheke gehen, um dort andere Kunden um Rat zu fragen. Letztlich ist der Satz eindeutiger als "oder fragen Sie Ihren Apotheker", den man genaugenommen eben so verstehen könnte, dass man nur einen männlichen Apotheker fragen sollte (weil z.B. die weiblichen Apothekerinnen nicht genug Ahnung hätten). Der Satz "Fragen Sie in der Apotheke" ist meines Erachtens auch ganz normales Deutsch und nicht irgendwie verbogen.
Es gibt nicht nur eine Einrichtung, die sich "Apotheke" nennt. Zum Beispiel in den meisten Krankenhäusern findet sich eine Abteilung, die auch mit Apotheke bezeichnet wird, aber für den Patienten tabu ist, nur für Personal ansprechbar und zugänglich. Hier laufen die Medikamentenanforderungen der Stationen zusammen und werden zielgerichtet just in time ausgeführt. Für Auskünfte von "Kunden" sind sie nicht konzipiert.
Wenn der Begriff auf eine Lokalität statt auf eine Person, wie beim bisherigen Werbepflichttext, bezogen ist, können sich solche Missverständnisse durchaus ergeben. Ich jedenfalls werde mich hüten, wegen Risiken und Nebenwirkungen im Krankenhaus anzurufen und mich von der Telefonzentrale zur "Apotheke" durchstellen zu lassen. Manch einer, der noch nicht so mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut ist, wird das bestimmt versuchen wollen. Und wird sich eine gehörige Abfuhr einhandeln. Das könnte man ihm ersparen, indem man den bisherigen Pflichttext beibehält.
Wenn überhaupt, dann halte ich die Nennung einer Person (m/w/d) mit zertifizierten und qualifizierten Pharmakologiekenntnissen namens "Apotheker (m/w/d)" als Ansprechpartner für Auskünfte für geeigneter. Da die Apotheken heute ja schon mit Smartphones zur Rezeptbearbeitung arbeiten (müssen), kann man davon ausgehen, dass man es in diesen Geschäftsräumlichkeiten in nicht allzu ferner Zukunft mit Automaten und Robotern zu tun haben wird. Ein echter "Apotheker (m/w/d)" in Fleisch und Blut wäre mir da ganz bestimmt lieber, als nur irgendeine Anonymitätsmaschine "in der Apotheke".
Gorgen_ hat geschrieben:Es gibt nicht nur eine Einrichtung, die sich "Apotheke" nennt. Zum Beispiel in den meisten Krankenhäusern findet sich eine Abteilung, die auch mit Apotheke bezeichnet wird, aber für den Patienten tabu ist, nur für Personal ansprechbar und zugänglich. Hier laufen die Medikamentenanforderungen der Stationen zusammen und werden zielgerichtet just in time ausgeführt. Für Auskünfte von "Kunden" sind sie nicht konzipiert.
Wobei diese Einrichtungen den meisten Leuten nicht allzu bekannt sein dürften, zumal man damit ja normalerweise nichts zu tun hat. Ich glaube nicht, dass jemand den Satz "fragen Sie in der Apotheke" so missversteht, dass er sich in die interne Apotheke einer Klinik verirrt. Dass dieser Satz in Zukunft zu solchen Missverständnissen führen könnte, halte ich für ziemlich unwahrscheinlich.
Im übrigen ist es bei uns im Alltag durchaus üblich zu sagen "Ich gehe in die Apotheke", wenn man ein Medikament braucht. Ich habe noch nie gehört, dass jemand deswegen angenommen hat, dass man sich danach in ein Krankenhaus begeben würde, um sich zur internen Apotheke durchzufragen.
Selbst ich, der durchaus auch in der internen Klinikapotheke Produkte kaufen kann, verstehe im Normalfall unter dem Begriff "Apotheke" eine Einrichtung in der Stadt, die für jedermann zugänglich ist. Nur wenn man explizit von der Krankenhaus-Apotheke spricht, dann ist diese auch gemeint. Dementsprechend halte ich den Ausdruck "Fragen Sie in der Apotheke" nicht für ungewöhnlich missverständlich.
Man sollte den ganzen Satz im Zusammenhang sehen. Dass die Umstandsbestimmung des Ortes "in der Apotheke" Verwendung findet, ist ja lediglich dem Umstande geschuldet, dass man nicht wieder tautologisch neben vorangegangenen "Arzt oder Ärztin", "Apotheker oder Apothekerin" im Schnellsprechtempo herunterhaspeln muss.
Das ist eine Ausweichsprachkonstruktion, für meine Begriffe als Notlösung, die nicht gerade elegant ist, weil man merkt, dass zwar auf Person bei "Arzt" abgehoben wird, der Apotheker aber sozusagen in der Apotheke verschwindet. Wenn, dann haben alle oben genannten Berufsgruppen ihre Hervorhebens Berechtigung. Oder stellen Apotheker etwa nur die zweite, minderwertigere Klasse an Medizinkundigen dar? Und dann landen wir wieder bei der Tautologie, die keiner so recht mag, weil sie gegen das elementare Sprachempfinden verstößt.
Übrigens, wieso sind die "Genderjünger" so intolerant. Toleranz heißt auch, dass man das generische Maskulinum eben akzeptiert. Unter der genannten Sprachform sind alle gemeint. Und das schon seit ewigen Zeiten. Sogar im real existierenden, fortschrittlichen Sozialismus hieß die Busfahrerin Busfahrer, die Kranführerin, Kranführer und so weiter. Daran hat sich nie irgendjemand gestört. Die Toleranz, die man mit aberwitzigen Sprachkonstruktionen von anderen verlangt, sollten diese auf sich selbst anwenden. Mittlerweile gibt es ganz andere Lösungsansätze, um verschiedene Bevölkerungsgruppen "gerecht" zu behandeln:
So findet man seit einiger Zeit schon vor Erklär Texten und so weiter wohlgemeinte Hinweise in eigener Sache, die in etwa folgendermaßen lauten können: "Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden im folgenden Text bei Personen- und Berufsbezeichnungen nur die männliche Form gewählt, wobei alle anderen gleichermaßen gemeint sind."
Ich sehe jedenfalls keinen Handlungsbedarf bei der Formulierung des besagten Pflichttextes. Der ist so, wie er ist, unmissverständlich. Wenn ich irgendwo etwas einkaufe, das vorher im Fernsehen in Reklamesendungen angepriesen wurde, und wenn es sich um irgendwelche Produkte handelt, mit denen man auch Schaden anrichten kann bei sich selbst oder anderen, dann sollte ich mich genötigt fühlen, vor der Anwendung Sachkundige um Rat zu fragen.
Und im Medizinsektor ist es eben ein Arzt oder ein Pharmakologe, alias Apotheker. Das reicht doch an Information vollauf. Ob der Apotheker nun von der anderen Fakultät ist, oder die Ärztin mit der griechischen Insel Lesbos verbandelt, das ist doch so etwas von nebensächlich.
Was mich am meisten betrübt, ist die Tatsache, dass nun überall an der Sprache herumgedoktert wird, nur um angeblich "zeitgemäß" sein zu wollen.
Gorgen_ hat geschrieben:Was mich am meisten betrübt, ist die Tatsache, dass nun überall an der Sprache herumgedoktert wird, nur um angeblich "zeitgemäß" sein zu wollen.
Wobei ich finde, dass ausgerechnet das Beispiel mit der Apotheke recht harmlos und kaum gedoktert wirkt. Es ist keine ungewöhnliche oder neuartige Satz- oder Wort Konstruktion, sondern einfach ein anderer Satzbestandteil, der ohnehin schon immer gängig und üblich war.
Ich habe auch bisher schon gelegentlich gesagt "Ich frage mal in der Apotheke nach, was man mir empfehlen kann". Vom Apotheker habe ich nur dann konkret gesprochen, wenn ich einen persönlich gekannt und genau ihn fragen wollte.
Man kann das Gendern durchaus kritisch betrachten und zum Teil auch in Frage stellen, aber der erwähnte Text würde mir jetzt normalerweise nicht störend auffallen.
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