Wie und woran Fleisch von glücklichen Tieren erkennen?

vom 18.02.2018, 21:29 Uhr

cooper75 hat geschrieben:dann ändert eine andere Preisgestaltung oder weniger Konsum eben nichts.

Na doch schon. Das ist ja eine reine Mathematikaufgabe. Es gibt derzeit eine Nachfrage X, die durch die Produktion Y befriedigt wird. Senkt man die Nachfrage auf X-Z, dann reicht eben auch die Produktion Y-Z aus um diese Nachfrage zu befriedigen. Mit welcher Art von Fleisch das passiert ist da ja völlig egal. Es ist doch kaum anzunehmen, dass wenn wir in Deutschland plötzlich weniger Fleisch essen, mehr exportiert wird.

Das würde ja bedeuten, es müsste derzeit im Ausland eine Nachfrage geben, die derzeit nicht befriedigt wird und die Hersteller lassen sich da Geld durch die Lappen gehen. Dann rein praktisch würde das ja heißen, wenn die Hersteller jetzt einfach ein paar Schweine oder Rinder mehr halten würden, würden sie mehr Geld verdienen. Da sie das nicht tun, kann dass in einer kapitalistischen, marktwirtschaftlichen geprägten Wirtschaft ja nur heißen, dass derzeit nicht mehr Nachfrage da ist.

Natürlich hast du dahingehend Recht, dass durch eine Senkung des deutschen Konsums nur ein marginaler Teil der Produktion wegfallen wird. Und wie schon gesagt, erhöht dass höchstwahrscheinlich für sich allein nicht die Qualität des Fleisches und es kann sein, dass sich auch die Haltungsbedingungen nicht ändern. Aber auf der anderen Seite ist es aber eben auch so, dass man eine artgerechte Haltung nur über höhere Preise finanzieren kann.

Boden- und Lagerhaltungskosten sind nun einmal Preistreiber, genauso wie Ausgaben für die Nahrung der Tiere. Bessere Nahrung und zum Beispiel mehr Platz pro Tier kosten dem Erzeuger einfach mehr Geld, dass er irgendwo wieder refinanzieren muss. Und nicht jeder kann es sich eben leisten, den doppelten oder dreifachen Preis für sein Fleisch zu bezahlen. Da ist es schon hilfreich, dann eben weniger Fleisch zu konsumieren. Was daran jetzt so verkehrt sein soll, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

Zumal das ja im Grunde auch die wesentlich nachhaltigere Lösung ist, als das jetzt alle ihr Fleisch beim Bauern um die Ecke kaufen. Das mag im Kleinen ganz gut funktionieren, aber wie das jetzt auf die gesamte Welt mit ihren 7 oder 8 Milliarden Menschen funktionieren soll, fällt mir schwer das zu begreifen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Die Rechnung geht halt trotzdem nicht auf, weil die Nachfrage der Schwellenländer seit Jahren steigt. Und dort interessiert das mögliche Tierleid hierzulande nun erst mal gar nicht. Zumal wir in Europa über massive Subventionen unser Fleisch spottbillig vermarkten und örtliche Produzenten verdrängen.

Aktuell ist beispielsweise der Schweinepreis recht hoch, weil es zu wenig Schweine auf dem Markt gibt. Nur hilft das den mittleren Produzenten wenig. Denn die Nachfrage ist nur deshalb größer als das Angebot, weil nicht wenige Produzenten aufgrund der Niedrigpreise in die Knie gegangen sind. Die anderen gleichen jetzt gerade mal ihre Verluste aus. Für besonderen Tierschutz ist da wenig Platz.

Zumal die Rechnung, dass wir die Weltbevölkerung mit Fleisch versorgen, weil wir gute klimatische Bedingungen haben, eine Milchmädchenrechnung ist. Wenn nicht die Allgemeinheit die Folgen der Fleischproduktion tragen müsste, wäre Fleisch schon jetzt unbezahlbar. Und einfach weniger essen, das hilft da nicht. Und umsteigen auf EG-Bio ist auch wenig hilfreich, denn das System ist nicht nachhaltig und wenig tierfreundlich. Exporte verhindern da Effekte.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Die Rechnung geht halt trotzdem nicht auf, weil die Nachfrage der Schwellenländer seit Jahren steigt. Und dort interessiert das mögliche Tierleid hierzulande nun erst mal gar nicht. Zumal wir in Europa über massive Subventionen unser Fleisch spottbillig vermarkten und örtliche Produzenten verdrängen.

Das hat aber mit der aktuell hier erörterter Problematik so ziemlich gar nichts zu tun. Die Nachfrage der Schwellenländer wird in Zukunft auch steigen, wenn wir hier mehr Fleisch essen. Das ist eine Dynamik auf die wir recht wenig Einfluss haben, außer du zwingst jetzt weltweit alle Produzenten dazu Preise zu verlangen, die in den Schwellenländern nicht bezahlt werden können.

Im übrigen finde ich es überhaupt nicht schädlich, wenn Produzenten in die Knie gehen, weil sie zu billig verkaufen. Das ist nun einmal Marktwirtschaft und nur das kann gesund sein. Gerade wenn man die vielen Subventionen verteufelt, geht es nur über angemessene Preise. Subventionen können und dürfen kein Geschäftsmodell sein. Das scheinen nur viele Bauern nicht verstehen zu wollen.

Das ist ja nicht nur beim Fleisch so, auch bei der Milch ist das ähnlich. Natürlich tut es mir um den einzelnen Bauern da auch leid, wenn er seinen Bauernhof verliert. Aber an sich hilft da halt nur ein reinigendes Gewitter. Produzenten, die von ihrer Produktion nicht leben können, müssen vom Markt genommen werden. Denn das passiert das was du selber ja gesagt hast. Die Preise steigen durch verringerte Nachfrage und die übrigen Produzenten/Bauern können wenigstens wieder ihre Kosten begleichen.

Dementsprechend hab ich ja genauso gesagt, dass dann eben auch die Verbraucherpreise steigen müssen. Den Verbraucher selbst wirst man nur bedingt überzeugt kriegen, einfach freiwillig mehr zu bezahlen. Und genug Leute müssen eben schauen, wie sie mit ihrem Geld zu recht kommen, da kann ich schon verstehen, dass dann eben das Billigfleisch genommen wird. Da würde es eben nur gehen, wenn Fleisch generell teurer wird, damit Tierschutz finanziert werden kann. Und dann gibt es eben nur einmal oder zweimal die Woche Fleisch. Geht halt in meinen Augen nicht anders. Aber wenn du andere Ideen hast, gerne her damit.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Die Verbraucherpreise haben aber ziemlich wenig mit den Preisen zu tun, die der Landwirt bekommt. Und unser Konsum hat eben tatsächlich wenig Einfluss auf die Preise an den internationalen Warenterminbörsen. Was glaubst du denn, wie mittlerweile Schweine gehandelt werden? Nur mal so als Beispiel.

Deutschland ist der größte Schweinerzeuger in Europa und liegt weltweit nach China und den USA aus Platz 3. Mehr als ein Drittel des hier erzeugten Schweinefleisches wird exportiert. Der Schweinemarkt der letzten Jahre ist ausschließlich über Exporte gewachsen und das massiv! Der markt regelt das nicht. Da müssten Gesetze mit Mindeststandards her. Aber die will natürlich kaum einer der Verantwortlichen, das würde zu noch größeren Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Die Verbraucherpreise haben aber ziemlich wenig mit den Preisen zu tun, die der Landwirt bekommt. Und unser Konsum hat eben tatsächlich wenig Einfluss auf die Preise an den internationalen Warenterminbörsen. Was glaubst du denn, wie mittlerweile Schweine gehandelt werden? Nur mal so als Beispiel.

So kann man das aber nicht sagen. Was machen denn die großen Konzerne wie Aldi zum Beispiel? Die senken zu Werbezwecken die Milchpreise, damit die Leute wie bekloppt bei Aldi einkaufen. Und wie machen die das? In dem sie ihren Zwischenhändlern niedrigere Preise aufdiktieren oder dort nicht mehr einkaufen, wenn diese nicht einverstanden sind. Und der drückt dann eben die Preise beim zuliefernden Bauern.

Warenterminbörsen führen ja nur dazu, dass man schon Preise für die Zukunft festlegt. Und auch das funktioniert ja nur, wenn du Erzeuger beziehungsweise Zwischenhändler hast, die dann auch zu den vereinbarten Preisen liefern können. Hebst du Tierschutzstandards an, wird das dazu führen, dass entweder diese Preise steigen müssen oder eben in Deutschland keiner produzieren kann. Das hast du schon ganz richtig erkannt. Natürlich müssten dann an den Stellen Mechanismen her, die verhindern, dass der deutsche Markt dann mit Waren aus dem Ausland, welche die Standards nicht erfüllen, überflutet werden. Denn dann hätten wir natürlich gar nichts gekonnt. Aber das ließe sich gesetzlich regeln, würde aber in jedem Fall zu erhöhten Verbraucherkosten führen, denn irgendwer muss das ganze ja bezahlen und kein Makler an den Warenterminbörsen wird den Preisanstieg beim Erzeuger mit Reduzierung seiner Marge bezahlen wollen.

Der Markt kann das schon regeln, aber er braucht dafür natürlich verbindliche Rahmenbedingungen. Wenn man natürlich ungleiche Voraussetzungen für Erzeuger in Deutschland und im Rest der Welt schafft, den Vertrieb aber überhaupt nicht reguliert, dann wird der Markt das nicht regeln können. Da hast du zweifelsohne Recht. Aber ich denke, wenn man will, könnte man das schon schaffen. Aber erklär mal dem typischen deutschen Fleischfresser, dass er jetzt doppelt soviel für sein Fleisch ausgeben muss. Das wird wieder schwierig, zumal man als Politiker ja auch die Stimme vom Fleischfresser haben will. ;)

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Jetzt auf den Discountern rumzuhacken, das ist genauso kurzsichtig, wie den Export nicht zu berücksichtigen. Das würde nämlich bedeuten, dass Landwirte für Markenmilch mehr Geld bekommen würden. Nur ist das nicht der Fall. Campina zahlt für Landliebe einen Cent pro Liter mehr, die Anspruchshaltung für diesen Cent ist aber riesig. Wo Discounter Marktmacht haben, aber andere Handelsketten haben und nutzen die auch, sind Eier.

Aber dass es funktioniert, die Standards deutlich zu heben, das zeigen die Niederlande. Deren Schweinebarone haben jetzt wir. Die überschüssige Gülle auch. Dafür sind dort mittlerweile die Ställe kleiner, der Amtveterinär kommt viel öfter, die Schweine haben mehr Platz. Aber es war politisch gewollt. Großanlagen wurden nicht mehr genehmigt, wer aufgab, konnte Bauland ausweisen.

Seit fast zehn Jahren gibt es dort selbst bei Aldi kein Fleisch von kastrierten Ferkeln, dafür hat selbst unsere Großschlachterei in Rheda-Wiedenbrück eine eigene Produktionsstraße aufgemacht. Seit drei Jahren haben Mastschweine dort ein Viertel und Ferkel die Hälfte mehr PlatzinyFerkel werden erst nach vier Wochen abgesetzt, das Beschreiben der Zähne soll vermieden werden, keine Transporte über sechs Stunden, Medikamente sind besser kontrolliert, die Herkunft von Soja wird kontrolliert. Fleisch ist dort trotzdem bezahlbar. Bessere Bedingungen gibt es in vielen Ländern, ohne dass man arm wird. Aber da ist das eben gewollt. Das will die Politik halt nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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