G8 - Belastung für Schüler?

vom 29.10.2007, 21:54 Uhr

Da stimme ich dir auch vollkommen zu, allerdings sehe ich das nicht so in niedrigeren Jahrgangsstufen. Das deutsche Lehrer an österreichischen Gymnasien unterrichten dürfen wundert mich nicht, denn wer würde schon eine gut ausgebildete Lehrkraft von der Hand weisen?

Die Fehler die ich in unserem Bildungssystem sehe, müssen nicht einmal etwas mit den Lehrern zu tun haben, wie du es gerade verstanden haben magst. Es ist einfach die ganze Rahmenbedingung. Angefangen bei den ohnehin sehr vielfältigen Talenten, die von jedem Schüler gefordert werden erstreckt sich das Problemfeld bis in die Haushalte. So ist in Deutschland die Bildungschance, wie in keinem anderen Land in dem Maße, von der Herkunft und dem Einkommen der Eltern abhängig. Ich könnte noch weitere Beispiele anführen. Beispielsweise ist es immer noch sehr schwierig für Migranten das Gymnasium zu besuchen. Ich persönlich gehöre da zu der Ausnahme, muss allerdings sagen, dass ich kaum 6-7 Migranten in einem 200 Mann/Frau starkem Jahrgang zählen kann. Das waren auch mal 10 :D jedoch sind 3 abgegangen. Man mag aus diesen Problemen Schlüsse ziehen wie man will, ich sehe die momentane Lösung des Bildungsproblems lediglich vertuscht. Es hat sich nichts geändert zu der Zeit, als wir unsere mangelnde Bildung beklagten, was in etwa in der Zeit, als ich die Orientierungsstufe besuchen durfte war. Es wird einfach nicht mehr darüber geredet, weil die Zahlen eine andere Sprache sprechen als der Schüler.

Viele Male ist es so, dass Eltern ihre Kinder, obwohl sie sich der mangelnden Lernfähigkeit bewusst sind und dies auch durch die Empfehlungen erfahren haben, auf das Gymnasium schicken aus dem ganz simplen Grunde, dass man sie nicht mit den " Realschülern" zusammenstecken möchte. Somit eröffnet sich ein breites Spektrum an Problematiken derer, die so auf das Gymnasium gekommen sind. Dieses Jahr wird der Doppeljahrgang das Abitur beenden und spätestens dann, werden die Politiker doppelt so viele Abiturienten feiern und das bis zum geht nicht mehr.

Was sie dabei nicht beachten ist die verhältnismäßig enorm angestiegene Anzahl an Abbrechern. Allein in meinem Doppeljahrgang, sind um die 90 Leute einfach gegangen, weil sie es nicht gepackt haben. Mir gibt dies stark zu bedenken, denn ich sehe die aktuell bereits kritische Bildungslage noch weiter gefährdet. Wo kommen wir denn hin, wenn immer mehr Leute das Gymnasium trotz Potentials verlassen müssen ? Da kann doch einfach etwas nicht stimmen. Sicher wird die Zahl derer, die ihre Abitur dieses Mal machen werden enorm viel höher sein. Das liegt aber nicht an verbesserten Konditionen, sondern an Schülern die das alles zu schlucken gelernt haben.

» Fenni » Beiträge: 175 » Talkpoints: 1,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich glaube nicht, dass deutsche Lehrer eine bessere Ausbildung haben als in anderen Ländern. Ich würde es gleichrangig sehen. Nur wenn man eben auch im anderen Land unterrichten kann, werden die Unterschiede dann wohl auch nicht so groß sein.

In Österreich gibt es an den Gymnasien natürlich auch immer wieder Schulabgänger. Das liegt aber auch daran, dass Eltern ihre Kinder oft falsch einschätzen oder eben alles versuchen, damit sie ja in einem Gymnasium landen. Dort wird aber eben ein gewisses Niveau verlangt. Unter anderem zählt bei uns eben auch dazu, dass man eben die Anforderungen eines Gymnasiums aushält. Wem das zuviel ist, der ist dann eben an der falschen Schule und muss gehen.

Warum brauchen in Deutschland die Schüler ein Jahr länger für ihr Abitur? Wenn ich mich recht erinnere, wurde in dem Beitrag von Stern TV am Mittwoch eben auch erwähnt, dass es in allen anderen europäischen Ländern nur 8 Jahre bis zum Abitur sind. Nur in Deutschland gab es eben die neunjährige Ausbildungsmöglichkeit. Was bitte ist am deutschen Schulsystem derart anders, dass die Schüler dort ein Jahr länger brauchen? Meiner Meinung nach nichts. Ein Abitur in Deutschland hat die gleiche Stellung wie in Frankreich, in Österreich oder wo auch immer.

Natürlich schreit man zunächst auf und meint, dass man überfordert ist, wenn man sieht, dass man davor 9 Jahre Zeit hatte und so konnte man immer zu Mittag nach Hause gehen. Ich würde es eher als ein Privileg in Deutschland sehen, dass es bisher so war und so eine Umstellung hätte schon längst stattfinden müssen! In anderen europäischen Ländern klappt es schon sehr lange mit 8 Jahren ohne die Schüler zu überfordern und wie gesagt, generell gilt eine Ausbildung an einem Gymnasium sogar eher als gemütlich, weil man eben soviel Zeit hat, obwohl man bei uns in 8 Jahren zum Abitur kommt.

Aber wir drehen uns im Kreis. Jede Umstellung führt oft zu Aufregungen. In einigen Jahren werden auch die deutschen Schüler an Gymnasien nicht mehr überfordert sein, ganz einfach, weil sie es dann gewohnt sind und es nicht anders kennen.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich gehöre noch zu den Glücklichen, die ihr Abi in 13 Jahren machen durften, verstehe das Gejammer aber trotzdem nicht. In anderen Ländern wie Frankreich ist es seit Jahren selbstverständlich, sein Abi in nur 12 Jahren zu machen. Dort besuchen die Schüler Ganztagsschulen und haben daher ein höheres Lernpensum. Eine Freundin von mir hat ihr Abi in Irland gemacht und das ebenfalls nach nur 12 Jahren. Sie erklärte, dass es in Irland sogar möglich sei, schon nach nur 11 Jahren Abitur zu machen und nicht wenige diese Möglichkeit auch in Anspruch nähmen.

Außerdem wird es später in Berufsleben nicht besser, weshalb ich eine Vorbereitung darauf auch nicht schlecht finde. Viele Freundinnen von mir, die nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung angefangen haben, sind regelrecht ins kalte Wasser gefallen. Sie mussten im ersten Lehrjahr dreimal die Woche acht Stunden arbeiten und zweimal wöchentlich zur Schule gehen. In der Schule hatten sie ebenfalls immer 8 Schulstunden, die ja mit 45 Minuten etwas kürzer sind als acht Zeitstunden. Trotzdem haben sie das als extrem stressig und anstrengend empfunden, weil sie in der Schule nur an sechs Schulstunden gewöhnt waren. Abends kam man nach hause und hatte keine Energie mehr für gar nichts. Im zweiten Lehrjahr ist es bei allen besser geworden, denn man gewöhnt sich mit der Zeit ja an alles.

Schlimm für die Kinder finde ich bloß den krassen Unterschied zwischen Grundschule und Gymnasium, weshalb man es wenigstens in der Unterstufe etwas lockerer angehen lassen sollte. In der Grundschule habe ich mich zum Beispiel eher unterfordert gefühlt und es war schon anstrengend für mich, im Gymnasium plötzlich richtig viel lernen zu müssen.

Problematisch finde ich einzig die Vorstellung, was passiert, wenn demnächst zwei Jahrgänge auf einmal auf den Arbeitsmarkt gelassen werden. Es wird ja einmal den Jahrgang geben, der sein Abi noch in 13 Jahren gemacht hat und gleichzeitig den, der es schon in 12 Jahren geschafft hat.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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