Akkupunktur: wissenschaftlich bewiesen oder Glaubenssache?

vom 13.08.2009, 08:54 Uhr

Hallo!

Ist Akkupunktur eigentlich wissenschaftlich bewiesen oder wie viele homöopatische Mittel einfach reine Glaubenssache? Wie können denn die kleinen Nadeln irgendwelche Krankheiten lindern? Oder kann Akkupunktur nur die Symptome bekämpfen?

Was geht im Körper vor, wenn man akkupunktiert wird? Welche Nebenwirkungen hat Akkupunktur? Bei welchen Krankheiten kann Akkupunktur angewendet werden? Muss man dann wirklich daran glauben oder hilft es wirklich?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallo!

Die Theorie, welche hinter der traditionellen, chinesischen Akupunktur steht ist folgende: Die Energie soll im Körper auf bestimmten Bahnen, den so genannten Meridianen, verlaufen. Durch das Einstechen der Nadeln, welche dabei auch erwärmt werden können, soll der Fluss der Lebensenergie, dem Qi, beeinflusst werden können.

Nebenwirkungen hat dieses Therapie-Form eigentlich keine nennenswerten. Natürlich sollten Einweg-Nadeln verwendet werden, um keine Krankheiten zu übertragen. Zudem kann es zu kleinen blauen Flecken an der Einstichstelle kommen, wenn ein Gefäß getroffen wird. Diese sind aber völlig harmlos. Wird bei sehr dünnen Leuten extrem tief gestochen, kann es schon einmal passieren, dass, beim stechen in die Brust etwa, darunter gelegenes Gewebe, wie die Lunge getroffen wird. Das passiert bei normalen Anwendungen allerdings nicht.

Zur Wirksamkeit ist zu sagen, dass mehrere sehr ernst zu nehmende Studien bereits eine Wirkung bei bestimmten Erkrankungen nachweisen konnten. Allerdings erwies die Akupunktur sich dabei nicht als effektiver als eine vergleichsweise durchgeführte Schein-Akupunktur. Hierfür gibt es bisher keine wissenschaftliche Erklärung, sondern nur viele Spekulationen. Wegen der nachweislichen Wirksamkeit wird Akkupunktur allerdings von den meisten Krankenkassen für einige Erkrankungen übernommen, wie etwa Rücken- oder Knieschmerzen.

Mit Homöopathie, die du ja in deiner Frage auch erwähnst, hat Akupunktur übrigens nichts zu tun. Zwar sind beides so genannte "alternative Heilmethoden", die Akupunktur stammt jedoch aus der Richtung der traditionellen chinesischen Medizin, während das Prinzip der Homöopathie auf den Beobachtungen des deutschen Hahnemann beruht.

» Miss Marple » Beiträge: 113 » Talkpoints: 6,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hallo,

Von Miss Marple würde ich gerne die Namen der "ernst zu nehmenden Studien" erfahren, die angeblich über die Wirksamkeit der Akupunktur vorliegen.

Meines Wissens gibt es solche nämlich noch nicht. Bisher haben seriöse Studien eigentlich alle bloß herausgefunden, dass Akupunktur eigentlich keine Wirkung hat, sondern dass es allerhöchstens durch den Placebo-Effekt zu "Schein-Wirkungen" kommen kann. Da bestünde dann schon ein Zusammenhang zwischen Akupunktur und Homöopathie.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Aber gern doch: In Deutschland werden die verlässlichsten Studien durch die GERAC durchgeführt (findet man hier ). Diese Studien sind randomisiert und doppelblind, also durchaus ernst zu nehmen.

Natürlich sind statistische Ergebnisse immer heikel in ihrer Interpretation, eben weil so viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind. Wie du ja sagst, spielt etwa auch der Placebo-Effekt eine Rolle und nur, weil die Studie angibt auf diesen Effekt zu kontrollieren, heißt es ja nicht, dass sie dies auch zuverlässig tun. Ich selbst traue mir deshalb nur bedingt zu, die Qualität einer Studie zu beurteilen und verlasse mich lieber auf Statistik-Experten. Hierfür kann ich die Cochrane Library empfehlen.

Hier findet man Übersichtsarbeiten, welche alle Studien zu einem Thema ausgewertet und nur die Ergebnisse der wirklich guten Studien berücksichtigt haben. Hier findet sich auch einiges zum Thema Akupunktur, zum Beispiel eine Übersichtsarbeit, welche diese Art der Therapie bei leichteren Kopfschmerzen als überlegen gegenüber der Behandlung mit Medikamenten beschreibt: Klick.

Natürlich ist die Wirksamkeit von Akupunktur bisher nur für wenige Krankheiten nachgewiesen und es lässt sich wohl nie komplett ausschließen, dass es sich dabei nicht doch um einen Placebo-Effekt, egal, wie gut man versucht dies herauszurechnen. Trotzdem hat die Akupunktur der Homöopathie damit etwas voraus, da für diese bisher überhaupt kein Effekt nachgewiesen werden konnte. Was ich mit meiner letzten Aussage aber eigentlich ausdrücken wollte, war nicht auf die Empirie der beiden Heilmethoden bezogen, sondern einfach darauf, dass es zwei völlig unterschiedliche Konzepte sind und man sie deshalb auch nicht in einen Topf werfen sollte.

» Miss Marple » Beiträge: 113 » Talkpoints: 6,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo Miss Marple,

Danke für die Informationen. Natürlich habe ich da gleich recherchiert, weil mich das Thema wirklich interessiert.

Wenn es nämlich tatsächlich eine Wirksamkeit gäbe, dann wäre meine nächste Frage, wieso es wirkt. An die Sache mit den Energiemeridianen glaube ich nicht so recht, oder zumindest wurden diese noch nicht schulmedizinisch wirklich nachgewiesen. Da wäre dann eben meine Frage, wieso diese noch nicht nachgewiesen wurden, und woher man dann in China seit Ewigkeiten davon erfahren haben soll. Und wenn es diese Meridiane wirklich nicht gibt, dann würde ich mich fragen, wieso die Akupunktur dennoch wirkt.

Aber nun zu dem, was ich zu der GERAC-Studie gefunden habe. Und zwar gibt es da einmal diese Website vom Deutschen Ärzteblatt, die also schon sehr ernst genommen werden sollte. Dort wird erst einmal vorgestellt, was denn die Bedingungen für die GERAC-Studie waren (damals noch "sein werden", da der Artikel vor dem Beginn der Studie verfasst wurde), und es steht auch dabei, ab was für einem Prozentsatz an Wirkungsbeweisen denn die Wirksamkeit der Akupunktur tatsächlich bewiesen wäre. Bei Migräne und Spannungskopfschmerz sollten so beispielsweise die Leiden um mindestens 50% bei den Testpersonen abnehmen, das heißt, dass die Tage mit Beschwerden um mindestens 50% reduziert werden müssten.

Dann kann man auf folgender Website lesen, wie denn die Ergebnisse der Studie aussehen. Auswertung der Studie in Zahlen - Achtung, es handelt sich hierbei um eine PDF-Datei, die bei einigen Computern etwas länger zum Laden brauchen könnte. Man findet die Datei auch verlinkt hier. Dabei kann man lesen, dass im Bereich "Spannungskopfschmerz" überhaupt nur 33% aller Menschen bei der einen Akupunkturform und bei der anderen nur 27% aller Teilnehmer überhaupt irgendwelche Reaktionen auf die Akupunktur zeigten. Das liegt doch, wie jeder sehen kann, unter den 50%, die eigentlich festgelegt wurden, als Richtlinie, ob Akupunktur als wirksam bezeichnet werden kann, oder nicht! Daran ändert auch nichts, dass über die Hälfte aller Teilnehmer, wieso auch immer, die Studie positiv bewertete, mehr, als die, bei denen sich überhaupt eine Wirkung gezeigt hat. Bei "Migräne" ist das dann meiner Meinung auch noch so schwammig formuliert, dass man dazu gar nichts sagen kann. Ich finde, so sollte kein Abschlussbericht aussehen.

Außerdem zeigen die Daten bei "Spannungskopfschmerz" für mich deutlich, dass das Ziel eben nicht erreicht wurde (nur in 27% beziehungsweise 33% der Fälle gab es Wirkungen, man sollte allerdings mindestens 50% erreichen), also man ja eigentlich nicht von einer erwiesenen Wirksamkeit von Akupunktur reden kann. Wieso man das dennoch tut, ist mir ein Rätsel.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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