Duzen statt Siezen - Auch in Deutschland

vom 26.05.2008, 21:30 Uhr

Interessantens Thema. Während meines Studiums gab es öfter sprachgemischte Teams deutsch - englisch. Mein Prof hat auch eine wesentliche Zeit seines Berufslebens in Amerika verbracht. Die amerikanischen Gaststudenten sprachen ihn mit Vornamen an, so gut wie nie mit "Mr.".

Er selber sprach uns dann mit Vorname und "Sie" an. Anfangs fand ich das etwas gewöhnungsbedürftig, aber letztendlich fand und finde ich es heute noch einen sehr angenehmen Mittelweg und Kompromiss. Es berücksichtigt beides - eine gewisse Nähe durch die gemeinsame Arbeit, die Lockerheit des (kreativen) Fachs und dennoch den Respekt aus der Rolle Student/Schüler und Lehrer/Prof. Ich würde es toll finden, wenn sich diese Mischform mehr durchsetzen würde.

Albern hingegen finde ich es umgekehrt wie sich zuweilen ja Verkäuferinnen anreden - "Duhuuuuu - Frau Müller, wo hast du denn das Wechselgeld hingelegt?". Aber ich denke, sie persiflieren sich da ein bischen selber, oder? Gibts hier Verkäuferinnen, die das so tun?

» MarciaBaila » Beiträge: 325 » Talkpoints: 0,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin der Meinung, dass man sich Respekt erarbeiten muss und dass man nicht voraussetzen kann respektiert zu werden nur weil man es geschafft hat eine gewisse Lebenszeit hinter sich zu bringen. Und die Art und Weiße, wie ich jemanden anspreche oder ansprechen muss, weil das die Sprache in der ich mich mit der Person unterhalte so vorschreibt, spiegelt meinen Respekt den ich dieser Person gegenüber habe auch nicht wieder.

Die Aussage, dass man Menschen die man nicht mag nicht duzen will - was ich übrigens irgendwo auch nachvollziehen kann, ich finde es auch schön, wenn einem die Sprache die Möglichkeit gibt so direkt eine Distanz zu schaffen - widerspricht der Aussage vom siezen aus Respekt doch auch total, oder? Denn seit wann respektiert man denn Leute, die man nicht leiden kann?

Mich stört es nicht, wenn mich jemand im Deutschen oder im Französischen duzt und es ist auf jeden Fall ein unkomplizierterer Umgang untereinander. Ich arbeite auch in einem Team in dem sich alle duzen und es ist wirklich eine lockerere, menschlichere Atmosphäre in der man vielleicht gerade deshalb respektvoll miteinander umgeht. Und im Englischen stellt sich die Frage von Du oder Sie ja eh nicht.

Aber andererseits fände ich es auch Schade, wenn die Eigenheiten unserer Sprache verloren gehen. Denn ich mag die Sprache als solche wirklich gerne und würde es als Verlust empfinden, wenn sie sich in ein verdeutschtes Englisch verwandelt, was ja teilweise heute schon passiert.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Na, ich weiß nicht. Du Arsch sagt man schnell, Sie Arsch schon weniger. Mir ist ein bischen sprachliche Distanz lieber als solche plumpen Vertaulichkeiten. Gerade auf Arbeit würde es mir sehr schwer fallen die Vorgesetzten zu duzen. Mein damaliger Chef hatte mal kurz vor Weihnachten die Idee allen das „du“ anzubieten. Ablehnen konnte und wollte ich nicht aber es hat lange gedauert bis es mir zum ersten Mal über die Lippen kam. Meistens habe ich es irgendwie umgangen oder neutrale Formulierungen verwendet.

Im deutschsprachigen Raum machen das wohl meines Wissens nur die Schweizer so dass jeder geduzt wird. Für Deutschland kann ich es mir nicht so richtig vorstellen, das hat vielleicht auch ein bischen mit unserer Mentalität und Spießigkeit zu tun. Selbst wenn es offiziell freigegeben wird würde es meines Erachtens ewig dauern bis es sich in den Köpfen unserer Leute eingenistet und auch durchgesetzt hat. Ich denke da nur an unsere Rentner und die Euroumstellung vor einigen Jahren. Ich kenne kaum jemanden aus dieser Altersgruppe der das Anhängsel Euro sagt, alle bezahlen nach dem Wortgebrauch her immer noch in Mark und Pfennig.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich hätte absolut kein Problem damit, wenn man mich dauerhaft Dutzen würde. Ich empfinde es generell eher als unangenehm, wenn man mich mit "Sie" anspricht, da ich mir jedes Mal schrecklich alt vorkomme. Natürlich sollte eine gewisse Distanz zum Beispiel zwischen Chef und Angestellter bestehen, doch seien wir mal ehrlich. Kaum einem von uns scheint die Sonne aus dem Allerwertesten. Und wir waren bestimmt schon mal alle in der Situation, wo es uns nicht gut ging und wir unserem Chef am liebsten gesagt hätten "Du, heute is' nicht". Dies erlaubt die gewisse Distanz nicht, welche durch das Siezen geschaffen wird. Andererseits kann ich als Chef aber immer noch meine Mitarbeiter zusammenfalten, selbst wenn sich das "Du" einbürgert. Man darf einfach nie vergessen, wer da vor einem steht, egal wie man ihn betitelt.

Problematisch sehe ich es allerdings bei sehr viel älteren Personen. Diese würde ich nur äußerst ungern Dutzen, da diese Menschen mir so viele Jahre Lebenserfahrung vorraus sind und ich ihnen gegenüber wirklich ehrlichen Respekt empfinde. Dies mag ich zwar nicht auf tatsächlich alle alten Menschen beziehen, aber doch bestimmt schon auf neunzig Prozent. Wenn ich diese Menschen dutzen müsste, hätte ich erst mal ein schlechtes Gewissen. Doch ich denke, sobald es ist in Deutschland Gang und Gebe sein sollte, wird man sich einfach daran gewöhnen, einander zu dutzen.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass es eigentlich vollkommen egal ist, wie man sich anredet. Man sollte immer im Hinterkopf haben, welche Macht sein Gegenüber hat und dementsprechend agieren.

» Phia » Beiträge: 31 » Talkpoints: 28,09 »



Grundsätzlich fände ich es besser, wenn es die Unterscheidung zwischen "Sie" und "Du" nicht geben würde, da ich manchmal auch einfach nicht weiß, ob ich jemanden Siezen oder Duzen soll und den Satz "Soll ich Sie siezen oder darf ich Du zu dir sagen?" ist wirklich nicht nach meinem Geschmack.

Es ist wäre also schon einfacher, wenn man darüber nicht nachdenken müsste oder auch wann der richtige Zeitpunkt ist jemandem das "Du" anzubieten. Man wäre sich auch von vorne herein einfach näher, wenn man das Sie gleich lassen würde.

Das Problem ist auch oftmals, dass sich die Frage stellt, ab wann man siezt, also ab welchem Alter ungefähr. Ich werde z.B. von vielen gesiezt und erschrecke mich dann nach wie vor jedes Mal innerlich, aber von anderen werde ich dem gegenüber auch geduzt, von denen ich vielleicht gedacht hätte, dass sie mich auf jeden Fall siezen.

Ich weiß dann nie, wie ich reagieren soll, ob ich sie darauf aufmerksam machen soll oder sie vielleicht dann auch einfach Duzen soll. Manche Leute reagieren auch wirklich etwas über, nur weil man sie mal nicht gleich siezt.

Da die Deutschen allerdings daran gewöhnt sind, zwischen Du und Sie zu unterscheiden, wäre es jetzt leider nicht mehr machbar das System zu ändern. Das ist, finde ich, vergleichbar mit dieser Idee nach dem Niesen nicht mehr Gesundheit zu sagen. Also insgesamt finde ich die Idee zwar eigentlich nicht schlecht, aber machbar wäre es leider nicht. Bleibt einem somit nur noch, das leichte System zu genießen, wenn man mal in England ist.

» chocofunke » Beiträge: 7 » Talkpoints: 5,63 »


Ich finde nicht unbedingt, dass siezen eine Form des Respektes ist. Genauso wenig wie ich ein "du" als respektlos bezeichnen würde. Gerade vor den Leuten, die ich duze habe ich meistens den größten Respekt.

Ich bin aber prinzipiell so, dass ich die meisten Leute automatisch mit du anspreche. Ich kann siezen nicht leiden und würde es sehr begrüßen, wenn ein allgemeines "du" eingeführt werden würde. Ich war auch immer mit meinen Kollegen und meinem Chef per du. Auch sage ich lieber "Hallo" als "Guten Tag". Auch das hat bei mir nichts mit fehlendem Respekt zu tun.

» Inanna » Beiträge: 375 » Talkpoints: 0,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich halte es keine gute Idee, sich auch in Deutschland nur zu duzen.

Erst mal habe ich es mir mein ganzen bisheriges Leben einfach so angewöhnt. Es gehört einfach dazu, dass ich Fremde Sieze. „Du“ ist meiner Meinung nach sehr persönlich und in solchen Fällen nicht angebracht.

Ich denke auch nicht, dass das ganze besonders tolle Folgen hätte. Wenn plötzlich jeder jeden Duzt vermeidet man zwar von Anfang an Barrieren, aber ich denke, dass es zum Beispiel in der Schule zu Problemen führen könnte, dass die Schüler den Lehrern nicht mehr den gebührenden Respekt entgegenbringen würden. Man würde sie wahrscheinlich noch mehr in ihrer Autorität untergraben.

Außerdem könnte man das Siezen ja auch nicht einfach „abschaffen“. Es steht ja nirgendwo geschrieben, dass man fremde Personen siezen muss. In Deutschland ist das einfach eine eingebürgerte Höflichkeitsform, von der man nicht so einfach wieder wegkommt.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Die Idee die du da in der Zeitschrift gelesen hast, finde ich sehr absurd. Ich finde es gehört zu einem gepflegten und respektvollen Umgangston wenn man sich im öffentlichen Leben siezt. Es ist eine Unverschämtheit einen anderen Menschen mir nichts dir nichts zu duzen.

Selbst ich lege unter Umständen Wert auf ein Sie (fast 20 Jahre). Dieses System kann man auch nicht so einfach aus dem Weg geschweige denn aus den Köpfen der älteren Generationen räumen.

Einige Leute duzen jedoch mit einer Selbstverständlichkeit die wirklich kaum zu fassen ist. So ist es unter meinen Freunden anscheinend üblich die Eltern der anderen einfach zu duzen. Nicht jeder hat damit ein Problem, aber ich denke man darf ja wohl abwarten, ob die ältere Person der jüngeren das Du überhaupt anbieten will. Das schafft ja nun auch eine viel persönlichere Atmosphäre und eine emotionalere Bindung. Die möchte man ja auch nicht mit jedem Menschen eingehen.

» brunog » Beiträge: 20 » Talkpoints: 8,20 »


Ich halte vom Siezen reichlich wenig. Klar, Arbeit, Schule und ähnliches verlangen danach, aber grundsätzlich finde ich es einfach überflüssig. Warum sollte jemand über mir stehen, sodass ich ihn anders ansprechen muss? Weshalb sollte man sich unpersönlich, distanziert unterhalten? Ich mag es einfach nicht und wenn ich denke, jemand stört sich nicht daran, wenn ich Du sage, dann tue ich das auch einfach.

Wir legen mittlerweile einfach alle viel zu viel Wert auf Höflichkeit und Etikette. Dabei scheinen viele zu vergessen, dass wir einfach alle gleich sind. Und ich finde, Alter, berufliche Position oder andere mögliche Kriterien sollten kein Grund sein, um sich voneinander zu entfernen und sich abzugrenzen, indem man nicht persönlich angesprochen werden möchte.

» daturaferox » Beiträge: 174 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Prinzipiell wäre natürlich sicher alles einfacher, wenn man sich nur duzen würde. Aber da es in Deutschland und auch hier bei uns in Österreich (zumindest in den meisten Gebieten) so üblich ist, denke ich, sollte man sich schon gegenseitig siezen. Vor allem Menschen, denen man gewissen Respekt entgegen bringen sollte. Aber das sollte man ja eigentlich allen Menschen.

Ich habe auch immer zu allen Personen, die um etliche Jahre älter waren als ich, Sie gesagt. Es war einfach eine Gewohnheit von mir, die ich aber gerne tat. Seit unserer Hochzeit sagen nur die meisten Menschen, auch solche, die im Alter meiner Eltern oder noch älter sind, ich solle sie doch einfach duzen. Grundsätzlich ist das ja eine total nette Geste, aber wenn man gewohnt ist, ständig Sie gesagt zu haben, ist es gar nicht einfach jetzt dieselben Menschen zu duzen. Wenn mir dann wieder mal ein Sie rausrutscht habe ich schon erlebt, dass mich manche etwas schief angeschaut haben. Das wiederum finde ich schon etwas übertrieben, was soll man denn gegen die Macht der Gewohnheit tun.

Am schlimmsten aber finde ich, wenn Kinder schon zu allen Menschen du sagen. Bei uns ist es momentan so üblich, dass die Lehrer den Kindern vermitteln, sie sollen doch du zu ihnen sagen. Aber gerade eine Lehrperson sollte sich in meinen Augen Respekt verschaffen und das ist mit dem Wörtchen "Du" sicher nicht mehr so leicht.

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» Kruemmel » Beiträge: 1280 » Talkpoints: 62,51 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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