Sprecht ihr am Grab mit euren verstorbenen Verwandten?

vom 03.04.2013, 10:08 Uhr

Mein Opa ist gestorben, als ich noch sehr jung war. Als wir Enkel früher mit unserer Oma auf den Friedhof gegangen sind, hat sie unseren Opa, wahrscheinlich weil wir Kinder dabei waren, immer begrüßt und sich auch wieder verabschiedet. Wir haben ihr "Hallo Opa, wir kommen dich besuchen" und ihr "Tschüss Opa, wir gehen jetzt wieder" natürlich immer erwidert und unserem Opa im Grab sogar gewunken.

Ich denke, dass das meine Oma allerdings nicht gemacht hat beziehungsweise auch heute nicht macht, wenn sie alleine am Grab steht. Dennoch denke ich, dass sie manchmal am Grab mit ihrem verstorbenen Mann spricht, um ihm Dinge anzuvertrauen, die sie belasten, denn sie hing sehr an meinem Opa und ihr kommen auch heute gelegentlich noch Tränen, wenn sie an seinem Grab steht.

Wie ist das eigentlich bei euch? Sprecht ihr am Grab mit euren verstorbenen Verwandten und erzählt ihnen von eurem Leben oder findet ihr so etwas absurd und würdet euch blöd vorkommen, mit einem Grabstein zu reden?

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» Pointer » Beiträge: 1772 » Talkpoints: 20,77 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



An sich bin ich ein Mensch, der jedem sein Weg der Trauer gönnt. Man kann meiner Meinung nach also durchaus mit einem Toten reden und auch das Leid klagen, was man vielleicht hat. Wenn man so mit seinen Problemen besser leben kann, ist das doch in Ordnung. Ich bin allerdings ein Mensch, der mit dem Friedhof nichts anfangen kann.

Meiner Meinung nach sollte man sich im Leben um die Menschen kümmern und nicht erst, wenn sie tot sind. Meiner Meinung nach ist der Friedhof eh nur für die Hinterbliebenen und nicht für den Toten. Ich würde daher nie mit einem Toten reden, weil ich sehr selten auf Friedhöfe gehe, um ein Grab zu sehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Blöd vorkommen tue ich mich da auf keinen Fall. Ich besuche meine Verwandten auch regelmäßig am Grab. Hört sich vielleicht jetzt bescheuert an, aber ich erzähle ihnen meistens, was bei uns in den letzten Tag und Wochen alles los war. Auch erzähle ich meinen engsten Verwandten (Großeltern) öfters meine privaten oder beruflichen Probleme, weil ich mich danach einfach befreit fühle. Auch wenn sie nicht mehr antworten können, hoffe ich dennoch, dass sie auf mich "aufpassen" und sich die erzählten Dinge für mich einfach verarbeiten lassen.

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» MorphX » Beiträge: 157 » Talkpoints: 1,95 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich gehe zwar nicht sehr oft auf den Friedhof, weil es für mich geeignetere Orte gibt, um an verstorbene Verwandte zu denken, aber ich habe durchaus auch schon am Grab mit den Verstorbenen gesprochen. Es mir auch sehr wichtig meine Kinder mit zum Grab meines verstorbenen Onkels zu nehmen und sie ihm dort vorzustellen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass sich das so gehört und ich würde es auch wieder tun.

Als der besagte Onkel verstorben ist, habe ich auch einen Brief mit ins Grab geworfen, in dem ich alles gesagt habe, was ich noch sagen wollte. Das hat gut getan. Manche machen das wahrscheinlich auch später noch und legen den Brief auf das Grab.

» Sternilu » Beiträge: 305 » Talkpoints: 55,51 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Mein Vater ist vor kurzem verstorben. Allerdings wurde er nicht beerdigt, sondern es gab eine Seebestattung, sodass wir mit ihm gar nicht am Grab sprechen könnten. Wir haben dies vorher in der Familie besprochen, ob es für jeden in Ordnung ist oder jemand eine Stelle braucht für seine Trauer und Zwiesprache mit ihm. Un dabei kam heraus, dass mein Bruder zwar gerne eine Gedenkstätte hätte, aber das kein Grab sein muss. Ihm reicht dafür ein Stein mit einer Inschrift, wo er mit meinem Vater in Zwiesprache treten kann.

Meine Mutter und ich brauchen so einen festen Ort dagegen nicht. Für uns ist die Seele (oder wie immer man es nennen mag) allgegenwärtig. Und wann immer es sich ergibt, denken wir an ihn und halten bei Bedarf auch Zwiesprache mit ihm. Wir gucken dann aber eben eher nach oben.

So halte ich es auch mit meiner Großmutter, die begraben wurde. Ich bin fast nie an ihrem Grab, weil es auch etwas entfernt ist. Trotzdem denke ich oft an sie. Allerdings ist es nie direkt eine Zwiesprache mit ihr, sondern ich denke in bestimmten Situationen oder Anlässen einfach an sie und erinnere mich daran, was sie mir mal gesagt hat.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich weiß natürlich, dass es komplett unlogisch ist, mit dem Grab eines Menschen zu reden, weil der Mensch tot ist und, selbst wenn er noch leben würde, durch die ganze Erde kein einziges meiner Worte verstehen würde. Trotzdem rede ich mit der verstorbenen Person, auch wenn sie mich nicht hören kann. Mir geht es danach immer besser, erklären kann ich dieses Phänomen aber nicht. Ich spreche die "Person" dann auch direkt an und habe auch das Gefühl, als würde ich nach einiger Zeit wissen, wie sie antworten würde.

Deswegen finde ich es schon sinnvoll, wenn man mit den Verstorbenen redet, auch weil es einen ein Stück weit tröstet, mich zumindest. Natürlich kann diejenige Person mich nicht mehr hören, das ist mir auch bewusst, aber helfen tut es trotzdem, weshalb ich es nicht als Unsinn oder unnötig betiteln würde.

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» Fluffeltuch » Beiträge: 797 » Talkpoints: 3,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich kann mit Gräbern generell nicht viel anfangen und war schon ewig nicht mehr auf einem Friedhof, auch wenn ich zu meinem verstorbenen Großvater durchaus ein gutes Verhältnis hatte und einige schöne Kindheitserinnerungen mit ihm verbinde. Es ist einfach so, dass ich persönlich keinen bestimmten Ort brauche, um einer Person zu gedenken, vielmehr denke ich an die Person, wenn ich mich an bestimmte Situationen zurückerinnere und in Erinnerungen schwelge. Ich gedenke auch nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Anlass, das geschieht bei mir eher zwischendurch und nebenbei, weil ich diese Form als deutlich ungezwungener und angenehmer empfinde.

Wenn ich mich dann doch einmal breitschlagen lasse, ein Grab zu besuchen, dann spreche ich sicherlich nicht mit der dort liegenden Person, eben weil ich speziell diesen Ort nicht mit besagter Person assoziiere und mich somit auch nicht extrem mit ihr verbunden fühle. Ohnehin denke ich, dass die Kommunikation mit einer verstorbenen Person höchstens mir selbst Kraft geben kann, es müssen also keine anderen Besucher des Friedhofs lauschen. Würde ich ein Kommunikationsbedürfnis haben, würde ich selbiges somit vermutlich eher mental abwickeln und nicht nach außen tragen, wobei diese Einstellung in der Anwesenheit von Kindern, die den toten Opa als etwas Abstraktes empfinden könnten, noch einmal zu überdenken wäre.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wenn ich zum Grab meiner Eltern gehe, dann erzähle ich ihnen auch ab und zu mal etwas. Warum das so ist weiß ich auch nicht genau, aber blöd komme ich mir da auf keinen Fall vor. Im Gegenteil, so etwas lässt sich schon oftmals auf Friedhöfen beobachten. Wahrscheinlich sind solche Gespräche auch eine Art der Trauerbewältigung.

» specki » Beiträge: 291 » Talkpoints: 178,89 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich habe in meinem Leben schon einige Angehörige verloren, sodass ich durchaus weiß, wo die Gräber sind und dass ich sie jederzeit aufsuchen könnte. Aber um ehrlich zu sein tue ich es nicht. Zuerst einmal sind die Gräber alle weiter weg und nicht in der Nähe. Aber selbst das wäre kein wirkliches Hindernis, weil man ja dort vorbei fahren könnte, wenn man Verwandte in der Nähe dort besucht.

Ich sehe für mich da dennoch keinen wirklichen Mehrwert, die Gräber zu besuchen und vielleicht sogar mit den Grabsteinen zu sprechen. Mir bringt das überhaupt nichts, daher verzichte ich auch darauf. Meine Art der Trauerbewältigung sieht da anders aus.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Vielleicht hat sich mittlerweile das Verständnis für Trauerarbeit in der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten auch geändert, denn ich habe das Gefühl, dass Gräber für viele Leute nicht mehr die Bedeutung haben, wie das früher einmal der Fall war. Dementsprechend würden natürlich auch weniger Menschen am Grab mit den Verstorbenen sprechen. Eigentlich habe ich das selbst auch noch nie gesehen, die Menschen werkeln nur am Grünzeug rum, aber ich habe noch niemanden dort stehen und sprechen sehen. Aber so oft bin ich auch wieder nicht auf dem Friedhof.

Ich habe dort auch noch nie das Bedürfnis gehabt, mit einem verstorbenen Angehörigen zu sprechen, es käme mir komisch und aufgesetzt in meinem Fall vor. Eigentlich habe ich zu Gräbern generell nicht soviel Bezug und viele sind auch viel zu weit weg. Aber die Verstorbenen habe ich natürlich trotzdem tief in mir verankert und ich weiß, was sie in bestimmten Situationen gesagt oder gemacht hätten. Solche Gedanken habe ich schon sehr oft, aber das ist dann kein aktives Gespräch.

Als mein Opa tot war und meine Oma bei uns lebte, habe ich einmal mitbekommen, wie meine Großmutter das Bild ihres Mannes vor sich aufgebaut hatte und mit ihm gesprochen hat. Man braucht nicht zwingend ein Grab, um das Zwiegespräch mit einem Verstorbenen zu suchen.

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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