Junge Generation kennt deutsche Wörter nicht mehr

vom 24.06.2012, 20:22 Uhr

Wenn ich das hier lese, fühle ich mich richtig jung ;) Denn den Begriff "Beckmesser" kenne ich auch mit meinem 50 Jahren nicht.

Ich denke aber auch, dass es ganz normal ist, dass die Sprache sich entwickelt. Leider, so sehe ich es jedenfalls, entwickelt sich die deutsche Sprache aber nicht zum Positiven. Denn ich finde, dass du das "verenglischen" der deutschen Sprache, die deutsche Sprache auch leidet.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich finde es für Deutschland eigentlich arm, dass wir fast nur noch "Denglisch" sprechen. Für fast jedes Wort gibt es mitunter ein Englisches, was längst in Deutschland eingebürgert ist. So gab es früher noch Mobiltelefone, den An- und Verkauf, die Handzettel und so weiter. Heute ist es gängig, zu diesen Beispielen Handy, Second-Hand-Shop und Flyer zu sagen. Wo ist nur die deutsche Sprache hin?

Klar, reden wir alle so und übernehmen immer mehr Worte aus dem Englischen. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die mit den deutschen Worten nichts mehr anfangen können. Wenn ich zum Beispiel in der Öffentlichkeit "Mobiltelefon" sage, wird man höchstens schief angesehen. Mit dem Wort "Beckmesser" konnte ich allerdings auch nichts anfangen. Ich habe das Wort zwar schon einmal in einem Film gehört, habe mir aber keine weiteren Gedanken darum gemacht.

» Sternchen* » Beiträge: 2805 » Talkpoints: 2,97 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Sehe ich ganz genauso. Mich nervt es entsetzlich, wenn in jedem zweiten Satz die deutsche und englische Sprache miteinander vermischt wird. Ich frage mich auch oft, ob die Leute kein richtiges Deutsch mehr können und ob die deutsche Sprache dadurch immer mehr verkümmert.

Begriffe, wie "Handy" oder "Meeting" sind ja schon seit Jahren im Sprachgebrauch, aber mich nervt mehr, wenn beispielsweise die Moderatoren im Radio bei Gewinnspielen immer zu dem Zuhörer so was wie "bist du ready" sagen, da könnte ich. :uebel: Oder man erzählt jemandem etwas und als Antwort kommt dann "nice". Da kriege ich auch jedes Mal das Brechen.

Ich habe mal in einer Tochterfirma eines amerikanischen Unternehmens gearbeitet, da haben die Leute alle so bescheuert gesprochen. Es war echt nicht zum Aushalten, in fast jedem Satz kam ein englisches Wort vor. Als einmal Lieferdokumente von mir im System verloren gegangen waren, sagte meine Teamleiterin zu mir "da musst du mal im Workflow nachgucken, ob da was in den I-Docs hängen geblieben ist. Häh??? Geht´s noch? :wall:

Finde ich echt übel, auch wenn es ein amerikanisches Unternehmen war, der Sitz ist ja hier in Deutschland und da sollte bitte auch deutsch gesprochen werden.

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2969 » Talkpoints: 42,68 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Eigentlich finde ich es total spannend, zu sehen, wie die Sprache sich über die relativ kurze Zeitspanne eines Menschenlebens schon verändert. Lest doch mal Kinderbücher aus eurer Kindheit, aus der jetzigen und aus der Generation davor, da wird man gravierende Unterschiede in der Sprache feststellen. Spannend.

Und ja, ich gestehe, ich benutze manchmal auch englische Wörter, wenn sie einen Umstand oder eine Tatsache beschreiben, für die es im Deutschen keine passende und treffende Entsprechung gibt. Als Beispiel fiele mir jetzt nur "shenanigans" ein, was ich öfter benutze: "Was treibt der wieder für Shenanigans?" Klar könnte man das zur Not mit Spielereien übersetzen, aber das trifft einfach nicht den Kern der Sache. Und das ist jetzt nur ein Beispiel für einige Wörter, die ich immer mal wieder aus dem Englischen entleihe, die anderen fallen mir just im Moment nicht ein.

Ganz sicher werde ich mich auch nicht gängigen Wörtern wie Handy, Email oder Meeting verweigern, auch wenn es dafür deutsche Worte gäbe, aber ich finde es albern, in der Sache zu bocken. Was ich tatsächlich eher zum Augenrollen finde, ist die Tatsache, englische Wörter zu benutzen, die zum Deutschen keinerlei Vorteil bieten. Warum sollte man lowkey sagen, wenn man auch "subtil" sagen kann? Oder ready für bereit oder fertig. Das wirkt dann auf mich bemüht.

Bei manchen Wörtern ist es schade, dass sie verschwinden, weil sie etwas beschreiben, was andere Wörter nicht so treffend können. Ich bin der Meinung, dass man "schäkern" nicht mit scherzen oder flirten umschreiben könnte, weil das einfach noch dezent anders ist. Schäkern ist rumalbern mit einer minimal flirtenden Konnotation ohne aber echtes Flirten zu sein. Quasi mehr als scherzen, weniger als Flirten. Ich gebe aber zu, dass es in meinem Sprachgebrauch auch nicht vorkommt. Und den Beckmesser habe ich ebenfalls noch nie gehört, ich würde vermutlich einfach "Pedant" sagen. Junge Leute würden so jemanden "Hater" nennen, Ältere ironisch auch "Blockwart".

Teilweise gibt es auch Wörter, die ich zwar noch kenne, aber eigentlich nur aus älteren Büchern, den "Eiderdaus" habe ich im echten Leben nie gehört, nicht einmal von meinen Großeltern. Das muss also ein wirklich schon lange im Sterben befindliches Wort sein. Und ansonsten nervt mich besonders, dass Wörter aus der soziologischen oder psychologischen Fachwelt jetzt von Jedermann wild und oft falsch angewendet um sich geworfen werden, Beispiele narzisstisch, gaslighten, toxisch, triggernd usw. Neben zu bemühtem Denglisch die derzeitige größte Unart.

» Verbena » Beiträge: 5143 » Talkpoints: 2,27 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich kann das total nachvollziehen – ich komme aus Österreich, und hier ist es bei uns ähnlich. Ich arbeite an einer Schule und erlebe täglich, wie stark das Leseverständnis bei vielen Kindern nachlässt. Oft liegt es nicht daran, dass sie lesen nicht können, sondern dass ihnen viele Wörter schlicht unbekannt sind. Wenn ein Text zu viele ungewohnte Begriffe enthält, verstehen sie nur Bruchstücke oder verlieren gleich die Lust, weiterzulesen.

Dasselbe passiert auch im Alltag: Kinder hören viele Wörter kaum noch, die früher selbstverständlich waren. Begriffe wie „schäkern“, „hänseln“ oder „Ei der Daus“ würden den meisten meiner Schüler*innen komplett fremd sein. Ich finde es schön, wenn man solche Wörter bewusst einsetzt, weil sie den Ausdruck viel genauer treffen, als die heutigen Ersatzwörter oft können. Gleichzeitig ist es aber auch ein bisschen traurig, dass solche treffenden Ausdrücke aus dem Alltag verschwinden, einfach weil sie nicht mehr so geläufig sind oder durch englische Synonyme ersetzt werden.

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» tournesol » Beiträge: 7768 » Talkpoints: 72,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Wo liegt das Problem, dass Sprache sich entwickelt? Denn was ist schon deutsch? Ganz viele Worte, die wir als deutsch wahrnehmen, haben die gleiche Karriere gemacht, wie jetzt das Denglisch. Diät? Rhythmus? Echo? Orgie? Nektarine? Nur die Spitze des Eisbergs der deutschen Sprache mit griechischen Wurzeln.

Essig, Vase, Visitenkarte, rustikal, akut, Globus, Automobil, Audi (Marke), Schule und vieles mehr sind Lehnworte aus dem Lateinischen. Pfad ist sogar avestisch, also grob gesagt persisch. Kommode, Abonnement, Adjutant, Bulette, Dame, Gala oder Kamerad sind aus dem Französischen.

Kot, Mist, betucht sein, Bammel haben, dufte, Knast, Pleite, mies, Zoff oder Stuss dagegen bereichert unsere Sprache über das Rotwelsche aus dem Jiddischen. Und dass Sprache sich entwickelt, ist doch normal. Junge Frauen sind keine Backfische mehr, das Fräulein hat ausgedient, die Minna putzt nicht mehr, der Hagestolz ist Alltag und nicht erwähnenswert.

Dafür haben wir eben neue Begriffe, wo es bisher eine Lücke gab. Wobei die ja nicht immer eins zu eins übernommen werden. Ein Handy kennt man im Ausland nicht und der Beamer ist ein BMW. Das Public Viewing ist die öffentliche Aufbahrung eines Toten und der Bodybag ein Leichensack...

Anderes passen wir an. Da wird gegoogelt und downgeloadet. Das Handy wird erfunden und die Mailbox ist nicht der Briefkasten am Haus, sondern der Anrufbeantworter vom hierzulande kreierten Handy. Ein Drive-ln sieht in den USA auch anders aus. Das, was wir so nennen, ist ein Drive-Through. :D

» cooper75 » Beiträge: 13446 » Talkpoints: 523,75 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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