Sterben Chemiker heutzutage wirklich noch früher?

vom 02.05.2010, 20:08 Uhr

Es ist mittlerweile schon einige Jahre her, dass ich zur Schule ging, und somit ist auch mein letzter Chemie-Unterricht schon länger her. Gut erinnere ich mich allerdings daran, dass einer meiner Chemielehrer in der achten und neunten Klasse immer wieder von allen möglichen Dingen erzählte. Darunter litt der eigentliche Unterricht stellenweise, aber das wäre ein anderes Thema.

Gut erinnere ich mich jedenfalls daran, wie er mal behauptete, dass Chemiker auch heute noch statistisch gesehen durchschnittlich eindeutig früher sterben würden, als "durchschnittliche" Nicht-Chemiker. Er meinte, das liege an den giftigen Dämpfen, die bei bestimmten Versuchen freigesetzt würden, die auch trotz Luft-Abzug-Systemen immernoch in geringer Menge im Raum sein würden. Ein Vergleich zur früheren Belastung sei es zwar nicht mehr, aber ganz unbeschadet bliebe jemand, der viele chemische Versuche durchführt, auch heute dennoch nicht.

Sterben Chemiker auch heute tatsächlich noch früher, oder hat dieser Chemie-Lehrer das möglicherweise nur gesagt, damit wir bei den Experimenten vorsichtiger sind? Wenn es tatsächlich stimmt, welcher Statistik kann man das entnehmen? Könnte jemand diese hier vielleicht verlinken?

Benutzeravatar

» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich studiere momentan Lebensmittelchemie im 6. Semester und wir haben bis jetzt dieselbe Ausbildung wie Chemiker und alle Leben noch :wink:

Wie lange das so bleibt kann ich natürlich nicht sagen und es stimmt auch, dass man ab und an mal was einatmet was nicht so gesund ist, in wie weit das wirklich gesundheitsschädlich ist und ob es überhaupt irgendwelche Auswirkungen hat kommt auf die eingeatmete Konzentration und auf den eigenen körperlichen Zustand an. Heutzutage sind die Labors eigentlich sehr gut ausgestattet und die Abzüge lassen sich so benutzen, dass man nur noch mit den Händen darin arbeitet. Da die Arbeitsschutzmaßnahmen heute um einiges höher sind als früher ist die Anzahl an Unfällen im Labor gesunken. Ganz ausschließen lässt sich das natürlich nicht, aber meist sind es dann Aufmerksamkeitsfehler.

Was man bei der ganzen Sache auch noch beachten muss: Chemiker ist nicht gleich Chemiker, es gibt welche die arbeiten in der Anorganik (nicht so giftig), dann arbeiten viele in der Organik (da muss man sehr aufpassen) und dann gibt es noch Physikalische Chemie, Technische Chemie, Wasserchemie, die Lebensmittelchemie und einige andere Bereiche. In den zuletzt genannten ist es einfach so, dass man nicht mit allzu giftigen Stoffen arbeitet, vor allem in der Lebensmittelchemie. Dementsprechend ist auch die Gefahr einer Kontamination geringer.

Benutzeravatar

» phpman » Beiträge: 1086 » Talkpoints: 49,35 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich weiß nicht genau, ob ich deine Frage richtig beantworten kann, aber das mit den giftigen Dämpfen stimmt schon. Der einzige wirkliche Schutz ist ein abgeschlossenes System, aber das hat halt nicht jeder Chemiker zur direkten Verfügung.

Und über Jahre hinweg zeigen Schadstoffablagerungen dann ihre Wirkung. Also würde ich sagen ja, zu meiner Schulzeit hatten wir z.B. einen Chemielehrer, der kein einziges Mal Dämpfe abgesaugt hat. Er hat immer alles eingeatmet.

» Far6 » Beiträge: 10 » Talkpoints: 0,14 »



Ich habe mich mit einer Freundin - Biochemikerin - vor ein paar Jahren auch mal über dieses Thema unterhalten und sie ist schon der Meinung, dass das immer noch zutrifft.

Denn wenn man sich Lebenserwartungen anschaut, dann schaut man sich ja Leute an, die 70, 80 Jahre alt geworden sind und wenn man jetzt mal einen Chemiker nimmt, der heute mit 70 stirbt, dann kann man davon ausgehen, dass er wahrscheinlich vor rund 50 Jahren mit seiner Arbeit / Ausbildung in diesem Bereich begonnen hat. Ich bin nun kein Experte in Labortechnik und solchen Sachen, aber ich denke in 50 Jahren hat sich einiges getan, sowohl im Bereich der Sicherheit als auch im Bereich der Forschung. Es wird heute wesentlich bessere Sicherheitsvorkehrungen geben und es wird auch neue Erkenntnisse über Giftigkeit und Langzeitwirkung von bestimmten Stoffen geben.

Das Resumé aus unserem Gespräch war jedenfalls, dass die oben schon erwähnten Tatsachen wahrscheinlich dazu führen werden, dass sich die Lebenserwartung von Chemikern in Zukunft der Lebenserwartung von anderen Berufsgruppen annähert.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe mal zum Beginn meines Chemiestudiums nach solchen Statistiken gesucht und habe nur das Gegenteil gefunden. Akademiker sollen ja durchschnittlich sogar etwas länger leben und das gilt auch für die Chemiker. Diese hatten in den meisten Statistiken sogar eine höhere Lebenserwartung, als beispielsweise Mediziner.

Ich selbst würde auch nicht sagen, dass man in den Laboren irgendwie großartig belastet wird. Du vergisst, dass das Labor selbst ja auch ein riesiger Abzug ist. Die Luft wird durch die Abzüge abgesaugt und von dort kommt dann wirklich nur minimal etwas raus und auch nur, wenn man ihn eben öffnet um dort zu arbeiten. Da die Apparatur dann im Regelfall verschlossen ist und man nach dem Öffnen den Abzug direkt schließt, ist die Belastung minimal. Die Luft im Labor selbst wird dann auch komplett abgezogen und alle paar Minuten komplett ersetzt.

Davon abgesehen arbeiten die wenigsten Chemiker ja ihr ganzes Leben lang in Laboren. Wenn man erstmal fertig studiert hat, dann haben die meisten mit solchen Laboren ja eigentlich kaum noch was am Hut, weil diese dann nur noch geleitet werden oder man beschäftigt sich mit ganz anderen Dingen. Man kann beispielsweise in den öffentlichen Dienst gehen und irgendwelche umweltschädlichen Substanzen analysieren. Die Analyse macht dann aber auch meistens jemand für einen und daran ist auch noch niemand gestorben, da man dafür nur wenige Milligramm an Substanz braucht.

Sterben tun Chemiker dann aber ab und an bei Laborunfällen, dass können andere aber auch. Bei uns an der Universität sind schon welche verbrannt oder haben Hände und andere Körperteile verloren, weil etwas in die Luft geflogen ist. Abgesehen davon gibt es zahlreiche Berufe, die deutlich gefährlicher sind. Maler beispielsweise haben eine deutlich geringere Lebenserwartung, da sie den ganzen Tag sehr giftige Dämpfe einatmen. Auch Ärzte leben nicht unbedingt ungefährlich. Die Vorkehrungen die für Chemiker heute getroffen werden, sind inzwischen wirklich so gut, dass man da nicht von einem Verlust an Lebensqualität sprechen kann, wenn man alles richtig macht.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^