Magersucht - Erfahrungen?

vom 09.01.2008, 20:59 Uhr

Hallo!

Da ich bis jetzt nur Beiträge zu den Themen, Diät und Üergewicht gefunden habe, habe ich dieses Thema eröffnet! Ich würde gerne wissen, ob ihr schon Erfahrungen mit der Krankheit, also eventuell persönlich oder durch Freunde, Bekannte etc. gemacht habt. Und eben welche das waren etc.

Ich persönlich bin zum Glück nicht betroffen, jedoch ne ziemlich gute Freundin von mir. Mittlerweile hat sie, zumindest sieht es im Moment so aus, die kritischste Phase überstanden. Nachdem sie an ihrem traurigen Höhepunkt ihrer Krankheit nur noch unter 39kg bei 175cm gewogen hat, geht es zum Glück wieder aufwärts..wenn auch nur langsam. Man liest zwar oft Berichte in den Medien oder auch im Unterricht, aber man kann es sich nicht vorstellen. Man weiß echt nicht wei man sich als Außenstehender verhalten soll, obwohl man der Person auch nahesteht.

Eine Freundin und ich waren am Schluß die Einzigen, die zumindest noch ein Minimum an sie rangekommen sind((neben ihren Eltern(eher weniger) und vor allem Großeltern). Alles hat bei ihr mit ca 15 Jahren angefangen, weil sie anstatt Kleidergröße 36 jetzt 38 hatte. Mir fällt es heute noch schwer, dies als Grund für so eine schwere Krankheit anzunehmen, ich kann es nicht nachvollziehen, auch wenn wir oft darüber geredet haben. Anfangs merkt man ja nicht viel, obwohl man sie tagtäglich sieht( sie war immer sehr schlank)...richtig aufgefallen ist es erst nach dem Sportunterricht in der Umkleide. Nachdem eine "ambulante" Therapie nichts geholfen hatte, kam sie in eine nahegelegene psychiatrische Klinik für Jugendliche. Klar ging es aufwärts, sie nahm auch zu, aber die eigentlichen Probleme wurden nie gelöst, da es immer außerhalb ihres normalen Alltags stattfand. Trotzdem wurde sie entlassen, es ging eben auch einige Monate gut, bis sie ihr Gewicht wieder runter hatte...dann in ne andre Klinik..weiter weg, aber dasselbe Problem wie davor auch, sie war einfach vom Alltag abgeschnitten und somit ihre Probleme auch.

Nach der Entlassung dasselbe Spiel, es ging wieder eine zeitlang gut, bis sie wirklich richtig am Ende war. (zwischenzeitlich ging sie auch immer wieder zur Schule, was ihr zusätzlichen Druck bereitete). Irgendwann war klar, dass normale Klinikaufenthalte nichts helfen und sie bekamm einen Platz in einer Wohngruppe. Dafür brauchte sie jedoch einen BMI von 16...deswegen musste sie zuvor noch in die 1. Klinik um zuzunehmen. es war ein verdammt langer Weg bis sie endlich ihr Gewicht hatte...ich möchte ihr Einllieferungsgewicht lieber nicht wissen...Mittlerweile ist sie in der Wohngruppe, in der sie selber kochen müssen und auch ein ganz normales( soweit dies eben möglich ist) Leben führen, wo sie auch Verantwortung übernehmen müssen. Nebenbei geht sie auch wieder zur Schule.

In all der Zeit hatten wir mehr oder weniger Kontakt, aber immer regelmäßig telefoniert..auch wenn dies oft für beide Seiten sehr belastend war. Wir haben auch oft darüber gesprochen, weil so viel unbegreiflich für einen "gesunden" Menschen erscheint. In den Ferien haben wir sie besucht und es geht ihr zum Glück einigermaßen gut, zumindest teilweise. Sie hat auch einen Artikel über ihre Krankheit veröffentlicht. Meine Freundin und ich haben ihn zufällig gelesen. Es ist echt hammerhart...es hat uns ziemlich umgehauen. Obwohl wir sehr viel von ihr und ihrer Krnakheit wussten, war der Artikel so persönlich und erschreckend..man kann das nicht beschreiben.

So, das sind meine Erfahrungen. Würde mich freuen, wenn welche Antworten würden, wie es euch so erging!

Grüße

» Mia » Beiträge: 75 » Talkpoints: 0,46 »



Hallo, ich bin/war davon selbst auch nicht betroffen, aber damals zu Schulzeiten waren gleich zwei Mädchen aus meiner Klasse magersüchtig.
Beide waren nicht meine besten Freundinnen, aber man bekommt ja doch so Einiges mit.
Die Eine war anfangs eher etwas pummelig und irgendwann in der 9. Klasse fing sie dann an, abzunehmen. Anfangs fanden wir das alle noch gut, weil sie dann wirklich eine gute Figur hatte, aber irgendwie ist sie dann immer dünner geworden.
Das ist uns erst gar nicht so wirklich aufgefallen, aber im Skilager waren wir dann eine Woche lang zusammen und da haben wir uns ziemlich erschrocken, wie dünn sie geworden war.
Ob und was sie gegessen hat, haben wir nicht mitbekommen, sie ist nur immer dünner geworden.
Als es dann wirklich sehr sehr offensichtlich wurde, haben sie auch Lehrer daraufhin angesprochen, aber sie wollte sich nicht helfen lassen und wir als MItschüler hatten mit 14 auch noch nicht die Erfahrungen, um ihr weiter zu helfen.
Irgendwann war es dann so schlimm, dass sie zwangseingewiesen werden musste, und einige Zeit künstlich ernährt wurde. Danach war sie sehr lange zur Kur.
Als sie dann wiederkam, nahm sie auch langsam zu, wollte aber mit keinem über ihre Krankheit reden, und wir wissen auch bis heute nicht, was nun genau der Auslöser dafür war, aber dass sie ein psychisches Problem hatte, war ziemlich offensichtlich, denn nach der Anorexie rutschte sie in die Bulemie.
Sie kam dann manchmal nicht zur Schule, weil sie den ganzen Vormittag zu Hause gegessen hat und dann alles wieder erbrochen hat.
Irgendwie hat sie auch diese Phase überstanden, ist dann sogar richtig übergewichtig geworden, aber Süchte hatte sie immer noch.
Sie hat eine Zeit lang ziemlich viel geklaut, irgendwelchen Mist, den sie gar nicht brauchte, nur um des klauens Willen.
Na ja und danach hat sie ziemlich komische Vorlieben für Sado Maso entwickelt, und hat sich mit Typen aus dem Internet nur für diese Zwecke getroffen (komischerweise hat sie da auhoffen drüber gesprochen).
Jedenfalls muss bei dem Mädchen psychisch so einiges im Argen gewesen sein und nur, weil man sich etwas zu dick fühlt wird niemand magersüchtig. Das ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung und hat meiner Meinung nach immer einen Auslöser...ein traumatisches Erlebnis o.Ä.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hallo,

dass dieses junge Mädchen in die Magersucht eingeritten hat, ist wirklich übel. Sie scheint sich durch die Therapie aber doch wieder gefangen zu haben und scheint dadurch auch auf einen sehr guten Weg zu sein. Leider kann man davon nicht ausgehen, dass es keine Rückfälle mehr gibt. Doch man kann andererseits Betroffe nicht ewig von der "Realität", als auch von der Selbstverantwortung fernhalten.

Ich wünsche Deiner Freundin, Mia, von Herzen alles Gute und dass es ihr auch bald wieder besser geht!

Grooovegirl, bei Deiner Klassenkameradin hat sich wohl immer etwas verlagert. Auch Übergewicht kann eine Sucht sein. Sie hat wohl nach etwas gesucht, was sie nicht gefunden und nicht bekommen hat.

LG Steph

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Dankeschön *steph*.
Ich hoffe auch sehr, dass es ihr bald wieder besser geht und sie nciht wieder einen "großen" Rückfall hat!
Grüße

» Mia » Beiträge: 75 » Talkpoints: 0,46 »



Ich habe sehr viele Bekannte, die unter Magersucht leiden. Am schlimmsten ist es bei einer sehr engen Freundin von mir, die es vor kurzem auf die Spitze trieb. Sie ist Mitte 20 und hat Magersucht seit sie 9 ist. Das ist generell schon einmal sehr krass, weil ich zumindest mit 9 noch nicht einmal Gedanken hatte, die sich mit meinem Gewicht beschäftigten oder sowas. Das find bei mir frühstens mit 12 an. Sie war dann stark abgemagert und ich kenn sie auch nur so. Ich meine, sie wiegt bei einer Größe von 1,65 eigentlich dauerhaft schon unter 40 Kilo, man kann sich also ausmalen wie sie aussieht. Wie ein Skelett. Sie war auch in Behandlung und galt dann als geheilt sogar, obwohl sie dennoch und auch danach noch sehr sehr dünn war.
Dann wurde sie schwanger und das Kind war auch geplant mit ihrem langjährigen Partner. Ich hatte den Eindruck, dass sie da dann auf einmal besser gegessen hat und mehr auf sich geachtet hat. Allerdings war sie dann im 8. Monat und hat sich über irgendetwas ziemlich uafgeregt. Sie sollte nämlich bis zur Geburt im Krankenhaus bleiben, weil ihre Schwangerschaft so kompliziert verlief. Dann war sie dort ein paar Tage und es passte ihr nicht mehr. Sie wollte nach Hause und hatte keine Lust im Krankenhaus herum zu liegen.
Und dann hat sie plötzlich das Essen und das Trinken verweigert. Wie ein trotziges kleines Kind, das nicht bekommt was es möchte, hat sie einfach versucht die Leute um sie herum mit ihrer Magersucht zu erpressen. Sie as und trank also tagelang nicht, immer auch im Hintergrund, dass sie ein Kind im Bauch trägt, dem sie damit schadet. Solange bis sie entlassen wurde.

Ich bin damals sehr darüber erschrocken, dass ihr sogar ihr Kind egal war.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ja, ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Magersüchtige oft ein sehr egoistisches Verhalten an den Tag legen. Ich kann mir auch nicht wirklich erklären, woran das liegt, aber ich glaube, es gefällt ihnen ganz gut, die anderen mit ihrem erschreckenden Körper zu erpressen. Habe das zumindest auch schon öfters mitbekommen, auch wenn man sowas natürlich nicht pauschalisieren kann.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ja das ist mir bei meiner Freundin auch aufgefallen. Sie war zwar uns gegenüber nicht sehr egoistisch, aber vor allem gegenüber ihrer kleinen Schwester und gegenüber ihren Eltern. Sie war auch total eifersüchtig auf ihre Schwester, obwohl die eh schon unter der Situation litt. Wenn daheim etwas nciht nach ihrem Kopf ging, dann hat sie ihre Eltern auch mit der Magersucht erpresst. Was natürlich ziemlich heftig für die wahr. Aber ich glaube, dass sie oft auch einfach mit den Konflikten überfordert war und keine Kraft hatte sich groß mir ihren Eltern auseinanderzusetzen. Und da sie wusste, dass sie sie eh in der Hand hat, hat sie ihr Druckmittel oft eingesetzt.
Ein großes Problem bei den Klinikaufenthalten meiner Freundin war, dass sie genau gewusst hat, was die Ärzte hören wollen, sie hat einfach die Zeit über mitgespielt. Auch beim Essen, klar nahm sie zu, aber sie hat sich nie so akzeptiert. Kurz bevor sie entlassen wurde, hat sie zu uns am Telefon gesagt, dass sie es hasst zuzunehmen und sich wiegen zu müssen. Da befindet man sich in ner ziemlich beschissenen Situation, wenn man weiß, dass sie heim darf aber auch gleichzeitig weiß, dass es nichts gebracht hat.
Bei ihr haben die "normalen" Klinikaufenthalte irgendwie nur sehr wenig gebracht. Wie schauts mit euren Erfahrungen aus?
Grüße

» Mia » Beiträge: 75 » Talkpoints: 0,46 »



Sie war, wie gesagt, ja auch in der Klinik und hat danach noch ein paar Jahre ambulante Therapie gemacht. Aber man merkte recht bald, dass das sowieso nicht zum gewünschten Ergebnis führte, weil sie nämlich einfach auch nicht zugenommen hat. Sie wiegt auch heute einfach noch 40 Kilo, schätze ich mal grob, und ich denke kaum, dass man in ihrem Fall davon sprechen kann, dass sie geheilt ist.
Das selbstbezogene, störrische Verhalten von ihr kannte ich schon, ja. Auch dass der Egoismus sehr ausgepärgt war. Aber ich hätte niemals erwartet, dass sie das Leben ihres eigenen Kindes aufs Spiel setzt, dem sie ja ebenfalls Nahrung entzog (Vor allem aber auch das Trinken. Wie kann man in einer Schwangerschaft tagelang das Trinken vermeiden wenn man sein Kind liebt?) Ich hab das einfach nicht kapiert und am liebsten hätte ich sie damals durchgeschüttelt und sie gefragt, ob sie eigentlich noch ganz dicht ist. Nur um ihren lächerlichen Willen durchzusetzen, muss sie wieder anfangen anderen Leuten das Gefühl zu geben, sie wären an ihrem Schicksal schuld. Und dabei auch noch das eigene ungeborene Kind das sich im Bauch befindet, gefährden. Ich konnte das kaum glauben.

Und so jemand wird dann Mutter :/

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Nabend,

Grooovegirl hat geschrieben:Ja, ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Magersüchtige oft ein sehr egoistisches Verhalten an den Tag legen.


Provokant gefragt: ist das nicht bei jeder Sucht so, dass man recht egoistisch wird? Ich höre und lese so etwas immer wieder in Verbindung mit einer Sucht, und nicht ausschliesslich in Verbindung mit Magersucht.


Gruss, Steph

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Die Frage ist gut. Ich denke schon, dass es so ist. Gleicgültigkeit tritt mit einer Sucht ja automatisch auf und deshalb wird auch das egoistische Denken nicht weit her sein. Aber da gibt es wirklich extreme Unterschiede. Dass die besagte Freundin von mir sogar das Leben ihres Kindes aufs Spiel setze ist sicher eine ganz extreme Form des Egoismus.

Bei der Magersucht ist es meist auch so, dass man andere Schicksale und andere Kranke oft gar nicht schlimm findet wie man sein eigenes Schicksal findet. Ich hab selbst erlebt, dass Magersüchtige gar nicht schlimm finden, wenn irgendwer ein Problem hat, weil sie finde,n dass ihr Problem viel schlimmer ist. Naja, zumindest wäre das so etwas ähnliches wie Egoismus.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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