Brief mit illegalem Inhalt - für Empfänger strafbar?

vom 21.01.2010, 23:53 Uhr

Mir geistert nun schon eine Weile ein fiktives Beispiel im Kopf herum, bei dem mich interessieren würde, wie es da wohl rechtlich aussähe. Grund dafür ist, dass es doch Menschen gibt, wie mich, die sehr viel Post erhalten. Viele haben ihre Adresse im Impressum auf ihrer Website angegeben, oder haben leichtsinnig ihre reale Adresse auf irgendwelchen Brieffreundschafts-Websites veröffentlicht. Also können sie theoretisch jederzeit von wildfremden Menschen Post erhalten. Wobei es hier speziell im rechtliche Risiken gehen soll, aufgrund dem, was man gesendet bekommt.

Stellen wir uns vor, Herr A wäre so ein Mensch, dessen Adresse sich online frei verfügbar findet. Nun sendet Frau B aus dem nicht-europäischen Ausland ihm einen größeren Brief. Darin befindet sich Material, welches in der Heimat von Frau B legal ist, in Herrn As Heimat, Deutschland, allerdings illegal. Ob Frau B weiß, dass die Sachen in Deutschland illegal sind, oder nicht, sei mal dahin gestellt (es sei denn, es spielt bei der Bewertung eine Rolle).

Da der Brief aus dem nicht-europäischen Ausland kommt, geht er durch den Zoll, und wird dort auch geöffnet (das passiert nicht immer, habe ich schon festgestellt, aber nehmen wir an, in diesem Fall wäre das so). Die Zöllner finden dabei das illegale Material und erkennen es auch als illegal.

Kann Herr A nun mit einer juristischen Verfolgung rechnen, als Empfänger des illegalen Briefes? Gilt denn der Brief schon als sein Besitz, wenn er noch nicht bei ihm angekommen ist? Oder ist es davon abhängig, ob es beispielsweise eine Bestellung war, die eindeutig von Herrn A gewünscht war, oder ob er das illegale Material zufällig gesendet bekam? Hat es vielleicht auch damit zutun, was für eine Art illegalen Materials es ist, also beispielsweise, ob es ein in Deutschland verbotenes (nicht indiziertes, sondern tatsächlich verbotenes) Computerspiel ist, oder Drogen oder Waffen?

Macht sich Frau B im Ausland strafbar, wenn sie dieses in Deutschland illegale Material nach Deutschland schickt, auch, wenn es in ihrem Land legal ist? Was für Strafen kämen eigentlich auf Herrn A und/oder Frau B zu?

Wenn das illegale Material vernichtet oder einbehalten wird, wird der Empfänger dann schriftlich benachrichtigt? Oder der Absender? Oder "verschwinden" die Sachen quasi einfach, und weder Absender, noch Empfänger, erfahren jemals davon?

Aus der Antwort hierrauf könnte man nun schließen, ob es riskant ist, seine Adresse irgendwo so publik zu haben, dass jemand einem illegale Dinge zusenden könnte. Möglicherweise absichtlich, um einem Ärger zu bescheren? Natürlich sollte auch so davon abgeraten werden, seine Adresse achtlos überall zu veröffentlichen, aber wie denn nun das oben genannte Beispiel ausgehen würde, das würde mich zusätzlich interessieren.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



In dem von Dir geschilderten Beispiel ist ja einiges aufzuschlüsseln. Angenommen, Frau B im Ausland (egal woher, also gerne auch EU-Ausland, europäisches Ausland oder eben nicht-europäisches Ausland) schickt etwas, dass ihrer Heimat erlaubt (bzgl. Erwerb, Verkauf, Versand und Nutzung ohne weitere Einschränkung) ist, aber in Deutschland verboten. Da gibt es tatsächlich recht viel, was mir einfällt (Betäubungsmittel, nicht-reale Jugendpornographie, Waffen, Sprengkörper, Nazipropaganda, Medikamente, Imitate und vermutlich vieles mehr - wobei ein Verbot hier sogar oft gerechtfertigt ist!). Dann macht sich aber Frau B in ihrem Land nicht strafbar. Und auch in Deutschland kann man niemanden im Ausland (schon gar nicht Nicht-Deutsche) für das Missachten von deutschen Gesetzen belangen. Wie könnte man das deutsche Waffengesetz in Südafrika durchsetzen? Damit ist Frau B doch eigentlich raus. Ganz unabhängig davon, ob sie den Gegenstand auf verlangen, gegen Bezahlung oder unaufgefordert verschickt hat.

Für Herrn A wird es zu Beginn sicher ein wenig mehr zu tun geben. Der wird sicher einen zugehörigen Fragebogen bekommen. Entweder als Zeuge oder schon als Beschuldigter. Kann man aber dem Herrn A nicht nachweisen, dass er das illegale Material bestellt und gewollt hat - und wenn er dies auch bestreitet - wird man auch gegen ihr kaum vorgehen können. Natürlich ist so was immer eine Einzelfallentscheidung, und wenn Herr A in dem jeweiligen Bereich schon mehrfach Auffällig war, werden die Indizien sicher anders bewertet, als bei einer einmaligen Sache.

Die illegalen Gegenstände hingegen werden weder dem Herrn A ausgehändigt (was zu erwarten ist), noch werden sie der Frau B zurück geschickt. Die sind jetzt beim deutschen Zoll und hier sind sie dann nicht legal. Damit sollten sie der Vernichtung zugeführt werden. Wobei Frau B hier kein amtliches Schreiben erwarten darf, dass ihre Lieferung nun vernichtet wurde. Wozu auch?

So jedenfalls meine Vorstellung. Aber wirklich riskant ist das Angeben der Adresse doch nicht. Wenn Du eine Webseite hast, sollte ja über den Denic-Eintrag ganz unabhängig vom Impressum Deine Anschrift zu ermitteln sein. Ebenso stellt sich die Frage, wer wem wichtig genug ist, dass diese Form des Schädigens gewählt werden würde. Zum einen kostet es den Versender Geld, den Gegenstand zu kaufen. Dann muss er das Porto beim verschicken tragen. Und zu Schluss kann er sich nicht mal sicher sein, dass der Zoll das auch noch findet.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Wozu Frau B eine Benachrichtung erhalten müsste? Gut, von "müssen" kann man nicht sprechen, aber logisch gesehen ist die Sache ja noch ihr Eigentum, so lange sie auf dem Postweg ist, oder? Eigentlich ist es noch niemandem übereignet, die Post transportiert es nur in ihrem Auftrag. In das Eigentum des Empfängers geht eine Postsendung doch erst bei Ankunft beim Empfänger über, oder?

Natürlich könnte man nun sagen, der Zoll findet die illegalen Gegenstände hier in Deutschland, und damit darf er sie hier vernichten. Aber andererseits sind sie ja immernoch das Eigentum einer Person, bei der diese Dinge im Land legal sind.

Andererseits wäre dann ihr Eigentum hier im Land, also hier illegal, und wäre sie als Besitzerin dann nicht doch haftbar? Denn es ist ja noch ihr Eigentum, so lange es auf dem Postweg ist.

Was die Frage anbelangt, wer so etwas tun würde, um jemanden zu schädigen: Wären viele Menschen nicht fähig dazu, rasend vor Wut zu sein und weiß ich was für Rachepläne in ihren Körpfen herum zu tragen, dann würden so einige Straftaten nicht passieren. Was bringt Menschen dazu, andere zu verprügeln? Sie wissen ja, dass es strafbar ist, und damit eine ziemliche Mühe, bei der schließlich auch noch eine Strafe auf sie zurück fallen wird. Dennoch manchen Menschen so etwas. Also kann ich mir gut vorstellen, dass es für einige genauso "selbstverständlich" ist, jemandem etwas Illegales zu schicken oder zuzustecken, auch, wenn das Mühe machen kann.

Was die Kosten für den Gegenstand und das Porto anbelangt, sehe ich das übrigens gar nicht so problematisch. Ich will hier niemanden auf dumme Ideen bringen, bitte nicht missverstehen. Aber wenn man sich mal das von dir genannte Beispiel "fiktive Jugendpornografie" ansieht, was kostet es denn, ein fiktiv jugendpornografisches Bild auszudrucken und es in einen Umschlag zu stecken? Das ist eine Sache von einigen Cents, das Porto aus den USA beispielsweise, nach Deutschland, kostet für einen Brief aktuell 90 Cent, also US-Cent, das sind in unseren Euro-Cent gerade einmal 64 Cents. Für keine 70 Cent hätte man also einen illegalen Gegenstand mit der Post nach Deutschland befördert.

Das könnte man auch zehnmal machen, wären dann ja auch nur sieben Euro, und wenn dann davon nur ein Brief beim Zoll geöffnet wird (kann man ja auch provozieren, indem man eine seltsame Beschreibung auf die Zollerklärung schreibt, oder noch einen Magneten mit hinein legt, Briefe mit Magneten, das kann ich aus Erfahrung sagen, werden eigentlich immer geöffnet), dann hat der, der jemandem Ärger machen will, sein Ziel damit schon erreicht! Und sieben Euro "Mühe" sind nicht viel, bedenkt man, wie weit einige Menschen für Rache-Aktionen gehen. Also sehe ich da schon eine Gefahr, dass theoretisch jemand versuchen könnte, mit solchen Mitteln einem ungeliebten Mitmenschen übel mitzuspielen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wawa666 hat geschrieben:Aber andererseits sind sie ja immernoch das Eigentum einer Person, bei der diese Dinge im Land legal sind.

Ja, aber die Dinge sind nun mal nicht mehr in dem Land, in dem sie erlaubt sind. Es bringt also nichts, sich auf Gesetze zu berufen, wenn man das Hoheitsgebiet verlassen hat, auf dem diese gültig sind.

Daher wird kein Holländer sein Rauschmittel auf dieser Grundlage wieder einfordern können (wobei ich nicht sicher bin, ob man dies in Holland verschicken darf). Ebenso kann ein Amerikaner seine Schusswaffen nicht für sich reklamieren, wenn er damit hier spazieren geht. Und auch die polnischen Nachbarn werden die mitgebrachten oder nach Deutschland geschicken Böller nicht wiedersehen.

Die Gegenstände sind hier verboten und Unwissenheit schützt ja vor Strafe nicht. Daher meine Auffassung der Dinge so, wie ich sie geschrieben hatte.

Bitte aber auch nicht vergessen: Du hast hier einen Fall konstruiert und ich habe geschrieben, wie ich als Laie (der noch nicht einmal Gerichtsshows geschaut hat, als diese populär waren) die Sache für A und B eigeschätzt hätte. ;)

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Wawa666 hat geschrieben:Natürlich könnte man nun sagen, der Zoll findet die illegalen Gegenstände hier in Deutschland, und damit darf er sie hier vernichten. Aber andererseits sind sie ja immernoch das Eigentum einer Person, bei der diese Dinge im Land legal sind.

Wenn sie eingeführt werden interessiert das keinen. Einfaches Beispiel: Koka ist in Kolumbien legal, in Deutschland nicht - wird da etwas gefunden wird es beschlagnahmt (damit ist klar wer es besitzt ;)), vernichtet und es gibt eine Anzeige sowie ein Strafverfahren. Gleiches gilt für alles andere was der Zoll findet und was nicht legal ist. Der einzige Unterschied ist, dass je nachdem das Verfahren (gegen Auflagen) eingestellt wird wegen Geringfügigkeit - oder man sogar einen Hausbesuch bekommt, je nachdem worum es geht. Oder anders: 3 kg Hasch werden anders verfolgt als 1 gefälschtes Hemd aus China.

Wawa666 hat geschrieben:Andererseits wäre dann ihr Eigentum hier im Land, also hier illegal, und wäre sie als Besitzerin dann nicht doch haftbar? Denn es ist ja noch ihr Eigentum, so lange es auf dem Postweg ist.

Wenn eine Strafanzeige eingeleitet wird klärt der Staatsanwalt sowie die Polizei inwiefern die Adressatin sich hier strafbar gemacht hat. Zur Not eben auch mit einem Amtshilfe Verfahren indem man mal eben im Ausland anfragt, wie denn der Versender auf die Idee kommt, dass an B zu verschicken ;).

Rein waschen kann man sich hier mehr oder weniger nur, indem man der Vernichtung zustimmt und "kooperiert bei der Aufklärung" - oder die Ermittlungen erschwert und nicht kooperiert.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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