Sind Pflanzen nur etwas für Reiche?

vom 22.07.2015, 09:53 Uhr

Ich war ja vor einigen Monaten in Belgien und bei einer alternativen Stadtfühung erklärte uns der Touristenführer, woran man die Gentrifizierungs-Viertel erkennen würde und woran nicht. Das Stadtbild war nämlich geprägt von einigen einzelnen Gebäuden, in denen durch die Gentrifizierung die arme, alteingesessene Bevölkerung durch die reicheren Schichten ersetzt wurde.

Der Touristenführer meinte dann, dass Pflanzen ein sehr guter Indikator für den Reichtum wäre, da die Armen sich Pflanzen und das ganze Zubehör wie Dünger, Samen, Bewässerung und Erde gar nicht leisten könnten und schon gar nicht für mehrere Pflanzen.

Würdet ihr also auch auf Deutschland bezogen davon ausgehen, dass nur die reicheren Menschen sich eigene Pflanzen leisten können? Oder kommt das auch in armen Haushalten vor?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann mir schon vorstellen, dass das im Großen und Ganzen annähernd richtig ist. Wenn man nicht viel Geld hat, überlegt man sich, wofür man es ausgibt. Auch gehen mit Geldmangel viele weitere Probleme einher, die die Aufmerksamkeit von Pflanzen ablenken können. Erhöhter Alkohol- und Tabakkonsum lässt nicht viel Geld für Pflanzen übrig und betrunken hat man auch irgendwie weniger Interesse daran, sein Heim schön zu gestalten. Kurz gesagt.

Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Pflanzen müssen nämlich gar nicht teuer sein. Wenn man nicht viel Geld hat, gönnt man sich gerne viele Kleinigkeiten statt einer großen teuren Anschaffung. Und da können kleinere Pflanzen im Ausverkauf dazugehören.

Meine Schwiegermutter hat definitiv nicht viel Geld, aber ihr Wohnzimmer ist gestopft voll mit Pflanzen. Viele davon hat sie für sehr wenig Geld gekauft, weil sie nicht mehr verkaufsfähig hübsch waren und hat sie dann aufgepäppelt. Die Töpfe sind billige Plastiktöpfe und ebenfalls ein paar schöne Exemplare aus dem Ausverkauf. Sie tauscht auch viele Sämlinge, Ableger und Ähliches mit uns und anderen Verwandten.

Also ich denke, wenn man generell Interesse an Pflanzen hat, hält einen wenig Geld nicht davon ab. So teuer ist es nämlich nicht, wenn man auf unnötigen Schnickschnack verzichtet. Dann passt es in das typische Schema, lieber viele kleine Dinge zu kaufen als wenige große.

Ich denke, das Problem sind eher die Begleiterscheinungen von Geldmangel wie Alkoholismus, Antriebslosigkeit, Depressionen. Oder bei Altersarmut. Mit 80 Jahren möchte ich keine Erde in den fünften Stock schleppen. Es gibt sie zwar in kleinen 2-Kilo-Paketen, aber dann ist sie fieserweise besonders teuer.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich besitze recht viele Pflanzen und meine Ausgaben halten sich stark in Grenzen. Dünger? Habe ich noch nie benutzt, meine idiotensicheren Pflanzen wachsen auch ohne gut. Samen? Ebenfalls noch nie gekauft für Zierpflanzen.

Meine habe ich entweder geschenkt bekommen oder aus Ablegern selbst gezogen. Bewässerung? Aus der Regentonne, weil dieses Wasser weicher ist, aber auch aus dem Wasserhahn kostet das nicht die Welt. Erde? Ich brauche ein, zwei Mal im Jahr einen neuen Sack Blumenerde, das kostet unter zehn Euro.

Ich denke, dass eine gewisse Bevölkerungsschicht tendenziell eher weniger Interesse an Zimmerpflanzen hat, weil sie allgemein weniger Interesse an einer schön eingerichteten Wohnung hat oder weil der Sinn für Ästhetik auch einfach fehlt. Was man schön und gemütlich findet ist ja auch erlernt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich kann mir schon vorstellen, dass etwas dran ist an der Behauptung und dass ärmere Menschen vermutlich an der Bepflanzung sparen, weil diese eben nicht zwingend notwendig ist, sondern nur schön aussehen würde. Aber verallgemeinern würde ich es dann auch nicht. Es gibt ja wirklich viele Pflanzen, die nicht teuer sind, aber trotzdem schön aussehen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Wie kann man eigentlich bei einer Stadtführung beurteilen, ob sich die Bewohner Pflanzen leisten können? Habt ihr gentrifizierte Wohnzimmer begutachtet oder von der Gestaltung der Fensterbretter auf das Einkommen der Bewohner geschlossen?

Ich finde es eigentlich nur logisch, dass sich Leute mit geringerem oder durchschnittlichem Einkommen gerade in der Stadt keine großen Balkone oder Gärten zulegen, sondern lieber auf ausreichenden Wohnraum Wert legen. Daraus folgt, dass Gärten und stattliche, begrünte Balkons allmählich zu einem Privileg der Reichen werden. Und diese könnten sich theoretisch aufwändige Bepflanzungen und Pflege ihrer grünen Oasen leisten.

Aber es müsste doch auch reichere Stadtbewohner geben, die schlicht keine Lust auf aufwändig gestaltetes und gepflegtes Grün haben? Gärtnern, Pflanzen, Düngen und Buddeln ist nicht jedermanns Hobby. Wenn man von meinem Balkon ausgeht, bin ich so was von bettelarm, dass man sich wundern müsste, dass ich überhaupt eine Wohnung halten kann. Zimmerpflanzen wiederum stellen in meinen Augen keine nennenswerte Investition dar, aber die dürften bei einer Stadtführung ja eigentlich nicht zu sehen sein.

» Gerbera » Beiträge: 11336 » Talkpoints: 53,95 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Vielleicht geht es auch nicht um Zimmerpflanzen, sondern eher um einen riesigen und großen Garten, der natürlich auch gepflegt wird. Wenn man aber ständig arbeiten muss, dann muss man sich vielleicht einen Gärtner leisten. Für so etwas muss das nötige Kleingeld ja auch erst einmal da sein. Grundsätzlich finde ich nicht, dass Pflanzen nur etwas für Reiche sind.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9239 » Talkpoints: 26,10 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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