Nur als Migrant in ausländische Geschäfte gehen?

vom 27.02.2017, 06:17 Uhr

Ich habe eine Freundin, die keinen Migrationshintergrund hat und die sich schämt, in ausländischen Geschäften einkaufen zu gehen. Wenn sie besondere ausländische Nahrungsmittel braucht, dann geht sie in einen größeren deutschen Supermarkt, bevorzugt Real, da der Real bei ihr in der Gegend eine internationale Abteilung hat und eine gute Auswahl von Produkten aus Italien, Türkei, China, Japan, Indien, Russland, Griechenland etc. hat. Sie meinte, dort wäre alles, was sie brauchen würde und aus diesem Grund hätte sie gar keinen Grund, extra ein ausländisches Lebensmittelgeschäft aufzusuchen.

Sie ist auch der Ansicht, dass man als Deutscher in einem ausländischen Lebensmittelgeschäft eben blöd angemacht werden würde, was ich aber anders sehe. Ich war auch schon in ausländischen Geschäften und habe dort Nahrungsmittel gekauft, die ich so in der Form noch in keinem deutschen Geschäft gesehen habe. Das würde mir ja dann entgehen und das würde ich schade finden. Auch hatte ich nie den Eindruck, dass man da blöd angeschaut wird als Deutsche. Einmal war ich in einem türkischen Geschäft und ich habe die Türken dort als sehr hilfsbereit und freundlich empfunden.

Wie seht ihr das? Würdet ihr nur als Migrant in ausländische Geschäfte gehen oder käme das für euch gar nicht in Frage? Welche Nahrungsmittel würdet ihr dort einkaufen und warum?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wenn man deine Überschrift wörtlich nimmt und sich nicht nur auf Lebensmittelgeschäfte beschränkt, sondern generell auf Geschäfte von Betreibern, die von ausländischen Gründern oder Marktleitern stammen, dann dürfte man konsequenter Weise auch nicht bei IKEA und H&M einkaufen. Auch wenn sich Schweden so normal und wenig fremd für uns anfühlt, sind es doch Geschäfte, die in Deutschland gegründet wurden. Weitere ähnliche Beispiele würden sich da noch finden lassen.

Von daher würde ich sagen, wer A sagt muss auch B sagen. Wenn man dort schon inkonsequent ist, kann man das bei Geschäften für Lebensmittel sein. Es gibt ja zudem nicht nur die türkisch oder sonst wie arabisch geprägten Geschäfte. Mir fallen da zum Beispiel auch Supermärkte ein, die hauptsächlich asiatischen Waren verkaufen. Dass in viele asiatischen Kulturen Freundlichkeit und Höflichkeit extrem groß geschrieben werden, hat sicher jeder schon mal gemerkt. Warum sollte man in so einem Geschäft also Bedenken haben, dass man nicht freundlich bedient wird? Außerdem gibt es ja auch spezielle Läden, die italienische oder andere mediterrane Feinkost verkaufen.

Ich kaufe öfter auch in internationalen Geschäften ein, einfach mal, weil ich gerne exotische Lebensmittel in meinen Speiseplan einbaue und öfter mal was neues ausprobiere. Angepöbelt oder unfreundlich wurde ich in einem der Läden mit internationalen Betreibern noch nie, auch als Frau nicht. Das allerschlimmste was mir dort je passiert ist war, dass man aufgrund der Sprachbarriere vielleicht nicht jede Frage beantwortet bekommen hat. Wenn man also zum Beispiel bei schwarzem Reis fragt, was man damit kocht, kann es passieren, dass man einfach nur in nicht ganz perfekter Sprache gesagt bekommt, dass der Reis sehr lecker sei. Aber dank Google kann man sich ja heute problemlos Kochrezepte zu fast jedem Lebensmittel beschaffen.

Angepöbelt wurde ich aber in klassischen Läden wie Real, Aldi und so weiter schon öfters. Das liegt mit daran, dass ich in der Nähe zu Berlin wohne und es hier zum Lokalkolorit gehört, dass man miteinander nicht gerade mit Samthandschuhen umgeht. Aber auch damit kann ich umgehen. Wenn man mal unfreundlich irgendwo behandelt wird, geht die Welt ja auch nicht gleich davon unter.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Der nächste Supermarkt in meiner Nähe ist türkische. Da kaufe ich ebenso ein wie andere Deutsche auch. Gut, mir fehlt Schweinefleisch und Fleisch kaufe ich dort nicht, weil es halal geschlachtet wurde, aber der Rest ist bestens. Ich liebe die Auswahl an Reis. Türkische Süßigkeiten sind einfach lecker. So einfaches Gebäck wie Sesamkringel oder dünnes Fladenbrot bekommt man woanders nicht, außer ich gehe in eine türkische Bäckerei. Aber die ist weiter weg.

Im real gibt es zwar in der griechischen Abteilung die kleinen reisförmigen Nudeln, aber von Kappus kosten die fast zwei Euro. Die türkischen Nudeln liegen bei 49 Cent. Kaymak als Ersatz für Clotted Cream gibt es auch nicht im normalen Supermarkt.

Aber auch im Russenmarkt, beim Asiaten und im indischen Supermarkt treffe ich massig deutsche Kunden. In den Läden ist die Verständigung zwar manchmal etwas komplizierter, aber es geht immer irgendwie. Unfreundlich war aber noch nie jemand.

» cooper75 » Beiträge: 13449 » Talkpoints: 524,34 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ob halal geschlachtetes Fleisch nun wirklich besser oder schlechter ist, ist auch eine persönliche Ansichtssache. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass die wochenlange oder gar jahrelange Massentierhaltung unter elenden Bedingungen und dass der Tiertransport in einem riesigen LKW über so viele Autobahnkilometer bis zum nächsten Schlachthof die Tiere wesentlich mehr belastet als die Frage, wie die letzten Sekunden ablaufen. Töten ist so und so Tierquälerei, auch wenn es fachmännisch gemacht wird. Man sollte sich bewusst machen, dass da auch viel Propaganda im Spiel ist, wenn es darum geht, welche Tötungsform nun besser ist.

Ich persönlich finde halal oder kosher geschlachtetes Fleisch sogar angenehmer zu essen, weil man eben keine Blutreste mehr daran hat und das mag ich beim mitteleuropäisch geschlachteten Fleisch so gar nicht, wenn da noch das eine oder andere geronnene Blutklümpchen dran haftet und man den Glubsch vor dem Kochen erst weg putzen muss.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Trüffelsucher, ich kenne beide Varianten berufsbedingt aus direkter Anschauung. Während in Deutschland halal geschlachtetes Fleisch in der Regel von betäubten Tieren stammt (Hierzulande werden keine 1.000 Rinder pro Jahr betäubungslos geschlachtet), bezieht mein Supermarkt das Fleisch aus Belgien. Dort wird komplett ohne Betäubung geschlachtet, was viele Gläubige bevorzugen.

Wenn du die Haltung und die Transporte kritisierst, meinst du, es kommt auf die Schlachtung auch nicht mehr an? Die Tiere hatten kein anderes Leben, sie hatten keine kürzeren Wege, aber sie hatten einen erheblich schwereren Tod. Denn beim Rind von Sekunden zu reden, das ist lachhaft. Muslimische Wissenschaftler haben untersucht, wie lange das Hirn noch voll funktioniert. Das Leiden dauert mindestens vier, oft acht und in Einzelfällen bis zu 14 Minuten. Wobei nicht jedes Tier verblutet, Ersticken am eigenen Blut ist nicht selten.

Außerdem bluten betäubte Tiere ebenso weit aus wie nicht betäubte. Wenn du irgendwelche Blutreste am Fleisch hast, dann würde ein Wechsel des Anbieters mehr bringen als ein Wechsel der Schlachtmethode. Diese Art der Schlachtung mit dem Argument der schlechten Haltungsbedingungen und der Transporte zu verharmlosen, das ist ganz tierfreundlich. Dann können wir uns auch jeglichen Tierschutz sparen.

» cooper75 » Beiträge: 13449 » Talkpoints: 524,34 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Dass man eine gewisse Scheu hat, in ausländische Geschäfte zu gehen, ist zwar traurig, aber auch nachvollziehbar. Vor dem ersten Mal ist es eben neu und fremd. Aber die Vorstellung ist da mal wieder viel schlimmer als die Realität. Es sind ganz normale Geschäfte. Etwas vollgestopfter als Aldi, aber dadurch auch viel interessanter.

Ich hab früher in einer Straße gewohnt, in der sich ein arabisches Geschäft ans nächste gereiht hat. Da gibt es tolle Sachen und viel mehr und viel günstiger als in der internationalen Ecke im Real oder Kaufland. Auch in größeren Abpackungen, wenn man daran Interesse hat. Die 250-Gramm-Packungen Couscous vom Kaufland fand ich ja immer recht niedlich.

Ein Versuch ist es also wert. Geh doch einfach mal mit ihr zusammen hin. Dann hat sie es ein Mal gesehen und verliert ihre Scheu. Denn die ist wirklich unbegründet. Mir ist - wie meinen Vorrednern - nie etwas Negatives passiert. Im Gegenteil, die sind immer sehr freundlich. Ich nehme mal an, dass es sich meist um Familiengeschäfte handelt. Es steht also wirklich jemand hinter der Kasse, der Interesse daran hat, dass der Laden gut läuft und nicht so eine gestresste Mitarbeiterin, die einfach nur ihre Stunden abreißt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich bin immer schon gerne in Markets von Türken gegangen, weil die Ware dort frischer und günstiger war und ist als in deutschen Märkten. Auch gehe ich gerne in Asiamärkten und auch in Läden, die russische Lebensmittel haben. Die Artikel sind mal was anderes und auch gut. Obst und Gemüse ist günstiger und frischer und Fleisch kann man dort auch gut kaufen. Ich habe noch nie Skrupel oder angst gehabt, dass ich in solche Läden gehe. Da hier fast jeder Supermarkt unter russischer Leitung ist, darf man da dann als nicht Russe nicht hingehen oder sollte man da Angst haben? Ich finde das Quatsch und gehe dahin, wo ich was kaufen will.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich will jetzt die Diskussion um die Art der Schlachtung nicht unnötig ausweiten. Denn es eben auch längst nicht in jedem Geschäft mit einem Betreiber mit ausländischer Herkunft und Warensortiment auch geschächtetes bzw. halal geschlachtetes Fleisch. Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass es beim Essen nicht negativ am Geschmack oder der Konsistenz auffällt.

Alles andere würde in eine Grundsatzdiskussion ausarten, welche Todesart schöner ist. Das kann man in einem extra Thread tiefgreifender diskutieren, hier gehört es nur am Rande rein, weil es hier weniger um den Geschmack als um Ethik geht. Ich habe auch nicht gesagt, dass es auf die Schlachtung eh nicht mehr ankommt. Ich habe lediglich kritisiert, dass sich über die Art der Schlachtung die Leute viel schneller aufregen als über die Frage, wie das Tier vor dem Tod gelebt hat und man das auch berücksichtigen sollte, wenn man ein Stück Fleisch beurteilt.

Und zudem finde ich, dass Sterben an sich für ein Tier nicht schön ist und wenn man Schwierigkeiten damit hat, dass einem Tier durch jedwede Art der Schlachtung leid zugefügt wird, sollte man überlegen, Vegetarier zu werden. Denn leiden müssen die Tiere auch, wenn sie nach der hier hauptsächlich üblichen Art zu schlachten geschlachtet werden. Wenn das Tier dann tot ist, ist es ihm auch egal, wer den Laden betreibt, das die Fleischteile verkauft.

Und was mir auch immer wieder auffällt, dass sich ganz viele Menschen ohne zu überlegen einen Döner kaufen. Da werden die Lebensmittel ja auch von internationalem Personal verkauft und das Dönerfleisch in der Regel auch halal geschlachtet, aber das löst seltsamerweise wesentlich weniger Grundsatzdiskussionen aus, als unverarbeitetes Fleisch in arabischen oder türkischen Supermärkten zu kaufen.

Nur, dass Döner den meisten Leuten als Fast Food eben vertrauter ist und man dann weniger drüber nachdenkt, als wenn man das rohe Fleisch so in der Theke sieht. Aber wenn man gelegentlich Döner isst, dann kann man auch so konsequent sein und anderes Fleisch dieser Art zur Zubereitung zu Hause zu kaufen.

Und nicht nur das Fleisch, am Dönerstand selbst etwas zu kaufen, löst bei vielen Leuten überhaupt kein sonderbares Gefühl aus. Dabei ist es im Grunde nichts anderes, wenn man gleich in einen arabischen oder türkischen Supermarkt geht. Das Personal im Supermarkt ist nicht freundlicher oder unfreundlicher, als die Verkäufer am Dönerspieß. Vielleicht hilft das ja weiter, da unnötige Hemmungen abzubauen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


trüffelsucher hat geschrieben:Alles andere würde in eine Grundsatzdiskussion ausarten, welche Todesart schöner ist. Das kann man in einem extra Thread tiefgreifender diskutieren,

Diesen Extra Thread, den gibt es schon Halal Schlachtung. Seit einiger Zeit ist das Schild in den ausländischen Supermärkten, in die ich gehe aber weg. Ich denke, weil es eben ständig diese Grundsatzdiskussionen gibt.

Ich esse das Fleisch dort sehr gerne. Es ist immer zart und immer frisch. Der Betreiber, der diese beiden Supermärkte hier hat, wohnt eigentlich in Holland und hat dort auch einen großen Bauernhof. Ob da die Tiere herkommen weiß ich nicht.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Das einfachste ist doch, an der Fleischtheke einfach zu fragen. Wenn man einfach freundlich fragt, bekommt man normalerweise eine ordentliche Auskunft. Mir hat das jedenfalls noch kein Mitarbeiter in türkischen Supermärkten oder Metzgereien übel genommen. Im Gegenteil wurde die Fleischherkunft immer genau erläutert. Und in meinem Laden vor Ort gibt es eben Fleisch von deutschen Rindern und Schafen, die zur Schlachtung nach Belgien gekarrt werden.

In den Niederlanden ist die Schlachtung ohne Betäubung verboten, Diamante. Das gilt auch für Polen, in der Schweiz ist es bei Säugetieren verboten und bei Geflügel erlaubt. Auch Dänemark, Island, Norwegen und Liechtenstein verbieten es. In Österreich muss unmittelbar nach dem Schnitt betäubt werden. In Deutschland gibt es nur sehr selten Ausnahmegenehmigungen. Wer den Tieren also lange Transportwege ersparen möchte, ist bei halal Fleisch falsch.

» cooper75 » Beiträge: 13449 » Talkpoints: 524,34 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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