Nachzahlungen der Lohnsteuer bei Kurzarbeitergeld fällig?

vom 01.11.2020, 17:26 Uhr

Ich habe gelesen, dass man eventuell Steuern nachzahlen muss, wenn man Kurzarbeitergeld bezogen hat. Das hatte mich zunächst gewundert, aber es wurde folgendermaßen erklärt: Wenn man normalen Lohn erhält, ist ja ein Abzug der Steuern einkalkuliert. Man zahlt also automatisch mit den ganzen Abgaben Lohnsteuern. Beim Kurzarbeitergeld ist das aber irgendwie anders. Der Arbeitgeber zahlt dabei offenbar die Arbeitnehmer Anteile an den Sozialversicherungen, aber vom Arbeitnehmer-Brutto wird keine Lohnsteuer abgezogen - zumindest nicht dem Teil, der durch Kurzarbeitergeld bestritten wird.

Das würde also für den Arbeitnehmer tatsächlich bedeuten, dass er dann bei der nächsten Steuererklärung Steuern nachzahlen muss. Das gilt aber nur dann, wenn man das Kurzarbeitergeld nicht das ganze Jahr über bezieht, sondern wenn das nur einige Monate bezieht. Warum das nun so ist, habe ich nicht verstanden, denn wenn man das ganze Jahr über Kurzarbeitergeld bezieht, werden doch das ganze Jahr über eine Lohnsteuern gezahlt.

Wisst ihr, warum man als Arbeitnehmer beim Bezug von Kurzarbeitergeld nach einigen Monaten Steuern nachzahlen muss, aber nicht nach einem Jahr? Würde es sich dann für Arbeitnehmer mehr lohnen, besser ein ganzes Jahr am Stück in Kurzarbeit zu bleiben, um Steuernachzahlungen zu vermeiden?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 01.11.2020, 18:14, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Wenn du komplett Kurzarbeitergeld bekommst und das das komplette Kalenderjahr, dann wird keine Steuernachzahlung fällig, weil Kurzarbeitergeld steuerfrei ist. Aber Kurzarbeitergeld zählt zu dem Einkommen, dass für die Steuerprogression zählt. Grundsätzlich gilt bei der Einkommensteuer: Mit steigendem Einkommen steigt auch der Steuersatz.

Das wirkt sich dann so aus: Du verdienst z. B. normalerweise 3.000 Euro brutto, dann wären für 36.000 Euro Steuern fällig. Jetzt bekommst du meinetwegen zwei Monate ausschließlich Kurzarbeitergeld. Dein Arbeitgeber hat für die 10 Monate, also für 30.000 Euro Steuern abgeführt. Für die zwei Monate mit dem Kurzarbeitergeld musst du keine Steuern bezahlen, aber das Geld zählt zum Einkommen für die Ermittlung deines Steuersatzes. Und der wird natürlich höher, weil du mehr bekommen hast. Das konnte der Arbeitgeber nicht wissen. Der hat dein Einkommen mit einem zu niedrigen Satz versteuert und deshalb musst du nachzahlen.

So funktioniert das auch, wenn du nur zu 50 Prozent in Kurzarbeit bist. Der Arbeitgeber versteuert dann nur noch 1.500 Euro mit dem dazu passenden Steuersatz. Da du aber zusätzlich deinen Anteil Kurarbeitergeld erhältst, ist auch hier der Steuersatz zu niedrig und du musst nachzahlen. Wobei du immer nur deinen Lohn zu einem höheren Steuersatz versteuerst. Das Kurarbeitergeld bleibt steuerfrei.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Das Schlagwort für deine Frage ist der sogenannte Progressionsvorbehalt. Wie du bereits selbst erwähnt hast ist Kurzarbeitergeld also sog. Lohnersatzleistung steuerfrei. Das Kurzarbeitergeld unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt und somit einem erhöhten Steuersatz nach § 32b EStG, - ähnlich wie Arbeitslosengeld, Krankengeld, Elterngeld. Durch den Progressionsvorbehalt, erhöht diese Ersatzleistung also den Steuersatz für das steuerpflichtige Einkommen - dazu gehört u.a. das Gehalt.

Da man in den seltensten Fällen ein ganzes Jahr in Kurzarbeit arbeitet, wird also ein Teil des Gehaltes durch den Progressionsvorbehalt höher besteuert, als ursprünglich monatlich vorausgezahlt wurde. Deshalb kommt es bei Kurzarbeitergeld-Empfängern am Jahresende meist zu einer Steuernachzahlung statt zu einer Erstattung.

Ist man das ganze Jahr in Kurzarbeit und hat außer der nicht selbstständigen Arbeit keine weiteren Einkünfte, dann kommt der Progressionsvorbehalt dagegen nicht zum Tragen.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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