Ist Minimalismus nur etwas für Leute mit Geld?

vom 06.07.2016, 01:30 Uhr

Auf einem Blog las ich die These, Minimalismus sei grundsätzlich weitgehend eher etwas für besser situierte Menschen, weil sie sich in jeder Situation mit ihren finanziellen Möglichkeiten etwas wieder neukaufen können. Wenn es aussortiert wurde und weg ist, kann es ohne Probleme einfach wieder nachgekauft werden. Das einzige, was ein reicher Mensch besitzen müsse, wäre seine gut gefüllte Brieftasche.

Die etwas weniger gut betuchten oder gar ärmeren Leute hätten diesen Luxus nicht und müssten daher ihren materiellen Besitz gut beieinander halten, weil sie die Möglichkeit zur Neubeschaffung einfach nicht haben. Soweit die These. Ich weiß nicht, ob man diese so stehenlassen kann, denn wenn jemand alte Kleidung, nicht benötigtes Geschirr oder stapelweise Bücher aussortiert, um mehr Raum zu schaffen, sind das doch nicht zwangsläufig Gegenstände, die immer wieder bzw. zeitnah nachgekauft werden müssen.

Und selbst der durchschnittliche Verdiener würde nicht leichten Herzens teurere Geräte aussortieren, um sie ein halbes Jahr später alle wieder neu zu kaufen. Als Gegenthese fiele mir noch ein, dass ja in ungenutzten Gütern auch totes Kapital steckt, was gerade ein Gering-Verdiener besser gebrauchen kann als in Form von nicht benutzten, unnötigen Sachen.

Ist für euch an der These, dass man sich Minimalismus erstmal leisten können muss, etwas dran? Gilt das nur für wirklich ganz schlecht finanziell gestellte Leute oder für alle, die nicht reich sind? Oder ist Minimalismus nicht vielleicht sogar etwas, um Geld zu sparen? Bei welchen Sachen führt diese Lebensform zu tatsächlich unnötigen Kosten?

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Meiner Meinung nach hinkt die dargestellte Theorie an der Stelle, an der davon ausgegangen wird, dass immer wieder etwas nachgekauft werden muss. Minimalismus bezieht sich nach meiner Kenntnis auf nicht notwendige Dinge, derer man sich entledigt. Diese müssen also nicht nachgekauft werden, weil man sie nicht braucht. Werden sie trotzdem nachgekauft, dann ist es kein Minimalismus mehr.

Ich würde dir eher zustimmen, dass tatsächlich eine Geldersparnis eintritt, weil man auf viele Dinge, die eben nicht notwendig sind, verzichtet. Manchmal ist weniger eben mehr. :)

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Wenn man minimalistisch lebt, dann doch eigentlich mit dem Ziel, nicht mehr ständig unnötigen Kram nachzukaufen. Man will doch nicht mehr ständig etwas Neues kaufen, so dass man da doch auch nicht viel Geld benötigt. Man gibt sein Geld nur für die Dinge aus, die man wirklich benötigt oder wirklich haben will und nicht einfach für Sachen, die man einfach gerade toll findet oder die im Angebot sind. Von daher braucht man da weniger Geld, wie ich finde.

Wenn man minimalistisch leben will, gehört es natürlich nicht nur dazu, weniger und bewusster einzukaufen, sondern auch, sich von unnötigen Dingen zu trennen. Man mistet seine Wohnung ordentlich aus, wobei man aber natürlich auch nur die Dinge weggibt, von denen man sicher weiß, dass man sie nicht brauchen wird. Natürlich lässt man sich mehr Geschirr, als man für sich alleine eigentlich braucht. Es können ja immer mal Gäste vorbeikommen, so dass man beim Geschirr natürlich nicht so radikal ausmisten darf. In anderen Bereichen ist das aber wieder anders.

Gerade so Dekokram braucht man ja nicht wirklich und das Ziel ist es ja auch, so etwas nicht mehr nachzukaufen. Von daher wird man da auch nichts vermissen und muss auch nichts nachkaufen. Wenn man so radikal ausmistet, dass man ständig etwas nachkaufen muss, was man vermisst, hat man einfach etwas falsch gemacht und entweder zu viel ausgemistet oder man will doch zu viele unnötigen Dinge haben, die man doch nicht braucht.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich denke, dass so ziemlich jeder Lebensstil einfacher umzusetzen ist, wenn man ein bisschen (mehr) Geld hat. Beispielsweise kann man sich so, falls man diesen Ehrgeiz hat, eine übersichtliche Garderobe mit wenigen, qualitativ passablen bis hochwertigen, zeitlos designten Kleidungsstücken und Schuhen zulegen und diese dann jahrelang tragen. Diese Möglichkeit hat man schon mal nicht, wenn man sich leider nur Billigklamotten leisten kann, die nach einer Saison aussehen wie Putzlappen, während es durch die erschwinglichen Schuhe durchregnet.

Dieses Prinzip kann ich mir auch bei anderen Anschaffungen vorstellen. Als "minimalistisch" kann ja beispielsweise auch gelten, dass man sich für die Küche ein Multifunktionsgerät anschafft und generell bei Haushaltsgegenständen aller Art nicht nur darauf achtet, ob man sie auch wirklich braucht, sondern auch darauf, dass sie von guter Qualität sind, wenig Energie verbrauchen und hoffentlich lange halten. So kann man langfristig Geld sparen.

Wenn man jedoch beispielsweise dringend einen Kühlschrank braucht, weil der alte schon 30 Jahre alt ist und auf dem letzten Loch pfeift, und der Etat nur für ein gebrauchtes Gerät mit einer miesen Energiebilanz oder eine absolute Billigmarke reicht, zahlt man als weniger wohlhabender Konsument unter dem Strich tatsächlich öfter mal drauf.

Deswegen glaube ich durchaus, dass man auch für den minimalistischen Lebensstil besser aufgestellt ist, wenn man ein gewisses Startkapital hat. Aber natürlich kommt es auch darauf an, wie ernst man die ganze Sache nimmt, wie konsequent man sie angeht und wie geschickt man sich anstellt.

Wenn es nur darum geht, Krimskrams, Ramsch und Trödel loszuwerden, und wenn man nicht gerade im Ausmist-Wahn den einzigen Dosenöffner entsorgt, kann man auch mit wenig Geld den Minimalismus pflegen. Allerdings habe ich auch schon von etlichen selbst ernannten "Minimalisten" gehört, die ihr durch Entrümpeln und Gesundschrumpfen gespartes Geld in teure Hobbys, Reisen oder ihren brotlosen Künstlerjob gesteckt haben. Wenn man diesen Lebensstil so definiert, bleiben Leute mit geringem Einkommen auch hier ausgeschlossen.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Die Frage ist wie man das ganze definiert. Bedeutet der Minimalismus, dass man nur das behält was man aktuell braucht und alles andere entsorgt oder das eine kleine minimalistische Grundausstattung erhalten bleiben darf? Wenn man ständig alles entsorgt was man nicht gerade anfasst oder am Körper trägt, dann lässt sich das durchaus nur mit mehr finanziellen Möglichkeiten besser bewerkstelligen als wenn das Geld nicht so locker sitzt.

Ist es hingegen erlaubt, dass man z.B. auch Dinge behält die man immer mal wieder braucht aber aktuell nicht, dann lässt es sich auch mit wenig Geld umsetzen. Zu dieser Gruppe zähle ich mich. Ich kaufe die Sachen sehr ausgewählt und nach Zweck, brauche ich es nur kurz oder einmalig dann leihe ich es eher oder verzichte darauf. Somit brauche ich auch nichts doppelt oder dreifach kaufen, denn ich entsorge erst wenn ich sicher bin das ich es nicht mehr gebrauchen werde und nicht einfach aus einer Laune heraus. Konsumgüter und ungeplante Anschaffungen finden kaum statt und ich komme damit sehr gut zurecht und bin auch zufrieden damit. Denn was brauche ich immer das neuste Smartphone der den Fernseher, wenn der alte noch funktioniert?

Auch findet man bei mir kleinen Schrank vollgestopft mit Bekleidung und Kleidern voll die nicht getragen werden oder nur einmal. Alles was ich habe und auch kaufe ist mehrseitig einsetzbar, wird regelmäßig verwendet wenn auch nicht täglich und erst ersetzt, wenn es komplett defekt ist, nicht mehr selbst zu reparieren oder man definitiv dafür keine Verwendung mehr haben wird. Dadurch spare ich mir einiges an Kosten und brauche für auch keinen dicken Geldbeutel um das finanzieren zu können. Durch diese Lebensweise wird der Geldbeutel mit der Zeit aber dicker, dass ist wohl wahr.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich denke, dass an dieser These durchaus sehr viel dran ist. Es ist ganz einfach die Wahrheit, dass Leute, die mehr Vermögen besitzen als andere Bürger, sich nicht so viele Gedanken darum machen müssen, was wäre wenn? Was wäre, wenn das Auto kaputt geht? Dann wird halt ein neues gekauft. Der Ofen ist kaputt? Ach, renovieren wir doch gleich die ganze Küche. Das Smartphone wurde geklaut? Kein Problem, dann kaufen wir halt im Apple Store gleich das neue Iphone gekauft.

Das alles sind Dinge, die man als finanziell weniger unabhängige Person nicht machen kann. Bei vielen Leuten, auch bei vielen, die ich kenne, reicht es im Monat grade mal um über die Runden zu kommen und sich vielleicht hier und da ein kleines Extra zu gönnen. Selbst diese kleinen Extras sind nicht bei allen Leuten der Fall! Da wird jeder Penny drei Mal umgedreht und aus dem Geld wird das Beste geholt - da kauft man dann lieber die billige Marke im Angebot, weil sie günstiger ist als die Marke, die man eigentlich am liebsten isst. Zum Ende des Monats gibt es dann Nudeln mit Butter oder Reis mit Butter, weil das so schön günstig ist und trotzdem lange satt macht. Cocktails trinken? Fehlanzeige, Leitungswasser ist angesagt.

Ich kann also aus Erfahrung sagen, dass ich dieser These zustimme. Ich habe es selbst bei einer Freundin und mir im Vergleich erlebt. Ihr Hand ist kaputt gegangen und sie hat dann einfach so von den Eltern ein neues Handy bezahlt bekommen, obwohl es ihre eigene Schuld war. Einfach, weil die Eltern sich das leisten konnten. Als mein Handy kaputt gegangen ist und es nicht meine eigene Schuld war, hatte ich mehr oder weniger Pech gehabt und musste mehrere Wochen ohne Smartphone auskommen, einfach, weil meine Eltern es sich nicht leisten konnten mir einfach so ein neues Handy zu kaufen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich denke nicht, dass das nur etwas für reiche Leute ist, sondern eher vom Geld bzw. der eigenen Einstellung abhängig ist. Als ich noch studiert habe, habe ich sehr minimalistisch gelebt, da ich eben nicht das Geld hatte, ständig was zu kaufen und sehr darauf achten musste, was ich brauche und worauf ich eben verzichten kann.

Mittlerweile kann ich zwar kaufen, was ich will, aber ich achte dennoch darauf, was ich wirklich brauche oder nicht. Ich denke, dass das ein Stück weit auch vom Charakter und der eigenen Einstellung abhängig ist, wie man sich eben verhält.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Minimalismus ist sicherlich keine Sache, die man nur machen kann, wenn man Geld hat. Minimalismus bedeutet doch mit so wenig wie möglich auszukommen, aber es schreibt einem ja keiner etwas vor. So kann man ja selber entscheiden, welche Dinge man unbedingt behalten will. Wenn man sich für inkonsequent hält, kann man doch auch die Dinge irgendwo einlagern lassen für ein Jahr.

Das wird auch nicht die Welt kosten und man hat es noch, wenn einem dann doch etwas fehlt. Ansonsten kann man auch vieles günstig beziehen oder sich auch schenken lassen, dementsprechende Gruppen gibt es ja überall. Ich denke aber, wenn man so einen Lebensstil schon annehmen will, dann sollte man das auch durchziehen und richtig machen.

Deswegen finde ich den Gedanken die Dinge dann nachkaufen zu müssen albern. Es ist doch nicht so, dass man das mal eben ändert und dann nach ein paar Wochen alles wie vorher macht. In der Regel ändert man einen Lebensstil um etwas zu verändern.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich sehe da überhaupt keinen Zusammenhang, auch wenn ich länger darüber nachdenke. Ich würde mich als eher minimalistisch bezeichnen, was die Wohnungseinrichtung und das Küchenzubehör anbelangt. So war ich aber immer schon, unabhängig von meinen finanziellen Verhältnissen, die im Laufe meines Lebens sehr unterschiedlich waren.

Aber vielleicht verstehe ich die Argumentation für die These auch nicht richtig. Wieso muss man immer wieder nachkaufen, wenn man minimalistisch lebt. Das muss man in meinem Verständnis für Minimalismus doch gerade nicht. Und wieso braucht man mehr Geld, wenn man weniger hat?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Minimalismus ist für mich persönlich viel mehr als lediglich das Aussortieren von bereits vorhandenen Dingen. Minimalismus ist für mich eine Einstellung. Ja, ein Teil vom Minimalismus ist das Aussortieren von Dingen, die man nicht mehr mag, die einen belasten, die vielleicht auch einfach kaputt sind. Aber vor allem für die ersten beiden Dinge möchte man dann ja vermutlich auch nichts nachkaufen, weshalb sich diese Frage für mich nicht stellt, wie einfach man etwas nachkaufen kann.

Minimalismus fängt für mich viel früher an. Man wird sich bewusst, was man überhaupt besitzt und was man besitzen möchte. Oft fängt man dann zunächst an, bewusster zu konsumieren. Man kauft nicht mehr ständig neue Klamotten, sondern schaut, was man bereits hat und ob das neue Kleidungsstück, das so gut im Schaufenster aussieht, auch wirklich haben möchte. Das ist vermutlich bei Leuten, die weniger Geld zur Verfügung haben, sogar ausgeprägter als bei denen, die viel Geld haben, jedoch hält das häufig nicht an, sobald diese Personen plötzlich zu mehr Geld kommen.

» Twilight-Girlie » Beiträge: 418 » Talkpoints: 36,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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