Ist ein Leben ohne Bargeld realistisch und erstrebenswert?

vom 29.09.2016, 23:16 Uhr

Schweden will ja angeblich 2020 das Bargeld abschaffen und hat bisher den gesamten Bargeldbestand wohl auch schon halbiert. Nun erntet die schwedische Regierung für ihr Vorhaben natürlich nicht nur Jubelstürme, sondern auch viel Kritik. Ich persönlich könnte mir auch kein Leben ohne Bargeld vorstellen und frage mich schon, ob das denn überhaupt so funktionieren könnte.

Was haltet ihr denn von derartigen Vorstößen, denn immerhin waren diese ja auch schon in anderen EU-Ländern im Gespräch? Haltet ihr solch ein Vorhaben der Bargeldabschaffung durchaus für realistisch und auch erstrebenswert? Was spricht denn eurer Meinung nach dafür und was dagegen?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Möglich wäre eine Umstellung bestimmt. Schon heute läuft ein Großteil des Geldverkehrs bargeldlos. Schweden ist da schon deutlich weiter. Dort hat wirklich auch das kleinste Geschäft schon eine Kartenlesegerät für bargeldlose Bezahlung. Eine Abschaffung des Bargeldes ist rein technisch kein Problem. Und offensichtlich sind die Schweden dem bargeldlosem Bezahlen der viel positiver eingestellt.

In Deutschland ist das anders. Da ist die Skepsis noch sehr viel größer und dementsprechend wäre der Widerstand gegen solche Pläne enorm. Deshalb glaube ich nicht, dass Deutschland unter den ersten Ländern ist, welche Bargeld abschaffen. Wenn es aber in einigen Ländern umgesetzt wird und funktioniert, wird sich die Einstellung vielleicht irgendwann ändern.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke schon, dass sogar in Deutschland früher oder später das Bargeld abgeschafft wird. Es fängt meiner Meinung nach ja schon subtil an, indem man die großen 500€ Scheine aus dem Verkehr zieht und die Menschen immer mehr zum Online-Banking "drängt". So wollte mir bisher jede Bank dieses Online-Banking andrehen und es wurde mir einfach aufgedrückt, es sei ja auch ohne Gebühren und so gesehen günstiger als das normale Konto.

Ich will aber mit Online-Banking nichts zu tun haben und es stört mich, dass ich da regelrecht dazu gedrängt werden soll. Das macht das Online-Banking mir nicht gerade sympathischer und interessanterweise geht es Menschen aus meinem Umfeld ähnlich, dass diese auch zu dieser Art von Kontoführung von Seiten der Bank gedrängt werden sollen, obwohl der Wunsch danach überhaupt nicht existiert.

Wenn dann erst einmal alle Menschen dieses Online-Banking betreiben und dann auch an der Kasse bargeldlos mit dem Smartphone oder was auch immer bezahlt werden kann, wird es auch kaum mehr auffallen, dass das Bargeld abgeschafft worden ist. Eigentlich braucht man heutzutage ja nur noch wirklich Bargeld, wenn man ein Brötchen beim Bäcker kauft, denn diese nehmen ja keine Kartenzahlung an.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich kann mir schon vorstellen, dass langfristig zumindest ernsthaft darüber nachgedacht wird, das Bargeld komplett abzuschaffen, und dass es vor allem daran hängt, ob die Bevölkerung mitzieht. Dass es für die Wirtschaft einfacher und praktischer ist, nicht mehr mit Münzen und Scheinen hantieren zu müssen, leuchtet mir unmittelbar ein. Alleine die Herstellung und Verbreitung von "Kupfergeld" kostet meines Wissens mehr als der Wert, der auf den einzelnen Münzen eingeprägt ist.

Bargeldloser Zahlungsverkehr ist eigentlich nur der nächste logische Schritt, und ich halte ihn durchaus für umsetzbar, auch wenn es wohl ein stufenweiser Prozess sein muss. Beispielsweise kann sich mein Vater noch an die wöchentliche Lohntüte erinnern, in der er als Arbeiter Anfang der 1960er seinen Wochenlohn abgezählt in Bar erhalten hat. Damals hätte sich wohl kaum jemand vorstellen können, dass die hart verdienten Kröten direkt auf dem Konto eintrudeln und dass man sich Geld am Automaten holen kann, wann immer man will. Mittlerweile zuckt hier niemand mehr mit der Wimper, selbst mein alter Vater nicht.

Im Augenblick herrschen hier zwar noch erhebliche, und in meinen Augen durchaus berechtigte Sicherheitsbedenken, wenn jeglicher Zahlungsverkehr nur noch online abläuft. Aber selbst hier wird es in den nächsten Jahren bestimmt Fortschritte geben. Dann kommt es wirklich nur noch darauf an, ob und wie geschickt man es dem einfachen Mann auf der Straße vermitteln kann, dass die Abschaffung von Bargeld wirklich eine gute Idee ist. Mir persönlich wäre es relativ egal, ob ich mit Münzen oder einem wie auch immer gearteten kleinen technischen Gerät zahle, solange es halbwegs sicher ist. Kleingeld empfinde ich sowieso als lästig, und Kopfrechnen ist dazu auch nicht meine Stärke.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Viele Verfechter von Kreditkarten und Co. sagen ja, Kartenzahlung ginge ja viel schneller. Auch ist es hygienischer, denn wir wollen wohl alle nicht so genau wissen, welche Keime sich so an Geld befinden. Wer weiß, ob der Verkäufer sich nach dem letzten Klogang die Hände gewaschen hat, wenn er einem Wechselgeld gibt? Günstiger soll es ja auch sein, schließlich rentiert sich die Herstellung von Geld nicht immer: die Produktion einer 1-Cent-Münze kostet mehr als einen Cent.

Trotzdem bleibt bei mir Skepsis: Onlinebanking ist eine Sache, der ich nicht hundertprozentig vertraue. Ein befreundeter IT-Spezialist meinte, mit monatelanger Arbeit ließe sich mein Onlinebanking-Konto knacken, wenn ein Hacker es wirklich drauf anlegt. Auch erinnere ich mich an den Skandal, als in mehreren Filialen einer großen Supermarktkette eingebrochen wurde und die Kartenlesegeräte manipuliert wurden, sodass die Diebe an die Daten der Kunden kamen.

Und Technik kann auch versagen. Was wäre, wenn mal die Geräte ausfallen oder aus welchen Gründen auch immer meine Karte nicht mehr funktioniert? Meine Kreditkarte wurde erst vor wenigen Monaten gesperrt, weil ich an einem manipulierten Automaten Geld abgehoben hatte. Ganz ohne Bargeld hätte ich dann erstmal alt ausgesehen.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Onlinebanking wäre unsicherer als konventionelle Bankgeschäfte? Selbst wenn es stimmen würde, dass man ein Konto innerhalb von mehreren Monaten knacken könnte (was völliger Unsinn ist) - ein klassisches Überweisungsformular hat man in fünf Minuten gefälscht. Das konventionelle System ist um viele Größenordnungen unsicherer.

Ähnlich sieht es mit Kreditkarten aus. Wenn mein Bargeld geklaut wird, habe ich quasi keine Chance, das Geld wieder zu bekommen oder den Täter zu fassen. Eine Kreditkarte kann ich dagegen innerhalb weniger Minuten sperren lassen und die Gefahr für den Täter, erwischt zu werden, ist deutlich höher. Theoretisch wären auch biometrische Bezahlungsverfahren denkbar. Damit könnte kein einfacher Dieb mehr überhaupt die kleinste Chance haben, Geld zu erbeuten.

Wenn man dann noch an den enormen Aufwand denkt, der tagtäglich beim Transport von größeren Bargeldmengen nötig ist, dürfte klar sein, dass dieses System keinesfalls sicherer sein kann. Beim elektronischen Zahlungsverkehr ist der Aufwand im Prinzip nur einmalig beim Entwurf des Systems notwendig. Das Vorhandensein von Falschgeld ist ebenfalls ein Indiz für die geringe Sicherheit des konventionellen Zahlungsverkehrs.

Gegen ein Versagen der Technik gibt es auch funktionierende Maßnahmen. Wenn es das nicht gäbe, könnten Menschen keine Flugzeuge bauen. Dabei ist der elektronische Zahlungsverkehr schon relativ zuverlässig, obwohl davon ja selten unmittelbar Menschenleben abhängen. Ein paar einfache Maßnahmen würden reichen, um die Zuverlässigkeit auf das Niveau von Bargeld zu heben.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich bezahle am liebsten mit Bargeld, auch bei größeren Einkäufen und nehme die Karte nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Online-Banking möchte ich auch nicht nutzen und ich fände es nicht in Ordnung, wenn man dazu gedrängt werden würde.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Diese Entwicklung hat sich schon lange abgezeichnet. Ich hoffe, dass dies verstärkt bald auch in Deutschland zu sehen sein wird. Denn es stimmt zwar, dass man durch die Abschaffung des Bargelds auch zum gläsernen Bürger werden kann, aber auch nur dann, wenn man Kreditkarten und EC-Karten benutzt. Denn durch eine Welt ohne Bargeld, könnten alternative Bezahlungsformen geschaffen werden, wie ein zurückkommen zum Tauschhandel oder dem autarken Leben.

Ansonsten hätte natürlich das bargeldlose Bezahlen viele Vorteile. Momentan bezahlen die meisten Menschen noch mit Bargeld im Restaurant und so würde es alles vereinfachen. Egal wo man hingeht, man braucht nur noch eine schmale Brieftasche mit Karten. Meiner Meinung nach kann das Bargeld gerne abgeschafft werden.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke, dass da gerade ältere Menschen extrem Probleme bekommen werden. Das fängt ja schon bei einer leichten Demenz an, dass es schwierig wird, sich eine PIN zu merken. Aufschreiben ist natürlich auch keine sichere Lösung, aber was soll man tun?

Bei solchen Leuten halte ich es für wichtig, dass sie auf Bares zurück greifen können um ein Maximum an Selbstständigkeit behalten zu können und das Risiko um Geld gebracht zu werden minimiert ist. Es ist schließlich ein Unterschied, ob ein Geldbeutel geklaut wird oder ein ganzes Konto geräumt wird.

Was ist mit Menschen, die blind oder sehbehindert sind? Wenn mir der Kassierer den Betrag X nennt, kann man auch als Blinder die Münzen und Scheine erfühlen, Werte erkennen und den passenden Betrag übergeben und das Wechselgeld ohne Augenlicht prüfen. Was ist aber, wenn am EC Karten Gerät statt 40,00 Euro 4000 Euro eingestellt wurden und der zig mal höhere Betrag abgebucht wird?

Und der Unterschied ob Komma oder nicht ist auch für gut sehende Menschen nicht ganz schnell zu entdecken. Wie soll man da als Blinder oder Sehbehinderter Sicherheit haben? Möglicherweise gibt es auch da Hilfsmittel, die ich nicht kenne. Aber auf jeden Fall sollte man sich fragen, ob hier durch das Abschaffen von Bargeld nicht eine diskriminierende Situation geschaffen würde.

Wie sieht es aus, mit Menschen, die ein geistiges Handicap haben? So ein bargeldloser Zahlungsverkehr ist deutlich abstrakter als der Austausch von Bargeld gegen Ware. Was würde das für Auswirkungen haben auf die Menschenwürde und die Möglichkeit frei sein Leben zu gestalten?

Ich meine, das sollte man gründlich bedenken und einfache und gleichzeitig sichere Lösungen finden, wie man solchen Personengruppen ein gutes Leben auch ohne Bargeld ermöglichen kann. Das würde mir sehr am Herzen liegen. Ich finde es greift nicht weit genug, wenn man einfach sagt, es würde den meisten Menschen einen Fortschritt bringen, da sollte man schon über den Tellerrand gucken.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich persönlich wäre prinzipiell gegen die Abschaffung des Bargeldes, schon alleine aus dem Grund, dass ich keine Lust darauf habe, mich noch mehr überwachen zu lassen. Bei solchen Argumenten von den Befürwortern, dass ein bargeldloser Zahlungsverkehr doch toll, weil eben viel hygienischer wäre, da kann man doch wirklich nur den Kopf schütteln. Man sollte schon wirklich mal etwas mehr die Hintergründe und die Folgen einer Bargeldabschaffung hinterfragen und vielleicht macht es ja dann Klick im Gehirn.

» Herr Krawuttke » Beiträge: 424 » Talkpoints: 29,04 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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