Kevinismus - Kinder haben auch Nachteile in der Schule

vom 18.09.2009, 16:24 Uhr

Lange werden Namen wie Kevin, Chantalle, Yves, Mandy und so weiter schon in Medien und der Internetgemeinschaft belächelt. Jetzt ist es auch amtlich, dass Kinder durch diese Namen reale Nachteil in der Schule haben. Dies begründet sich in einer Umfrage unter Grundschullehrern, die nach Schubladen befragt wurden, in die sie Kinder aufgrund des Namens einordnen. Durchgeführt wurde diese Studie von Erziehungs- wissenschaftlern der Universität Oldenburg.

Deutlich wurde, dass Lehrer Kindern schon aufgrund des Namens Verhaltensauffälligkeiten zutrauen oder eben nicht. Begründet wurde dies meist mit der sozialen Schicht der Eltern, in weniger gebildeten Schichten kommen Namens des Kevinismus offensichtlicher häufiger vor und die Lehrer sehen dort einen Zusammenhang zwischen Förderung und Erziehung der Kinder.

Kinder mit diesen Namen haben es meist schwerer, sich gegen Vorurteile durchzusetzen und müssen sich stärker beweisen, als Kinder mit "gutbürgerlichen" Namen. Die Kinder werden nicht als Mensch beurteilt, allerdings schwebt das Umfeld, in dem sie Aufwachsen schon in ihrem Namen mit.

Eltern aus einkommensschwachen und sozial gefährdeten Schichten geben Kindern bevorzugt Namen von Promis oder Namen, die eine mediale Aktualität besitzen. Dass die Namensgebung aber nicht immer etwas mit der tatsächlichen Bildungsmöglichkeit und dem sozialen Umfeld zu tun hat, betonten die Forscher auch.

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» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich bin sogar ganz fest der Überzeugung, dass dies so ist und diese Studie wundert mich überhaupt nicht. Wobei man es als Lehrer nie öffentlich zugeben würde, oder als Kindergartenpädagogin, aber man urteilt wirklich anders. Ich weiß das noch aus meiner Praxiszeit im Kindergarten. Wenn ein Kind mit einem Namen eines Stars daher kam, verdrehte ich obligatorisch die Augen und obwohl es eigentlich unfair ist, stufte ich die Kinder mit solchen Namen völlig anders ein.

Traurig finde ich, dass meine Vermutung sich durch diese Studie bestätigt hat. Bislang dachte ich, dass ich mit meiner Annahme falsch liege. Es ist aber dennoch auffällig, dass die Namen in den sozialen Schichten wirklich total voneinander abweichen. Also dass mir selber auch auffällt, dass in den sozialen Unterschichten vermehrt diese Prominentennamen gegeben werden und in den studierten Schichten eher alltägliche Namen.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


So Leid mir das wirklich tut, aber ich muss Wirreszeug hier wirklich zustimmen. Ich bin in meiner eigenen Schulzeit, meiner Ausbildung und verschiedenen Praktika in Kindergärten und anderen Jugendeinrichtungen auch vielen solchen Kindern begegnet und mir fällt momentan kein einzigster Kevin ein, der aus gutem Elternhaus stammte, der lieb und wohlerzogen war.

Die frechesten Kinder in Kindergarten und Schule heißen meistens Kevin, Jason, Stanley, etc. Nicht, dass ich diese Kinder abgelehnt hätte, aber man hat ganz eindeutig einen Verhaltensunterschied zu anderen Kindern erkennen können. Das war aber auch kein Wunder, die Eltern waren entweder Arbeitsverweigerer, Vorbestrafte, Rechtsradikale, alkoholabhängig und fast immer relativ jung Vater und Mutter geworden. Ein Kevin, den ich kannte, kam aber sogar aus einer recht wohlhabenden Familie. Letztendlich hatte er aber bald ein Verfahren wegen mehrfachen Diebstahls am Hals und war auch sonst kein ehrlicher und aufrichtiger Mensch.

Natürlich gab es auch negativ auffallende Lauras, Martins, Jans, etc., aber bei einem Kevin oder Jason konnte man sich ziemlich sicher sein, dass da noch irgendetwas Negatives kommen würde. Und so wird eben die Wahrnehmung immer weiter beeinflusst. Sollte doch einmal ein netter Kevin kommen, wird er es schwer haben. So viel steht fest. Man kann eigentlich nur versuchen, diese ganzen Vorurteile bei jedem neuen Kind trotzdem erst einmal auszuschalten und ihn wie jedes andere Kind auch zu behandeln und zu beobachten. Alles andere wäre unfair, das steht natürlich fest.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo zusammen!

Ich muss auch sagen, dass mich dieses Ergebnis der Studie nicht besonders überrascht. Ich sehe auch immer wieder das gerade Kinder aus sozial schwachen Familien solche Namen wie Kevin oder Justin bekommen. Diese Kinder sind dann eben auch meistens auffälliger. Den Justin, den ich kenne, kommt aus einer Familie, wo es nicht viel Geld gibt und die Mutter sich nicht wirklich gerne um ihren Sohn kümmert. Es wird geschrien und bestraft was das Zeug hält. Der Junge ist in der Schule schlecht und schlägt seine Mitschüler und baut ziemlich viel Mist. Es ist schon erstaunlich, dass gerade Kinder aus solchen Familien, Namen aus einer bestimmten Rubrik bekommen.

Allerdings kann man ja nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, die Justin, Kevin oder Mandy heißen. Ich kenne auch ein Mädchen namens Mandy, dass in einer guten und ordentlichen Familie lebt. Sie wächst mit der Liebe und Fürsorge ihrer Eltern auf und ist sicher kein auffälliges Mädchen in der Schule. Es muss also nicht immer am Namen liegen, wenn Kinder auffälliger sind oder eben Kevin heißen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Überraschen tut mich das auch nicht wirklich. Wenn ich Kevin-Leon-Justin oder Chantal (möglichst "Schantal" ausgesprochen) höre habe ich auch ein bestimmtes Bild im Kopf und das ist nicht unbedingt positiv.

Aber für die Kinder ist das natürlich fatal. Wenn sie aus einer einkommens, - oder bildungsschwachen Familie kommen sind sie eh schon benachteiligt in der Schule (dazu gibt es ja auch einige Studien) und wenn sie dann nach den passenden Namen haben wird dieser negative Eindruck noch verstärkt.

Lehrer sind ja auch nur Menschen und wir treten unseren Mitmenschen natürlich mit einer gewissen Erwartungshaltung entgegen und diese Erwartungshaltung beeinflusst auch, wie sich das Gegenüber dann tatsächlich verhält. Und wenn die Erwartungshaltung eben "verhaltensauffälliger Hauptschulkandidat" sagt wird es Kevin-Leon-Justin schwerer haben als Alexander eine Empfehlung fürs Gymnasium zu bekommen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ganz ehrlich ist das ja auch kein neues Phänomen, oder? Es gab doch schon immer in unterschiedlichen sozialen Schichten ganz bstimmte Namenspräferenzen, das war auch schon so als ich geboren wurde. Zu meiner Zeit (Anfang der 80er Jahre) hießen die Unterschichtenkinder Cindy, Mandy und Schakkeline, beziehungsweise Marcel, Rico und Ronny. Das konnte man damals schon genauso abgrenzen wie heute und irgendwie waren die Unterschichten-Namen schon immer speziell englisch oder französisch getüncht, das sollte wohl Exklusivität ausdrücken.

Es ist zwar nich richtig, dass Lehrer und Kinderbetreuer diese Kinder gleich in eine Schublade stecken, schließlich sollen sie die gleichen Chancen bekommen wie alle anderen Kinder aber leider bestätigen sich die Vorurteile ja auch immer wieder. Wenn die Kinder in einem unmöglichen Umfeld neben arbeitsverweigernden überforderten asozialen Eltern sitzen, kein bisschen gefördert oder auch nur Erzogen werden, muss man sich nicht wundern, wenn diese Kinder später in der Schule aus dem Rahmen fallen. Im Prinzip sind diese Kinder wirklich allein durch ihren Namen stigmatisiert.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Neu ist es nicht und es ist nicht nur bei Grundschullehrern so. Das geht wohl jedem Menschen so. Und wenn ich mal genauer darüber nachdenke, bestätigen die mir bekannten Kinder mit diesen Namen das auch nicht. Denn genau dort kann ich fast täglich solche Verhaltensauffälligkeiten beobachten.

Selbst wenn meine Kinder von der Schule erzählen, wenn was negatives vorgefallen ist. Dann taucht grundsätzlich auch der Name Leon auf. Wobei Leon bei uns in den letzten Jahren auch schon zum Sammelbegriff mutiert ist. Sprich wenn man den einmal ruft, dann hat man gleich 5 bis 6 Jungs da stehen, die ziemlich im selben Alter sind.

Auch das diese Namen einer gewissen sozialen Schicht zugeordnet werden können, hab ich hier täglich vor Augen. Diese Namen finde ich nicht in Familien, wo die Eltern höhere Stellen bekleiden. Dort habe ich Namen die zwar selten, aber nicht aussergewöhnlich sind.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Mich wundert das Ergebnis auch nciht, es zeigt genau meine Erwartungen. Wenn jemand solch einen Namen trägt, bastel ich mir acuh immer vorher schon im Kopf ein Bild zusammen. Spontan denke ich immer an asoziale Eltern; der Vater ein Alkoholiker, die Mutter daheim auf dem Sofa mit 'ner Kippe im Mund und das Kind auf dem besten Wege genauso runterzukommen.

Bei (fast) allen Kevins, die ich kenne bzw. weiß, dass sie Kevin heißen, trifft dieses Vorurteil auch zu. Die Eltern kommen immer aus einer sozial schwachen Schicht, und verkörpern die Klischees vollkommen. :roll:

Ich kenne aber auch einen Kevin, dessen Eltern beide berufstätig sind, kein bisschen asozial; der Vater Journalist. Eben jener Kevin hat ein gutes Abitur gemacht und ist weder vorbestraft, noch sonst irgendwie auffällig geworden. Soweit ich weiß, hatte er auch in der Schule keine Probleme und die Lehrer haben ihn nicht aufgrund seines Namens in eine Schublade gesteckt.

Besonders schlimm finde ich die Namen Justin und Cindy. Auch hier treffen wieder alle Vorurteile zu, bei den Justins und Cindys die ich kennen gelernt habe. Einer dieser Justins zum Beispiel wurde öfters von der Mutter geschlagen, die natürlich arbeitslos ist, ständig wechselnde Männer und noch 3 weitere Kinder hat (von jeweils anderen Vätern), außerdem kennt Justin seinen leiblichen Vater nicht, war mal im Heim und schon bei Pflegefamilien - bis er schließlich wieder zu seiner Mutter kam. Die Zukunft solcher Menschen ist doch von vorneherein verbaut. Wenn man aus solch einem Umfeld stammt und mit so einer Vorgeschichte aufgewachsen ist, läuft das Ganze meist in die selbe Richtung weiter.

Was ich mich immer frage, WARUM solche Menschen ihren Kindern eigentlich einen so gräßlichen Namen wie Kevin geben. Gut soetwas ist Geschmackssache, aber ich finde diese Namen mehr als geschmackslos. Haben die Eltern keinen Geschmack? Und ist ihnen nicht bewusst, dass sie ihrem Kind einen Namen geben, der sie direkt in solch ein Licht rückt? :twisted:

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» Sann » Beiträge: 466 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich muss gestehen, dass ich einige Äusserungen dieses Threads hier mit gemischten Gefühlen aufgenommen habe. Ich oute mich jetzt einfach als Mutter, welche ihren Sohn Leon genannt hat. Aber anscheinend entspreche ich nicht dem gängigen Klischee, da ich nicht aus einer "sozial schwachen" Schicht komme. Ich habe Abitur gemacht und arbeite als Software-Entwicklerin.

Warum ich meinen Sohn Leon genannt habe? Weil mir der Name gefällt und in meinem speziellen Fall noch einen anderen Vorteil hat. Mein Sohn ist Deutsch-Amerikaner. Der Name Leon geht sowohl im Deutschen, als auch im Englischen leicht von der Zunge.

Was ich in dieser Diskussion etwas vermisse ist das Hinterfragen des Schubladendenkens der Lehrer. Es heißt zwar die Gedanken sind frei, jedoch vermisse ich einfach eine professionelle Distanz der Lehrkräfte. Die Namen der Kinder sagen lediglich etwas über den Geschmack der Eltern aus, jedoch rein gar nichts über das Kind. Das Kind deshalb zu benachteiligen ist nicht korrekt und unprofessionell.

Etwas anderes, was mir immer wieder auffällt ist, wie inflationär mit dem Begriff "Unterschicht" bzw. Prekariat umgegangen wird. Wie definiert man diese Schicht? Finanziell schwache Menschen, wie z.B. Hartz 4-Empfänger? Oder bildungsschwache Menschen? Oder eine Kombination aus beidem und noch anderem?

» hasilover » Beiträge: 83 » Talkpoints: 6,41 »


Was ich in dieser Diskussion etwas vermisse ist das Hinterfragen des Schubladendenkens der Lehrer.

Das Problem beim Schubladendenken der Lehrer ist doch, dass ganz vieles davon unterbewusst statt findet. Ich meine, wenn man die Lehrer befragt werden sicher die meisten sagen, dass sie alle Kinder gleich behandeln und dass natürlich alle Kinder die gleichen Chancen haben und so weiter, aber es gibt eben Handlungen die man nicht bewusst sondern unbewusst vollzieht.

Es gibt ja auch Untersuchungen darüber wie sich der soziale Status der Eltern auf die Benotung der Kinder auswirkt. Dabei wurden identische Arbeiten einmal Kindern von Eltern mit niedrigem Status und einmal Kindern von Eltern mit hohem Status zugeordnet und du kannst dir wahrscheinlich schon denken, dass die Kinder von den besser gestellten Eltern auch durchweg besser bewertet wurden, obwohl es sich wie gesagt um die gleichen Arbeiten gehandelt hat.

Deshalb stellt sich mir eben die Frage, ob man jemanden unprofessionelles Handeln überhaupt vorwerfen kann, wenn er sich dessen gar nicht bewusst ist und ob das bewusstmachen nicht das Gegenteil erreichen würde. Nämlich, dass Kevin und Schantal besser behandelt werden als andere Kinder weil der Lehrer Angst hat sie unbewusst schlechter zu behandeln.

Ich versuche das Wort "Unterschicht" eigentlich nicht zu benutzen und unterscheide zwischen bildungsfernen und einkommensschwachen Menschen. Natürlich gibt es genug Fälle wo beides zusammenkommt, denn wenn man sich nicht gerade in zwielichtigen Geschäften selbständig macht wird das zweite wahrscheinlich auf das erste folgen, aber es gibt auch Leute, die nach Studium und langer Berufstätigkeit plötzlich auf der Straße stehen und wegen ihres Alters keinen Job mehr finden.

Und ich habe übrigens nichts gegen "Leon", ich finde den Namen eigentlich auch schön, nur finde ich Modenamen für Kinder generell problematisch. Also ich wollte nicht, dass mein Kind in der Schule mit einer Nummer oder einem Spitznamen versehen wird weil es noch drei andere mit dem gleichen Namen in der Klasse gibt. Aber das ist ja Ansichtssache.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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