Immer mehr leben in mehreren Beziehungen

vom 21.02.2020, 14:55 Uhr

Heute Morgen habe ich von einer Statistik gehört, dass immer mehr Menschen in mehreren Beziehungen leben sollen.

Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Ich bin sehr traditionell und könnte mir nicht vorstellen neben dem Partner noch weitere Partner zu haben. Wenn man den einen richtigen hat warum soll man dann noch andere neben her haben wollen? Andersrum könnte ich mir auch nicht vorstellen das mein Partner neben mir noch andere Frauen hat. Da würde ich innerlich durchdrehen.

Was denkt ihr ist der Reiz daran mehrere Beziehung zu haben? Könntet ihr euch das vorstellen?

» timbo007 » Beiträge: 950 » Talkpoints: 1,27 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke nicht, dass immer mehr Menschen in mehreren Beziehungen leben, sondern dass es mehr Menschen zugeben. Denn Untreue, Affären, geöffnete Partnerschaften und Ehen, die mittlerweile bis auf wenige Momente eher geschwisterlich laufen, sind ja keine neue Erscheinung.

Traditionell, zu Zeiten der Zweckehe, galt die männliche Untreue als naturgegeben und die weibliche war akzeptiert, wenn die Dame genug Nachwuchs geliefert hat und diskret vorgegangen ist. Und solche Zweckehen, ohne die Möglichkeit sich vernünftig kennen zu lernen, gab es noch vor 100 Jahren.

Und später war es auch nicht besser. Als ich geboren wurde gab es noch das Schuldprinzip bei der Scheidung. Der Schuldige verlor das Sorgerecht für die Kinder. Schuldige Frauen bekamen keinen Unterhalt, während schuldige Männer fast alles der Frau gehen mussten. Und trotzdem wurde munter durch die Gegend gepoppt.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Das trifft es auch in meinen Augen. "Früher" waren die Menschen auch nicht "treuer" oder untreuer als heute, nur die gesellschaftlichen Konsequenzen waren andere. Schon im 18. Jahrhundert gab es Begriffe und Formulierungen für das, was man heute vielleicht als "Dreiecksbeziehung" bezeichnen würde. Und an den Tatsachen ändert sich ja nichts, ob man heute von einer "offenen Beziehung" oder in der guten alten Zeit verschämt vom "Hausfreund" spricht oder mehr oder weniger vorausgesetzt hat, dass der Herr des Hauses das Abhängigkeitsverhältnis der weiblichen Hausangestellten zur Lustbefriedigung ausgenutzt hat. Wollten die Damen nicht, oder wurden gar schwanger, war es schließlich ganz allein ihre Schuld.

Vor diesem Hintergrund empfinde ich es durchaus als gesellschaftlichen Fortschritt, wenn man die Dinge beim Namen nennt und nicht immer nur verschämt herumheucheln muss, was unterschiedliche Beziehungsmodelle angeht. Ich selber bin zwar hetero und monogam bis ins Mark, aber das macht mich charakterlich oder "moralisch" weder besser noch schlechter als andere Leute, die im Bett oder in der Liebe lieber in die Breite streuen. Solange alle Beteiligten informiert und einverstanden sind, verstehe ich nicht, wieso man sich über das Intimleben Dritter echauffieren sollte.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera, doch nicht erst im 18. Jahrhundert. :D Die Konkubine kannten und benannten schon die ollen Römer. Die Hetäre ist auch Antik. Das Kebsweib und die Bezeichnung Kind und Kegel sind mittelalterlich. Neue Worte, alte Sitten. :D Im 17. Jahrhundert gab es die Triangel der Glückseligkeit, auch eine sehr hübsche Umschreibung der Menage a trois.

Die noch angesehene Mätresse früherer Zeiten mutierte im 19. Jahrhundert zur abhängigen Dauerhure. Während die Kurtisane weniger Ansehen verloren hat, bevor diese Berufung ausgestorben ist. Frauen haben Amant auch nur durch den Liebhaber ersetzt.

Wenn die eheliche Treue sozusagen schon immer der Normalfall wäre, hätte es nicht schon in der Antike oder bei den Germanen Gesetze zu den (kaum vorhandenen) Rechten der Nebenfrauen und der unehelichen Kinder gegeben. Der Sprachreichtum um diesen Sachverhalt ist ja auch nicht gewachsen, weil es selten vorgekommen ist.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Gerbera, doch nicht erst im 18. Jahrhundert. Die Konkubine kannten und benannten schon die ollen Römer. Die Hetäre ist auch Antik. Das Kebsweib und die Bezeichnung Kind und Kegel sind mittelalterlich. Neue Worte, alte Sitten.

Weiß ich schon. :wink: Ich wollte nur nicht eine "Kleine Geschichte der Untreue von der Antike bis zur Gegenwart" verfassen, sondern habe wahllos ein Beispiel herausgegriffen. Für mich ist das traditionelle Konzept der Ehe, wie wir es heute kennen, nur ein kulturelles Phänomen unter vielen, und schon gar keine Erfindung der ach so unmoralischen Moderne. Man könnte auch sagen, ein Ideal, an dem die Leute damals wie heute munter gescheitert sind.

Der einzige Unterschied ist in meinen Augen, dass es heutzutage kein ganz so großes Tabuthema mehr darstellt und mehr Leute offen zugeben können, mit der ganzen Monogamie nicht viel anfangen zu können, ohne dass es sozialem Selbstmord gleichkommt. Zumindest für Frauen. Siehe Effi Briest. Unter anderem natürlich!

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich vermute sogar, wahrscheinlich ganz auf deiner Linie :D , dass heute weniger Parallelbeziehungen laufen als früher. Schlichtweg weil man nicht den ersten Versuch heiraten muss und eine Trennung weder finanzieller noch gesellschaftlicher Selbstmord ist.

Wobei mir gerade einfällt, der Brexit ist eine Katastrophe! Ambitionierte Heiratsaufsteigerinnen können bald gar nicht mehr schnell in London die Scheidung einreichen und mindestens die Hälfte von allem abgreifen. Die Moderne erfordert neue Strategien. :lol:

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Wenn ich so etwas wie "Statistik" lese frage ich mich ja immer direkt, wie die überhaupt zustande gekommen ist, wie die Methodik aussieht, was man überhaupt für Vergleichswerte hat und so weiter.

In dem Fall würde ich davon ausgehen, dass man die Leute einfach befragt, weil es ja keine offiziellen Zahlen gibt, die man da zu Rate ziehen könnte. Es müsste also heißen "Immer mehr Menschen GEBEN AN, dass sie in mehreren Beziehungen leben". Folglich müsstest du dich also fragen, warum immer mehr Menschen bei solchen Befragungen mehrere Beziehungen angeben. Und das ist schon ein großer Unterschied zu deiner Frage.

Was den Reiz von mehreren Beziehungen ausmacht? Wahrscheinlich bekommt man in der zweiten Beziehung das, was man in der ersten nicht bekommt, schätzt allerdings gewisse Aspekte der ersten Beziehung zu stark um diese zu beenden. Wobei ich mit "schätzen" jetzt auch ganz pragmatische Sachen wie gemeinsame Kinder oder gemeinsame Firma meine, also nicht unbedingt nur menschliche Qualitäten.

Und nein, ich könnte mir das nicht vorstellen und nein, das hat überhaupt nichts mit Traditionen zu tun. Erstens vermisse ich in meiner Beziehung nichts und zweitens wüsste ich gar nicht, wie ich eine zweite Beziehung zeitlich überhaupt schaffen sollte. Es ist ja schon mit einem einzigen Partner so, dass ich oft nicht so viel Zeit übrig habe wie ich gerne mit ihm verbringen möchte.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Der Ansicht, dass derartiges nicht zugenommen hat, sondern nur offener damit umgegangen wird, bin ich auch. Dass Affären, Zweitbeziehungen, Ehen mit mehreren Partnern früher und weltweit nicht vorgekommen wären, stimmt schlicht nicht. Je nach Kultur und Zeit war und ist es nicht unüblich, dass zum Beispiel ein Mann mehrere Gattinnen hat. Umgekehrt gibt es auch nach wie vor kleine Bevölkerungsgruppen, bei denen eine Frau mehrere Männer hat.

Und Affären neben den eigentlichen Beziehungen wird es immer und überall gegeben haben. Prostitution ist nicht umsonst das älteste Gewerbe der Welt, wenn es keine Nachfrage gegeben hätte, wäre auch das Angebot nicht da gewesen.

Menschen, die wirklich polyamorie leben oder empfinden, sind, glaube ich, ein wirklich nur recht kleiner Prozentsatz der Bevölkerung. Aber Veranlagungen in diese Richtung wird es ebenso schon immer gegeben haben.

» schnatterliese » Beiträge: 158 » Talkpoints: 34,21 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ehrlich gesagt kann ich mir kaum vorstellen, dass es darum geht, dass mehr Menschen in „zwei“ oder „drei“ sowie „vier“ Beziehungen leben. Zumal ich bei der Statistik dann schon gerne ein paar Informationen hätte. Wie viele wurden befragt? Was genau wurde gefragt? Wissen die anderen Partner voneinander? Reden wir von exakter Untreue und Affären?

Die Befürchtung ist doch, dass hier einfach nur bei Umfragen einige eben zugeben, dass sie „fremd gehen“ oder eine „Affäre“ haben. Das bedeutet noch lange nicht, dass der Gegenüber mit dem ich Beziehungen führe, dies bewusst akzeptiert und vor allem auch weiß. Denn das vermute ich mal, wird bei dieser Statistik womöglich vergessen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die bewusst mehr Beziehungen führen. Was bringt mir das? Ich halte es auch immer für fraglich, wenn mir welche erzählen wollen, dass sie zwei Menschen oder gar drei Menschen genau gleich lieben. Das ist doch in meinen Augen purer Unfug. Ich liebe und ansonsten habe ich Zuneigung oder irgendwas Sexuelles, aber doch nicht Liebe allesamt für alle Personen. Das glaube ich einfach nicht.

Ich persönlich lege auch keinen wert darauf, eine zweite Beziehung zu führen. Mir persönlich wäre das auf allen Ebenen zu anstrengend. Ich bin beruflich viel beschäftigt, habe einen Freund, 3 Haustiere und eine Wohnung sowie Hobbys. Da passt eine zweite Partnerschaft, auch nicht mit einer Dame, nicht hinein. Zumal mir es noch nie passiert ist, dass ich „angeblich“ eine zweite Person lieben würde. Nie.

Ich denke, dass die Statistik nicht berücksichtigt, dass viele auch „Untreue“ mit angeben, welche in den seltenen Fällen aktiv kommuniziert wird, weil dann könnte man ja auch, wenn der Partner will, eine offene Beziehung führen. Das will aber, so vermute ich, der größte Teil eben nicht.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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