Schopfhuhn Hoatzin: Seltsame Anatomie

vom 07.04.2014, 04:17 Uhr

Die Vogelart Hoatzin, auch Schopfhuhn oder wenig schmeichelhaft Stinkvogel genannt, hat einen äußerst merkwürdigen Körperbau. Der Vogel mit dem lateinischen Namen Opisthocomus hoazin lebt in Südamerika und hat einen Magen, der an das Verdauungssystem wiederkäuender Tiere erinnert. Außerdem wird die Nahrung nicht im Magen verdaut, sondern weit vorne im Kropf. Das soll wohl auch den nicht gerade angenehmen Geruch der meisten dieser Tiere auslösen.

Abgesehen davon haben Jungtiere dieser Vogelart Krallen an den Flügeln. Mir wäre kein anderer Vogel bekannt, der so eine Besonderheit aufweisen kann. Allerdings scheinen Hoatzins diese Krallen an den Flügeln mit dem Älterwerden wieder zu verlieren. Erwachsene Tiere scheinen sie jedenfalls nicht mehr zu haben.

Aber in welchem Alter verlieren Hoatzins ihre Krallen? Und fallen die dann einfach ab, oder was geht da genau vor? Und wie lässt sich die seltsame Anatomie der Hoatzins eigentlich überhaupt erklären? Wie sieht die Abstammung aus? Und welchen evolutionären Zweck erfüllen sowohl die Krallen an den Flügeln als auch der wiederkäuerartige Verdauungstrakt? Gab es früher auch noch andere Vogelarten, bei denen das so war? Unter lebenden, rezenten Vögeln scheint es das ja sonst nicht mehr zu geben. Aber vielleicht bei mittlerweile bereits ausgestorbenen Arten? Welche wären das?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Die Hoatzins bauen das Nest immer über Wasser. Entweder springen sie selbst in das Wasser oder sie werden von den Eltern bei Gefahr geschubst. Kommen sie aus dem Wasser, erklettern sie den Baum, in dem die Eltern das Nest gebaut haben. Sie brauchen zum Klettern die Krallen an ihren Flügeln, die die Funktion des zweiten Fingers und des dritten übernehmen. Später dann fallen sie ab, wenn sie fliegen können. Die Flügelkrallen dienen also als Hilfe zum Klettern, weil sie noch nicht fliegen können und werden nach dem 70. bis 100. Tag von ihnen abgeworfen.

Sie haben nur einen sehr kleinen Magen. Vielleicht ist das der Grund, dass die Vögel die Nahrung in ihrem Vorderdarm verdauen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Die Abstammung des Hoatzins ist vollkommen ungeklärt. Daher stellen sie eine eigene Ordnung dar. Der Archaeopteryx hatte auch solche Krallen an den Flügeln, aber ansonsten haben sie keine Gemeinsamkeiten. Lustig ist, dass die Einordung von Vogelarten oftmals über die Parasiten erfolgt. Parasiten sind so spezialisiert, dass verwandte Parasitenarten nur auf miteinander verwandten Vögeln zu finden sind. Die Parasiten des Hoatzins hat aber sonst kein anderer Vogel. Zur Zeit werden sie als eine Art Mischung aus Hühner- und Kuckucksvögeln angesehen.

Die andersartige Verdauung ist wohl darauf zurückzuführen, dass sich Hoatzins von oftmals giftigen Pflanzen ernähren. Damit die Gifte nicht in den Körper gelangen, werden sie gleich am "Eingang" verdaut. Sich auf für andere Tiere giftige Pflanzen zu spezialisieren hat natürlich den evolutionären Vorteil, dass einem niemand etwas wegisst.

Dadurch, dass sie keine guten Flieger sind, sind sie leider sehr empfindlich. Bei Eingriffen in ihr Umfeld, sei es durch Abholzung oder auch Naturkatastrophen, ist es ihnen kaum möglich, sich schnell ins Hinterland zurückzuziehen. Auch Tourismus schadet ihnen sehr beim Brüten. Da sie allerdings ein recht großes Verbreitungsgebiet haben, gelten sie noch nicht als gefährdet.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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