Rassismus durch Verallgemeinerungen - nicht so schlimm?

Mich nervt es wirklich, wenn ich im Alltag höre: "Die Russen, die Türken sind so und so." Solche Verallgemeinerungen sind in meinen Augen schon Rassismus, auch wenn die Personen, die das gerne mal sagen, es sicherlich anders sehen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass diese Art des Rassismus als nicht so schlimm empfunden wird. Habe ich damit recht? Stört es euch auch oder ist es gar nicht so wild?

Ich möchte auch nicht mit meinem Nachbarn auf einer Stufe stehen. Er ist doch ganz anders als ich, nur mal so als Beispiel und deswegen sind wir beiden nicht die Deutschen, die eh nur Nazis sind und den ganzen Tag nur Bratwurst essen. Das ist in meinen Augen einfach eine Aussage, die mal so gar nicht geht. Diese Verallgemeinerungen nerven mich furchtbar, aber ich höre sie immer wieder.

Als ich in der 9. Klasse war, teilte unsere Deutschlehrerin uns kleine Zettelchen aus. Darauf war eine Tabelle. Nach unten waren alle möglichen Nationalitäten aufgelistet. Nach rechts standen Eigenschaften wie "können gut kochen", "sind gute Liebhaber", "sind immer pünktlich" und ähnliches. Wir sollten nun ankreuzen, welche Eigenschaft zu welcher Nationalität passt. Meine Banknachbarin und ich waren die einzigen, die diese Aufgabe richtig gemacht haben. Nämlich gar nicht. Es war übrigens in all den Jahren meiner Schulkarriere meine absolute Lieblingslehrerin. Sie hat auch Ethik unterrichtet.

Leider ist es aber so, dass da immer viel verallgemeinert wird. Aber meiner Meinung nach kommt es schon drauf an, wie man das macht. Die Aussage "Alle Italiener sind Mafiosi" steht sicherlich nicht auf einer Stufe mit "Alle Russen trinken gerne Wodka". Wodka ist dort sehr beliebt. Ebenso wie Pasta und Pizza in Italien. Oder Bier in Deutschland. Es trifft sicherlich nicht auf jeden Angehörigen der jeweiligen Nation zu. Aber manchmal müssen Verallgemeinerungen einfach sein. Wobei es geschickter wäre, zu sagen "In Russland ist Wodka sehr beliebt."

Aber ich denke, es ist eben wirklich nicht böse gemeint. Es ist nur der einfache Weg. Genauso wie "Asap" unter Dienstmails zu schreiben, statt es freundlich auszuformulieren. Das muss auch nicht unhöflich und respektlos gemeint sein. Es geht halt schneller. Und ja, ich finde, es ist lange nicht so schlimm, wie offen ausgedrückter Rassismus, den man auch wirklich so meint. Es ist schön, wenn eine Sensibilisierung stattfindet, aber ich würde niemanden gleich verurteilen. Wenn jemand so eine Bemerkung macht, begegne ich ihr eher mit Humor.

Ich finde Rassismus generell total schlimm. Eine Freundin von mir hatte in der Oberstufe so eine schlimme Phase, dass sie grundsätzlich Ausländer pauschalisiert hat. Wenn sie einmal bei McDonalds etwas kaufen wollte und sie hat den Mitarbeiter an der Kasse nicht verstanden hieß es automatisch, dass die Ausländer bei McDonalds grundsätzlich kein Deutsch könnten.

Solche Sprüche durften wir uns häufiger anhören und meiner Freundin und mir ist dann auch hin und wieder der Kragen geplatzt, weil auch gerne mal rassistische Äußerungen über Russland gemacht wurden.

Ich finde das Thema sehr schwierig. Allgemein kommt es immer sehr darauf an, wie man sich ausdrückt. Wie die Bienenkönigin schon in ihren Beispielen gesagt hat. Oft wird "Alle" gesagt, obwohl sich jeder bewusst, dass es so viele Ausnahmen gibt und eine Bevölkerungsgruppe nur für etwas bekannt ist. Es ist halt leichter und gebräuchlicher zu Verallgemeinern. Und es gibt nun mal kulturelle Unterschiede zwischen Nationalitäten, die nicht auf jedes Mitglied dieser Nation oder Kultur zu treffen, aber statistisch in der Mehrheit vorhanden sind. (Allgemein die statistischen Zahlen des deutschen Bierverbrauchs unterstützen ja jedes Vorurteil.)

Ich denke es gibt bei Verallgemeinerungen aber Unterschiede, von normalen Aussagen zu rassistischen. Z.B. zu sagen, dass eine Volksgruppe gerne Wodka trinkt ist nicht schlimm, zu sagen, dass eine Volksgruppe Wodka trinkt, ergo nur aus Alkoholikern besteht, ist eine andere Sache. Sowie es früher zu Nazi Zeiten hieß, dass Polen faul und Juden geldgierig und korrupt sind. Definitiv Rassismus. Oder diese Aussagen die man gerne hört, dass Türken stinken. Das hab ich heute morgen noch in der Bahn mitbekommen, als sich zwei dümmliche Schüler darüber unterhielten.

Etwas anderes wäre zu sagen: "In dieser Kultur wird mit anderen Gewürzen gekocht, die bei uns eher unüblich sind, und deswegen kann es bei türkischen Familien in der Küche für uns befremdlich riechen", wäre eine verallgemeinernde Aussage, die aber reflektiert und nicht wertet. (Korrigiert mich da bitte, wenn ihr anderer Meinung seid.)

Ich hab das Gefühl das ich hier rumspringe, was ich aber sagen möchte: Fakt ist, es gibt kulturelle Unterschiede über die man reden kann und darf - nur das "Wie" ist entscheiden. Und das "Wie" macht aus, wann etwas als rassistisch einzustufen ist.