Sinnloser Konsum - was jetzt?

vom 24.03.2012, 16:33 Uhr

Ich würde gerne wissen, ob es unter euch welche gibt, die erst sehr spät bemerkt haben, in was für einem System wir leben, d.h. ein System und damit eine Wahrnehmung, die sehr stark den Konsum propagiert. Ich habe lange in dieser Vorstellung gelebt, dass es wichtig ist, etwas kaufen zu können, dass es wichtig ist, einen Job zu haben, damit ich später Geld verdienen kann und mir tolle Sachen leisten kann. Seit dem ich jedoch studiere und mich mit der Gesellschaft auseinandersetze, ist es mir erst jetzt, mit 25, aufgefallen, wie sehr ich auf Konsum aus war. Dabei habe ich vieles, vor allem, was das Soziale angeht, vernachlässigt und total ausgeklammert.

Gibt es unter euch welche, die einen ähnlichen "Wahrnehmungsschlag" bekommen haben? Die sich ebenfalls bewusst wurden, dass wir uns alle viel zu sehr gegenseitig "hochhypen" was Geld/Konsum angeht und dementsprechend eher passiv als aktiv leben? Kann mir jemand "Strategien" empfehlen, wie man sich aus dieser zunächst sinnentleerten Wahrnehmung wieder Sinn schaffen kann?

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» esprit*87 » Beiträge: 456 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich verstehe nicht, wieso sich das Soziale und Konsum gegenseitig scheinbar ausschließen müssen. Wenn du den perfekten Ausgleich schaffst, dann empfindest du es auch nicht so erdrückend. Ich persönlich finde es nach wie vor wichtig, dass man Geld hat und nicht am Existenzminimum leben muss. Ich hatte auch schon Monate, wo ich kurz vor Monatsende wirklich keinen Cent mehr hatte und das finde ich schon anstrengend, muss ich sagen.

Aber ich gehe nicht nur arbeiten, damit ich Geld habe. Sicherlich spielt auch das eine Rolle, aber nicht nur. Ich gehe auch arbeiten, weil es mir Spaß macht und weil man da viele nette Leute trifft und auch kennen lernt. Außerdem empfinde ich meinen Job als sehr spannend und aufregen. Sicherlich ist er anstrengend und manchmal wünsche ich mir, mehr ausschlafen zu können, aber im Großen und Ganzen ist es kein Zwang. Ich kann mir gar nicht vorstellen, nicht zu arbeiten.

Und daraus ergibt sich eben auch, dass man gewisse Ansprüche hat. Wenn ich Geld habe, dann kaufe ich mir auch mal etwas schönes. Für mich wäre es auch keine Option in einer "heruntergekommenen" Bruchbude zu hausen. Dann schraube ich mich lieber woanders etwas zurück. Das hat schon etwas mit Konsum zu tun. Aber man darf sich selber eben nicht so sehr unter Druck setzen, auch wenn man genau genommen sicherlich unter Druck steht. Wenn man Spaß an dem hat, was man tut und was man konsumiert, dann ist das in Ordnung.

Ich muss aber ganz ehrlich sagen: ich möchte zu gern mal für ein Jahr nach Afrika. Da ist der Standard nicht hoch, man muss mit wenig auskommen und da sieht man erst einmal, was man eigentlich so für Ansprüche hat. Ich hoffe sehr, dass es bei mir nächstes Jahr damit klappt. Das hat dann auch was mit Selbstfindung zu tun und wen das wirklich interessiert, dem empfehle ich mal eine Reise dahin oder noch besser da zu arbeiten.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Da wir ja ein recht gutes Sozialsystem haben, muss man ja nicht wirklich einer Arbeit nachgehen, um sich etwas kaufen zu können. Allerdings kann man sich eben mehr leisten, wenn man sein Geld auch wirklich verdient. Ich denke, wir werden hier auch User haben, welche sich nur das normale Leben leisten können, da sie Sozialleistungen bekommen.

Allerdings sollte man eben den Job nicht nur als Notwendigkeit ansehen, damit man sich eben auch Dinge leisten kann, welche mit Sozialleistungen nicht machbar wären. Es ist zwar nur ein kleiner Teil der arbeitenden Bevölkerung. Aber es gibt eben auch Menschen, die wirklich in ihrem Traumberuf tätig sind. Und selbst wenn es nicht der Traumjob ist, gibt es dabei auch noch genug Leute, welche eben Spaß bei ihrer Arbeit haben.

Dass sie sich dann mehr leisten können, ist dann ein netter Nebeneffekt beim Geld verdienen. Aber einen guten Verdienst haben, heißt im Umkehrschluss auch nicht, dass man deswegen mehr konsumiert. Denn nur weil ich mir einen Sportwagen leisten kann, bin ich halt mit einem Familienauto glücklicher. Ebenso bei anderen Konsumdingen. Ich kann mir zwar den teuersten Gamer-PC leisten, aber bin meiner alten Kiste, welche nun schon neun Jahre ist, durchaus zufrieden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Das sogenannte kaufen ist eben ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens überhaupt. Nur eben die Art und Weise kann jeder Mensch ganz konkret selbst beeinflussen. Benötige ich die gekauften Produkte wirklich? Das sollte in der Regel die Kernfrage vor der Kaufentscheidung bei jeden Menschen sein. Kauft man beispielsweise nur überwiegend sinnlose Produkte, steigert man stetig sein Einkaufsverhalten in Bezug auf die Summe. Wenn man allerdings nur die benötigten Produkte kauft, kann man sogar einen Spareffekt dabei erzielen. Man gibt einfach weniger Geld beim Kaufen aus.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Mir war das schon immer bewusst und ich habe für mich einen Mittelweg gefunden. Ich lass jeden so leben, wie er mag und wenn er dazu diverse Konsumgüter braucht, ist das in Ordnung für mich. Ich habe jedoch auch noch Familie in Polen. Diese bewundere ich bis heute. Die haben wesentlich weniger Geld und leben trotzdem nicht hinterm Mond. Und was mich am meisten beeindruckt ist, dass sie viel entspannter sind als wir mit unseren Kaufzwängen.

Deswegen schaue ich einfach zu, dass ich regelmäßig dort zu Besuch fahre und mich so immer wieder daran erinnere, was im Leben wirklich wichtig ist. Wenn wir dann aus dem Urlaub nach Hause kommen, räume ich immer die Schränke aus und setzt es bei Ebay rein :D

» Naffi » Beiträge: 948 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich hatte so Wahrnehmungsschlag, wie du es nennst. Der fand bei mir irgendwann in der Pubertät statt und da hatte ich mich im Urlaub in einem Entwicklungsland befunden und gesehen wie die Menschen da leben. Mit einfachsten Mitteln und zu meinem Erstaunen damals weit entspannter und positiver gestimmt als im so viel reicheren Deutschland. Danach habe ich mich auch viel mit amerikanischen Ureinwohnern unterhalten und Bücher deren große Denker gelesen. In vielen Kulturen, die man landläufig als indianisch bezeichnet spielt genau dieser Gedankengang eine große Rolle, wie man Konsum regelt und ob es moralisch ist, der Erde mehr zu entnehmen, als man braucht. Letztlich fand ich die Überzeugungen der Ureinwohner plausibel und überraschend, dass es solche Theorien schon lange gab, bevor die ökologischen Parteien auf dem Bildschirm auftauchten.

Was man sich sonst so als Ersatz für Konsum als kulturell überformten Sinn des Lebens in sein eigenes Leben holt ist recht individuell. Manche engagieren sich politisch, andere kümmern sich um den Glauben und finden da ihren Seelenfrieden. Wieder andere engagieren sich ehrenamtlich. Mancher pflegt auch ein riesiges Hobby. Das ist alles eine Frage des persönlichen Stils, Tipps kann man eigentlich nur geben, wenn man die Leute sehr gut kennt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Es stimmt schon, dass es Menschen in anderen, ärmeren Ländern gibt, die weit weniger als wir haben und wir leben im Vergleich dazu irgendwie schon im Luxus. Aber genauso gibt es auch Menschen, die sich sehr viel mehr leisten können als wir und die das auch nutzen. Wohl jeder kennt jemanden, der ein tolleres Haus hat, schönere Autos oder eben einfach mehr von dem, was man auch gerne hätte.

Die Frage ist nun, mit wem man sich vergleicht. Vergleicht man sich nach oben und ist dann deprimiert, dass man nicht all das hat, was andere haben? Oder vergleicht man sich nach unten und freut sich an dem, was man besitzt? Kann man sich das überhaupt aussuchen oder passiert es nicht ganz automatisch, dass man auf diejenigen schaut, die eben gerade um einen herum sind?

Vielleicht fühlen sich die Einwohner mancher Entwicklungsländer nur deswegen so zufrieden, weil sie es gar nicht anders kennen? Wer im Amazonas in einer Tonhütte lebt und niemanden kennt, der im schicken Appartement wohnt und zwei Autos vor der Tür stehen hat, der kann auch keine Unzufriedenheit mit der eigenen Situation entwickeln, weil er die als „normal“ empfindet.

Abgesehen davon könnte man wahrscheinlich, wenn man wirklich nur das absolut Notwendigste kaufen würde, von sehr wenig Geld leben. Aber würde das auch Spaß machen? Viele Dinge des modernen Lebens sind ja dafür da, um uns den Alltag zu erleichtern. Ich habe z.B. keine Lust dazu, aufzuwaschen und verwende daher mehrheitlich Wegwerfgeschirr. Das kostet sicherlich etwas mehr als wenn ich jahrelang immer wieder die gleichen Teller und Gabeln etc. verwenden würde, aber das ist es mir auch wert. So kann ich mein Essen genießen, ohne mir während des Essens mit Gedanken an den Abwasch die Freude zu verderben.

Auch ist es ganz praktisch, eine große Sammlung verschiedener Kleidungsstücke zu haben, dann ist es nicht weiter tragisch, wenn mal was kaputt geht. Auch muss man sich mit dem Waschen nicht sonderlich beeilen, wenn man zwanzig statt nur drei Hosen hat. Hier macht ein Mehr-Als-Notwendig also das Leben schon leichter und angenehmer.

Weiterhin macht es auch Spaß, sich Dinge zu kaufen, die einem gefallen, auch wenn man diese nicht unbedingt benötigt. Sicherlich machen die nicht glücklich, aber unglücklich machen sie eben auch nicht. Es ist doch etwas Tolles, irgendwo z.B. einen schönen Gegenstand zu sehen und sich daran zu erfreuen, dass der dann einem selbst gehört. Auch wenn man dadurch nicht auf einer permanenten Wolke der Glücksseligkeit durchs Leben schwebt, so kann es doch eine gewisse Zufriedenheit auslösen, sich die Wohnung schön einzurichten.

Ich erinnere mich da etwas an ein Experiment, in dem Familien mit und ohne Fernseher verglichen wurden. Die Familien ohne Fernseher lebten also ohne ein Gerät, dass für viele eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist und somit also etwas einfacher als die Familien, die schon langjährig einen Fernseher besaßen (oder mehrere). Dann hat man getauscht, um zu schauen, wie sich dadurch der Alltag und das Familienleben der Betroffenen verändert. D.h. man hat der Familie, die vorher keinen Fernseher hatte, einen gegeben und den anderen Familien diesen weggenommen.

Die Familien, die nun kein TV-Gerät mehr hatten, wurden nicht plötzlich aktiver oder haben sich aufgrund ihres nun einfacheren Lebens mehr auf Soziales oder ihr Miteinander besonnen, sondern stritten stattdessen recht häufig. Und viele der Familien, die vorher „einfacher“ lebten und dann einen Fernseher bekamen, wollten diesen nachher nicht mehr hergeben.

D.h. man gewöhnt sich einfach an gewisse Dinge und Annehmlichkeiten im Leben. Und wenn man diese wieder verliert, dann ist man meistens nicht sonderlich glücklich darüber, weil der Verlust nicht als Chance gesehen wird, sich auf anderes zu besinnen. Wir leben nun in einer Gesellschaft, in der Glück häufig mit Materiellem assoziiert wird und in der gewissen „Errungenschaften“ der Zivilisation dazu gehören. Ich denke, da kann man nicht einfach wieder zurück. Wir sind vielleicht nicht zufrieden, nur weil wir uns bestimmte Dinge leisten, aber wir sind unzufrieden, wenn wir etwas möchten und das nicht haben können.

Letztendlich ist ein Job auch nicht nur Quelle zum Zweck, um an Geld zu kommen, zumindest sollte er das nicht sein. Arbeit macht häufig ja auch Spaß (zumindest ein bisschen) und bietet die Chance, nette Leute kennenzulernen, denen man ansonsten nie begegnet wäre. Wenn ich etwa so viel Geld hätte, dass ich nicht arbeiten müsste, so würde ich wohl trotzdem einem Job nachgehen, nur insgesamt weniger arbeiten.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ein richtiger Wahrnehmungsschlag war das bei mir nicht, es ist eben so nach und nach die Erkenntnis gekommen. So wird das wohl bei jedem gewesen sein und ich denke nicht, dass man dafür nach Afrika oder in ein anderes Land fahren muss. Ich denke, dass es schon reicht, wenn man etwas älter wird, dass man diese Erkenntnis bekommt und das ganze genauso sieht wie du.

Eine Strategie wäre ja das bewusstere Konsumieren. Einfach vor dem Kauf überlegen, ob das man das Teil wirklich braucht, ob man wirklich das 10. schwarze T-Shirt braucht, oder ob man wirklich einen Gegenstand braucht, den man nach 2 Wochen wegschmeißt oder nur einmal benutzt. Damit kann man schon einen guten Erfolg verbuchen und man kann natürlich auch andersrum seine Sachen mal genauer durchforsten und die Sachen, die man nicht mehr braucht, an Bedürftige spenden. Das wäre jetzt die einzige Strategie, die mir da einfallen würde (ich gehe mal davon aus, dass du keinen Urlaub in Afrika anstrebst).

Zu der Sache mit dem Fernseher: Ich halte das, was mein Vorposter geschrieben hat, ja für Quatsch. Ein Fernseher ist generell ein großer Streitherd, wenn der weg ist, dann ist in aller Regel weniger Streit da (natürlich darf man keine Fernsehsüchtigen zum Ausgangspunkt nehmen, aber ich rede von gesunden Menschen) und in aller Regel sucht man sich dann, um die Lücke zu füllen, die man regungslos vor der Flimmerkiste hockte, auch eine andere Beschäftigung. Was soll man denn sonst machen, Löcher in die Decke starren? Eine Woche Fernseh-Entzug würde natürlich auch helfen, auch deswegen, weil man dann der ganzen Fernsehwerbung nicht mehr so ausgesetzt ist.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Mir ist durchaus bewusst, dass wir Menschen heutzutage nur noch auf Konsum aus sind. Es vergeht doch kaum ein Tag, an dem man nichts kauft und die Menschen wollen ständig neue Sachen haben. Das sehe ich auch an mir selbst und bei mir ist es ebenfalls so, dass ich ständig durch die Stadt gehe und mir dabei auch immer wieder etwas kaufe, wenn ich etwas entdecke. So kaufe ich mir beispielsweise ständig neue Kosmetik, neue Kleidung oder auch neue Schuhe, obwohl ich mir als genug davon habe und im Prinzip nichts Neues bräuchte. Trotzdem kann ich nicht einfach daran vorbei gehen, wenn mir etwas gefällt und ich muss es einfach haben, so dass ich tatsächlich fast täglich Geld für irgendwelche sinnlosen Dinge ausgebe.

Wir Menschen haben im Prinzip auch unheimlich viele Wünsche. So kenne ich es von mir selbst, aber auch von meinen Freunden, dass man sich eigentlich immer etwas Materielles wünscht und man ist fast nie wunschlos glücklich. So steht beispielsweise auch eine neue Kamera auf meiner Wunschliste und ich würde mir außerdem gerne demnächst noch einige Filme auf DVD kaufen. Und von meinem Freund weiß ich auch, dass er sich noch einige Kleidungsstücke wünscht. Meine Freundinnen wünschen sich hingegen auch Schmuckstücke oder elektronische Geräte und so kenne ich eigentlich niemanden, der sich nichts wünscht. Und dazu kommen dann außerdem auch noch die größeren Wünsche, wie Autos, Häuser oder größere elektronische Geräte.

Ich denke, dass dieser Konsum jedoch einfach zu unserer heutigen Zeit dazu gehört. Heutzutage gibt es doch auch unheimlich viele Möglichkeiten, etwas zu kaufen. In der Stadt reihen sich die Geschäfte nur so aneinander und man hat jederzeit die Möglichkeit, etwas im Internet zu bestellen. Außerdem werden uns in der Werbung auch ständig neue Produkte vorgestellt und da ist es auch kein Wunder, dass man ständig nur auf Konsum aus ist.

Ich muss sagen, dass ich es jedoch nicht so schlimm finde, dass die Menschen heutzutage so dermaßen fixiert auf den Konsum sind. Immerhin ist es doch schön, wenn man sich das leisten kann, was einem Freude bereitet und es ist doch auch schön, wenn man sich auch etwas gönnen kann. Konsum bereichert doch auch unser Leben und ich denke, dass das Leben auch nur halb so schön wäre, wenn man sich selbst nichts gönnen würde. Das gehört für mich einfach dazu und da man auch nur einmal leb, spricht auch nichts dagegen, sich den einen oder anderen Wunsch zu erfüllen, bevor es zu spät ist.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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