Zur Trauerbewältigung weiter mit toten Angehörigen leben?

vom 21.03.2017, 18:01 Uhr

Ich habe kürzlich von einem sehr traurigen Fall gelesen. Es ging um ein junges Paar, das eine Tochter zur Welt gebracht hat, die aber einen Entwicklungsfehler hatte und dadurch etwa einen Monat nach der Geburt verstorben ist. Dieser Fehler wurde schon während der Schwangerschaft diagnostiziert und den Eltern mitgeteilt, sodass diese eben wussten, dass ihr Kind nicht lange würde leben können.

Nach dem Tod ihres Babys haben die Eltern noch zwei Wochen mit ihrer Tochter verbracht. Sie waren in einem Hospiz und nutzten dort die Zeit mit ihrer Tochter. Sie bekamen sogar eine Kühldecke und ein Kühlbettchen, um den Verwesungsprozess zu verlangsamen. Schließlich ließen sie sich noch zwei Wochen Zeit, ihre Tochter zu halten, mit ihr Spazieren zu gehen und eben Abschied zu nehmen. Den beiden Eltern soll es geholfen haben bei der Trauerbewältigung.

Diese Art der Trauerbewältigung ist sicherlich ungewöhnlich, zumindest ist das der erste Fall dieser Art, von dem ich gehört habe. Im Netz wurde das auch schon kontrovers diskutiert. Manche finden ein derartiges Verhalten abartig und unnatürlich. Wie seht ihr das? Würdet ihr zur Trauerbewältigung noch weiter mit einem toten Angehörigen Zeit verbringen wollen? Kann das wirklich helfen? Oder gibt es in euren Augen viel bessere Methoden der Trauerbewältigung?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich finde das schon befremdlich, wenn ich ehrlich bin. Allerdings wird bei Affen im Zoo ja oft ähnliches gemacht und diese dürfen noch eine Zeitlang ihr totes Baby behalten und es tragen es mit sich herum, um eben Abschied zu nehmen. Oftmals ist es dann auch so, dass die Affen dann irgendwann zeigen, wann sie eben Abschied genommen haben und auch los lassen können.

Aber ich lese hier auch zum ersten Mal davon, dass dies auch bei einem Menschen gemacht wurde. Ich könnte mir das eher nicht vorstellen, aber ich war auch noch in keiner solchen Situation. Ich würde es jedoch glaube ich nicht schön finden und denke, dass sich der Körper ja auch stündlich verändert und man dies nach zwei Wochen deutlich sehen wird. Das wäre nichts für mich und ich würde wohl eher auf normalem Wege Abschied nehmen wollen, wie es bisher meistens üblich ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Eigentlich ist das doch gar nichts wirklich Neues. Noch vor gar nicht langer Zeit hat man auch hierzulande seine toten Angehörigen noch Zuhause aufgebahrt und eine Totenwache gehalten. In NRW müssen Tote mittlerweile nach 36 Stunden in eine Leichenhalle überführt werden. Aber mit einer Ausnahmegenehmigung kann man auch das hinauszögern.

Meine Mutter ist im Ausland gestorben. Sie blieb noch eine Woche im Haus und es war Hochsommer. Das ist dort eben so üblich, dem Bestatter war nicht klarzumachen, dass man diese Zeit für den Abschied nicht benötigt. Er war fest überzeugt, dass man das bereuen würde. Dort wäscht man selbst, behält den Toten noch einige Zeit im Bett, sargt dann selbst ein, bahrt den Sarg noch weiter auf und verschließt ihn auch selbst. Viele Leute bauen den Sarg auch selbst. Dank moderner Kühlung war das alles gar kein Problem. Das Aggregat lief eine Woche durch.

Dass man sich keine Zeit mehr für den Abschied lässt, das ist doch eher ein sehr junges und modernes Phänomen. Deshalb finde ich das Verhalten des Paares nun nicht sonderlich befremdlich. Man muss nicht weit reisen, um so etwas für sehr normal zu halten. Geändert hat sich das erst, seit die Leute nicht mehr in erster Linie in der eigenen Wohnung sterben.

» cooper75 » Beiträge: 13444 » Talkpoints: 523,22 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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