Wann fällt es euch schwer, jemandem unter Augen zu treten?

Wenn mir in Anwesenheit einer Person etwas Peinliches passiert ist, fällt es mir bei einem erneuten Treffen oft schwer, der Person unter die Augen zu treten. Natürlich kann jedem mal etwas Blödes passieren, allerdings muss ich dann eben ständig daran denken und kann das nicht ausblenden. Ich denke mir dann automatisch, dass die Person die Situation sicher ebenfalls die ganze Zeit vor Augen hat, so dass es mir wirklich unangenehm ist, die Person noch einmal zu sehen.

Allerdings lässt sich das ja nicht immer vermeiden, wobei es ja auch oft natürlich blöd wäre, eine Person wegen so etwas nicht mehr sehen zu wollen. Wann fällt es euch schwer, jemandem wieder unter die Augen zu treten und wovon ist das bei euch abhängig? Welche Gefühle sind da mit im Spiel?

Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mich als Kind vor meinen Eltern versteckt habe, wenn ich etwas ausgefressen hatte, weil ich mich geschämt habe und/oder der fälligen Standpauke entgehen wollte. Meine Eltern waren recht streng, sodass Klein Gerbera schon manchmal das Herz in die Hose gerutscht ist angesichts der aktuellsten "Katastrophe". Noch als Jugendliche habe ich wie so viele oft in meinem Zimmer geschmollt und wollte nichts und niemanden sehen, weil man in diesem Alter zum Überdramatisieren neigt und aus jeder Mücke einen Elefanten macht.

Aber diesen Anwandlungen bin ich mittlerweile schon seit etlichen Jahren entwachsen. Wenn mir etwas "Peinliches" passiert, das nicht gerade den Einsatz der Rettungskräfte erfordert, etwa weil ich auf einen Baum geklettert bin und dort miaue, weil ich festsitze, hat das auf meine Umwelt in der Regel keine Konsequenzen. Ich halte mich schon lange nicht mehr für so interessant und so wichtig, dass ich glaube, die Leute merken sich mein Gesicht und denken sich beim nächsten Treffen: Ach, das ist ja die, der neulich der Eisbecher heruntergefallen ist! oder ähnliches. Bei Freunden und Familie gehe ich zudem davon aus, dass sie mir kleinere Missgeschicke schon allein deshalb nachsehen, weil sie mich hoffentlich ein bisschen mögen.

Umgekehrt nehme ich ja auch vieles, was meinen Mitmenschen "peinlich" sein könnte, gar nicht wahr oder merke es mir nicht, weil ich ja weiß, dass jedem mal etwas Dummes passiert und ich deswegen nicht schlecht über jemanden denke. Bei meiner Umgebung setze ich so viel geistige Reife schon voraus, und wenn jemand unreif und dumm genug ist, über mich zu lachen und mit dem Finger zu zeigen, weil ich gegen den Türstock gerannt bin oder mein Hosenstall offenstand, nun ja, dann weiß ich wenigstens, an wen ich meine Zeit nicht länger verschwenden muss.

Ich halte mich schon lange nicht mehr für so interessant und so wichtig, dass ich glaube, die Leute merken sich mein Gesicht und denken sich beim nächsten Treffen: Ach, das ist ja die, der neulich der Eisbecher heruntergefallen ist! oder ähnliches.

Das sehe ich genauso. Aus dem Alter müsste man doch irgendwann raus sein. Als Teenager habe ich auch gedacht, dass man sich alles merken würde, was ich jemals gesagt oder getan habe und man mir das ewig vorhalten würde. Mag aber auch daran liegen, dass ich auf dem Land groß geworden ist und da merkt man sich tatsächlich alles, weil man aus lauter Langeweile am Fenster sitzt mit dem Fernglas in der Hand und die Nachbarn überwacht und nahezu "stalkt", dass diese bloß nicht auf die Idee kommen, in der Mittagsruhe Wäsche zu waschen oder was auch immer.

Ich finde, dass jedem mal etwas peinliches passieren kann oder ein Missgeschick. Wir sind alle nicht perfekt und ich finde es befremdlich, wenn man so eine Überperfektion regelrecht erwartet oder voraussetzt. Auch merke ich mir auch nicht jeden Piep, was meine Mitmenschen sagen oder machen, weil ich die Prioritäten anders lege und was ich so "peinliches" angestellt habe, wird sich von den anderen auch kaum einer ewig merken. Irgendwann ist das vergessen und dann ist das Thema erledigt.