Verkaufsoffene Sonntage und Stadtfeste - Verdi ist dagegen
Bei uns in der Kreisstadt ist bald ein Frühlingsfest. Im Mittelpunkt sollen Blumen stehen, die die ganze Stadt schmücken sollen. Es steht eigentlich schon lange fest, dass an diesem Sonntag, an dem das Frühlingsfest stattfindet, auch ein verkaufsoffener Sonntag ist.
Hier kann man das nachlesen.
Der Einzelhandel ist nicht gegen diese verkaufsoffenen Sonntage. Viele Menschen werden dadurch ja auch in die Stadt gelockt. Verdi meint aber nun, dass nicht mehr das Frühlingsfest im Mittelpunkt steht, sondern der verkaufsoffene Sonntag. Das sollte nicht sein und deswegen klagt nun Verdi gegen diesen verkaufsoffenen Sonntag.
Hier sind an Stadtfesten eigentlich immer auch die Geschäfte auf an den Sonntagen. Ob nun Kirmes ist oder ob es Märkte sind, die einmal im Jahr stattfinden, wie es in fast jeder Stadt ist oder auch wenn eben Frühlingsfest oder Sommerfest ist. Selbst an den Weihnachtsmärkten ist ein Sonntag geöffnet.
Ich gehe selten an verkaufsoffenen Sonntagen in die Stadt, weil es mir einfach zu voll ist. Aber dennoch ist das ein Geschäft für den Einzelhandel. Was denkt ihr darüber, dass Verdi nun klagt? Ist das bei euch auch schon gewesen? Hatte Verdi da Erfolg? Warum denkt ihr macht Verdi das obwohl der Einzelhandel ja gar nicht so strickt dagegen ist? Denkt ihr auch, dass das Fest dann nicht mehr im Mittelpunkt steht, sondern der verkaufsoffene Sonntag?
In der Nachbarstadt hat Verdi die verkaufsoffenen Sonntage gekippt. Hier sollen zumindest einige Termine überprüft werden. Wird man sich nicht einige, wird die Gewerkschaft wohl klagen. Ich selbst bin zwiegespalten. Einerseits belebten die verkaufsoffenen Sonntage das Geschäft. Andererseits kann man jeden Euro nur einmal ausgeben und das Internet ist kaum ein Argument. Wer am Sonntag Produkt X kaufen will, der wird selten in die überfüllte Stadt rennen.
Ich kenne ja noch die Zeit, als um halb sieben Feierabend war und samstags um 13 Uhr alles zugemacht hat. Das war für Berufstätige wirklich schwer. Dann kam der Schlado und der Verkauf von Brötchen am Sonntag. Das hat es schon deutlich erleichtert. Aber mittlerweile sind die Öffnungszeiten so lang und dazu kommt andauernd der Sonntag, das ist auch wieder viel.
Auf der anderen Seite haben bei unseren Nachbarn in den Niederlanden zig Supermärkte und Discounter regelmäßig am Sonntag geöffnet und reihum hat immer irgendeine Innenstadt in der Region komplett offen. Das klappt auch und alle sind zufrieden. Da fehlt dann aber dieser Festcharakter, man kann einfach bummeln gehen wie sonst auch. Das finde ich sehr angenehm.
Ich würde fast sagen, eine pragmatische Lösung wie bei unseren Nachbarn wäre mir lieber. Da kann sich jeder drauf einstellen und das Leben läuft einfach normal weiter. Den Sonntag als Ruhetag komplett frei halten, das möchte wohl nur noch eine Minderheit.
Manchmal finde ich die Situation da geradezu absurd. Warum ist am Sonntag eigentlich normalerweise eingeschränkter Betrieb und warum gilt der Sonntag nicht als Werktag? Richtig, das hat religiöse Gründe. Laut Schöpfungsgeschichte in der Bibel schuf Gott die Welt und sagte dann, ab siebten Tag, also dem Sonntag, solle man ruhen.
Außerdem ist das ja für die Ausübung religiöser Glaubensrituale praktisch, wenn man Sonntag frei hat, weil da meist religiöse Veranstaltungen statt finden. Wie viele Leute hier glauben aber noch so ernsthaft an Gott, dass man ausgerechnet am Sonntag frei haben kann? Würde es nicht auch gehen, dass man zum Beispiel von Mittwoch bis Sonntag Vollzeit arbeitet und dafür Montag und Dienstag quasi Wochenende hat?
Und selbst in religiösen Ländern ist das kein Problem. Ein Blick nach Polen reicht. Als ich da neulich am Wochenende mal dort war, war ich baff erstaunt, weil eigentlich fast alle Läden offen haben und das obwohl Polen ein erzkatholisches Land ist, wo die Kirchen rappelvoll sind, wenn Gottesdienst ist. Wie sich das erklären kann, ist mir auch noch nicht ganz klar. Aber daher erscheint es mir immer ein wenig so, als ob der Kampf gegen verkaufsoffene Sonntage hier zu lande etwas angestaubt ist.
Natürlich ist es richtig, dass Arbeitnehmer unbedingt in einem vernünftigen Rhythmus auch arbeitsfreie Tage haben müssen. Asiatische Verhältnisse würde ich hier auch nicht haben wollen. Denn man muss sich von Arbeit natürlich auch irgendwann erholen können. Aber ob das nun Wochentag A und B oder Wochentag X und Y hintereinander sind, darüber sollte man schon diskutieren dürfen.
Natürlich ist der Einzelhandel nicht gegen verkaufsoffene Sonntage, immerhin wird an diesen Tagen scheinbar ein großer Umsatz generiert, zumindest diese einzelnen Tage erscheinen immer sehr lukrativ. Häufig wird dabei aber vergessen, das da auch Kosten gegenüberstehen und die Käufer auch nicht mehr Geld zur Verfügung haben, über das Jahr gesehen, nur weil er es an einem Sonntag ausgibt.
Der Einzelhandel sind in der Regel ja auch die Geschäftsinhaber oder die entsprechenden Verantwortlichen, denen ist es doch egal, wie viele Mitarbeiter sie an einem Sonntag zur Arbeit zitieren. Denn ausbaden müssen zusätzliche Arbeitstage immer die kleinen Angestellten und die Familien und Verdi ist eben eine Gewerkschaft die nicht auf Arbeitgeberseite, sondern auf Arbeitnehmerseite steht.
Das was Verdi, deiner Meinung nach meint, ist tatsächlich richtig, wenn es einen Zweifel daran gibt, das das Stadtfest oder Frühlingsfest oder was auch immer nur noch das Beiwerk ist um an dem Sonntag die Geschäfte zu öffnen, dann ist dies nicht mehr rechtens. Der Fokus soll nicht auf den offenen Geschäften liegen, sondern an der Veranstaltung die stattfindet. Das ist insofern immer einfach, wenn man ein 4-5 tägiges Stadtfest, Kirmes etc. hat, da ist der Fokus automatisch bei der Veranstaltung oder wenn es diese Veranstaltungen schon seit Jahren gibt. Schwierig ist es immer dann, wenn neue Veranstaltungen eingeführt werden, diese recht klein sind und dann auch direkt die Geschäfte am Sonntag geöffnet sein sollen.
Das Verdi diesbzgl. Klagen will ist insoweit auch logisch, denn ein Sonntag ist nun einmal in Deutschland ein arbeitsfreier Tag und damit für die Arbeitnehmer in den Branchen wo Sonntagsarbeit nicht an der Tagesordnung ist auch ein per se freier Tag und wenn hier Zweifel bestehen, welches Ereignis hier im Vordergrund steht, dann ist dieses eben auch zu klären und das macht dann Verdi. Verdi möchte hier im Endeffekt die Mitarbeiter schützen und das diese nicht zu einem Arbeitstag herangezogen werden, der normalerweise für sie ein freier Tag ist.
Verdi hatte mit solchen Prozessen durchaus auch schon mal Erfolg, genauso aber auch nicht. Ehrlich gesagt finde ich es aber auch richtig und wichtig, dass jemand zumindest ein wenig darauf achtet, das die Sonntagsöffnungszeiten im Einzelhandel nicht überhand nehmen, denn auch dort arbeiten Menschen, die Familie haben und den Sonntag vielleicht gerne mal mit der Familie genießen möchten, denn der Sonntag ist immer noch der Tag an dem die meisten Mitmenschen eben nicht arbeiten müssen und da noch ein Familienleben stattfinden kann, wo sich eben auch alle mal sehen und nicht nur im Urlaub oder nur in Teilen, weil ständig ein Elternteil arbeiten muss.
Bei uns ist es auch so üblich, dass es zu Stadtfesten auch meistens immer einen Verkaufsoffenen Sonntag gibt. Ich habe bisher auch noch nichts davon gehört, dass bei uns Verdi dagegen geklagt hat. Bisher haben immer alle verkaufsoffenen Sonntage auch so statt gefunden. Es ist ja normal auch so, dass die Geschäfte selbst entscheiden können, ob sie dabei mitmachen und geöffnet haben oder nicht.
Ich denke auch, dass die meisten Menschen nicht gezielt, zum Verkaufsoffenen Sonntag gehen, weil sie ein bestimmtes Produkt kaufen möchten. Sicherlich ist dies eher ein Bummel und mit Spontankäufen verbunden. Viele Familien haben ja auch ansonsten nur im Urlaub mal die Gelegenheit gemeinsam einen Einkaufsbummel zu machen. Für sie biete sich der Verkaufsoffene Sonntag ja schon an.
Allerdings verstehe ich auch, dass man einen Ruhetag haben möchte und das sie nun mal eigentlich immer der Sonntag war. Für viele Einzelhändler bedeutet das dann natürlich auch, dass die eben kein freies Wochenende haben. Allerdings ist das in vielen anderen Berufen ja auch durchaus so. Ich denke, dass es einfach weiterhin so gehandhabt werden sollte, dass die Einzelhändler selbst entscheiden können, ob sie an einem Verkaufsoffenen Sonntag die Türen öffnen möchten oder eben nicht.
Das Argument, das Stadtfest stünde dann nicht mehr im Mittelpunkt finde ich persönlich eher schwach. Bei jedem Stadtfest gibt es einen Veranstalter. Sei es ein Verein oder die Stadt selbst oder wer auch immer. Wenn dem Veranstalter also nicht gefällt, dass zeitgleich ein verkaufsoffener Sonntag statt findet, kann der Veranstalter des Stadtfestes ja auch dagegen Einspruch erheben. Hat er aber hier anscheinend nicht. Zumindest geht das das aus dem verlinkten Artikel so nicht hervor und ich wüsste auch nicht, ob sich Verdi da vom Veranstalter vor den Karren spannen lassen würde.
Ich kann mir sogar eher vorstellen, dass ein verkaufsoffener Sonntag so ein Stadtfest eher belebt. Die Bewohner aus dem Umland kommen vielleicht nicht mit dem Auto angefahren, wenn es nur die üblichen Büdchen und Attraktionen auf dem Stadtfest gibt. Wenn man aber einen schönen Wochenendausflug machen und in der Stadt noch durch diverse Läden bummeln kann, rentiert es sich schon eher eine Anfahrt in Kauf zu nehmen. Und wenn man eh schon da ist, dann kann man ja auch noch eine Runde über das Fest drehen und dort zum Beispiel was zu Essen konsumieren und dort auch für Umsatz sorgen. Zumindest aus rein wirtschaftlicher Sicht gibt es da schon eher eine Win Win Situation.
Aus Sicht der Arbeitnehmer im Einzelhandel ist es schon wieder anders. Natürlich muss man da sehen, dass die Arbeit auch mit der Familie vereinbar ist und angemessene Erholung möglich ist. Aber ich sehe da Berufe, da könnte Verdi wesentlich mehr für die Belegschaft tun, was Arbeitszeiten und Arbeitsbelastung angeht. Ich denke da zum Beispiel an die Mitarbeiter im Bereich Pflege und Altenpflege. Schichtarbeit, auch am Wochenende ist da an der Tagesordnung und oft arbeiten die Mitarbeiter da auch weit mehr als fünf Tage am Stück ohne zwei Freie Tage durch. Das wäre für mich wesentlich schlüssiger, wenn man da die Kampfkraft vermehrt konzentrieren könnte.
Für mich ist es klar, dass der Einzelhandel nichts dagegen hat noch einen weiteren Tag zu haben an dem sie Umsatz generieren und damit auch mehr Gewinn zu haben. Dabei wird dann aber auch nur auf das liebe Geld geschaut und nicht auf die Mitarbeiter, die vorher schon 6 Tage gearbeitet haben und somit nicht frei haben.
Ich finde auch nicht, dass es den Sonntag noch braucht damit man einkaufen gehen kann. Dank der verlängerten Öffnungszeiten bis 22 Uhr am Werktag und auch am Wochenende bis 20 oder gar 22 Uhr, hat jeder die Möglichkeit seine Konsumgeilheit in diesem Rahmen auch zu befriedigen. Ich kenne das von früher noch anders, da hat der Supermarkt von Montag bis Freitag von 9-18 Uhr offen gehabt und Samstags war um 13 Uhr Schluss. Auch da haben die Menschen überlebt und konnten sich neue Sachen kaufen, entsprechend ist es heute noch einfacher auch Dank dem ganzen Online.
Somit braucht es den Sonntag nicht und ich kann schon verstehen, dass die verdi dagegen klagt für ihre Mitglieder die nicht noch den 7. Tage dann am arbeiten stehen sollen. Auch wenn das nicht vorgesehen ist, dass man am Sonntag arbeiten gibt es jetzt schon (leider) genug Berufsgruppen in denen das Alltag ist und für die nicht solch ein Zirkus veranstaltet wird sondern das einfach so hingenommen wird. Das Stadtfest noch dazu belebt die Innenstadt ohnehin und somit könnten die Einzelhändler dann auch auf die Idee kommen das immer zu jeder Veranstaltung zu machen und dann sind wir doch wieder bei regelmäßiger Sonntagsarbeit für den Einzelhandel vor lauter Ausnahmen.
Bei einer Stadt in meiner Nähe habe ich dieses Problem auch mitbekommen und da wurde sogar ein lange geplanter verkaufsoffener Sonntag gekippt. Das war für den Einzelhandel natürlich sehr ärgerlich, weil eben alles geplant war. Wenn dann alles kurzfristig geändert wird, dann ist das schon sehr ärgerlich und darum finde ich, dass so etwas nicht zu kurzfristig umgestoßen werden soll.
Sicher kann ich die Argumentation schon ein Stück weit verstehen, dass vielen Menschen der Verkaufsoffene Sonntag wichtiger war als das Fest selber. Das soll wohl nicht so sein, aber man kann den Leuten doch nicht vorschreiben, wohin sie ihre Schritte lenken, wenn der verkaufsoffene Sonntag und die Veranstaltung zusammen stattfinden.
Ich muss sagen, dass es mir eigentlich egal ist, weil ich die verkaufsoffenen Sonntage aufgrund der beengten Situation in den Städten gar nicht mag. Aber für den Einzelhandel waren diese Tage schon immer wichtig und sicher ist das ein Verlust, wenn sie wegfallen sollten.
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