Ungesunde Ernährung gleich Verletzung der Fürsorgepflicht?

vom 09.07.2019, 13:56 Uhr

Der Autor des Buches "Die Fast Food-Falle: Wie McDonald's und Co. auf Kosten unserer Gesundheit Milliarden verdienen", der selbst lange als Geschäftsführer von McDonald´s in Österreich gearbeitet hat, schreibt in seinem Buch, dass Fast-Food Kindesmisshandlung gleichkomme. Das ist natürlich eine sehr provokante Aussage, aber der Gedanke dahinter ist durchaus berechtigt.

Eltern haben schließlich ihren Kindern gegenüber eine Erziehungs- und Fürsorgepflicht und die beinhaltet auch, dass die gesunde körperliche Entwicklung des Kindes nicht gefährdet wird. Wenn ein Kind aber auf Grund der Ernährung mit kaum 10 Jahren schon Diabetes und/oder eine Fettleber entwickelt, könnte man argumentieren, dass das nicht der Fall ist.

Wie seht ihr das? Sollte das alles Privatsache sein, oder sollte es Konsequenzen geben, wenn Eltern ihre Kinder extrem ungesund ernähren?

» Viktoria_ » Beiträge: 398 » Talkpoints: 32,44 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke auch, dass man es irgendwo auch übertreiben kann oder? Zunächst einmal bin ich der Meinung, schön, dass es Kinder gibt, die überhaupt etwas auf dem Esstisch haben. Das ist heute auch schon nicht die gängige Praxis daheim, weil Eltern lieber Geld für Kippen haben, für Smartphone usw. statt das Essen auf dem Tisch zu stellen.

Klar ist Fast Food nicht die Form der Ernährung, die man sich vorstellt. Das würde ich doch auch nie abstreiten. Das Problem ist, es ist bei den meisten Menschen auch nur „mal“ und das finde ich auch in Ordnung. Wem es schmeckt, der darf es sich auch mal gönnen und wieso auch nicht? Kinder und Jugendliche mögen das halt teilweise gerne und dann ist es auch gut.

Das solch ein Essen wenig mit Nährwerte, Mineralien und Spurenelemente oder gesunder Ernährung im Allgemeinen zu tun hat, dürfte jedem klar sein. Hier direkt von einer Verletzung der Fürsorgepflicht zu reden, ist doch Quatsch.

Am besten kommt noch „fahrlässige Körperverletzung“. Natürlich ist das nicht gesund und wenn es nicht täglich ist, sodass mein Kind verfettet und dadurch leidet, ist das okay. Manchmal kam es auch vor, dass ich einmal die Woche FastFood bekam und? Ich habe mich sicher nicht beschwert.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Wenn schon das Wort "Kindesmisshandlung" benutzt werden muss dann würde ich das ja für eine Ernährung benutzen, die Kindern kein gesundes Verhältnis zum Essen beibringt.

Ja, das kann bedeuten, dass man den Kindern regelmäßig Fast Food und Fertiggerichte und ähnliches vorsetzt, aber eine Ernährung, die extrem auf vermeintlich "gesunde" Lebensmittel fixiert ist und vermeintlich "ungesunde" Lebensmittel kategorisch verbietet, führt auch nicht dazu, dass die Kinder ein normales Essverhalten entwickeln.

Ich kenne Leute aus solchen Elternhäusern und sobald die selber entscheiden konnten was sie essen und trinken ist ihr Verhalten genau das Gegenteil von dem gewesen, was die Eltern gepredigt haben. Wenn die als Kinder ab und zu mal bei McDonalds essen gewesen wären, wären sie da als Jugendliche und junge Erwachsene nicht fast jeden Tag essen gewesen. Und sie hätten nicht erst mühsam lernen müssen was eine ausgewogene Ernährung eigentlich ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Das entsprechende Interview mit dem Mann habe ich auf Spiegel Online auch gelesen, wobei man bedenken muss, dass so eine griffig-provokante These vor allem Aufmerksamkeit für sein zu verkaufendes Buch generiert. Er behauptet ja sogar, selbst ein einmaliger Besuch in einem Tempel des Fast Foods wäre für ein Kind einer zuviel und es dürfe unter keinen Umständen eine Ausnahme geben. Die Kinder würden süchtig. Nun gab es in meiner Kindheit wahrscheinlich hierzulande schon den Laden mit dem Buchstaben über dem Eingang, aber für uns war das damals noch gar kein Thema.

Ab und zu hörte man mal, dass vereinzelt Eltern mit ihren größeren Kindern an den Geburtstagen dorthin gegangen sind zum Feiern, aber das waren Ausnahmefälle. Fast Food spielte noch gar nicht so die Rolle. Ungesunde Ernährung fanden wir als Kinder natürlich trotzdem toll. Es wurde aber auch nicht soviel Aufmerksamkeit auf das Thema gelegt und im weitesten Sinne durfte ich als Kind alles essen, was ich wollte und auch ohne Mengenbegrenzung. Das war auch ohne Burger-Ketten sicher nicht allzu gesund, aber trotzdem waren wir alle damals schlank oder sogar gertenschlank.

Das ist genau der Punkt, wo ich mich frage, wann man einschreiten sollte und vor allem wer? Muss dann Eltern eines übergewichtigen Kindes das Sorgerecht entzogen werden? Wer sollte das machen und ab welchem Gewicht? Ich sehe das sehr skeptisch. Was sind die nächsten Punkte? Zu wenig Förderung daheim in anderen Gebieten? Zu viel Medienkonsum? Impfverweigerer? Der Staat kann nicht alles überwachen und die Jugendämter in die Familien schicken und dort die Gesundheitspolizei spielen.

Abgesehen von ungesunder Ernährung, die sich auf zuviel Fett, Zucker und Fast Food bezieht: Was ist mit Veganern, die auch ihre Kinder oder sogar Babies vegan ernähren, was erwiesenermaßen sehr schädlich ist? Was ist mit Leuten, die noch extremere Formen leben? Erst der letzte Punkt wäre für mich ganz klar eine Verletzung der Fürsorgepflicht, es sind schon Kinder schwer erkrankt oder gestorben, weil die Auswahl der Lebensmittel derart restriktiv war, dass es zu Schäden gekommen ist.

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Das ganze Fernhalten von ungesunden Dingen bringt doch auch nichts. Da werden solche Sachen dann eben heimlich vom Taschengeld gekauft, das habe ich auch gemacht, wohl aber eher, weil meine Mutter oft das gemacht hat, was mir nicht geschmeckt hat um mich zu ärgern. Aus mir ist auch etwas geworden und heute esse ich sehr gesund, aber ab und zu eben auch mal ungesund und das auch ohne schlechtes Gewissen.

Ich finde es schon grob fahrlässig ein Kind von Fertiggerichten und Fast Food zu ernähren, aber letztendlich kann das auch keiner so richtig nachvollziehen. Natürlich werden die Kinder irgendwann dicker, aber will man sie dann wegnehmen oder was sollte man machen? Ich würde das auch übertrieben finden. Eine Aufklärung würde hier mehr bringen, eine Ernährungshilfe für die Familie, jemand der allen und nicht nur den Kindern hilft.

Ab und zu mal ungesunde Sachen essen ist okay, aber eine dauerhafte Ernährung in dieser Form ist schlimm und wenn ich mir manche Kinder ansehe, dir mit ihren dicken Bäuchen schon japsen, wenn sie einen kurzen Weg entlang laufen werde ich richtig sauer auf die Eltern. Das kann man doch nicht wirklich fördern. Wenn man selber wie eine Tonne umherlaufen will und damit seiner Gesundheit schaden will, dann ist es eben so, aber einem Kind sollte man das nicht antun. Das sollte aber auch jedem Menschen klar sein und wenn es dies nicht ist, würde Hilfe von außen schon etwas bringen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Mhm...das ist echt schwierig. Ich weiß z.B. dass das Jugendamt bzw. Familienhelferinnen auf jeden Fall als Themenschwerpunkt durchaus auch das Ernährungsverhalten in Verbindung mit Kindswohl beobachten. In beide Extreme (also Unterernährung als auch Übergewicht).

Ein regelmäßiger Fast Food Konsum ist durchaus nicht besonders fördernd für eine optimal Entwicklung. Nicht nur in Bezug auf Übergewicht/Diabetes etc. sondern einfach auch, weil dem Kind damit wichtige Nährstoffe fehlen. Man muss das Ganze halt immer in Relation sehen.

Eine Familie die einmal die Woche Pizza isst und einmal zu Mc Donalds geht, dafür die andren Tage auch Gemüse/Salate etc. isst, verletzt in meinen Augen weniger die Fürsorge als Familien die primär auf Fast Food setzen. Es sollte halt ein gesundes Gleichgewicht aufrecht erhalten werden.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Gehen wir doch mal anders an diese These. Ein Kind was nur zu Hause mit Essen versorgt wird und das immer super gesund und ausgewogen ist und absolutes Fastfoodverbot hat, bekommt die Möglichkeit zum großen M zu gehen. Kann auf einem Schulausflug sein oder einfach mit den Familien von Freunden. Was meint ihr was dann passiert? Das Kind wird nicht essen, sondern in sich rein stopfen bis ihm schlecht wird. Einfach weil man einmal das Verbot umgehen kann.

In meiner Kindheit gab es diese Art der Ernährung so gut wie gar nicht. In der DDR hatten wir kaum Fertiggerichte. Mein erster Burger nach der Maueröffnung war eher die Erfahrung nie wieder. Kurz danach bekamen wir hier bei uns den ersten McDonalds im Osten und wir waren dort abends Stammgäste. Meist nur bei Getränken, da wir im Internat schon gegessen hatten.

Dann bekam ich selbst Kinder und das Thema gesunde Ernährung war vor 16 Jahren schon sehr präsent in den Medien. Trotzdem gab es alle paar Wochen mal einen Besuch bei McDonalds als sie das Alter dafür hatten. Da war sogar Cola erlaubt. Wollten meine Kinder nie und trinken sie bis heute eher selten. Wollten bei ihrem Happy Meal grundsätzlich die Obsttüte und fanden es eher unnormal, wenn andere Kinder sofort alle Spielzeuge besaßen, die neu dort waren.

Man sollte also das Ungesunde nicht verteufeln und mit Begriffen der Kindesmisshandlung gleichsetzen. Das ist einfach total übertrieben. Und Kinder die Übergewicht haben müssen nicht automatisch täglich Fastfood bekommen. Aber es ist wie mit anderen Dingen auch. Der maßvolle Umgang ist kein Problem und sollte einfach unter sich mal gönnen verbucht werden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Einen einmaligen Besuch bei McDonalds und Co als Kindesmisshandlung anzusehen und es somit auf eine Stufe mit verbaler und körperlicher Gewalt oder schwerer Vernachlässigung zu stellen, finde ich auch völlig überzogen. Das klingt für mich nach einer typischen Hasskampagne eines Radikalisten. Zudem bin ich, wie einige meiner Vorredner auch, der Meinung, dass man mit rigorosen Verboten und konsequentem Totschweigen mancher heikler Themen lediglich noch mehr Interesse daran schürt und die Kinder eher dazu verleitet, sich auf anderem Wege und in unkontrollierbarem Ausmaß zu holen, was sie sonst nicht haben können.

Allerdings gibt es natürlich wirklich eine gewisse Grenze, bei der man von einer Verletzung der elterlichen Fürsorgepflicht sprechen kann, wenn es so weit kommt und nicht interveniert wird. Ich denke da an massives Übergewicht mit organischen Folgeerscheinungen wie Bluthochdruck, Minderdurchblutung und Lebererkrankung. Wenn ein Kind mit 12 Jahren weit über 100 kg wiegt und darunter im Alltag relevant eingeschränkt ist, die Eltern es aber immer noch dreimal täglich mit Schnitzel, Burger und Pommes füttern, dann sähe ich auch einen Eingriff ins Sorgerecht als notwendig an.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


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