Deutsche Bahn - Verspätungen durch Suizid

vom 01.04.2009, 16:04 Uhr

Hallo,

ich habe letztens davon gehört das die deutsche Bahn oftmals Suizide nicht erwähnt. Die Idee ist nicht verkehrt, weil dann einige die sich überfahren lassen wollen, dann oft auch nicht mal mehr in den Nachrichten kommen. In Österreich oder der Schweiz soll es ja eine Vereinbarung von den Tageszeitungen geben, bei denen beschlossen wurde, dass über Selbstmorde die durch überfahren von Zug oder Straßenbahn geschehen, kaum bzw. gar nicht mehr berichtet werden soll. nach diesem "Beschluss" ging die Selbstmordrate in diesem Bereich um ein Drittel zurück. Sicherlich werden die, die jetzt nicht mehr vor die Bahn springen versuchen sich auf anderer Art und Weise das Leben zu nehmen, aber so wird ja wenigstens kein anderer gefährdet.

Ich finde es verantwortungslos, wenn Menschen, die aus welchen Grünen auch immer nicht mehr am Leben teilhaben möchten, sich aber dann auf die Art und Weise umringen das andere Menschen gefährdet werden. Schon alleine wenn man bedenkt das Züge auch von Menschen gelenkt werden und diese dann wohl einen langen, bzw. großen Schock haben werden.

Was meint ihr dazu? Sinnvoll oder eher nicht?

» froce » Beiträge: 110 » Talkpoints: 9,37 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Aber es wäre doch auch total sinnlos, diese Art von Suiziden zu erwähnen. Alleine auf der Strecke, die in den letzten Wochen mehrmals fahre, kommt es ständig vor, dass jemand sich auf die Gleise legt und absichtlich vom Zug überfahren lässt: Das ist da leider schon an der Tagesordnung, weil die Strecke wohl sehr einladend dafür ist. Das wird sicherlich bei anderen Strecken auch genauso der Fall sein. Würde man jeden dieser Suizide dann auch noch erwähnen oder würde das alles in der Zeitung stehen, müsst man ja wirklich jeden Tag darüber berichten.

Das fände ich ziemlich nutzlos, denn im Endeffekt ist es doch genauso alltäglich wie andere Leute sich absichtlich gegen Bäume fahren oder von Häusern springen. Das ist leider Gottes ja auch keine Besonderheit und steht ja auch nicht in der Zeitung. Aber du hast natürlich Recht: Da wird wenigstens sonst niemand akut damit belastete so wie ein Lokführer eben.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Hallo!

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht ganz vorstellen, dass es wirklich etwas bringt, wenn die Zeitungen und Medien nicht mehr über Selbstmorde in dem Bereich, berichten. Was haben denn die Selbstmord- Kandidaten davon, dass sie nach ihrem Suizid in den Zeitungen oder Nachrichten auftauchen? Es werden ja keine Namen genannt und auch keine wirklichen Bilder gezeigt. Es wundert mich daher, dass die Suizidrate gesunken sein soll.

Mir ist es auch unverständlich, wie ein Mensch, der Suizid begehen will, andere Menschenleben ebenso gefährdet. Andere Menschen könnte dadurch auch zu Schaden kommen oder sogar zu Tode. Ich denke auch, dass es für viele sicher ein großer Schock ist, wenn sie so einen Selbstmord mit ansehen müssen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



froce hat geschrieben:In Österreich oder der Schweiz soll es ja eine Vereinbarung von den Tageszeitungen geben, bei denen beschlossen wurde, dass über Selbstmorde die durch überfahren von Zug oder Straßenbahn geschehen, kaum bzw. gar nicht mehr berichtet werden soll.

Davon habe ich bis jetzt noch nicht gehört. Aber jetzt wo ich drüber nachdenke, viel davon gelesen habe ich noch nicht. Hingegen derartige Verspätungen habe ich schon einige miterlebt. Bei uns lautet dann die gängige Durchsage in etwa: "wegen Erkrankung eines Fahrgastes kommt es auf den Linien xx zu verspätungen". Dies scheint der Code zu sein, für Suizid bei oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Einerseits ist es tragisch, dass ein Mensch zu derartigen Mitteln greift, aber in dem Moment ist es doch auch sehr nervig, dass es dadurch zu Verspätungen kommt.

» meckiemesser » Beiträge: 39 » Talkpoints: 0,20 »



@ Nelchen
Es geht weniger darum, den "Opfern" nicht noch unnötige Presse zu geben, von der sie eh nichts haben. Es geht mehr darum, andere Taten dieser Art zu verhindern. In vielen suizidgefährderten Menschen geht bei so Berichten eher durch den Kopf: Ach das wäre ja auch eine Möglichkeit.

@ Topic
Bei uns wurde vor ein paar Jahren, bei so Fällen, durchgegeben das ein Personenschaden vorliegt. Ich weiss aber auch nur durch eine Freund, der bei der Bahn arbeitet, das das halt heisst, das hat sich jemand auf diesem Wege das Leben genommen.

Ob man das nun aus der Presse raushalten sollte oder nicht, da bin ich mir nicht so sicher. Wobei ja in der Zeitung eh keine Namen genannt werden. Ich bin nun auch kein Mensch der regelmässig Zeitung liest, aber so Sachen, sind dann schon mal Dinge, bei denen ich denke, man muss mich nicht noch auf dumme Gedanken bringen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Beim Lokalverkehr in meiner Gegend heißt es, dass die Bahn aufgrund eines Notarzteinsatzes eine Verspätung hat, aber erwähnen, was genau passiert ist, tun sie nicht. Vielleicht ist es aber auch einfach zu früh, darüber zu spekulieren, woran es lag.

Ich finde, es ist nicht nötig, dass erwähnt wird, dass es sich um einen Suizid gehandelt hat. Es gibt sicherlich einige, die damit vielleicht noch Aufsehen erregen wollen. Aber ich denke, die können das auch anders schaffen. Unverantwortlich ist es so oder so, aber ob man das damit eindämmt, weiß ich nicht und kann ich mir irgendwie nicht vorstellen.

» Xelluloid » Beiträge: 119 » Talkpoints: -1,01 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich wohne direkt an einer Bahnstrecke mit zum Teil unbeschrankten Bahnübergängen. Wenn Personen unabsichtlich zu Schaden kommen, steht es oftmals in der Zeitung. So sind zum Beispiel im letzten Herbst polnische Erntearbeiter in ihrem Kleinbus vom Zug erfaßt worden. Es war eine große Tragödie hier in der Region, die Zugstrecke war für 1,5 Tage komplett gesperrt.

Auch Suizid bekommen wir oft mit. Dies ist dann aber reine Mundpropaganda durch das Dorf. Ich habe mal gehört, daß es erstens vor Nachahmern schützen soll (in Bezug auf den Erfolg dieser Suizidart), und auch der genannte Bezug zu der Öffentlichkeit in den Medien. Auch ist diese Veschweigung selbst auch besser für den beteiligten Zugführer. Stellt euch mal vor, jeder Zugführer, der einen Menschen umgefahren hat, müsse sich den Medien stellen :o

Es muß nicht immer Selbstmord sein, der die Bahn verspäten läßt. Es reicht auch völlig, einen "normalen" Krankheitsfall zu haben, wo ein Notarzt her muß. Ich habe es neulich im Hauptbahnhof mitbekommen. Dort kam die Durchsage, ob ein Arzt anwesend wäre, der Notarzt kam, Polizei war vor Ort. Mein Zug fuhr dadurch, weil er vom gleichen Gleis abfahren sollte, eine gute viertel Stunde später von einem anderen Gleis.

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» merlinda » Beiträge: 530 » Talkpoints: 0,41 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Man könnte ja fast einen sehr bösen Scherz machen, dass bei derart vielen Bahnhofsbaustellen, bahnbedingten Verspätungen und Zugausfällen ja die Selbstmordrate förmlich zurückgehen musste - aber das lass ich jetzt mal *hust.

Ich habe allerdings schon auch bereits öfter gelesen, dass Selbstmordgefährdete tatsächlich es eher tun, wenn sie kurz vorher mitkriegen, dass es andere "geschafft", es sich getraut haben. Es gab ja zb diese Selbstmordepedemie aufgrund dieses Songs - nach dem dann der Film "Gloomy Sunday" entstanden ist. Auch kennt man dies bereits bei Goethe - so dass dies in der Psychologie den Namen "Werther-Effekt" trägt.

Selber nachvollziehen kann ich ein Sich-vor-die-Gleise-werfen überhaupt nicht. Aus mehreren Gründen. Es wäre mir zu gewaltvoll und zu schmerzhaft, ich mag gar nicht genauer darüber nachdenken, in welchem Zustand man sich dabei auch den Hinterbliebenen hinterlässt.

Selbst wenn ich zu Selbstmordgedanken neigen würde, finde ich es völlig verantwortungslos so viele andere Menschen mit reinzuziehen. Vom Bahnfahrer angefangen, der sicher nicht ohne Schock davonkommt bis hin zu den Zuginsassen, die eine Notbremsung aushalten müssen - die nicht wirklich ungefährlich ist. Übrigens muss jeder Bahnfahrer rein statistisch damit rechnen in seinem Berufsleben einen Menschen, der eben Selbstmord begehen will, dabei Hilfe zu leisten. Sie haben auch gleich psychologische Betreuung, wenn so ein "Personenschaden" passiert ist - das Wort kenne ich so auch von einem früheren Nachbarn, der Bahnfahrer ist als Euphemismus und gängige Durchsage, wenn es um Suizid geht.

Und wenn es wirklich so ist, dass sich auch damit der Rückgang der Selbstmordrate auf diese Weise reduziert, auch wenn es nicht sicher ist, ob es sich dabei nicht um eine unzulässige Ursachenzuschreibung handelt, so sollte man gerne so weiter verfahren.

» MarciaBaila » Beiträge: 325 » Talkpoints: 0,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich finde es verantwortungslos, wenn Menschen, die aus welchen Grünen auch immer nicht mehr am Leben teilhaben möchten, sich aber dann auf die Art und Weise umringen das andere Menschen gefährdet werden.

Ganz ehrlich? wenn man so verzweifelt ist, dass man sich umbringt, wird es einem wohl eher gleichgültig sein, was andere dadurch für einen Schaden nehmen. Außerdem bezweifele ich, dass die Selbstmörder den Zugführer als Person überhaupt in dieser Weise wahrnehmen, als Individuum, denn der Zug wird wohl eher als Instrument betrachtet, wie sonst Tabletten oder Skalpell. Und da macht man sich auch kaum Gedanken über den Arzt, der es verschrieb oder die Apothekerin, die es verkaufte. Sicher, der Vergleich hinkt etwas, aber in diesem Thema gibt es keine guten Vergleiche, nur Annäherungen.

Ich kenne zwei Menschen, die sich das Leben nehmen wollten durch vor den Zug werfen, einer hat es geschafft, einer nicht. Der es nicht geschafft hat hat mir davon erzählt, was ihn da bewegt hat, und er hat nicht eine Sekunde einen Gedanken an den Zugführer gehabt, erzählte er. Hinterher ja, da tat es ihm auch leid, was er ihm fast angetan hätte, aber in dem Moment liessen ihn alle anderen Menschen vollkommen kalt.

Soweit ich mitbekommen habe, heißt es gewöhnlich "Personenschaden" oder sogar nur "außerplanmäßiger Halt" oder sowas, und ich finde das auch ok, denn so, wie die Menschen drauf sind, würden sonst all die Gaffer und Idioten bei der Weiterfahrt an den Scheiben kleben, nur um nicht zu verpassen, wo die Stelle war und ob noch ein Tröpfchen Blut da ist. :uebel:

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» Karen 1 » Beiträge: 1344 » Talkpoints: 0,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kenne im Zusammenhang mit Suiziden mittels Bahn nur das Wort "Personenschaden", vielleicht gibt es ja mittlerweile auch einen anderen Code, denn all diese Codes sprechen sich irgendwann herum. Würde man offiziell von Toten sprechen, dann würde schon das die Gaffer auf den Plan rufen (ich erinnere mich an einen ohne größere Schäden entgleisten Güterzug in der Nähe). Gar nicht auszudenken, wenn bekannt würde, dass es sich um einen erfolgreichen Selbstmörder handelt.

Sicher ist es richtig, dass man nicht ausführlich davon berichtet, denn ein erfolgreicher Suizid ist für andere suizidbedrohte Personen ja wieder eine Art Ansporn - es hat ja geklappt und ist wohl doch ein Ausweg. Aber auch weitere voyeuristisch veranlagte Personen würden sich dann einfinden und sicher für weitere Gefahr sorgen.

Und als egoistisch und verantwortungslos würde ich Selbstmörder auch nicht sofort bezeichnen. Da hat ja Karen schon genug zu geschrieben, mehr will ich dazu auch gar nicht sagen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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