Tagesgeld Konto: Welches am meisten Geld und Zinsen bringt

vom 27.02.2009, 22:16 Uhr

Immer wieder predige ich Freunden, dass sie ja die Finger von Festgeld & Co lassen sollen und sich stattdessen eher auf Tagesgeldkonten als im Vergleich flexiblere Anlage konzentrieren sollen da Tagesgeldkonten (zugegeben mit etwas Mühe) hohe Zinsen und hohe Flexibilität (Geld jederzeit abrufbar) vereinen.

Hauptproblem: Die meisten lukrativen Tagesgeldkonten sind voller Fallstricke und Haken, die beliebtesten:
- garantierte hohe Zinssätze bis zu einem bestimmten Betrag, dann wesentlich niedriger
- garantierte Zinssätze über einen bestimmten Zeitraum, dann wesentlich niedriger
- tägliche, monatliche, vierteljährliche, jährliche Zinsen / Zinsausschüttung

Bis zu diesem Punkt scheint es auch noch jeder nachvollziehen zu können aber eine Frage kommt immer wieder: Woher soll ich denn nun genau wissen, welches am meisten bringt? Viele scheinen schnell vergessen zu haben, was jeder spätestens im Grundkurs im Abi hatte, obwohl es doch so einfach ist – bestimmte Dinge sind eben doch im späteren Leben, gerade in der Wirtschaftskrise, erstaunlich nützlich :wink:.

Dabei ist die Lösung mit den richtigen Formeln erstaunlich einfach – ich empfehle jedem der in Mathe etwas formelschwach ist, diese zu kopieren, die richtigen Werte einzusetzen und in Excel ausführen zu lassen.

Der Übersichtlichkeit halber lagere ich den grundsätzlichen Weg wie man zu den Formeln gelangt in einen anderen Threads aus: Zinsberechnung und Zinseszinsberechnung!

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Nun zum eigentlichen Problem: Man hat 2 verschiedene Tagesgeldangebote mit völlig unterschiedlichen Konditionen, ein wenig Kapital und möchte gerne wissen, welches denn nun besser ist.

Ich beschränke mich hier auf die nackten Zahlen und inwiefern die Faktoren wichtig für die Auswahl des besten Tagesgeldkontos sind, denn Boni wie ein kostenloses Girokonto zum Tagesgeldkonto, ein Tankgutschein oder eine kostenlose Kreditkarte sind eher von subjektiver Bedeutung und im Grunde reiner Köderkram. Wer ihn schlucken will, soll ihn schlucken – nur Geld kann man damit keins verdienen! Prinzipiell sollte man sich denken können dass nette Zugaben meist mit schlechteren Konditionen erkauft werden. Gleiches gilt für Sonderkonditionen die es nur bei Depotwechseln, Gehaltskonten usw. gibt – etwas eigenständiges Denken sollte jeder hierzulande mitbringen können!

Ebenso fallen andere subjektive Kriterien wie die Einlagensicherung weg, da diese ebenfalls schwer in Formeln zu fassen sind und nur in die Risikobemessung einfließen, nicht aber in die konkrete Anlageberechnung!

Dazu kommt: Dauerhaft Gewinne erwirtschaft man nur indem man stets am Ball bleibt, heißt: Das Geld auf das stets beste Konto verschieben, das alte aufgeben (Zugvogel Taktik) und niemals lange Zeit auf einem verweilen lassen, da die Banken mit der "Faulheit" (also eben keine Zugvogel Taktik) der Anleger ihr Geld verdienen wenn der garantierte hohe Zins ausläuft und in der Regel auf Kleckerniveau absinkt, teils sogar unter den sowieso schon niedrigen Zins den man bei Banken ohne "Werbeaktionen" bekommen würde.

Die vereinfachte Formel zum Erfolg bei der Tagesgeldanlage lautet:

MAS*(1+GZ/100/ZG)^((AT/360)*ZG)) + ÜS*(1+NZ/100/ZG)^((AT/360)*ZG)

Nichts verstanden? Kein Problem hier die Erläuterung:

MAS = Mindest / Maximal Anlagesumme
Viele Tagesgeldkonten sind mit bestimmten Zugangsvoraussetzungen gespickt wie Mindestanlagesummen (eher selten) oder Maximalanlagesummen – d. h. in der Praxis, dass beispielsweise bei einer Mindestanlagesumme von 10.000 Euro erst ab dann der Zins garantiert wird oder bei einer Maximalanlagesumme von 10.000 Euro der Zins nur bis zu diesem Betrag garantiert wird.

Bei Tagesgeldkonten ist die Mindestanlage eher selten bzw. wenn gering - z. B. wird das CommerzBank TagesGeld Konto als Zusatz zu einem Business Konto ab 0 Euro / 5.000 Euro / 10.000 Euro Anlagesumme unterschiedlich stark (je mehr Kapital, je mehr Zins) verzinst.

GZ = garantierter Zins
Der wichtigste Auswahlfaktor: Viele Banken garantieren, siehe MAS, nur ab bzw. bis zu einem bestimmten Betrag bestimmte Zinssätze – dies ist meist so angelegt, dass entweder sehr hohe Zinsen nur bis zu einem bestimmten Betrag garantiert werden und darüber hinaus in den Keller gehen oder umgedreht (siehe Beispiel CommerzBank TagesGeld Konto zum Business Konto) hohe Zinsen erst ab einer bestimmten Mindestanlagesumme gezahlt werden.

ZG = Zinsgutschrift
Die Zinsgutschrift ist einer der entscheidenden Faktoren für den Zinseszins neben dem Zins und somit der zweitwichtigste Faktor neben dem Zins für die Anlageentscheidung der immer wieder vernachlässigt bzw. bei der Auswahl außer Acht gelassen wird! Möglich sind jährliche, vierteljährliche sowie monatliche Zinsgutschriften - die beste und ertragreichste Variante ist die monatliche Zinsgutschrift. Wer nicht weiß warum, sollte einen Blick in den oben genannten „Zinsberechnung und Zinseszinsberechnung“ - Thread werfen.

AT = Anlagedauer in Tagen
Im Grunde selbsterklärend, der drittwichtigste Faktor bei der Auswahl, aber noch kurz ausführlich: Hier sollte man die Anzahl an Tagen eintragen, die
a) der Zins garantiert wird (Zinsbindung für X Monate) oder
b) der Zins noch gezahlt wird (Zinsbindung bis zum XX.XX. ..)

Hierbei ist wichtig, dass das Bankjahr nicht aus 365 Tagen besteht, sondern aus 360 Tagen zu je 12 x 30 Tagen!

ÜS = Überschuss Anlagesumme
Siehe MAS: Sollte man trotz einer Maximal Anlagesumme mehr anlegen wollen, muss der entsprechende Wert hier angegeben werden. Dieses Variante ist jedoch aufgrund der doch meist wesentlich niedrigeren Folgezinsen nur sehr selten wirklich sinnvoll.

Falls das Tagesgeldangebot unbegrenzt ist, also keine Maximalanlage besteht, einfach eine 0 eintragen.

Falls die jährlichen / vierteljährlichen / monatlichen Zinsen bei einer Maximalanlagesumme auf das gleiche Konto eingehen entspricht der Überschuss den thesaurierenden Zinsen - dieser wird dann schwächer verzinst!

NZ = niedrigerer Zins
Der niedrige Zins entspricht dem Zins wenn der garantierte Zins (GZ) nur bis zu einer Maximalsumme garantiert ist und ab dann ein niedrigerer Zins gezahlt wird, siehe ÜS.


Als Beispiel um die genannten Faktoren nachzuvollziehen:
- Die VW Bank bietet momentan 4 % garantierte Zinsen bis zum 30.06.2009 bis zu einem Betrag von 30.000 Euro (darüber hinaus 3,5 %), danach nur noch 3,5 % Zinsen - alles bei monatlicher Zinsausschüttung.
- Die NetBank 3,80 % garantierte Zinsen für 6 Monate bis zu einem Betrag von 50.000 Euro (darüber hinaus 2,75 %), danach nur noch 2,75 % - alles bei vierteljährlicher Zinsausschüttung

Welches Angebot lohnt sich nun mehr, wenn man jeweils den garantierten Zinssatz aussitzen würde, erst am Ende einen Wechsel plant und 40.000 Euro zur Verfügung hat? Setzen wir die Zahlen also ein:

VW Bank: 30.000 Euro * (1+4/100/12)^((120/360)*12)) + 10.000 Euro * (1+3,5/100/12)^((120/360)*12) = 40519,18, also 4,32 Euro Zinsen pro Tag (519,18/120)

NetBank: 40.000 Euro *(1+3,8/100/4)^((180/360)*4)) + 0 Euro * (1+2,75/100/4)^((120/360)*4) = 40763,61 Euro, also 4,24 Euro Zinsen pro Tag (763,61/180)

Obwohl also nur ein Zins von 4 % bis 30.000 Euro und darüber hinaus nur 3,5 (gegenüber 3,8% bis 50.000 Euro bei der NetBank) garantiert ist wäre das Tagesgeld Konto bei der VW Bank als besser einzustufen wenn man sich an der täglichen Verzinsung orientiert.

Der tägliche Zins bei beiden Konten gleicht sich erst bei einem Anlagekapital von rund 50.000 Euro an, also bei einer Grenze wo aufgrund des garantierten Zinses das Konto der NetBank wieder ins Hintertreffen gerät, da alles über 50.000 Euro nur mit 2,75 % verzinst wird.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Auf Nachfrage hier noch die Erklärung, wie ich denn darauf komme, dass bei ungefähr 50.000 Euro der kritische Punkt liegt. Ich sag gleich vorweg, mathematisch wird es jetzt etwas anspruchsvoller...

Nehmen wir an, wir würden unser Kapital ab dem 01.03.2009 anlegen wollen, so brauchen wir 2 Variablen:

X = Anlagebetrag (z. B. > 50.000 Euro)
Y = Anlagezeit (in Monaten ab dem 01.03.)

Daraus ergeben sich folgende Formeln:

VW Bank:
[30.000 x (1+4/1200)^4 + (X-30.000) x (1+3,5/1200)^4] x (1+3,5/1200)^(y-4)

Wert in [ ] = Wertentwicklung bis zu 30.06.2009

NetBank:
[50.000 x (1+3,8/400)^2 + (X-50.000) x (1+2,75/1200)^2] x (1+2,75/1200)^(y/4-2)

Wert in [ ] = Wertentwicklung über 6 Monate

Nachdem man y festgelegt hat, einfach beides gleichsetzen und einfach nach X auflösen.

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