Studenten von heute

vom 23.09.2008, 22:18 Uhr

Mir ist aufgefallen, dass immer weniger Studenten über ein breites Maß an Allgemeinbildung verfügen. Nun frage ich mich, warum das so ist. Es gibt kaum noch Studenten, die wirklich mit Herz und Seele dabei sind. Meist geht es nur noch darum Scheine zu holen, und so schnell wie möglich abzuschließen. Mir scheint es so, als würden die Intellektuellen aussterben. Gerade habe ich eine Reportage über Sartre angeschaut, und da wurde mir wieder bewusst, wie gelähmt und gestresst zur selben Zeit die Studenten von heute sind.

Was denkt ihr, warum die Unis immer mehr zur reinen Institution verkommen? Früher war das ganz anders!

» Finn » Beiträge: 120 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Eine Universitätsausbildung ist heutzutage ein Muss für einen guten Job. Zudem schafft heute jeder, der möchte, das Abitur, weil es so einfach ist, sich mit leichten Kursen durchzuschummeln.

Deswegen ist es wichtig, dass man im Studium schnell seine Scheine macht und schnell Qualifikationen erwirbt. Eine Allgemeinbildung stellt allerdings keine Qualifikation dar und ist deswegen nur ein Zusatz, jedoch keine Voraussetzung. Aus diesem Grund wird sie von vielen Studenten vernachlässigt.

Es ist aber doch ganz klar, wenn die Anforderungen an die Studenten immer weiter steigen, sie durch das Bachelor / Master - System immer schneller ihr Studium abschließen müssen, dann bleibt eben etwas auf der Strecke. Dass es sich dann dabei eben um die Allgemeinbildung handelt ist natürlich nicht unbedingt gut, aber auch nicht so tragisch. Es lässt sich doch alles sehr schnell nachholen, da es ja auch Berufseinstiegstests gibt, in denen das Ganze sehr knapp wiederholt wird.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Meist geht es nur noch darum Scheine zu holen, und so schnell wie möglich abzuschließen.

Das liegt aber nicht unbedingt an den Studenten sondern am System. Ich glaube viele würden es sich gerne leisten können Seminare zu besuchen die für ihr Studium nicht relevant sind aber dafür wesentlich interessanter als die, die sie belegen müssen.

Aber es ist doch heute so, dass ein Studium nicht mehr als ein Mittel zur intellektuellen Bildung angesehen wird. Man studiert, weil man einen bestimmten Berufswunsch hat oder zumindest weiss in was für einem Bereich man später gerne arbeiten würde und weil das nur mit angeschlossenem Studium möglich ist. Dem Arbeitsmarkt sollte man aber möglichst jung zur Verfügung stehen und ein Studium, das in der Regelzeit angeschlossen worden ist macht sich ja auch gut im Lebenslauf.

Und das Geld spielt natürlich auch eine Rolle, ein Studium war noch nie billig und mit den Studiengebühren, die es in vielen Bundesländern inzwischen gibt wird das studieren für manch einen noch viel schwieriger. Da ist es doch völlig klar, das man schauen muss, das man möglichst schnell fertig wird um seine finanziellen Angelegenheit mit einem richtigen Job wieder in den schwarzen Bereich zu bringen. Die wenigsten bekommen ja das komplette Studium von Mammi und Pappi finanziert und selbst wenn - die meisten Mammis und Pappis werden auch Interesse daran haben, das der Sprössling möglichst schnell sein eigenes Geld verdient.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Früher waren die "ewigen Studenten" als Freaks und Intellektuelle angesehen und gehörten irgendwie zu den Unis dazu. Heute sollte man möglichst schnell fertig werden, und das nicht nur, weil studieren durch die Studiengebühren deutlich teuerer geworden sind, sondern auch, weil "time money" ist. Dieses Denken scheint mir immer ausgeprägter zu sein. Wer länger braucht zum Studieren, verdient in der Zeit kein Geld. Andersrum habe ich auch das Gefühl, dass von der Wirtschaft erwartet wird, dass man ein Studium durchzieht. Leute, die mehr als vier Semester über der Regelstudienzeit liegen, werden eher als Trödler gesehen, oder dass sie nicht ordentlich und zielstrebig arbeiten, anstatt dass man im ersten Gedanken denkt, dass sie vielleicht auch über ihr Fach hinweg Interesse gezeigt haben und andere Vorlesungen besucht haben, um sich zu bilden.

Leider schreibt immer mehr der Studienplan vor, was man wann zu machen hat, sodass das Humboldtsche Bildungsideal mehr und mehr verloren geht. Da das von den Unis durch immer mehr einschränkende Studienpläne begünstigt wird, würde ich durchaus sagen, dass die Unis mehr zu Institutionen werden.

» hydrogirl » Beiträge: 305 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Man kann aber auch keine modernes Studium mit einem Studium von vor 50 oder 100 Jahren vergleichen. In vielen Studiengängen gab es unglaublich viele Neuerungen, kamen Unmengen an Stoff dazu. Da kann man nicht mal gleichzeitig 3 oder 4 Sachen studieren und nebenbei noch was anderes machen.

Zudem sollte man auch nicht Außergewöhnliche Menschen mit normalen Leuten vergleichen. Es gibt auch heute Menschen, die studieren schon, obwohl sie nebenbei noch ihr Abitur machen, genauso wie auch früher die breite Masse kein Genie war.

Und schließlich kommen auch mehr und mehr ökonomische Zwänge hinzu. Schneller mit dem Studium fertig werden, heißt eben auch schneller Geld zu verdienen. Und in der Regel ist ein Studium auch nicht billig, da versucht man dann eben schneller durchzukommen um nicht noch mehr Geld ausgeben zu müssen.

Ich würde auch nicht unbedingt sagen, dass die Jugend von heute ein schlechteres Allgemeinwissen hat. Das liegt allein im Auge des Betrachters. Lediglich die Interessengebiete haben sich sehr verschoben. Vieles von dem was von alten Menschen als Allgemeinwissen betrachtet wird, halte ich für Unsinn und einfach uninteressant. Genauso wie ältere Menschen vom aktuellen Zeitgeist weniger mitbekommen, wo sie die Jugendlichen in die Tasche stecken. So wie für Ältere Semester Bach, Mozart und Beethoven ins Allgemeinwissen gehören, so sind es bei der Jugend zeitgenössische Künstler, wie Madonna oder Robbie Williams. Wie gesagt ist auch alles Ansichtssache.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Finn hat geschrieben:Meist geht es nur noch darum Scheine zu holen, und so schnell wie möglich abzuschließen.

:lol: Rate mal warum?

Ich wurde von der ZVS ins schöne Paderborn verbannt (komme gebürtig aus Gelsenkirchen). Ich muss sagen mir gefällt die Uni hier richtig gut und ich fühle mich hier wohl. Ich bezahle pro Semester 500€ Studiengebühren + ca. 200€ Semestergebühren. Das sind schonmal 1.400€ Fixkosten pro Jahr. Bafög bekomme ich keins aus verschiedenen Gründen, d.h. meine Eltern bezahlen meine Wohnung die im Monat mit allem drum und dran (Warm, Strom, Internet) 300€ kostet, macht also nochmal 3.600€ im Jahr.

Insgesamt sind das schon 5.000€ pro Jahr. (Da hab ich noch nichts gegessen, keine Klamotten, keine Bücher usw gekauft). Meine Eltern bezahlen mir mein Studium und darüber bin ich mehr als glücklich! Mein Freund finanziert sich sein Studium selbst und wird trotz Nebenjob, selbst wenn er sein Studium in kürzester Zeit durchzieht ca 10.000€ Schulden haben.

Ich als Lehrerin muss nach dem Studium erst noch das Referendariat machen, welches mit einem Hungerlohn vergütet wird. Wenn ich nachher Glück habe und schnell verbeamtet werde kann ich auf ca 2.500€ im Monat hoffen (für einen Beruf für den man studiert hat ist das mehr als lächerlich!), da kann man sich denken wie lange ich bräuchte um 10.000€ Schulen ab zu bezahlen.

Und da fragt sich noch irgendwer warum Studenten nur noch den Scheinen hinterher jagen und schnell fertig werden wollen? Ich möchte meinen Eltern nicht länger als nötig auf der Tasche liegen! Ich habe dieses Semester ca. 30SWS (Semesterwochenstunden), durchschnittlich rechnet man die gleiche Zeit nochmal drauf für die Arbeiten die man zuhause erledigen muss, d.h. ich habe ca. eine 60Stunden Woche!

Mittlerweile wähle ich wirklich teilweise Kurse aus, weil ich weiss, dass der Dozent keine hohen Erwartungen hat, bzw man die Scheine einfach bekommt. Und ja, ich finde das auch traurig, ich würde mir gerne mehr Zeit nehmen, mehr lernen und mehr "mitnehmen", aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert. Der Staat möchte nicht mehr für die Bildung bezahlen, also muss man wohl oder übel mit der Situation leben, bis es irgendwann kippt und keiner mehr studieren möchte.

» Sinda » Beiträge: 358 » Talkpoints: -0,28 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Sinda hat es schön geschrieben, warum man heute das Studium so schnell durch zieht. Die Studiengebühren von 500 Euro machen die Entscheidung, noch ein "Interessensemester" dran zu hängen sehr leicht. Okay, ich bin an keiner Uni sondern einer Fachhochschule, ich muss mir also keine Fächer zusammen suchen sondern bekomme einen fertigen Stundenplan vor die Nase gesetzt.

Aber selbst wenn ich mir extra Fächer aussuchen könnte und selbst wenn es die Studiengebühren nicht gäbe, muss ich doch sehen, dass ich nach dem Studium einen Job bekommen. Und ob ein potentieller Arbeitgeber sich darüber freuen würde, wenn man nur aus Interesse mal eben ein, zwei Semester länger als nötig studiert hat?

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» ArcaNoé » Beiträge: 299 » Talkpoints: 2,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ob es wirklich unter den Studenten an Allgemeinwissen mangelt, kann ich jetzt nicht so ganz bestätigen. Wie schon erwähnt, liegt das wohl im Auge des Betrachters oder aber am eigenen Bekanntenkreis etc.
Was ich allerdings am eigenen Leib feststellen konnte, ist das Problem mit der Umstellung auf das Bachelor/Master-System. Der Inhalt von 10 Semestern Studium wurde ein wenig zusammengeschmissen, ein wenig davon weggestrichen und schon hat man den Bachelor.

Denn wie ich merke, gibt es da noch so einige Probleme. Zumindest in meinem Studiengang hat man jetzt kaum noch Freizeit. Ich sitze teilweise echt lange inner FH, soll danach dann auch noch riesige Mengen Stoff über das Selbststudium bearbeiten und haben ewig viele Laborversuche im Semester. Genauso viele Laborversuche, wie man damals in 10 Semestern hat zusammengepackt auf 7. Und hier wollte man natürlich nicht kürzen.

Wo bleibt dann jetzt noch die Zeit für Interessen oder einfach mal in Ruhe eine Zeitung zu lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben? Allerdings muss ich dazu sagen, dass sich unsere Professoren sehr dafür engagieren, dass ein gewisses Maß an Allgemeinbildung bei den Studenten vorhanden wird. Sie gehen explizit auf fachlich nicht unbedingt wichtige Themen ein und man hört oft "Sie werden Ingeniuere, Sie sollten sowas schon wissen".

Festzuhalten bleibt aber, dass ein überfülltes Bachelor-Studium einem Studenten kaum Freiheiten lässt, um sich zu entfalten und das diese Problem durch hohe Studiengebühren auf keinem Fall besser gemacht wird

» Batsch » Beiträge: 31 » Talkpoints: 0,09 »


Also erst einmal möchte ich noch kurz etwas zum Abi sagen. Hier wurde erwähnt dass man sich mit leichten Kursen durchschummeln kann. Da kann ich nur sagen: das ist nicht richtig. Ich habe in Bayern Abitur gemacht, vom Standard her ist das das bestangesehenste Abitur im Bundesländervergleich, und wir haben uns keinesfalls durchgeschummelt. Also so kann man das wirklich nicht sagen. Es mag einige geben, die versuchen alles schwierige zu umschiffen, der Großteil gibt sich aber schon Mühe und sieht das Abitur als Chance.


Zum Studieren: Natürlich versucht jeder so schnell wie möglich fertig zu werden. Das Studium kostet extrem viel Geld, viele müssen sich mit mehreren Nebenjobs über Wasser halten und müssen dennoch von den Eltern zusätzlich unterstützt werden. Dass dieser Zustand unangenehm ist und man den so schnell wie möglich beenden möchte, ist klar.

Zudem ist vieles, was man während des Studiums lernt, überflüssig. Nach dem Studium beginnt das eigentliche lernen, zumindest bei vielen geisteswissenschaftlichen Studiengängen beginnt das richtige Lernen erst nach dem Studium. Das Studium selbst ist sehr theoretisch, das praktische Wissen und die Anwendung kommen erst im Beruf und das meiste was man gelernt hat wird nie wieder benötigt.

Auch versucht man, das Studium schnellstmöglich abzuschließen, um schnell Berufserfahrungen sammeln können. Denn bereits von Berufseinsteigern wird ein gewisses Maß an Erfahrung verlangt. Wie soll man das bitte erhalten wenn man vorher mit dem Studium beschäftigt war? Also muss man zügig fertig werden um schnell in einem kleinen Betrieb anzufangen und Erfahrungen zu sammeln.

Zudem ist man wirklich ausgelastet mit Studium und Nebenjobs, so dass keine Zeit mehr bleibt um ausgiebig in Zeitungen und Co zu schmökern. Natürlich bleibt da eventuell das Allgemeinwissen auf der Strecke. Aber ganz ehrlich: wenn ich um 20Uhr von der Uni nach Hause komme, seit 7.30 in der Arbeit war und den restlichen Tag in Unikursen und der Bibliothek verbracht habe, ist das letzte was ich möchte, eine Zeitung aufzuschlagen und eine politische Diskussion zu verfolgen.

Man ist einfach so ausgelastet, dass man keine Zeit hat für Allgemeinbildung. Ich würde gerne mehr lesen und mich auch in anderen Bereichen mehr bilden. Aber ich habe schlicht und ergreifend keine Zeit dazu. Müsste ich nicht arbeiten, wäre es sicherlich besser. Aber Studiengebühren und Co lassen einem heutzutage keine Chance, sich wirklich auf das Studium und Lernen zu konzentrieren.

» steffi11191 » Beiträge: 1275 » Talkpoints: -2,88 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kann mir gut vorstellen, wie die Frage zustande kommt. Es ist wirklich so, dass viele Studenten einfach nur Studieren um schnell fertig zu werden. Oder auch einfach damit se von der Straße weg sind. Das ist beides nicht so toll.

Ich kenne ein paar Studenten, die sind in manchen Wochen nur drei Tage am Studienort, und starten dann ins Verlängerte Wochenende. Das ist wirklich seltsam. Man kann zwar nicht erwarten dass jeder sein Studienfach zu einer persönlichen Angelegenheit macht, die ihn eigentlich den ganzen Tag mit beschäftigt. Das ist vielleicht bei manchen so. Zum Beispiel verbringen Informatiker oft auch viel Freizeit an ihren Maschinen und Programmieren, spielen mit ihren Systemen herum oder lernen Programmiersprache um Programmiersprache, Technik um Technik. Auch bei Kunst oder Theologiestudenten zieht sich das Studienthema oft durch s ganze Leben, aber ein Medizinstudent kann ja im Außerstudentischen Leben davon weniger betroffen sein.

Auch ist es wirklich so, dass viele Studieren, die besser in eine KFZ Werkstatt gehören wo sie ihre Technischen Fähigkeiten einsetzen als dass sie sich in intellektuellen Dingen behaupten sollten. Aber was erwartet ihr? Man kann heute in Deutschland Abitur machen, ohne eine Prüfung in Deutsch abgelegt zu haben. Kaum einer der Abiturienten kennt sich gut mit den grundlegenden Inhalten der in Deutschland am häufigsten vertretenen Religionen aus und wenn ihr mal in Facebook oder StudiVZ reinschaut steht bei allen nur "Unpolitisch". Sowas finde ich echt ärmlich.

Wer weiß denn zum Beispiel was an Pfingsten gefeiert wird? Oder am jüdischen Laubhüttenfest oder zu welcher Religion Vishnu zugeordnet werden muss. Das selbe ist in der Politik der Fall. Ich bin mir sicher, dass der größte Teil der Abiturienten nicht weiß wie der Bundespräsident zu seinem Amt kommt.

Ja! Das alles ist bedenklich, aber ich kann mir weder genau erklären woher das kommt, noch was man denn dagegen tun kann, traurig eigentlich

» listen_and_talk » Beiträge: 204 » Talkpoints: 0,15 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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