Internationale Gleichberechtigung der Frauen

vom 29.04.2008, 20:50 Uhr

Servus! Wie ist die Gleichbehandlung im EG-Vertrag (Primärrecht) geregelt?
Sehr kurze Ausführungen meinerseits, da es ansonsten den Rahmen sprengen würde:
Art. 2 EG-Vertrag - zählt die Aufgaben d. Gemeinschaft auf, welche Ziele hat die Gemeinschaft (GS), was nimmt sie sich vor (u.a. gemeinsame Politiken, Förderung d. Wirtschafts- lebens, hohes Beschäftigungsnieveau, und die Gleichstellung von Männern u. Frauen)

Art. 3 EG-Vertrag - genauere Umschreibung was die GS alles erreichen will. lit. a bis lit. u (die Warenverkehrsfreiheit, die Personenverkehrsfreiheit, etc.)
Absatz 2 enthält dezidiert das Bekenntnis – bei allen diesen Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern u. Frauen zu fördern = Bekenntnis zu Gender Mainstreaming!

Art. 13 EG-V Abs. 1
- …Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts…des Alters, oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen -> das Ganze ist eine Ermächtigung an den Rat, Vorschriften zu erlassen um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts vorzubeugen. Der Rat kann aufgrund dieser Vorschrift VO oder RL erlassen, um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, oder auch des Alters oder der sexuellen Orientierung... zum bekämpfen.

Art. 136 EG-V
– die Ziele der Gemeinschaft: Die GS und die MS verfolgen.. Folgende Ziele: die Förderung der Beschäftigung, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen…und die Bekämpfung von Ausgrenzungen.
Absatz 2: Zu diesem Zweck führen die GS und die MS Maßnahmen durch.. um die in Abs 1 genannten Ziele zu erreichen
3. Absatz: weist nicht auf Gleichbehandlung direkt hin, ist aber eine
Rechtssetzungsermächtigung. (siehe EG-Vertrag) Ziel der Gemeinschaft war es im beruflichen Bereich eine Gleichstellung zu erreichen, in Art 136 ist das eine erste Kompetenznorm.

Art. 141 EG Abs 1: Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Ist die letzte Bestimmung im EG-Vertrag zur leichstellungsthematik und sie ist die präziseste. Die Gleichstellung wird nicht nur erwähnt, sondern die Festlegung wir wollen gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit.
Abs 2: Definition des Begriffes „Entgelt“. Kurzfassung: alle Leistungen des
Dienstgebers (Geld- aber auch Sachleistungen) die dieser aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses auszahlt.
Abs 3: Der Rat beschließt…= eine Rechtssetzungsermächtigung an den Rat.
Der Rat hat die Rechtsetzungsermächtigung genutzt: Es gibt eine RL, wo dieses Rechtssetzungsprinzip noch etwas ausdrücklicher verankert ist.

In der Zwischenzeit gibt es nur mehr eine RL – die fünf frühere RL aufgehoben hat

Es gibt einen eigenen Artikel in der EU-Verfassung zur Nicht-Diskriminierung:

Art. II-81 Nichtdiskriminierung
Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts (Frauen!), der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.
Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Art. II-83 Gleichheit von Frauen und Männern
Die Gleichheit von Frauen u. Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelt sicherzustellen.
Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

Ist das besser als dass was wir im EG-Vertrag haben?
Ja, es geht doch ein bisschen weiter: Gleichbehandlung bezieht sich auf „Beschäftigung, Arbeit u. Arbeitsentgelt„ während die Bestimmung im EG-V ja nur von „gleiches Entgelt f. gleich oder gleichwertige Arbeit“ spricht, es geht doch ein bißchen weiter.
Im 2. Absatz wird die Möglichkeit geboten, nationale Bestimmungen beizubehalten, die günstiger sind (es ist zwar selten, aber manchmal sind auch Männer das unterrepräsentierte Geschlecht).

Art. III-116
Bei allen in diesem Teil genannten Maßnahmen wirkt die Union darauf hin, dass Ungleichheiten zw. Frauen u. Männern beseitigt werden u. die Gleichstellung von Frauen u. Männern gefördert wird.

(Bestimmung ist allerdings sehr allgemein)

Art. III-118
Bei der Festlegung u. Durchführung der Politik bei den in diesem Teil genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

Art. III-210 eine Aufzählung bezüglich der Ziele wie wir sie aus dem EG-Vertrag kennen. Dh zur Verwirklichung u. Ergänzung der Ziele unterstützt die Union die Tätigkeit der MS in folgenden Bereichen: Arbeitsbedingungen, Arbeitsumwelt, der Schutz der AN bei der Beendigung des AV oder währenddessen…..auch hier Hinweis auf die Chancengleichheit von Frauen u. Männern auf dem Arbeitsmarkt u. Gleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt.

Art. III-214 Jeder MS stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts f. Männer u. Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Dann folgt die Definition des Entgelts, etc...
Die altbekannte Bestimmung aus dem EG-V wurde übernommen, mit einigen Ergänzungen, was die Union im Bereich d. Gleichstellungspolitik wirklich erreichen will.

Näheres kommt, sofern ich mehr Zeit habe ;)

Hochachtungsvoll - Näugelchen
Cheerio!

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» Näugelchen » Beiträge: 1328 » Talkpoints: -13,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo,

zuerst mal möchte ich mich bedanken, dass du so etwas hilfreiches hier postest. Kann das nämlich ziemlich gut gebrauchen, da wir in Deutsch im Moment "Argumentieren" lernen und wir in letzter Zeit über Benachteiligung der frauen, Frauen in Männerberufen, etc. geredet haben.

Einige Sachen, die da drinn stehen wusste ich gar nich so genau. Grob wusste ich circa wie das Ganze ungefähr aussschaut :lol: .

Mfg Chief

» _Chief_ » Beiträge: 239 » Talkpoints: -0,31 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Servus!

Grundbegriffe
o Primäres Unions-/Gemeinschaftsrecht: Gründungsverträge, Änderungsverträge, Beitrittsverträge zur EU
o sekundäres Unions-/Gemeinschaftsrecht: auf der Basis und im Rahmen der Gründungsverträge erlassenes abgeleitetes Recht (Verordnungen, Richtlinien RL, Entscheidungen, Beschlüsse, etc.)

Umgelegt auf unser Rechtssystem kann man sich das so vorstellen, dass primäres Recht das Verfassungsrecht ist und davon abgeleitet, die nationalen Gesetze – beispielsweise. Das Gemeinschaftsrecht ist unmittelbar anwendbar.

Unmittelbare Anwendbarkeit
Die Regelungen, die in Brüssel erlassen werden, schlagen unmittelbar auf uns - das Volk - durch.

RL dagegen müssen umgesetzt werden (Die Richtlinien kommen von Brüssel ins Österr. Parlament, dort wird geschaut, müssen die Richtlinien umgesetzt werden und bringen so die Richtlinien zum Volk)

Die wichtigsten Rechtsakte:
Verordnung
o Generell-abstrakte Norm mit allgemeiner Geltung (nicht auf einen Einzelfall bezogen)
o Allgemeine Geltung (für alle Bürger, nicht für konkrete Einzelperson)
o Verbindlichkeit in allen ihren Teilen (Die Verordnung wird im Amtsblatt veröffentlicht, tritt mit x. Tag in Kraft. Sobald die Verordnung in Kraft tritt, gilt die Verordnung in Ö als Recht, ist geltendes Recht in Österreich)
o Unmittelbare Geltung
o Verordnung gilt in jedem Mitgliedstaat (Adressaten der Verordnung sind die Mitgliedsstaaten und die Bürger)
o Ersetzt nationales Recht der Mitgliedsstaaten
Verordnungen sind für Gleichbehandlungsfragen weniger bedeutsam...

Richtlinie
o Generell-abstrakte Norm
o Adressat sind die Mitgliedsstaaten
o Verbindlichkeit hinsichtlich des zu erreichenden Zieles (nicht in all ihren Teilen)
o Wahl von Form und Mittel der Umsetzung wird dem Mitgliedsstaat überlassen (Richtlinie ist inhaltlich selten so genau determiniert wie eine Verordnung; Mtgliedsstaat kann sich aussuchen, mit welchem Rechtsakt er die Richtlinie umsetzt, und sollten nationale Gesetze bestehen, die der Richtlinie gerecht werden, braucht er es gar nicht machen)
o Sinn und Zweck der Richtlinie: Sie harmonisiert nationales Recht (Ziele der EU sollten in den Mitgliedsstaaten irgendwann auf einer Ebene liegen)

Nicht umgesetzte RL
„Rettungsansätze des EuGH“
o unmittelbare Wirkung
o objektive Wirkung
o Richtlinienkonforme Interpretation
o Schadenersatz

Die unmittelbare Wirkung der Richtlinie: eine Richtlinie muss in nationales Recht umgesetzt werden. Wenn der Mitgliedsstaat die Richtlinie nicht umsetzt -> er macht nichts - die Richtlinie gilt aufgrund der unmittelbaren Wirkung trotzdem, kann der Einzelne sie geltend machen.

Voraussetzung für unmittelbare Wirkung:
1) Wenn die Richtlinie dem Bürger Rechte verleiht und dem Staat Pflichten auferlegt, dh zugunsten des Bürgers, zulasten des Staates
2) Die Richtlinie ist noch nicht umgesetzt und sie muss inhaltlich hinreichend determiniert sein, dann kann sich der Einzelne auf die Richtlinie berufen.


Hochachtungsvoll - Näugelchen
Cheerio!

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» Näugelchen » Beiträge: 1328 » Talkpoints: -13,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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