Können Mobbing-Opfer auch selbst schuld sein?

vom 17.03.2013, 16:04 Uhr

Es gibt immer wieder reale Fälle von Mobbing und daneben noch eine ganze Reihe von kleineren Schikanen, die oft mit unter dem Begriff Mobbing zusammengefasst werden. Falls jemand wirklich gemobbt wird und darunter massiv zu leiden hat, weil andere Leute ihm tatsächlich sehr zusetzen, finde ich das schon sehr schlimm. Vieles kann man sicher, sofern man sich stark genug dazu fühlt, an sich abprallen lassen. Aber es bleiben sicher immer noch Situationen übrig, mit denen der Betroffene einfach nicht zurechtkommt.

In manchen Fällen ist es aber auch so, dass sich die späteren Mobbing-Opfer zuvor nicht gerade angenehm verhalten haben. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass jemand andere zunächst schikaniert und erst daraufhin gemobbt, beziehungsweise ebenfalls gemobbt wird. Mich stört der Begriff Mobbing in diesem Zusammenhang, allerdings finde ich keinen treffenden Begriff, der die Situation angemessen beschreibt.

Kann es sein, dass manche der Leute, die über Mobbing klagen, vielleicht nicht in erster Linie Opfer, sondern auch Täter sind? Oder kann es sein, dass diese Personen sich durch ihr Verhalten zum Opfer gemacht haben? Kennt ihr Fälle, in denen sich jemand über Schikanen am Arbeitsplatz, in der Schule, in Sportvereinen oder sonst irgendwo beschwert hat, nachdem die Person anderen vielleicht selbst zugesetzt oder diese provoziert hat? Seht ihr jemanden, der über Mobbing klagt, immer und ausschließlich als Opfer an, oder hinterfragt ihr die Ursachen?

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich persönlich definiere den Begriff "Mobbing" eher im Zusammenhang mit Leuten, die eigentlich nicht selbst Schuld an ihrem Fall als Opfer haben. Wie die offizielle Definierung lautet kann ich an dieser Stelle nicht sagen, aber am Ende muss jeder selbst wissen wie er Mobbing einstuft. Es mag durchaus Fälle geben, in denen sich das Mobbingopfer vorher so verhalten hat, dass es aufgrund dieses Verhaltens in diese Lage gekommen ist. Ich denke aber nicht, dass das sehr oft vorkommt. Generell würde ich behaupten, dass dies vielleicht maximal 15 % der Mobbingopfer ausmacht.

Ich kenne allerdings einen Fall, dem man ein wenig dieser Thematik zuordnen kann. Es gab während meiner Ausbildung in meiner Berufsschulklasse jemanden, der wohl wegen seiner Taten zum Mobbingopfer wurde. Ein Teil davon lag aber in seiner Vergangenheit, von der wir von einem anderen Klassenkameraden erfahren haben. Ich möchte mal nicht ins Detail gehen, aber da waren teilweise Sachen dabei, die richtig abartig waren und bei keinem auf Verständnis gestoßen ist. Es war auch nicht abzusehen, dass er sich ändert, es war sogar eher das Gegenteil der Fall. So etwas war auch mir völlig neu, denn ich kannte bisher nur Mobbingfälle, bei denen das Opfer keine wirkliche Schuld an seine Lage getragen hat.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Das ist ja das gleiche als wenn du fragst, ob ein Vergewaltigungsopfer selber Schuld ist, wenn es vergewaltigt wird. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Selbstverständlich ist keiner Schuld, wenn er zum Opfer wird. Wenn etwas vorhergegangen ist, warum man dann ein Opfer schikaniert, hat es schon was von Rache und Selbstjustiz. Aber wenn nicht so schwer wiegendes vorgefallen ist, dass es an einer Straftat grenzt, dann rechtfertigt es doch so was nicht und wenn etwas vorgefallen ist, was eine Straftat ist, soll man die Polizei einschalten und nicht mobben.

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» Sherlock-Holmes » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Sherlock-Holmes hat geschrieben:Das ist ja das gleiche als wenn du fragst, ob ein Vergewaltigungsopfer selber Schuld ist, wenn es vergewaltigt wird.

Da übertreibst du leider ein wenig. Ich schrieb bereits, dass ich den Begriff Mobbing nicht immer ganz passend finde. Ich habe schon mehrfach Leute erlebt, die sofort über Mobbing geklagt haben, wenn sie nur schief angeschaut wurden. In manchen Fällen handelte es sich gerade um solche Personen, die andere Personen zuvor provoziert hatten und das Echo dann nicht vertragen konnten. Siehst du solche Leute auch als arme Opfer an? Ich denke schon, dass solche Leute dann auch selbst Schuld sind, wenn sie gemieden und nicht immer so freundlich behandelt werden. Aber für meinen Geschmack ist das auch kein Mobbing, auch wenn manche sofort von Mobbing sprechen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke auch, dass es eine Frage der Definition ist. Nicht jede schlechte oder unhöfliche Behandlung ist gleich Mobbing für mich. Für mich gehört dazu, dass das Opfer wirklich keinen Anlass gegeben hat und dass die Täter absichtlich handeln.

Im Bekanntenkreis gibt es gerade den Fall, dass ein angebliches Mobbing-Opfer nach dieser (meiner) Definition gar keines ist. Eine neue Kollegin kam in die Abteilung, angeblich war es eine Versetzung vom alten Platz weg wegen Mobbings. Diese Kollegin mischte die Abteilung dann aber sofort auf. Sie hielt sich an keine einzige Verhaltensregel oder Arbeitsweise, sondern machte alles so, wie es ihr passte. Sie hat dabei viele Leute vor den Kopf gestoßen, denn sie ist dabei auch noch unhöflich und weist alle in ihre Schranken, die es gar nicht gibt. Die Leute aus der Abteilung haben sich nun zusammen geschlossen, weil sie sich dieses Verhalten nicht bieten lassen wollen und sich ihr gutes Arbeitsklima nicht kaputt machen lassen wollen. Sie weisen nun die neue Kollegin ihrerseits in ihre Schranken und grenzen sie von fast allem aus, damit sie nichts anstellen kann.

Dieser Fall wäre für mich kein Mobbing, denn die neue Kollegin hat dieses Verhalten durch ihr eigenes heraufbeschworen. Und außerdem lässt es mich bezweifeln, dass es an ihrem alten Arbeitsplatz wirklich Mobbing gegeben hat, insbesondere, weil diese Kollegin dorthin zurück möchte. Ich denke, bei dem Begriff Mobbing sollte man recht vorsichtig sein, und sich vorher immer beide Seiten anhören, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich habe es bisher auch nur erlebt, dass ein Mobbing Opfer, dann auch wirklich ein Opfer war. Ich habe mir damals, als ich auf der Arbeit darunter gelitten habe, oftmals gewünscht, dass es denen die eben gemobbt haben, mal so geht, dass sie plötzlich das Opfer solcher Mobbing Attacken sind und dann am eigenen Leib erfahren, wie sich das eben anfühlt.

Aber ich denke, dass es auch vorkommen kann, dass jemand etwas Teilschuld hat, wenn er plötzlich gemobbt wird. Wenn jemand zum Beispiel ein richtiger Schleimer ist und das beim Chef dauernd einsetzt oder gar ständig petzt und andere Kollegen in die Pfanne haut, so macht er sich doch selbst schon bei den Kollegen unbeliebt und es entsteht sicher schnell Mobbing.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Sherlock-Holmes hat geschrieben:Selbstverständlich ist keiner Schuld, wenn er zum Opfer wird.

Das sehe ich selbst auch anders. Wobei ich den Begriff Schuld etwas unpassend finde und eher durch Verantwortung ersetzen würde. Deinen Vergewaltigungsvergleich finde ich auch krass, aber ich möchte dennoch darauf eingehen. Von Schuld würde ich wie gesagt nicht sprechen! Aber verantwortlich bin ich durchaus für mein Handeln. Wenn ich mir als Frau meiner Reize bewusst bin und aktiv damit spiele, das Ganze dann noch mit Alkohol paare, so würde ich mich nicht wundern, wenn ich am nächsten Morgen feststelle, dass mir doch mal jemand die wenigen Klamotten vom Leib gerissen hat. Dafür trage ich dann durchaus auch Verantwortung.

Ebenso ist man meiner Meinung nach auch dafür verantwortlich, wie man selbst agiert und auf andere wirkt. Viele Leute fallen dabei bewusst auf, ziehen ihre Individualität der Anpassung an Gruppen vor. Das führt nicht selten zu einem gewissen Außenseiterstatus. Und wenn man über lange Zeit zum Beispiel regelmäßig Einladung zu gemeinsamen Aktivitäten ausschlägt, so muss man sich auch nicht wundern, wenn diese dann nicht mehr kommen.

Ebenso habe ich Vorgesetzte erlebt, über die jeder herzog und teilweise wurden sogar Scherze auf ihre Kosten gemacht und quasi Streiche gespielt, wie man sie sonst nur von Jugendlichen kennt. Einen solchen Menschen erlebt ich selbst, wie er neu in das Unternehmen kam, bzw. aus einer anderen Filiale wechselte. Der erste Eindruck zählt, heißt es oft. Und dieser war für viele aus der Belegschaft negativ. Es begann also bereits mit Tuscheleien, weil "der Neue" sich sonstwas auf sich eingebildet hat, arrogant rüberkam oder einen direkt herum scheuchen wollte. Schnell drang dann zu uns durch, dass seine früheren Mitarbeiter seinen Weggang gefeiert haben.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Über diese Frage habe ich auch schon einige Male nachgedacht und ich bin auch zu dem Ergebnis gekommen, dass manche späteren Opfer von Mobbing ihr Problem zu einem Teil selber verschuldet haben. Im Kollegenkreis hatte ich zweimal den Eindruck, dass es bei diesen Kolleginnen so der Fall war. Die erste Kollegin war wegen Mobbings an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz zu uns gewechselt und bei ihr habe ich auch vermutet, dass das Mobbing zu einem großen Teil an ihr lag, weil sie von ihrer Art einfach recht merkwürdig war.

Natürlich sollte das kein Grund sein, jemanden zu mobben, aber sie versuchte auch bei uns gleich, neue Dinge einzuführen, die nicht gerne gesehen waren und sah sich dann schnell als Opfer, weil diese Dinge nicht so ankamen, wie sie sich das erhofft hatte. Das ist für mich noch lange kein Mobbing, aber vielleicht hat sie bei ihrer anderen Stelle genauso agiert und es als Mobbing angesehen, dass ihr wohl Steine in den Weg gelegt wurden.

Eine andere Kollegin hatte ich, die uns alle regelrecht tyrannisiert hatte und sich ohne Grund fast als "Chefin" betrachtet hat, nur weil sie mit der Tochter des Chefs befreundet war. Sie hat sich uns gegenüber nicht gerade toll verhalten und uns auch schon mal beim Chef wegen Kleinigkeiten angeschwärzt. Dabei war es dann auch so, dass sie sich irgendwann gewundert hat, dass niemand mehr richtig mit ihr sprach und die dann auch meinte, dass dies Mobbing sei. Ich bin eher der Meinung, dass sie für die Situation selber verantwortlich war und dass es kein Mobbing war, sondern wir uns nur schützen wollten, indem wir ihr nicht alles erzählten, was wir z.B. falsch gemacht haben oder auch persönliche Dinge.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


@Sherlock Holmes, ich finde, du stellst manchmal sehr schräge, eigenartige Vergleiche an. Da frage ich mich, wo du die her hast? Wie kannst du eine Vergewaltigung mit Mobbing vergleichen? Oder bist du der Meinung, dass Mobbing einer psychischen Vergewaltigung gleichkommt?

Manche Menschen benehmen sich eigenartig, wollen als wer weiß was Bessere erscheinen ärgern und belügen ihr Mitmenschen oder Arbeitskameraden. Wenn solche Menschen dann gemobbt werden, sind sie selbst daran schuld. Denn alle anderen schlafen nicht und beginnen, sich zu wehren. Wenn es anfangs Rache bedeutet, kann es später nicht mehr aufgehalten werden und wird zum Mobbing.

Jemand, der im Berufsleben alles dem Chef hinterbringt, muss sich nicht wundern, wenn er ausgeschlossen und gemobbt wird. Kommt er damit nicht klar, muss er seine Art ändern. Nicht immer kann ein Mobbingopfer selbst etwas dafür, dass so mit ihm umgesprungen wird. Da hilft nur ein offenes Gespräch mit einer Vertrauensperson und eventuell eine Anzeige.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


@Cid: Warum ist das ein eigenartiger Vergleich? Hast du schon mal ein Mobbingopfer gesehen, welches mit diesem Mobbing nicht fertig wird? Ich leider ja. Dieser Mensch hat sich das Leben genommen, weil er mit dem Mobbing nicht fertig wurde und ja, ich vergleiche es mit einer Vergewaltigung. Denn auch da wird etwas mit einem gemacht, was man nicht will. Auch wenn das Opfer "nein" sagt, wird weiter gemacht. Warum sollte man da eine andere Bezeichnung haben.

Und keiner ist Schuld daran, wenn er zum Opfer wird. Warum muss man jemanden mobben, nur weil er sich in der Vergangenheit nicht so benommen hat, wie man es gerne sieht oder sich eben auch in der Gegenwart nicht so verhält wie die Allgemeinheit? Warum spricht man nicht vernünftig mit diesem Menschen? Warum mobbt man ihn? Dann ist man meines Erachtens nicht besser und braucht sich dann auch nicht wundern, wenn dieser Mensch dann auch wieder gemobbt wird. Ist er doch selber Schuld, oder wie soll ich das verstehen? So ein Unsinn. Keiner ist selber Schuld und wenn es so ist, dass man selber Schuld wäre, dann würde das ein Schneeballeffekt sein.

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» Sherlock-Holmes » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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