Können Mobbing-Opfer auch selbst schuld sein?

vom 17.03.2013, 16:04 Uhr

Mobbing ist ein komplexes psychisches, interpersonelles Phänomen, das kann man nicht so einfach analysieren wie ein Verbrechen. Es sind immer zwei Seiten daran beteiligt. Es wird natürlich schon oft so sein, dass bei Mobbing ein (aus welchen Gründen auch immer) Schwächerer als Opfer herhalten muss.

Ich habe aber auch schon erlebt, dass jemand sich als Opfer fühlt, obwohl eigentlich alle gleich behandelt werden. Es kann doch einfach sein, dass allgemein ein etwas härterer Ton herrscht oder man sich einfach mehr oder weniger aus Spaß gegenseitig etwas auf den Arm nimmt, aber es vielleicht ein sanft besaiteter Kollege todernst nimmt und es als Mobbing wahrnimmt, obwohl es gar nicht ernst gemeint ist. Die anderen Kollegen merken das vielleicht gar nicht, weil sie sich schon seit Jahren so verhalten und sich das "Opfer" aufgrund dem fehlenden Selbstbewusstsein nicht wehrt und alles in sich hineinfrisst. Man kann nicht von jedem erwarten, dass er psychologisch so geschult ist, um so etwas zu erkennen. Und dass es selbst unter Beaufsichtigung von pädagogisch geschulten Personal zu solchen Fällen kommt, sieht man an den ganzen Amokläufen an Schulen.

Ich habe aber auch Fälle erlebt, in denen das Mobbing-"Opfer" durchaus nicht unerheblich mitschuldig daran war, "Opfer" zu werden. In diesen Fällen waren sie nämlich eigentlich die Täter, da sie ihre Kollegen regelrecht terrorisiert haben. Mit solchen Menschen lässt sich oft nicht vernünftig reden, weil sie selbst irrational handeln. Auch Beschwerden bei den Vorgesetzten haben zu nichts geführt, und irgendwie müssen sich die Kollegen dann selbst schützen und verteidigen. Das führt dann zu einem Verhalten, das in manchen Ausprägungen von außen wie Mobbing bewertet werden könnte. Schuld ist aber in solchen Fällen der eigentliche Täter. Einen Vergleich mit einer Vergewaltigung kann man in solchen Fällen beim besten Willen nicht ziehen.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich bin auch der Meinung, dass Mobbing Opfer nicht selbst daran Schuld sind, wenn sie von anderen schikaniert werden. Ich selber wurde in der siebten Klasse auch sehr von einem Mitschüler gemobbt und ich kann nur sagen, es war eine sehr schlimme Zeit für mich, Mobbing ist keinesfalls etwas, was man unter "nur Spass" abstempelt. Wie schon ein Vorredner gesagt hat, gibt es Menschen, die mit Mobbing psychisch nicht fertig werden und sich daraufhin das Leben nehmen.

Ich habe vor einer Zeit Mal wieder miterlebt, wie ein Mädchen am Bahnhof gemobbt wurde. Dies habe ich meinem damaligen Freund erzählt und er hatte auch später gesagt, dass manche Leute selbst daran Schuld sind, wenn sie gemobbt werden, aber das sehe ich falsch. Sie hat niemanden etwas getan, sie war nur etwas dicker. Was ist zum Beispiel so schlimm daran, wenn ein Schüler sich beim Lehrer einschleimt? Ist das nicht ihre Sache, ob sie das machen? Sie greifen nämlich niemand anderen verbal dabei an. Und wenn sich wirklich einer Mal daneben benimmt, dann kann man doch in Ruhe reden, warum muss man denn sofort mobben? In einer Situation kann ich Mobbing verstehen, aber das wäre nur dann, wenn das Opfer sich wehrt und wenn dem Opfer Leute beistehen, die auch Mal ein paar Worte dazu sagen.

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» Marina_1 » Beiträge: 1089 » Talkpoints: 55,86 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich finde den Vergleich mit der Vergewaltigung auch nicht so abwegig. Vor allem, wenn man über einen längeren Zeitraum gemobbt wird, wirkt sich das enorm auf die Psyche aus. Ich denke auch, dass ein Großteil der Opfer nicht Schuld an der Lage ist, da Mobbing auch oft etwas mit Macht ausspielen zu tun hat und nicht unbedingt mit Rache, die aber durchaus der Auslöser sein kann. Wird diese einzelne Racheaktion über einen längeren Zeitraum ausgedehnt und werden auch andere Menschen mit einbezogen, dann ist das kein"harmloser" Racheakt und auch kein Denkzettel mehr, sondern dann ist das Mobbing. Und das ist grundsätzlich schlimm und nicht zu tolerieren.

Mobbing ist immer furchtbar, egal welche Vorgeschichte das Opfer hat, das rechtfertigt niemals ein solches Verhalten.

» alyara » Beiträge: 23 » Talkpoints: 15,56 »



Als ehemaliges Mobbingopfer bin ich ebenfalls der Meinung, dass der Vergleich von Mobbing und Vergewaltigung zwar schon sehr heftig ist, es im Kern aber durchaus trifft. Was die Situation eines Gemobbten ausmacht ist ja vor allem die Tatsache, dass er dem Ganzen ausgeliefert ist und kaum etwas tun kann. Sich erfolgreich als Einzelperson gegen einen Verbund zu richten, der es auf einen abgesehen hat, ist schwierig bis unmöglich, vor allem dann, wenn man als Gemobbter erst einmal eine Zeit lang zermürbt wurde.

Die Frage, ob ein Mensch selbst am Mobbing schuld sein kann, finde ich recht schwierig. Denn es kommt ja durchaus vor, dass jemand eine Entscheidung trifft und in der Konsequenz gemobbt wird. Zum Beispiel, wenn sich jemand aus freien Stücken dazu entscheidet, fortan als Gothic herumzulaufen, weil er sich darin nun einmal am wohlsten fühlt (so meine Erfahrung), dann zieht er damit natürlich die Aufmerksamkeit anderer auf sich und wird sehr viel eher gemobbt als jemand, der eben nicht bewusst Aufmerksamkeit erregt. (Und damit meine ich Aufmerksamkeit erregt, nicht unbedingt will). Ist so jemand jetzt selbst schuld, schließlich hätte er ja auch normal herumlaufen können? Oder ist es die Schuld derjenigen, die mobben, weil die nicht akzeptieren können, dass derjenige sich nun einmal anders wohlfühlt?

Für mich selbst habe ich die Entscheidung getroffen, dass es eine bewusste Entscheidung ist und man sich schon des Risikos bewusst sein sollte, das solche Dinge mit sich bringen. Aber von Schuld würde ich dennoch nicht sprechen, die sehe ich ganz klar bei denjenigen, die mobben und die ich als sehr charakterschwache Menschen einordne. Von all den Fällen, wo Menschen wegen Dingen, auf die sie keinen Einfluss haben (Behinderung, Stottern etc.) einmal ganz zu schweigen.

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» JaJaVogel » Beiträge: 74 » Talkpoints: 42,09 »



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