Drohende Versorgungslücke im Alter, macht ihr euch verrückt?

vom 07.01.2013, 23:07 Uhr

Klehmchen hat geschrieben:Und wenn dein Fernfahrer da 1000 Euro direkt durchgereicht bekommt aus seinen steuerfreien Zusatzverdiensten, dann soll er doch einfach mit einem Teil davon vorsorgen. Hätte er das ordentlich versteuert, dann wären doch auch bloß 600 oder 700 Euro davon übergeblieben.

Auch wenn es für dich und mich nichts neues ist, für den normale Bürger ist das etwas neues und dieser fällt aus allen Wolken. Problem dabei ist, dass die meisten mit ihrem letzten Nettogehalt rechnen und davon dann die Rente ermitteln. Passt das nicht, dann wird angerufen bei der Rentenversicherung oder auch beim Finanzamt. Was meinst du, wie oft ich solche Anrufe bekomme von Neurentnern auch wegen der Abgabe der Einkommenssteuererklärung? Diese kommen täglich und jedes mal das gleiche Thema nebenbei oder als Hauptthema, warum es so wenig ist (steuerfreie Zuschläge).

Problem bei den 1000 Euro auf die Kralle sind, dass du damit nicht mehr weit kommst in bestimmten Regionen. Klar kann ich nun diesem Rentner sagen, zieh um in den Osten nach Weißenfels und hol dir eine Wohnung für 300 Euro warm. Wohnt dieser in Stuttgart und hat da seit 40 Jahren seinen Lebensmittelpunkt, dann sind die 1000 Euro nichts und gehen alleine für die Mietwohnung kalt drauf. Wovon willst du dann noch leben? Zu Zeiten, als er noch gearbeitet hat, hat es ebenfalls für das notwendigste gereicht aber eben nicht, um davon noch Rücklagen zu bilden oder es gar für die Altersvorsorge anzulegen.

Dazu die Annahme, dass man die Rente nicht erreicht und von daher nichts machen müsste. Gerade von jüngeren hört man das oft, "ich weiß nicht was ich heraus bekomme, deswegen zahle ich nichts ein". Und Alternativen lohnen sich auch nicht für jeden sonderlich, Riester ist komplett unattraktiv für Kinderlose, mit Kindern lohnt es sich wenn die Kinder nach dem 31.12.2007 geboren wurden. Was an Zulage bei raus kommt, ist ebenfalls ein Witz. Da bekommst du anderweitig mehr, musst dich ggf. damit auch mehr befassen und dauerhaft, als einfach nur mit einer Unterschrift.

Was ich dafür verantwortlich mache, sind vor allem das mangelnde Interesse für solche Angelegenheiten und auch die Gewerkschaften wie auch Arbeitgeber, die sich immer mehr auf die Schiene mit Steuerfreien Zuschlägen und Steuerfreien Gehalt aufstellen, zu kosten der Arbeitnehmer. Die sich dafür eben nicht interessieren und nicht genug aufgeklärt sind, und hinterher dann nochmals dafür die Rechnung tragen.

Ohnehin ist es schon ein Unding, dass jemand der sein Einkommen als Arbeitnehmer mit Nichtselbstständiger Arbeit ein Leben lang besteuert hat wenn er es verdient hat, es nochmals besteuern muss, wenn er hinterher die Gegenleistung, die es als gesetzliche Rente ausgezahlt gibt bekommt. Im Endeffekt das was übrig bleibt, wird nochmals weiter besteuert mit vielen anderen Verbrauchssteuern, aber diese zahlen auch die Konsumenten nach der ersten Besteuerung. So bleibt aber im Endeffekt auch immer weniger übrig, für die eigene Existenz.

Aber was du meinst mit System kippen und finanzieren auf Steuern ist eben auch nicht richtig. Die sozialen Abgaben sind eben keine Steuern, sondern nochmal etwas anderes. Würde man das kippen wollen, dann würden nicht die Steuern nach oben gehen, sondern in erster Linie die sozialen Abgaben, aus denen sich das hinterher auch finanziert. Dann sind wir nicht bei 16% Arbeitnehmeranteil für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern gut und gerne bei 40-50%. Und das würde schon weit vor dem Rentenbeginn zu Problemen führen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Sorae hat geschrieben:Aber was du meinst mit System kippen und finanzieren auf Steuern ist eben auch nicht richtig. Die sozialen Abgaben sind eben keine Steuern, sondern nochmal etwas anderes. Würde man das kippen wollen, dann würden nicht die Steuern nach oben gehen, sondern in erster Linie die sozialen Abgaben, aus denen sich das hinterher auch finanziert. Dann sind wir nicht bei 16% Arbeitnehmeranteil für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern gut und gerne bei 40-50%. Und das würde schon weit vor dem Rentenbeginn zu Problemen führen.

Naja es wäre wenn dann eher so, dass man alle Abgaben streicht, meinetwegen 50 Prozent Steuern erhebt und alles in einen Topf geht. Und dann kann man halt jedes Jahr das aus dem Topf nehmen, was drin ist und wenn der Topf alle ist, dann ist halt alle. Ich sag ja, sicherlich auch nicht die richtige Lösung.

So traurig es für viele ist, die Lösung kann eben eigentlich rein mathematisch nur lauten, länger zu arbeiten. Dann wird auch mehr eingezahlt und die Rentenkasse muss nicht soviel auszahlen. Dann wäre auch ein höheres Rentenniveau zu finanzieren. Nur ist das dem gemeinen Arbeitnehmer nicht zu vermittlen. Den intressiert keine Mathematik, sondern nur mehr Netto vom Brutto für idealerweise weniger Arbeit.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Nur länger zu arbeiten, das kann keine Lösung sein, weil viele Arbeitnehmer das nicht packen. Das ist dann dank der Abschläge nur eine Senkung des versprochenen Rentenniveaus durch die Hintertür. Man könnte auch das niederländische Modell wählen.

Dort bekommt jeder, der im Alter zwischen 15 und 65 dort gelebt hat, die volle Rente. Ob er gearbeitet hat oder nicht, das ist unerheblich. Für jedes Jahr das man nicht im Land gelebt hat, verliert man zwei Prozent. Die Rente beträgt mindestens 70 Prozent des Nettos vom Mindestlohn eines Alleinstehenden. Wer besser verdient hat, bekommt 45 Prozent seines Durchschnittsverdienstes.

Damit fällt die Rente auch für Gutverdiener mager aus, denn die finanzieren die anderen mit. Aber niemand muss zum Amt und Grundsicherung beantragen. Das ist nicht nur angenehmer für die Betroffenen, es spart auch massiv Verwaltungskosten. Die staatliche Rente ist der Kaffee.

Zudem ist die betriebliche Altersvorsorge weiter verbreitet. Das ist die Milch. Und werden noch Geld übrig hat, der Mann zusätzlich privat vorsorgen. Das sind die Schokostreusel. Fertig ist die Cappuccino -Rente. So kann man es auch lösen.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Klehmchen hat geschrieben:Naja es wäre wenn dann eher so, dass man alle Abgaben streicht, meinetwegen 50 Prozent Steuern erhebt und alles in einen Topf geht. Und dann kann man halt jedes Jahr das aus dem Topf nehmen, was drin ist und wenn der Topf alle ist, dann ist halt alle. Ich sag ja, sicherlich auch nicht die richtige Lösung.

Mit 50% kommst du dann ebenfalls nicht hin. Der Spitzensteuersatz liegt bei 46%, also knapp darunter. Enthalten sind darin noch keine sozialen Abgaben. Aber auch wenn du das so regeln würdest, würden Annehmlichkeiten wie die Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen damit auch wegfallen, die das ganze für den Steuerbürger mindern. Sprich jeder wäre dazu noch in einer höheren tariflichen Einkommenssteuer eingruppiert, als es aktuell der Fall ist. Damit hast du dann auch das Ungleichgewicht z.B. zu den Familien mit Kindern die Entlastungen erhalten, die der Single ohne Kinder nicht bekommt. Damit würde jeder das gleiche zahlen, im Grundgedanke zwar nett, aber soziale Gerechtigkeit bzw. der Grundsatz Sozialstaat der in der Verfassung verankert ist, damit wieder nicht beachtet.

Kannst du ja jetzt rechnen die sozialen Abgaben, dazu die Einkommenssteuer, der Soli und die Kirchensteuer. Würdest du das alles in einem Topf einbehalten als "Steuer" und nicht aufteilen, wärst du heute schon bei einem Durchschnittsbürger bei etwa 65% der Einkünfte, die du einbehalten müsstest nur damit es gedeckt ist. Abschaffung von Soli würde das ganze nur minimal schmälern, den Rest kannst du nicht abschaffen, da sich der Staat finanzieren möchte und natürlich auch der Rest. Nun frage dich mal, ob du mit 35% deines Einkommens über die Runden kämst. Ganz banal in Zahlen, bei 1000 Euro Einkommen hättest du im Monat 350 Euro zum Überleben. Davon zahlst du zwar keine Krankenversicherung mehr, aber selbst für einfache Dinge wie Miete reicht es bei vielen dann schon nicht mehr. Da es für jeden gleich ist, hat der Single dann 350 Euro oder auch eben die Familie mit Ehepartner und 2 Kindern, wenig realistisch.

Der Topf ist doch schon leer, der Rententopf wurde missbraucht für andere Dinge von Politikern und das schon vor Jahren. Das so etwas noch gewählt wurde und auch wieder gewählt wird, es scheinbar vergessen wurde, dass dieses Problem "hausgemacht" wurde, juckt nun niemanden mehr. Klar muss man dieses Loch stopfen, was man damit versucht mit länger Arbeiten und "moderat" steigenden Beiträgen. Zwar wäre es schon zu dem Zeitpunkt gekommen, dass dieser Topf mal leer wird auch wegen des demografischen Wandels, aber nicht zu diesem Zeitpunkt sondern später. Da hätte man noch andere Maßnahmen ergreifen können mit Umschichtungen, geringer steigenden Beiträgen, Wahlmöglichkeiten für Arbeitnehmer z.B. wie für Bergleute geltend (zahlen mehr Prozente ein, um vorher Abschlagsfrei in Rente gehen zu können) für die breite Masse schaffen können. Das nun ist einfach nur noch Flickenschusterei.

Du kannst rechnen was du möchtest, selbst wenn die Krankenkassen ihren Leistungskatalog noch weiter nach unten schrauben und jeder nur noch die Mindestversorgung erhalten würde im Notfall und ansonsten selbst zur Kasse gebeten wird, würdest du mit 50% Abgaben mit dem dann "alles" abgegolten sein soll, nicht hinkommen. Denn kaum wird an einer Ecke gespart, meint ein anderer das Geld mit vollen Händen ausgeben zu können was nun eingespart wird, auch für Investitionen die mit der eigentlichen Zweckverwendung nichts zu tun haben, kennt man bereits und findet politisch täglich statt. Und auch das Grundgesetz in der Form der Gewaltenteilung würde dem widersprechen, wenn man alle Gelder für diese Absicherung in eine Hand legen würde. Von daher ist da ein utopischer Gedankengang, da diese Änderung so nie stattfinden würde und könnte.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Sorae hat geschrieben:
Klehmchen hat geschrieben:Naja es wäre wenn dann eher so, dass man alle Abgaben streicht, meinetwegen 50 Prozent Steuern erhebt und alles in einen Topf geht. Und dann kann man halt jedes Jahr das aus dem Topf nehmen, was drin ist und wenn der Topf alle ist, dann ist halt alle. Ich sag ja, sicherlich auch nicht die richtige Lösung.

Mit 50% kommst du dann ebenfalls nicht hin. Der Spitzensteuersatz liegt bei 46%, also knapp darunter. Enthalten sind darin noch keine sozialen Abgaben.

Mal abgesehen davon, dass die 50 Prozent lediglich wild in den Raum geworfen waren, glaube ich deiner Rechnung nicht so ganz. Ich würde mich nun wahrlich nicht zu den Durchschnittsbürger zählen, sondern eher zu den oberen Einkommen und zahle durch Steuerklasse IV in meiner Situation eigentlich jeden Monat viel zu viel Steuern, die ich mir dann am Jahresende wiederhole. Selbst wenn ich alle Sozialabgaben inklusive privater Krankenversicherung daraufrechne, komme ich auf eine Abgabenquote unter 40 Prozent. Und die ist wie gesagt dank falscher Steuerklasse noch zu hoch. Wenn ich meine Steuerrückerstattung einrechne dann bin ich irgendwo zwischen 30 und 35 Prozent. Das mag jetzt bei dem ein oder anderen anders aussehen. Aber egal was man sich so ausrechnet, mehr als 50 Prozent Abgaben zahlt doch nie jemand. Selbst bei einem utopischen Monatsverdienst von 20.000 Brutto, bleiben etwas mehr als 10.000 Euro netto über nach Abzug aller Steuern und Sozialabgaben.

In die Versuchung bei 1000 Euro Bruttolohn nachher mit 350 Euro netto über die Runden zu kommen, muss also in Deutschland niemand kommen. Aber wie gesagt, die Zahl 50 Prozent war mal völlig wertungsfrei in den Raum geworfen und wäre da unser Sozialsystem jetzt ja auch irgendwie funktioniert, wohl in der Höhe nicht einmal notwendig.

Schlussendlich bleibe ich dabei. Es ist alles problemlos finanzierbar, wenn man die Mathematik beherzigt. Sei es Gesundheitswesen oder auch Rentenwesen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zum Beispiel steigen die Gesundheitskosten nur marginal. Wenn man dann noch bedenkt, wie viel Geld aus dem einst staatlich organisierten Gesundheitswesen mittlerweile nicht mehr in der Versorgung oder beim Patienten ankommt, sondern bei vielen Aktionären, wäre das auch ohne Zusatzbeiträge kein Problem. Gleiches gilt für die Rente. Auch diese könnte man problemlos auf heutigem Niveau stabil halten. Man darf eben nur die Mathematik nicht vergessen. Ein System das ausgelegt wurde um 40-45 Beitragsjahren 10 Rentenjahre zu finanzieren muss nun mal in die Knie gehen, wenn es nun mit ähnlichen Beitragsjahren 15-20 Jahre Rentenbezug finanzieren muss.

Dementsprechend muss man zumindest statistisch und für die große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung auch ganz klar sagen, dass es eines der größten Märchen ist, wenn immer wieder behauptet wird, dass die große Mehrzahl der Arbeitnehmer gar nicht länger arbeiten könnte. Die nüchterne Statistik zeigt da nun mal das ganz krasse Gegenteil. Obwohl kaum länger gearbeitet wird, bezieht der Durchschnittsbürger heutzutage 10 Jahre länger Rente als in dern 1960er Jahren. Würde man also ganz nüchtern rechnen und sagen, gemäß der Zahlen aus den 60er Jahren, müsste die Rentendauer etwa ein Viertel der Dauer des Erwerbslebens betragen, dann müsste man das vorgesehene Renteneintrittsalter statt von 65 auf 67 sogar eher auf 70 Jahre erhöhen und es würde sich statistisch nichts im Vergleich zu den Arbeitnehmern von vor 50 Jahren ändern.

Man hat halt auch wenn das keiner hören will mit unserer Rente eher ein Luxusproblem geschaffen. Die zukünftigen Rentner wollen länger auf Staatskosten leben ohne dafür mehr zu arbeiten. Das kann ja jeder gerne tun, aber dann muss man eben für diesen Luxus auch selber mit sorgen. Das heiß eben im Klartext, dass das staatliche Rentenniveau dann so abgesenkt werden muss, dass das Geld eben nicht wie früher für nur 10 Jahre Rente reicht, sondern eben jetzt für 20 Jahre. Und alles was der Bürger zusätzlich haben will muss er eben selber ranschaffen.

Ich weiß, so eine Position ist in einer Demokratie nicht Mehrheitsfähig. Deswegen haben wir ja aber leider dieses Rententheater, wo es auch keiner schafft dem Bürger mal reinen Wein einzuschenken und Klartext zu reden. Aber besser wird es mit der aktuellen Politik auch nicht.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Klehmchen, nur weil du einerseits selbst gut vorsorgen kannst, und andererseits länger arbeiten könntest, kannst du das nicht einfach auf alle anderen übertragen. Fliesenleger, Gerüstbauer und ähnlich körperlich arbeitende Menschen sind dann einfach körperlich durch. Ich kann auch sozusagen ewig arbeiten. Tippen oder Diktieren ist körperlich ein Klacks.Das

Nur weil die Menschen länger leben, bleiben die deshalb nicht automatisch leistungsfähig. Und gerade die körperlich arbeitenden Geringverdiener, die sowieso schon wenig Rente erhalten, müssen hohe Abschläge hinnehmen, weil sie eben nicht packen.

Dazu kommt, dass ältere Arbeitnehmer oft nicht gefragt sind und immer noch zwangsverrentet werden. Gut, das geht zum Glück nicht mehr, wenn die Anschläge zur Bedürftigkeit führen. Aber ansonsten wird eben trotzdem aussortiert.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Kannst du das denn auch mit wirklich Zahlen belegen? Selbstverständlich kann man nicht jede Berufsgruppe über einen Kamm scheren, da gehe ich sogar mit. Aber die Statistik lügt nun einmal nicht. Ich kann bei gleichbleibenden Beiträgen nun einmal nicht doppelt soviel Rente auszahlen.

Da kann man meckern und jammern was man will, wenn das Geld alle ist, dann ist es nun einmal alle. Und die Realität sagt nun eben ganz einfach, dass im Durchschnitt Männer mehr als 50% länger Rente beziehen als vor 50 Jahren und Frauen sogar nahezu 100% länger. Im gleichen Atemzug hat sich die Lebensarbeitszeit nur um circa 2 Jahre verlängert, also etwa 5-10 Prozent je Arbeitnehmer. Wie willst du das auflösen, wenn man so weiter macht wie bisher?

Auch dein niederländisches Modell finde ich nur wenig erwärmend. Das ist ja quasi das ganz große linke Umverteilen von Oben nach Unten. Die,die schon immer viel in das System eingezahlt haben und damit schon zu Arbeitszeiten viel von ihrem Lohn abgeben, werden bei Renteneintritt dann nochmal bestraft, weil man ihre Rente drastisch deckelt. Zumal das Modell in Deutschland ja noch wesentlich krasser ausfallen müsste.

Die 45 Prozent für Gutverdiener entsprechen in Deutschland ja eh mehr oder weniger dem normalen Rentenniveau. Du müsstest also denen, die schon immer viel eingezahlt haben, noch deutlicher weniger Rente bezahlen um Umverteilen zu können. Und das nachdem, sie schon überproportional Lohnsteuer gezahlt haben und in aller Regel auch wesentlich mehr Sozialabgaben geleistet haben.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Schon im Jahr 2010 ist nur jeder Dritte mit 65 Jahren in Rente gegangen. Das ist garantiert nicht besser geworden. Und wenn man nur diesen Wert nimmt, dann sieht man, es sieht düster aus. Bergleute gingen im Schnitt mit 56 Jahren in Rente, weil es länger kaum geht. Ich kenne noch viele und wer unter Tage blieb und sich nicht in die Verwaltung hochgearbeitet hat, ist körperlich durch.

Maurer und Dachdecker sowie Maler und Lackierer halten es im Schnitt bis 58 Jahre durch. Alten- und Krankenpfleger schaffen es im Durchschnitt zwei Jahre länger. Männliche Reinigungskräfte reichen mit 58 Jahren Rente ein, Frauen schaffen drei Jahre mehr. Im Büro arbeiten die meisten bis 60. Eine längere Lebensarbeitszeit geht völlig an der Realität vorbei.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Bergleute gingen im Schnitt mit 56 Jahren in Rente, weil es länger kaum geht. Ich kenne noch viele und wer unter Tage blieb und sich nicht in die Verwaltung hochgearbeitet hat, ist körperlich durch.

Dir ist schon bewusst, dass Bergleute andere Zugangsvoraussetzungen für die gesetzliche Rente haben als andere Arbeiter oder? Sie können bei 25 Jahre Tätigkeit unter Tage ab 60 beziehungsweise in Zukunft ab 62 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Auch gibt es hier besondere Regeln hinsichtlich Erwerbsminderung mit besseren Leistungen. Das kann man ja durchaus auch auf andere Berufsgruppen anpassen, die körperlich besonders belastet werden. Aber nichts desto trotz geht es an der Realität vorbei, deswegen alle früher in Rente schicken zu wollen.

Das in Deutschland eine hohe Zahl an Arbeitnehmer vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter abtritt ist aber ebenso auch kein neues Phänomen, sondern schon lange so. Schon als das reguläre Renteneintrittsalter 65 Jahre betrug, erreichten dieses viele nicht. Und nicht immer stecken da gesundheitliche Einschränkungen dahinter. Manch einer will halt einfach nicht so lange arbeiten und nimmt dann die Abschläge in Kauf. Das ist dann ja genau das was ich oben unter Luxusproblem benannt habe. Kann jeder gerne machen, aber dann muss er halt selber zu sehen, wie er die entstehende Lücke schließt.

Der Sinn der Erhöhung auf 67 Jahre war ja keineswegs, alle tatsächlich bis 67 arbeiten zu lassen. Auch den Mitarbeitern im Sozialministerium ist bewusst, dass dies viele nicht machen. Aber durch diese Erhöhung kann man auch das tatsächliche Renteneintrittsalter der Allgemeinheit erhöhen. In Zukunft werden eben viele Leute nicht mit 60, sondern mit 62 oder 63 Jahren in Rente gehen, übrigens auch teilweise abschlagsfrei. Aber es reduziert das Missverhältnis zwischen Lebensarbeitszeit und Rentenbezugszeit.

Und hier ist nun mal die Schere auseinander gegangen. Und wie man das lösen will ohne Beiträge zu erhöhen oder das Niveau abzusenken oder das Missverhältnis wieder umzukehren konnte bis jetzt keiner sinnvoll erklären. Auch das niederländische Modell macht ja schlussendlich nichts anderes, als eigentlich gemäß der Beitragszahlungen an einen Teil der Rentner zu wenig Rente auszuzahlen, damit das Geld reicht.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Du ordnest das niederländische Rentensystem falsch ein. Es bekommt dort jeder ab 65 die Mindestrente. Andere als hierzulande muss er dafür nicht gearbeitet haben. Es reicht, die letzten 50 Jahre in den Niederlanden gelebt zu haben. Es ist eine Grundversorgung für alle Einwohner. Paare erhalten übrigens weniger. Trotzdem wird dieses System durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Steuern finanziert.

Und natürlich ist mir bewusst, dass Bergleute eigene Regeln haben. Ich kenne aber auch deren Gesundheitszustand. Außerdem erreichen zig andere Berufsgruppen nachweislich aus gesundheitlichen Gründen nicht die Regelaltersgrenze. Das betrifft bei körperlich hart arbeitenden Arbeitnehmern oft rund 50 Prozent. Die Anhebung der Regelaltersgrenze verschiebt hier nicht den Renteneintritt, die sorgt nur für höhere Abschläge und damit geringere Rentenzahlungen, ohne offiziell das Rentenniveau zu senken.

Du musst auch bedenken, dass das Äquivalenzprinzip bei Renten in den meisten Ländern viel geringer ausgeprägt ist als bei uns. In den meisten Ländern passiert das, was du eine Verteilung von oben nach unten nennst, um allen Bürgern eine gewisse Mindestversorgung zu bieten. Das ist nicht nur in den Niederlanden so.

In der Schweiz ist die Höchstrente auf das Doppelte der Minimalrente begrenzt und es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze. In Großbritannien gibt es eine Einheitsrente plus einen einkommensabhängigen Anteil. Das sind aber maximal fünf 115 Pfund Grundrente und maximal 160 und ein paar kleine Pfund einkommensabhängig pro Woche. Für jedes Arbeitsjahr gibt es 1,25 des Durchschnittseinkommes berechnet aus dem gesamten Erwerbsleben.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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