Habe ich eine soziale Phobie?

vom 06.01.2012, 17:20 Uhr

Es gibt da eine Sache, die mich seit Langem sehr belastet. Ich glaube nämlich, dass ich unter einer Sozialphobie leide. Das ist mir erst dieses Jahr aufgefallen, als ich mich geweigert habe, mit meinem Freund in den Urlaub zu fahren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, mit ihm in den Urlaub zu fahren (außer vielleicht für ein Wochenende), obwohl wir seit 2,5 Jahren zusammen sind! Ich würde dann auf zwei Einzelzimmer bestehen, anstatt mir ein Zimmer mit ihm zu teilen. Das sah er aber wegen der Kosten nicht ein, weshalb der Urlaub ins Wasser fiel. Genauso wenig würde ich beim Studium in eine WG ziehen wollen und auch Klassenfahrten sind mit zuwider. Das bedeutet in erster Linie den Verlust von jeglicher Privatsphäre für mich.

Nach dem Abi, das heißt schon dieses Jahr, wollte ich gerne für eine Weile ins Ausland. Am besten ein freiwilliges ökonomisches Jahr oder einen Sprachkurs machen. Als ich auf mehreren Websites gesehen habe, dass man normalerweise in eine Gastfamilie kommt, war ich entsetzt und mir ist die Lust aufs Reisen vergangen. Ich würde lieber monatelang in einem Hostel wohnen, als bei irgendwelchen Fremden zu sein. Noch schlimmer fand ich, dass man sich bei einigen Projekten Zimmer mit mehreren anderen Leuten teilen muss! Ich würde nicht nur auf mein eigenes Zimmer bestehen, sondern auch auf ein eigenes Bad oder am besten eine eigene Wohnung. Ich finde die Vorstellung furchtbar, "groß" zu müssen und fünf Minuten später betritt jemand anders das Bad. :oops:

Immer, wenn ich mehrere Tage bei anderen schlafe oder eine Weile in einer Gruppe bin (zB. Klassenfahrten), fühle ich mich gestresst und durch den Stress bekomme ich Verdauungsprobleme. Das ist super peinlich und unangenehm, auch für meine Mitmenschen. Die einzige Ausnahme sind Familienbesuche, da habe ich das Problem nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich Einzelkind bin und meine Eltern beide lange arbeiten. Jedenfalls bin ich es gewohnt, immer alleine zu sein und sozusagen machen zu können, was immer ich will.

Es ist jetzt nicht so, dass ich eine Außenseiterin wäre und keine Freunde hätte. Im Gegenteil, ich habe relativ viele Freunde, aber ich kann weder mit ihnen noch mit anderen über einen längeren Zeitraum "aufeinander hocken" wegen der Verdauungsbeschwerden. Natürlich musste ich schon das ein oder andere Mal in den sauren Apfel beißen, dafür bin ich aber auch tagelang mit Bauchschmerzen rumgelaufen. Ist das eine Sozialphobie? Muss ich jetzt zum Psychologen? Mit meinem Hausarzt würde ich jedenfalls nicht so gerne darüber reden.

» Lilie92 » Beiträge: 2 » Talkpoints: 2,41 »



Ob das eine Sozialphobie ist, weiß ich nicht sicher. Auf jeden Fall würde ich mal mit irgendjemandem darüber reden, denn die Verdauungsprobleme sind sicherlich nicht so ganz normal. Bei vielen Punkten kann ich dich sogar ganz gut verstehen.

Ich war mal eine Woche lang in Frankreich wegen eines Schüleraustausches und die Gastfamilie war wirklich nett. Trotzdem bin ich, kaum dass ich vom Ausflug oder vom Schulbesuch zurückkam, sofort in mein Zimmer gegangen und bin auch nur zu den Mahlzeiten raus gegangen. Mittwochs musste die Mutter zwei kleine Mädchen babysitten und das eine schlief ursprünglich immer in meinem Zimmer auf dem Boden. Da ich genau wusste, dass sie kommt, legte ich mich auch schon früher schlafen.

Dann wurde sie rein getragen und auf ihre kleine Matratze gelegt, höchstens 3 Meter weg von mir. Ich könnte natürlich nicht schlafen und sie auch nicht, sie lächelte mich einfach immer wieder an und wunderte sich wahrscheinlich, was ich in ihrem Zimmer machte. Ich traute mich nicht mit ihr zu reden. Mein Französisch ist nicht schlecht aber ich brachte kein einziges Wort heraus! Zum Glück verunsicherte sie das nicht.

Das Klo war übrigens nur 3 Schritte von meinem Zimmer weg und ich bin ein Mensch, der eben oft muss. Ich verstand aber das Türschloss nicht so ganz und hatte deswegen immer Angst, mich einzusperren also machte ich die Tür immer zu und zog sie so stark, dass man sie nicht aufmachen konnte. Wäre die Mutter oder die 4-jährige Schwester gekommen, hätte ich das ja überlebt. Aber hätten mich mein Austauschschüler, sein Bruder oder gar sein Vater erwischt, wäre ich vor Scham gestorben!

Ich würde auch viel lieber allein leben, als mit zu vielen Menschen zusammen also mach dir darüber nicht zu viele Gedanken, ich kenne ziemlich Viele, die so denken! Und du musst wegen nichts zum Psychologen, wenn du nicht selbst sicher bist und das willst.

» Sami_ » Beiträge: 81 » Talkpoints: 39,61 »


Nein, eine Soziophobie ist eine Angststörung. Das heißt, du hast Angst vor zwischenmenschlichen Situationen. Das kann Angst vor Vorgesetzten, Gruppen, Intimität, etc. beinhalten. Ich würde es mit extremer Schüchternheit beschreiben.

Du wirst zwar dadurch gestresst wenn Menschen in deiner Nähe sind, aber eine handfeste Sozialphobie würde ich dir nicht zuschreiben. Mit einer echten Sozialphobie hättest du bestimmt einen bedeutend kleineren Freundeskreis und ob du überhaupt einen Freund hättest steht auch in den Sternen, weil Sozialphobiker eher auf Distanz zu ihren Mitmenschen gehen.

Du bist einfach nur ein kleines Bisschen 'Einsamkeitsverwöhnt', bist es also nicht gewohnt Menschen um dich rum zu haben. Ungewohnte Situationen bedeuten für den menschlichen Körper immer gleichzeitig Stress! Daher dürfte das mit deiner Verdauung kommen.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich würde auch nicht sagen, dass du eine soziale Phobie hast. Diese hat wirklich mit großen Ängsten zu tun und Vermeidungsverhalten. Du hättest dann Probleme einkaufen zu gehen oder dich in großen Menschenmengen auf zu halten oder eben auch schon, mit mehreren anderen Patienten in einem Wartezimmer zu sitzen.

Was du beschreibst, kenne ich von einigen Bekannten auch in der Art. Ich hatte eine Freundin, die auf Klassenfahrt nie ihr großes Geschäft erledigt hat und das wirklich eingehalten hat, bis sie wieder zu Hause war. Es war ihr eben auch unangenehm und sie hat sich geschämt. Auch, wenn das ja eigentlich ein ganz natürliches Bedürfnis ist. Kannst du denn genau sagen, was dich so daran stört, ein Zimmer teilen zu müssen? Liegt es nur daran, dass du die Nähe nicht aushältst oder vielleicht um die Hygiene in einem gemeinsamen Bad? Ich denke, dass es sicherlich nicht schaden würde, wenn du mal mit einem Therapeuten darüber sprichst. Du wirst aber sicherlich zu deinem Hausarzt gehen müssen, damit du dort eine Überweisung bekommst.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Von einer Sozialphobie kann man in deinem Fall m.E. nicht sprechen. Denn kennzeichnend dafür ist eigentlich eher eine extreme Kontaktscheu gegenüber anderen Menschen. Sozialphobiker bekommen beispielsweise oft schon bei dem Gedanken, auch nur nach dem Weg fragen zu müssen, Schweißausbrüche und Herzrasen. Sie fürchten sich, sich peinlich oder anstößig zu verhalten und vermeiden daher Situationen, in denen sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.

Dein Problem ist daher wohl er keine sozialphobische Angststörung. Allerdings würde ich an deiner Stelle dennoch mit einem Arzt oder Psychologen das Gespräch suchen. Es ist zwar meiner Meinung nach nicht ungewöhnlich, wenn man z.B. bei einem Auslandsaufenthalt erst einmal Berührungsängste gegenüber einer Gastfamilie hat. Schließlich sind das fremde Menschen, die auch noch eine andere Sprache sprechen. Auch wenn man die Frage nach dem Urlaub mit deinem Freund nur für sich betrachtet, könnte man sagen, dass die Beziehung wohl doch nicht das Wahre ist und du deshalb den Urlaub nicht mit ihm verbringen willst und nach einer Ausrede suchst. Genauso könnte man sagen, dass beispielsweise eine Klassenfahrt ohnehin eine stressige Situation darstellt, weil man nie auch nur fünf Minuten Zeit für sich allein hat. Jeder dieser Punkte für sich betrachtet kann durchaus auch mal auf die Verdauung schlagen.

Alle diese Punkte zusammen genommen führen (anhand deiner Schilderungen) jedoch zu dem Schluss, dass du Situationen aus dem Weg zu gehen versuchst, die nicht deinem gewohnten Alltag entsprechen. Auf die Dauer könnte das zu einem ernsthaften Problem werden, das auch deine Zukunft negativ beeinflusst. Du bist schon jetzt dabei, den gewünschten Auslandsaufenthalt zu verwerfen. Wenn du danach beispielsweise studieren möchtest und dir am Studienort keine eigene Wohnung zur Verfügung steht, sondern du aus finanziellen Gründen oder wegen Wohnungsmangels in eine WG ziehen müsstest, würdest du deinen Studienwunsch dann auch verwerfen? Oder wenn dein Freund dich irgendwann bitten würde, mit ihm zusammen zu ziehen, würdest du die Beziehung auch eher beenden, als mit ihm unter einem Dach zu wohnen?

Auch wenn es für dich zunächst unangenehm sein mag, würde ich einfach mal gemeinsam mit einem Profi (sprich Arzt oder Psychologen) auf Ursachenforschung gehen. Zu verlieren hast du dabei nichts.

» Doreen82 » Beiträge: 316 » Talkpoints: 7,93 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich würde nicht sagen, dass es eine soziale Phobie ist, diese würde sich nämlich außerhalb von Veranstaltungen wie Klassenfahrten äußern, nämlich hättest du dann vermeintlich etwas gegen Gruppenarbeiten in der Klasse, würdest Menschenkontakt in der Schule meiden und so weiter. Für mich hört sich das vielmehr danach an, dass du es peinlich findest, mit Menschen zusammen zu wohnen, die du nicht wirklich kennst, dass höre ich zumindest daraus heraus, dass du sagst, du würdest dich schämen, wenn jemand auf die Toilette geht, nachdem zu groß musstest und dass du auch deine Verdauungsprobleme peinlich findest.

Zu einem Psychologen würde ich mit dem Problem nicht gehen, ich würde mich tatsächlich erstmal an einen Arzt wenden und fragen, was es denn für Möglichkeiten wegen der Verdauungsstörung gibt und ob man dir da nicht eventuell etwas verschrieben könnte, wenn auf Klassenfahrt bist und so weiter. Möchtest du aber zukünftig nicht mehr auf Klassenfahrten fahren, könntest du dich tatsächlich von einem Arzt oder einem Psychologen von der Schule befreien lassen.

Eine Phobie ist es aber definitiv nicht, Phobien sind in den meisten Fällen mit Panikattacken und Angst verbunden, dass ist bei dir nicht der Fall. Ich würde einfach sagen, dass dir deine Privatssphäre fehlt, wenn du längere Zeit unter Menschen bist und keine Rückzugmöglichkeiten hast und das wundert mich kein bisschen, ganz im Gegenteil, ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich selbst bin absolut nicht gerne unter Menschen und das stresst mich so sehr, dass ich danach immer erst einige Tage Menschenkontakt meide. Nach Klassenfahrten habe ich besonders im jüngeren Alter immer ein paar Tage in der Schule gefehlt und bin auch nichts ans Telefon gegangen, auch sonst brauche ich erstmal ein paar Tage, wenn ich einen Tag mal durchgehend mit anderen Menschen zusammen war.

Ich finde Menschen anstrengend, man muss sich unterhalten, man muss sich am Riemen reißen, um nicht immer die Wahrheit zu sagen, sondern auch mal höflich zu lügen und so weiter und so fort. Gesellschaft ist nichts für mich und ich halte nur einige sehr wenige Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg aus und darunter zählt auch mein Freund. Mit ihm kann ich eigentlich sehr lange zusammen sind, ohne das ich mich bedrückt fühle, aber irgendwann ist dann auch Schluss, aber das versteht er und dadurch dass er mit der Uni und beruflich viel zu tun hat, sehen wir uns ab und an auch über Wochen nicht, wenn er verreist oder in eine andere Stadt muss. Das empfinde ich als Entspannung.

Ich finde daran nichts weiter schlimm und würde mir auch keine Sorgen. Gesellschaft über längere Zeit hinweg, ganz ohne Rückzugmöglichkeiten, ist nicht für alle Menschen was, relativ viele tun sich da schwer und zeigen nach einer gewissen Zeit erste Anzeichen von Stress, dass ist nicht nur bei dir der Fall. Ich selbst habe in solchen Fällen zwar keine Verdauungsprobleme, werde aber sehr schnell müde, fühle mich erschöpft, leicht und zunehmend deprimiert, gestresst und nicht selten auch gelangweilt. Lange halte ich sowas auch nicht aus und Sachen wie WGs wären auch nichts für mich, lediglich mit meinem Freund, könnte ich mir eine Wohnung teilen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Deine sogenannte Angst ist ja erst einmal ein Zeichen oder eben besser gesagt eine Reaktion für die Außenwelt sichtbar. Bei einer Reaktion laufen ja immer bestimmte Dinge ab, die irgendwie zusammen gekommen sind. Wird dabei beispielsweise nur ein Element oder ein Bestandteil nicht mit einbezogen, wird es wahrscheinlich auch nicht mehr so in der Form zur Angst kommen. Allerdings kann eben auch nur ein Experte diese Elemente finden und sie dann mit geeigneten Therapien beseitigen. Dabei können sogar unter Umständen ganz andere Probleme ans Tageslicht gelangen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Hmm, ich kann dir leider nicht sagen ob es eine Sozialphobie ist aber auf jeden Fall solltest du mit jemandem darüber reden. Vielleicht liegt das wirklich daran, dass du ein Einzelkind bist aber vielleicht hat das auch damit zu tun, dass du einfach Angst davor hast, Menschen an dich rein zulassen? Ich hatte auch dieses Problem. Deswegen haben mich in der Regel andere Menschen für unsympathisch und arrogant gehalten obwohl das überhaupt nicht stimmt! Eines Tages hab ich mich entschieden, eine Therapie zu machen. Schritt für Schritt hab ich gelernt, wie man mit anderen Menschen umgehen kann, ohne vor ihnen Angst haben zu müssen

» LadyDragon » Beiträge: 10 » Talkpoints: 2,66 »


Also ich habe keine Sozialphobie - was bedeutet, dass man sich vor Gesellschaft fürchtet - und ich finde es trotzdem nicht besonders toll, wenn ich keine Privatsphäre habe und wenn mir ständig irgendwelche Menschen auf die Pelle rücken. Ich mag es auch nicht, wenn ich mit anderen Menschen in einem Zimmer schlafen muss, das finde ich extrem unentspannend, vor allem, wenn die andere Person sich dann noch viel bewegt oder gar Nachts aufsteht oder schnarcht. Und nach Klassenfahrten war ich auch immer sehr froh, dass ich mein eigenes Zimmer wieder hatte, wo ich in Ruhe lesen und Musik hören konnte und wo ich nicht damit rechnen musste, dass mich jederzeit jemand stören könnte.

Ich würde mir an deiner Stelle nicht so viele Gedanken machen und vor allem solltest du dich nicht in irgendwas hineinsteigern, denn das macht die Sache doch nur noch schlimmer. Verdauungsbeschwerden können zum Beispiel auch bei ungewohntem Essen oder ungewohnten Tagesabläufen auftreten und müssen gar nichts mit deinen Mitmenschen zu tun haben und dagegen könntest du dir ja vorbeugend etwas in der Apotheke holen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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