Deutsche Alzheimer-Patienten in Thailand

vom 30.08.2011, 01:02 Uhr

Ich weiß nicht, ob dieses Alzheimer-Zentrum in Thailand das erste im fernen Ausland ist, wo deutschsprachige Patienten betreut werden können. Ich vermute eher, dass es bereits an anderen Orten ähnliche Angebote gibt.

Das Ganze sieht wesentlich angenehmer aus, als ein deutsches Altenheim für Normalverdiener. Auch ein Besuch der Angehörigen ist dort sicherlich angenehmer, als in einer deutschen Pflegeeinrichtung und gemeinsame Freizeitaktivitäten dürften interessanter sein, als im Umfeld vieler deutschen Einrichtungen.

Als Richtlinie können wir davon ausgehen, dass die Gesamtkosten für einen Aufenthalt in Baan Kamlangchay in der Regel weniger als die Hälfte bei einer Pflegeeinrichtung in der Schweiz oder in Deutschland betragen.

Dies könnte natürlich auch ein Kriterium für Angehörige sein, diesen Weg zu wählen. Ebenso die Möglichkeit der kurzzeitigen Betreuung, wodurch ein gemeinsamer Urlaub möglich werden könnte.

Doch gibt es nur Vorteile? Natürlich sind die Angehörigen meist weit weg, aber wenn man sieht, wie viel Besuch die Bewohner eines Pflegeheimes bekommen, dann fällt das kaum ins Gewicht. Wie seht ihr das? Wäre dies eine denkbare Alternative für euch? Kennt ihr ähnliche Einrichtungen in Thailand oder anderen Ländern?[/url]

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe zu diesem Thema vor einiger Zeit einmal einen Bericht im Fernsehen gesehen und ich muss sagen dass ich das für eine gute Alternative halte. Machen wir uns nichts vor, ein Alzheimerpatient der schon so schlimm erkrankt ist dass er in das Pflegeheim kommt dem ist es egal wo er sich befindet. Er erkennt meistens niemanden mehr aus der Familie und auch nicht seine gewohnte Umgebung. Außerdem geht es doch meistens um die Pflege und die wird er dort mehr als ausreichend bekommen. Wie die medizinische Versorgung aussieht kann ich nicht beurteilen, aber auch hier vermute ich eine moderne Einrichtung wenn man bei der ausländischen Klientel punkten will.

Ich sehe dass auch pragmatisch. Auch für die Angehörigen sind solche Besuche eine Qual, auch wenn man seine Eltern oder Großeltern sehr gerne hat. Das hat nichts mit Abschieben zu tun, aber ein vernünftiges Miteinander ist einfach bei den schwer Erkrankten nicht mehr möglich. Das man seine Angehörigen dann natürlich nur noch einmal im Jahr oder noch seltener sehen kann ist natürlich tragisch und das wird viele auch davon abschrecken, aber wer sich damit arrangieren kann der sollte zumindest darüber nachdenken. Ich persönlich würde es auch bevorzugen meine Angehörigen so in Erinnerung zu behalten wie ich sie immer gekannt hatte und nicht als menschliches Wrack.

Ich könnte mir auch vorstellen dass für viele Leute die Kostenersparnis ein großes Argument ist. Wer hier in Deutschland die höchste Pflegestufe bekommt muss oft aus eigener Tasche dazu bezahlen bis das Erbe aufgebraucht ist und dann selber noch aus eigener Tasche den Betrag aufstocken. Dort in Thailand könnte das Pflegegeld reichen. Von der Intensität der Pflege hätte ich keine Bedenken. Ich bin absolut überzeugt davon dass sie besser ist als hier in Deutschland denn dort sind die Löhne extrem niedrig so dass sich wirklich jemand den ganzen Tag um seinen Patienten kümmern kann. Ich hoffe nun dass das kein Wunschdenken ist, aber das Pflegesyndrom ist tief in den thailändischen Familien verwurzelt weil es zu ihrer Kultur gehört. Ein Kollege erzählte mir dass er neulich in Thailand wegen einem Darmvirus im Krankenhaus war und ihn dort neben den Ärzten und Krankenschwestern auch mindestens drei Hilfskräfte ständig betuttelten um ihn jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Das wäre in Deutschland absolut undenkbar.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Du hast sicher Recht damit, wenn du sagst, dass die Betreuung unter Umständen da besser ist. Hier lässt sie in vielen Heimen leider noch sehr zu wünschen übrig. Das liegt allerdings nicht an den Heimen als solche oder ihrer Lage hier in Deutschland, sondern vielmehr an dem unzureichenden Schlüssel was Personal und Patienten betrifft. Bei so wenig Personal bleibt einfach keine Zeit für die dementen Patienten und gerade da wäre es wichtig. Wer jemanden kennt der dement ist und das mal 20 oder 30 nimmt, der weiß, was so eine Pflegekraft hier zu leisten hat.

Problematisch dürfte für viele demente deutsche Personen aber die Umstellung sein. Viele kommen schon mit dem Umzug in ein Heim schlecht bis gar nicht klar und wenn ich mir vorstelle, dass man die dann noch 12 Stunden in ein anderes Land fliegen lässt? Ich gehe davon aus, dass sie allgemein mit der Art von Umstellung dann weniger gut klar kommen. Immerhin gibt es allein vom Klima schon gravierende Unterschiede.

Da wären wir dann auch schon beim nächsten wichtigen Punkt. Viele deutsche ältere Menschen werden unheimlich Probleme mit der Umstellung was das Klima anbelangt haben. Ich war vor ein paar Jahren in Thailand und selbst das war schon ein Problem. Und ich bin wirklich gar nicht hitzeempfindlich. Viele Deutsche sind da aber wie die Fliegen nacheinander umgekippt. Nun stelle man sich bitte mal ältere Personen vor und deren Kreislauf, der das alles mitmachen muss. Und nicht selten haben ältere Personen schon ihre kleinen wehwehchen wie Bluthochdruck (es sei mal dahin gestellt, ob das "klein" ist, aber ihr wisst sicher, wie ich das meine).

Nach der Umstellung bekommt es den meisten dann sicherlich sogar besser. Aber an diesen Punkt muss man ja auch erst einmal kommen. Problematisch ist trotz allem schlicht und ergreifend die Entfernung. Sicherlich kann man die Einstellung haben, dass die Angehörigen früher oder später ohnehin nicht mehr von den Patienten erkannt werden - aber den Zeitpunkt kann man nicht einschätzen - selbst für Ärzte ist das ja schon schwierig. Das kann Tage dauern, Monate oder auch Jahre und in der Zeit, wo sie einen noch erkennen und brauchen, solle man meiner Meinung nach auch da sein. Und mal eben schnell nach Thailand fliegen ist nicht. Wenn mal was ist, kann man auch nicht schnell kommen um dem Familienmitglied beizustehen. Das sind eben auch Sachen, die bedacht werden müssen.

Fraglich ist auch, ob sie sich da eben zurecht finden. Das ist doch für einen nicht-dementen Menschen schon schwer in einem fremden Land. Sicherlich will man da dann nicht groß Fuß fassen. Aber wenn man Selbstständigkeit so lang wie möglich erhalten will, dann ist das eben schon ein Punkt, der auch eine Rolle spielen sollte. Auch wenn eine Unterbringungen vielleicht nur einen Bruchteil kostet - regelmäßige Besuche (und die sollte man eben machen) kosten dafür umsomehr. Wenn man natürlich sowieso in Thailand ist (vielleicht weil man da immer mal wieder arbeitet oder auswandern will) dann ist das eine gute Sache.

Besonders ansprechend finde ich ja die 1:1 Betreuung. Die ist das sicherlich eher möglich als hier, denn für das Geld würde man das hier eben gar nicht machen. Da kann man mit dem Geld, was wir durchschnittlich verdienen natürlich einiges mehr erreichen. Insofern wundert es mich nicht weiter, dass da eben diese 1:1 Betreuung realisierbar ist. Das wäre aber auf jeden Fall eine gute Sache.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Wenn ich mir so manches deutsches Altenheim ansehe, dann finde ich nicht, dass die Bewohner dort Fuß fassen können. Ich habe an ganz verschiedenen Orten überall ähnliche Bilder gesehen: graue, triste Umgebungen; kaum gemeinsames Beisammensein; viele unglückliche alte Menschen. Für viele ist sogar der Stadtteil nebenan schon Neuland, an dem sie sich im Alter nicht mehr heran wagen möchten. Und ein Altenheim im eigenen Dorf hat kaum jemand.

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe erst im letzten Monat im Fernsehen einen Bericht von dieser Patientenbetreuung in Thailand gesehen und fand es einfach toll, welche Mühe man sich hier gab. Nun weiß ich nicht, ob das in Wirklichkeit auch so ist, oder alles gestellt war. Für Patienten, die ihren Urlaub früher in Thailand verbrachten, ist das bestimmt kein Problem, wenn sie hier auch ihren Lebensabend verbringen wollen. Aber für Menschen, die man einfach in ein weit entferntes Land verfrachtet, wo sie niemanden kennen und der Sprache nicht mächtig sind, dürfte das tabu sein. Selbst wenn sie Alzheimer haben, sind sie doch zeitweise auch mal klar. Sie merken dann, dass sie niemand versteht, sie selbst keinen kennen, es anders ist, als sie es gewöhnt sind.

Würde sich ein Angehöriger verpflichtet fühlen, seinen Urlaub dann bei der Mutter in Thailand zu verbringen? Die meisten nicht! Also gäbe es nicht mehr den geringsten Kontakt. Und je nachdem, in welche Hände die kranke Person gerät, wäre sie allem und jedem ausgeliefert, ohne sich wehren zu können. Ja, im Gegensatz zu deutschen Heimen ist das dort ein Paradies.

Obwohl ich sagen muss, dass nicht alle Heime grau in grau sind und das Personal nicht nach meinem Geschmack. Meine kürzlich verstorbene Tante, die fast 100 Jahre alt war, wohnte in einem Altersheim der evangelischen Kirche, das vorbildlich war. Ich hatte sie dort mehrmals besucht. Auch meine Cousine konnte nicht klagen. Sie musste allerdings auch noch zuzahlen. Aber die Betreuung war vorbildlich. Während ich in einem Altenheim der Stadt, wo eine ehemalige Kollegin einquartiert war, jedes mal vom Besuch entsetzt zurückkam. Ich glaube es liegt viel an der Leitung und den Kräften, die für wenig Geld eingestellt werden und dafür auch nicht viel tun.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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