Darf ein Anwalt eine falsche Geschichte mitspielen?

vom 29.04.2011, 20:11 Uhr

Ich weiß jetzt gar nicht in welcher Sendung es mitbekommen habe, aber in der letzten Zeit konnte man einer Serie entnehmen, dass ein Anwalt scheinbar keine erfundene Geschichte seiner Mandanten mitspielen darf. In der Serie wurde es dann so begründet, dass ein Anwalt seine Zulassung verlieren würde, wenn er wissentlich eine falsche Geschichte "mitspielt" und dies dann am Ende heraus kommt. Allerdings ist es doch gerade der Job eines Anwalts, dass er seine Mandanten eben aus den ihnen zur Last gelegten Vorwürfen heraus zu reden. Ich hätte jetzt gar nicht damit gerechnet, dass ein Anwalt nur die wahre Geschichte vertreten darf und sich damit nicht auf eine erfundene Aussage der Mandanten einlassen darf.

Ist es denn wirklich so, dass man als Anwalt keine Geschichte "mitspielen" darf, wenn man weiß, dass sie vom Mandanten erfunden ist? Verliert man als Anwalt in einem solchen Fall dann wirklich seine Zulassung? In wie fern kann man denn als Anwalt überhaupt wissen, dass eine Geschichte erfunden ist, schließlich könnte man doch dem Mandanten sagen, dass seine Situation bei einer bestimmten Aussage besser aussehen würde. Der Mandant könnte ja dann seine Aussage entsprechend anpassen, ohne dass man zunächst wüsste, ob er denn wirklich lügt oder die Aussage möglicherweise doch der Wahrheit entspricht.

» BrilleWilli » Beiträge: 1779 » Talkpoints: 2,32 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Der Angeklagte darf bei Gericht auch lügen. Er muss nicht die Wahrheit sagen und der Anwalt des Angeklagten muss natürlich auch nicht die Wahrheit sagen. Sonst könnte kein Anwalt einen schuldigen Menschen so gut verteidigen, dass er sogar frei kommt. Ein guter Anwalt wird immer so reden, dass er das Beste für seinen Mandanten herausholt und da muss auch nicht alles mit der Wahrheit zugehen.

Darf ich mal fragen in welcher Serie du das gesehen hast? Mir ist eigentlich nur bekannt, dass ein Anwalt auch die Lügen vertreten darf, die der Mandant ihm auftischt. Er versucht dann ja auch das Beste herauszuholen. So wird ein Mord oder Totschlag oft als Nothilfe dargestellt von dem Anwalt, obwohl er genau weiß, dass es heimtückisch war.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Hallo, also ich habe mal bei einem Anwalt ein Praktikum gemacht und habe mich mit diesem unter anderem auch über solche Dinge unerhalten. Damals sagte er mir, dass ein beschuldigter vor Gericht lügen darf, was die Balken biegen. Während man sich auf dem Fall vorbereitet (zum Beispiel Gespräche zwischen Anwalt und Beschuldigtem), darf der Beschuldigte, wenn er wirklich etwas verbrochen hat, dem Anwalt davon aber nichts sagen. Wenn dieser in Kentniss darüber gesetzt wurde, dann wäre er nämlich verpflichtet dies zu melden.

Ich hoffe mal, dass ich jetzt keinen Mist erzähle, dass Praktikum ist schon eine Weile her, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Anwalt es mir damals genau so erklärt hat. Die Serie wird in diesem Fall also zum Teil stimmen.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ein Anwalt muss auf jeden Fall eine erfundene Geschichte seines Mandanten nicht mitspielen. Wenn er selbst der Meinung ist, dass er ihn aus moralischen Gründen nicht vertreten kann und will, dann kann er ihm das Mandat kündigen. Wenn man nicht nur auf sein Geld aus ist, dann macht man das auch. Natürlich kommt es immer darauf an, um was es geht. Außerdem macht es auch einen Unterschied, ob der Anwalt es wirklich weiß oder nur vermutet. Wenn er es vermutet, sieht es anders aus.

Ein Anwalt darf sich aber nicht gesetzeswidrig verhalten. Wenn es nur eine Ordnungswidrigkeit, zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsübertretung ist, dann wird man davon nicht seine Zulassung los. Wenn man sich aber straftätig gemacht hat, dann verliert man seine Zulassung.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Der Angeklagte darf bei Gericht auch lügen. Er muss nicht die Wahrheit sagen und der Anwalt des Angeklagten muss natürlich auch nicht die Wahrheit sagen. Sonst könnte kein Anwalt einen schuldigen Menschen so gut verteidigen, dass er sogar frei kommt. Ein guter Anwalt wird immer so reden, dass er das Beste für seinen Mandanten herausholt und da muss auch nicht alles mit der Wahrheit zugehen.

Darf ich mal fragen in welcher Serie du das gesehen hast? Mir ist eigentlich nur bekannt, dass ein Anwalt auch die Lügen vertreten darf, die der Mandant ihm auftischt. Er versucht dann ja auch das Beste herauszuholen. So wird ein Mord oder Totschlag oft als Nothilfe dargestellt von dem Anwalt, obwohl er genau weiß, dass es heimtückisch war.


Dass der Angeklagte lügen darf ist mir natürlich auch klar. Auch ist es mir durchaus klar, dass der Anwalt den Sachverhalt möglichst so verdrehen kann und wird, dass der Mandant besser da steht und die Strafe auch möglichst gering ausfällt. Aber was wäre denn wenn der Mandant vor einer Verhandlung eine Geschichte erfinden würde, mit der eine andere Person verdächtigt wird, der Anwalt jedoch von seinem Mandanten auch gleichzeitig die wahre Geschichte kennt und weiß, dass durch diese erfundene Geschichte eine andere Person zu Unrecht in Verdacht gerät?

Ich bin mir nicht mehr sicher um welche Sendung es sich gehandelt hat. Ich würde meinen es war "The Defenders" bei Sat1. Aber wie gesagt, ganz sicher bin ich mir jetzt nicht. Auch an die konkrete Geschichte kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass es eben darum ging, dass eine Geschichte erfunden werden sollte, die dazu geführt hat, dass die Mandantin frei kam. Nebenbei wurde hier eben mehrfach erwähnt, dass der Anwalt durch sein Handeln seine Zulassung verlieren könnte, da er eine solche Geschichte eben nicht mitspielen darf. Wie genau der Sachverhalt dabei aber war, kann ich leider nicht mehr wiedergeben.

» BrilleWilli » Beiträge: 1779 » Talkpoints: 2,32 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Laut Paragraph 57 der Strafprozessordnung wird man vor Gericht über seine Wahrheitspflicht belehrt. Man darf also nicht lügen, sondern darf nur die Aussage verweigern, wenn man sich damit selbst einer Straftat bezichtigen würde. Das natürlich ein Angeklagter behaupten wird, das er unschuldig ist, dürfte klar sein. Daher gibt es ja auch die Beweisaufnahme in einem Verfahren, wo eben die Staatsanwaltschaft versucht genügend Beweise für die Schuld zu finden.

Dagegen wird ein Anwalt alles Mögliche tun, um die Unschuld zu beweisen bzw. alles so auslegen, das eben keine Schuld eindeutig nachzuweisen ist. Denn dazu ist er natürlich da, so das er eben für seinen Mandaten das bestmögliche Ergebnis erzielt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Also hier wird ja eine menge Blödsinn geredet, da rollen sich mir die Fußnägel!

@Punktedieb: Der §57 der SPO bezieht sich auf die Aussage eines Zeugen vor Gerichts. Dieser hat entweder die Wahrheit zu sagen oder das Recht die Aussage zu verweigern, soweit er sich mit dieser Aussage sich oder eines Verwandten... einer Straftat beschuldigt. Niemand wird gezwungen sich selbst "anzuzeigen".

Ein Angeklagter hat so gut wie (alle) Rechte! Er kann lügen, die Aussage evrweigern oder schweigen. Nichts davon kann Ihm zu last gelegt werden es sei denn, dass er mit einer Lüge eine andere Person zu unrecht einer Straftat bezichtigt bzw. eine weitere Straftat vortäuscht. Die Lüge muss also im Rahmen der Gesetze sein.

Ein Anwalt darf und wird natürlich mit allen mitteln versuchen, das beste für einen rauszuholen! Natürlich darf der Anwalt, wenn er denn will, die erfundene Geschichte mitspielen, auch wenn dieser von der wahren Schuld des Mandanten weiß. Aber auch hier darf der Anwalt nur im Rahmen der Gesetze mitspielen. Der Anwalt kann also genauso wie der Angeklagte lügen, denn der Anwalt vertritt den Angeklagten (sozusagen dein zweites schlaues ich). Es wäre auch ziemlich dumm den Anwalt nicht über die wirkliche Tat in Kenntnis zu setzen. In der Hauptverhandlung im Gericht kann es sonst schnell sehr peinlich werden.

Ganz wichtig: Nein! Der Anwalt ist der Schweigepflicht gebunden und darf keine Geständnisse weitergeben! Selbst wenn jemand dem Anwalt den Mord gesteht, darf dieser es nicht weiterleiten!

Wenn Anwälte sich strafbar machen würden, weil sie unsere Taten nicht an die Polizei leiten, bräuchten wir keine Anwälte mehr oder? Ist doch völlig logisch!

Ps: Soweit mir bekannt ist, (muss nicht so sein) muss ein Anwalt eine Tat weiterleiten, wenn diese geplant und noch nicht ausgeführt wurde. Beispiel: ich ruf meinen Anwalt an und sage ihm ich fahre jetzt zu Person Xyz und scherschieße ihn. Dann besteht Gefahr in verzug und der Anwalt muss dies natürlich der Polizei melden.

» dksco » Beiträge: 1 » Talkpoints: 1,00 »



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