Geht uns die Allgemeinbildung flöten?

vom 04.02.2008, 12:02 Uhr

Durch einen Teil meines Berufes hab ich immer wieder ziemlich viel mit den Teenageraltersschichten zu tun und für gewöhnlich komme ich auch gut mit den meisten klar (weil die Jugend mal wieder erheblich besser als ihr Ruf ist), aber in einem Punkt gerate ich dennoch immer wieder ins grübeln:

Geht uns langsam die Allgemeinbildung abhanden - oder hat sie sich nur in Richtungen verschoben, wo jemand wie ich sie nicht mehr wahrnimmt?

Es fängt dabei an, das ich immer öfter bemerke wie ich Zusammenhänge der Geschichte immer länger und breiter erklären muß, weil da oft gigantische Lücken vorhanden sind, das selbst rudimentäres Grundwissen aus der Biologie und anderen Wissenschaften kaum vorhanden ist und wenn es denn erst in die Bereiche der geistigen Wissenschaften geht, da ist es leichter die Leute aufzuzählen, die Kenntnisse besitzen, als all jene, die einen großäugig anstarren und Laute wie "Hä?!" und "WTF?" von sich geben.

Nun sag ich mir immer wieder: Nicht so tragisch, Lücken kann man schließen, doch immer öftr beschleicht mich inzwischen der Verdacht, das viele weder die Notwendigkeit, noch die Lust darauf verspühren diese Lücken ernstlich schließen zu wollen. Ist das der beginnende Alterspessimismus oder habt ihr anderen ähnliche Beobachtungen gemacht?

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hm, ich weiss nicht. Das ist schwer zu sagen, weil man erst einmal definieren müsste was zur Allgemeinbildung alles gehört. Ich kenne z.B. jemanden, der unheimlich schlau ist, der ist sehr gebildet , aber der interessiert sich beispielsweise einfach gar nicht für die Geographie. Der hat einfach keine Ahnung auf welchem Kontinent z.B. Marokko liegt, weil es ihn nicht interessiert. Der kann nicht sagen, was die Hauptstadt von Portugal ist. Der kennt sich in Deutschland so einigermaßen aus, aber für den Rest der weltlichen Geographie interessiert er sich nicht. Trotzdem ist er hundert Mal gebildeter als ich und hat weitaus mehr Allgemeinbildung als ich.

Das ist so ein bisschen schwierig zu definieren, denke ich. Heute gehört ja zur Allgemeinbildung, finde ich zumindest, zu wissen was ein DVD-Player ist. Oder zu wissen, was eine EC-Karte ist. Naja, meine Oma weiss sowas nicht, obwohl sie meiner Meinung nach eine sehr gute Allgemeinbildung hat.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich bin auch der Meinung, dass man erstmal definieren sollte, was Allgemeinbildung eigentlich ist!
Nach Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeinbildung) kann Allgemein bildung bei jedem anders aussehen, sodass man die Allgemeinbildung, gar nicht so Allgemein verstehen kann und darf! Es heißt bei wikipedia, dass die Allgemeinbildung die Entwichlung der gemeinsamen Persönlichkeit in geisteng und ethischen Dimensionen bei dem Menschen ist.
Aber ist es so?

Nephele hat geschrieben:Geht uns langsam die Allgemeinbildung abhanden - oder hat sie sich nur in Richtungen verschoben, wo jemand wie ich sie nicht mehr wahrnimmt?

Ich glaube nicht unbedingt, dass man allgemein sagen kann, dass bei jedem Jugendlichen die Allgemeinbildung abhanden kommt. Ein wichtige Rolle spiel meiner Meinung nach auch
a) der Schulabschluss und
b) die Erziehung und Herkufnt der Jugendlichen.
Ich gebe dir Recht, dass das Allgemeinwissen, "so wie man es kennt", immer weiter zurückgeht, doch kann es nicht sein, dass es sich einfach Verschiebt, wie du es auch schon erwähnst?
Die "älteren" Leuten, wissen mit Begriffen wie "lol" "rofl", "wtf", "omfg", "noob" oder wie es auch noch andere Abkürzungen aus der Zockerwelt gibt, nichts anzufangen. Und dies ist nur ein Beispiel vom Wandel der Sprache, da es ja nicht nur beim "Zocken" im Chat geschrieben wird, sondern weil viele junge Leute ja sogar mit diesen Abkürzungen reden und kommunizieren. Der Trend der Sprache geht natürlich auch weiter bzgl. dem Anglizismus. Aber dafür gibt es genug Texte drüber ;)
Nephele hat geschrieben:Nun sag ich mir immer wieder: Nicht so tragisch, Lücken kann man schließen, doch immer öftr beschleicht mich inzwischen der Verdacht, das viele weder die Notwendigkeit, noch die Lust darauf verspühren diese Lücken ernstlich schließen zu wollen.

Die meisten Fragen sich natürlich, warum sie diese Lücken schließen sollten. Ich meine um es überspitz auszudrücken: Wofür das ganze? Es kostet doch Zeit. Ich muss dann etwas langweiliges, womöglich sachliches Lesen. Und brauche ich das dann irgendwann überhaupt nochmal? Es ist doch auch egal ob ich das weiss oder nicht, ist doch schließlich Vergangenheit!

Oft ist spielt die Einstellung, das Leben ist "Jetzt" auch eine wesentliche Rolle...

Grüsse Matze

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» atze » Beiträge: 157 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin mir auch nicht sicher was eigentlich alles in die Allgemeinbildung fällt. Das ist glaube sehr abhängig vom eigenen Bildungsstand und vermutlich auch der der Eltern weil es letztendlich ja sie sind die einen, wenn man noch sehr jung ist, fördern und ich die richtige Richtung schubsen (im besten Falle!)

Ansonsten ist es glaube auch immer der eigene Standpunkt. Wenn man viel liesst, sich selbst bildet hat man logischer Weise auch eine viel höhere Allgemeinbildung und ich denke man kommt innerlich in Verlegenheit zu glauben das das immer so sein muss. In seinem Spezialgebiet dann noch natürlich noch viel mehr und ausgeprägter.

Kann aber insgesamt schon sein, das die Allgemeinbildung schlechter wird. Ich selbst habe auch immer mehr das Gefühl das die Kluft zwischen sehr gebildet und gar nicht immer weiter auseinander getrieben wird. Das sich schlechte Bildung über Generationen festsetzt. Kann ich mir aber auch nur einbilden. Ich weiß es nicht.

» Ju.Le » Beiträge: 147 » Talkpoints: -3,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Nö, Deine Betrachtungen entsprechen leider auch meiner Erfahrung.

Ich seh es sogar noch ein wenig pessimistischer, weil die Entwicklung der letzten Jahre nicht einfach so zu stoppen ist.

Ich bin mir nicht ganz sicher, wann man den Zeitpunkt ansetzen kann, ab dem die Bedeutung von Allgemeinbildung für viele Menschen abgenommen hat. Es ist zwar ein schleichender Prozess, aber ich glaube doch, dass man einen Startpunkt setzen kann.

Meiner Meinung nach hat das in den 80er Jahren begonnen. Das hat sicherlich viele Gründe, ein Grund dürfte sein, dass der Krieg inzwischen schon recht lange vorbei war, viele von diesen Zeiten keine Ahnung mehr haben und auch diejenigen, die es erlebt hatten inzwischen mit dem Thema abgeschlossen hatten.

Zudem kamen in dieser Zeit Tendenzen auf, die mehr Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung boten, aber gleichzeitig auch eine Abgrenzung von der Gesellschaft ermöglichten. Kleine "Computerspiele" für den fernseher wie von Atari und natürlich die ersten Heimrechner "C64". Damit verloren auch Vereine an Bedeutung, die Kommunikation litt wieder.

Kinder, die allein vor dem Bildschirm sitzen und zocken, vielleicht noch zu zweit gegeneinander prägten die freizeit der 80er- und 90er Jahre. Damit ging viel Kommunikation verloren, Kommunikation ist aber ein entscheidender Punkt in der Wissenvermittlung.

In dieser Zeit haben sicherlich viele Menschen den Zug zur Allgemeinbildung verpasst. Und sie sind heute eben auch wieder Eltern, diesmal aber Eltern ohne große Allgemeinbildung. Und was sollen sie vermitteln, wenn sie das Wissen selbst nicht haben. Da stellt sich auch für die Kinder die Frage, warum soll ich das lernen, wenn meine Eltern es doch auch nicht können???

Das ist wohl letztlich ein Teufelskreis, diesen zu überwinden kann ich mir fast gar nicht vorstellen. Die Anstrengungen, die da unternommen werden müssten wird unsere Gesellschaft kaum leisten.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


In der Tat ist es so, dass die Jugend immer mehr das Interesse an Allgemeinbildung verliert. Die meisten Leute sitzen, auch wenn sie auf das Gymnasium gehen in der Schule da und warten bis der Unterricht vorbei ist. Für die Fächer Geschichte, Biologie,Chemie und Physikinteressiert sich so wie so irgendwie kaum noch Jemand.

Woran das liegt kann ich aber leider auch nicht beurteilen. Ich glaube, dass die Jugend einfach vorausblickt und erkennt, dass es sowieso nur sehr wenige Arbeitsstellen gibt und alles was man im Beruf brauch sowieso in einer Lehe oder im Studium lernt.

mfG Marcel

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» POTWMarcel » Beiträge: 1118 » Talkpoints: 8,77 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich denke auch auf jeden Fall ,dass unsere Jugend deutlich ihr Interesse verloren hat. Ich finde es schade und vorallem ein wenig beängstigend für unsere Zukunft. Oft kann man im Fernesehn solche Befragungen sehen. Wenn ich einen Jugendlichen heute frage wozu die Lunge dient und man bekommt zur Antwort eine Seite für Essen die andere für Trinken dann frage ich mich was aus denen mal werden soll. Ich denke,dass auch an den Schulen der Fehler liegt . Es werden viel Fachbezogene Sachen unterrichtet aber wirkliche Allgemein Bildung findet dort agr nicht statt.
Grüße Julia

» julia08 » Beiträge: 1991 » Talkpoints: -5,91 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wie kann man etwas verlieren was man noch nie gehabt habe sag ich da nur? Die meisten haben doch je nach Standpunkt keine Ahnung - und sie hatten sie auch noch nie. Und werden sie auch nie haben. War schon immer so und ist keine Erscheinung der Neuzeit.

Und die Faktoren die dem ganzen zugrunde liegen sind fast unzählbar, auch wenn es sich im Wesentlichen
- an der sozialen Herkunft
- am IQ
- am Interesse an Bildung
festmacht.

Und manch einer sieht sich mit achso so toller Allgemeinbildung ausgestattet - und hat sie gar nicht. Bei bestimmten Typen weiß ich auch meist nach 3 Sätzen: Dampfplauderer!

Witzig ist immer, dass andere die über Menschen mit wenig Wissen im Fernsehen lachen, selbst kaum klüger sind - also sie wissen es selbst nicht lachen aber über die dämliche Antwort von anderen, können aber selbst keine geben, die besser klingt (also für jemanden der es weiß).

julia08 hat geschrieben:Ich denke,dass auch an den Schulen der Fehler liegt . Es werden viel Fachbezogene Sachen unterrichtet aber wirkliche Allgemein Bildung findet dort agr nicht statt.

So ein Quark, in der Schule bekommt man schon genug mit. Und ihn einem Thread jammerst Du rum, dass Du gerne mehr fachbezogenen Unterricht hättest und zu lange in der Schule hockst und hier etwas von Unterricht erzählen der zu fachbezogen sei! An der Schule bekommt man schon eine gute Basis gelegt auf die man ohne Probleme aufbauen kann, nur die wenigsten Schüler haben den Ehrgeiz darauf aufzubauen, ich würde sagen jeder 200. im Idealfall.
atze hat geschrieben:Die "älteren" Leuten, wissen mit Begriffen wie "lol" "rofl", "wtf", "omfg", "noob" oder wie es auch noch andere Abkürzungen aus der Zockerwelt gibt, nichts anzufangen. Und dies ist nur ein Beispiel vom Wandel der Sprache

Das ist kein Wandel der Sprache sondern ein ausgeprägtes Zeichen von Dummheit und Spracharmut - das war schon zu meiner Zeit so als die Begriffe aufkamen und ein paar Blitzbirnen, die nicht grad die hellsten unter der Sonne waren, damit anfingen das auch in die Alltagssprache einzubauen und gleichblöde es ihnen nachmachten...

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Hehehe sehr guter Beitrag Subbotnik :lol:

Ich bin auch der Meinung, dass das angebliche Abhandenkommen der Allgemeinbildung keine absolut neue Erscheinung ist. Es gibt genug strohdumme Rentner, die auch keine Ahnung von allgemeinen Sachen haben, außer vielleicht wer im Fußball seit 1960 wie oft Weltmeister war ;-). Und genauso gibt es in unserer Elterngeneration und eben auch in unserer Generation diese Menschen.

Wobei man Allgemeinbildung ja auch nicht verallgemeinern kann, denn niemand besitzt die Fähigkeit, in jedem Gebiet bescheid zu wissen und auch die Allgemeinbildung ist nun mal Interessen unterworfen. Ich zum Beispiel interessiere mich sehr viel für alles, was mit Naturwissenschaften zu tun hat, jedoch kann ich mich einfach nicht für Politik begeistern. Es würde mir unheimlich schwer fallen, mich jetzt in die Geschichte der Politik hineinzulesen und mir das alles zu merken. Und so ist eben jeder anders, andere lieben Politik und wissen alles darüber, haben aber keine Ahnung von Biologie.

Deshalb sollte man die Leute aber nicht über einen kamm scheren und es ist auch erwiesen, dass man zum zeitpunkt des Abitures die höchste Allgemeinbildung hat, da man eben täglich mit allen Bereichen konfrontiert wird. Später spezialisiert man sich dann und beschäftigt sich logischerweise hauptsächlich mit seinem Spezialgebiet. Und klar, Allgemeinbildung ist wichtig aber eine spezialisierte Ausbildung ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht wichtiger denn wenn ich mich operieren lasse, dann soll der Arzt gefälligst alles über meine Krankheit und die OP-Technik wissen und nicht von Allem ein wenig, dafür von Vielem eine Ahnung haben. ;-).

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Jaja Subbotnik, unser TNS Anwärter :lol:, da kann man schon hohe Ansprüche haben. Da ist man als Intertel Member schon schlechter dran :wink:.

Grooovegirl hat geschrieben:Und klar, Allgemeinbildung ist wichtig aber eine spezialisierte Ausbildung ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht wichtiger denn wenn ich mich operieren lasse, dann soll der Arzt gefälligst alles über meine Krankheit und die OP-Technik wissen und nicht von Allem ein wenig, dafür von Vielem eine Ahnung haben.

Ich finde, gerade der letztgennannte Punkt ist ein entscheidendes Kriterium, denn wer von vielen Dingen nur wenig weiß, der hat auch keine gute Allgemeinbildung. Eine gute Allgemeinbildung macht sich bei mir auch daran fest, dass man in der Lage ist auf vielen Feldern zu denken und denken zu können und nicht nur eingeschränkt in wenigen.

Gerade damit überraschen Menschen mit einer guten Allgemeinbildung halt immer wieder, dass sie sich in völlig fremde Materie hineinlesen können und arbeiten können auch mit nur wenigen Informationen. Und die Schule ist heute allein kein Garant mehr für eine gute Allgemeinbildung, auch nicht das Abi.
Denn jeder von uns Abiturienten weiß ja, dass die Dummenquote da nicht gerade niedrig ist und man sich oft fragt: "Warum bekommt so jemand Abitur, der im Grunde keine Ahnung hat?". Naja, später kann man dann imernoch schadenfroh sein, wenn genau solche Menschen lieber einen Ausbildungsplatz machen weil sie in den ersten 4 Semestern auf der Strecke geblieben sind, denn hier hilft büffeln allein nicht mehr weiter, vor allem wenn man einen "gemeinen" Prof hat, der mehr verlangt als nur Büffeln.
Groovegirl hat geschrieben:Ich zum Beispiel interessiere mich sehr viel für alles, was mit Naturwissenschaften zu tun hat, jedoch kann ich mich einfach nicht für Politik begeistern. Es würde mir unheimlich schwer fallen, mich jetzt in die Geschichte der Politik hineinzulesen und mir das alles zu merken. Und so ist eben jeder anders, andere lieben Politik und wissen alles darüber, haben aber keine Ahnung von Biologie.

Ich finde es kommt auch nicht darauf an, sich in dem Gebiet todsicher auszukennen, sondern elementares zu wissen und daraus anderes abzuleiten. Dieses Grundwissen ist, solange man nicht an einer Fachdiskussion teilnehmen möchte, im Grunde ausreichend. Nur haben die meisten nicht einmal dieses "Elementarwissen" welches ihnen Türen öffnen könnte - und ich sehe es auch so: DIe meisten werden es nie haben und nie erlangen können, einfach aus geistiger Faulheit heraus.

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