Einmal Messie, immer Messie?

vom 19.07.2010, 22:17 Uhr

Ich sehe gerade auf RTL "Einsatz in 4 Wänden", wo ein Messiehaus renoviert und vor allem entmüllt wurde. Die Hausbesitzer sind schon ein älteres Pärchen und haben eben über Jahrzehnte so ziemlich alles gesammelt, was ihnen in die Finger kam, typisch für ein Messieverhalten. Auch die Küche war komplett vermüllt, auch mit alten Lebensmitteln und dergleichen.

Ich finde es prinzipiell eine sehr gute Idee, dass nun auch ein Messiehaus wieder hergerichtet wurde. Zumindest ist es auf jeden Fall medienwirksam, das war wohl sicher auch ein Hintergrundgedanke des Senders. Aber einmal davon abgesehen frage ich mich, wie es nun weitergehen wird. Das Pärchen hat ein komplett entmülltes und hergerichtetes Haus bekommen, wobei ich sehr gut finde, dass darauf Rücksicht genommen wurde, dass auch einige Sammlerstücke beibehalten wurden.

Ich frage mich nur, ob jemand der schon einmal in einem Messiehaus gelebt hat, oder eben es zu einem Messiehaus werden lies, es nach so einer Renovierung auch schafft, dass es nicht wieder zugemüllt wird. Das fängt natürlich schon bei der Küche an, aber zieht sich durch das ganze Haus. Wird es dem Pärchen überhaupt möglich sein, Ordnung zu halten? Sie sind es noch dazu ja auch Jahrzehnte nicht mehr gewöhnt zu putzen oder etwas sauber zu halten.

Nach 6 Wochen wurde das Pärchen wieder besucht um auch nachzusehen, wie es aussieht. Prompt hat sich auch wieder so einiges angesammelt. Das Pärchen war wohl auch altersbedingt überfordert, das Haus in Schuss zu halten. Es wurde dann am Schluss zwar vereinbart, dass das Pärchen eine Haushaltshilfe bekommt, aber auch da frage ich mich, wer das langfristig bezahlen wird, sie bräuchten ja doch regelmäßig und öfters Hilfe, ob sie sich das auch mit ihrer Rente leisten wollen oder können, ist auch fraglich. Hinzu kommt ja auch, dass das auch ein Zeichen eines Messies ist, dass er sich eben nicht gerne diesbezüglich helfen lässt.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Im Fernsehen haben sie schon öfters darüber berichtet und ohne psychologische Hilfe kommt da keiner raus. Es ist eine Sucht. Und bei den alten Leuten, denen sie das Haus so toll wieder hergerichtet haben, war es ja nicht nur die Sammelleidenschaft der Frau. Es sah ja wirklich schlimm aus. Die Mäuse waren wohl die einzigen Lebewesen, die sich dort wohl gefühlt haben. Und da muss man wohl sagen, dass eine Haushaltshilfe auch nichts bringt. Denn die Frau wird niemals zulassen, dass man irgendwas wegschmeißt.

Ich finde es im Prinzip gut, dass sie den alten Leuten geholfen haben. Aber ohne einen Psychologen wird es bald wieder so dort aussehen und damit ist es einfach unnütze Arbeit gewesen und das Geld hätten sie auch anderweitig ausgeben können. Statt einer Haushaltshilfe hätte der Sender lieber einen Psychologen beauftragen sollen zu helfen. Und in einer kleineren Wohnung, wo die Leute selber auch nicht überfordert sind, wären die 2 auch besser aufgehoben. Denn mit einem ganzen Haus sind sie tatsächlich überfordert.

Es werden bestimmt auch manche Leute schaffen wieder ein normales Leben zu führen. Aber nicht ohne fachmännische Hilfe und so eine Behandlung/Therapie. Und das ist eine sehr lange Therapie und die alten Leutchen werden wohl nie austherapiert werden können. Es ist dabei schade um das Haus, dass es wieder so verkommen wird.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich denke auch, dass es ohne psychologische Hilfe nicht wirklich klappen kann und im ersten Moment würde ich auch denken, dass der Sender statt einer Haushaltshilfe lieber einen Psychologen bezahlt hätten sollen. Andererseits hast du selber ja schon richtiger Weise erkannt, dass das wohl eine eher längere Therapie ist. Ich weiß jetzt nicht, wie alt das Pärchen ist, aber es hat mir doch schon eher etwas älter gewirkt.

Ich will jetzt nicht sagen, dass sich dann keine Hilfe mehr lohnt, auch dieses Pärchen hat natürlich Hilfe verdient, aber ich denke schon auch, dass es bei diesem Pärchen einfach schon derart eingesessen ist, dass eine Therapie wohl nur schwer Erfolg haben wird.

Wobei dann natürlich die Frage wäre, was nun der beste Weg für dieses Pärchen wäre. Würde man ihnen nicht helfen, wäre es ja auch traurig. Selbst wenn sie schon älter sind, kann man sie ja nicht einfach im Müll weiterleben lassen. Nun wurde ihnen das Haus wieder hergerichtet, aber ich bezweifle eben auch sehr stark, dass sie es selbst mit einer Haushaltshilfe instand halten können.

Ein Umzug in eine kleinere Wohnung wäre für das Messiepärchen glaube ich auch eine Katastrophe gewesen. Man hat ja selbst gesehen, dass die Frau nicht einmal das Schlafzimmer benutzt hat, weil sie aus Gewohnheit weiterhin auf der Couch schlafen wollte.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe die Sendung gestern Abend ebenfalls verfolgt. Die beiden älteren Leute sind bereits über 80 Jahre alt. So hieß es bei RTL. Dass in solch einem hohen Alter ein komplettes Haus einfach zu viel ist und die beiden damit überfordert waren, war tatsächlich nicht zu übersehen.

Nach diesen 6 Wochen, wo die beiden dann noch einmal besucht wurden, nachdem ihr Haus komplett von dem Müll befreit worden war und ihr neues Haus fertig gestellt war, sah man schon wieder die Ansätze des Messietums. Auch wenn es sich in Grenzen hielt, was man so gesehen hat, glaube auch ich nicht, dass die beiden die Ordnung längerfristig ohne psychologische Hilfe durchhalten können. Entweder sie bekommen diese Hilfe noch oder es wird in ein paar Monaten ebenfalls wieder beinahe so schlimm aussehen wie in ihrem alten Haus.

Generell hilft es wenig, wenn man nur eine Haushaltshilfe gestellt bekommt. Diese beseitigt zwar sozusagen die Symptome der Erkrankung, also des Messietums, aber die Erkrankung selber, also die Ursache für dieses Chaos, ist weiterhin vorhanden.

Das Thema wurde auch noch einmal kurz nach der Sendung Einsatz in 4 Wänden spezial, bei der Sendung Extra aufgegriffen. Dort wurden ebenfalls zwei Frauen, die in Messiewohnungen gelebt hatten vorgestellt. Beide wussten zwar, dass sie so nicht mehr weiterleben wollten, aber von alleine schafften sie den Schritt in ein normales Leben ohne Sammeln auch nicht. Die eine meinte, dass sie zwar aufräumt, aber im Prinzip nur einzelne, kleine Dinge durch die Wohnung trägt. Sie käme einfach nicht allzu weit. Das wurde ihr klar, als sie auch jemanden zur Seite gestellt bekam, der wirklich anpackte und in der gleichen Zeit, wie sie die kleinen Gegenstände durch die Wohnung trug, viel mehr Sachen aufgeräumt und weggeworfen hatte.

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» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Solche Sendungen über Messies sind rein vom fachlichen Gesichtspunkt mit sehr vielen Fehlinformationen versehen. Es handelt sich hierbei auch um keine Sucht. Die betreffenden Personen sind schwer geisteskrank und sehen den Zustand als völlig normal an. Kein Mensch würde sich beispielsweise durch den entstehenden Müll gesundheitliche Schäden aussetzen.

Dieser Personenkreis muss erst einmal in einem Krankenhaus direkt stationär behandelt werden. Sie müssen faktisch alle Tätigkeiten natürlich unter spezieller Aufsicht neu erlernen. Dieser Vorgang dauert in der Regel ungefähr 12 Wochen. Danach kann erst ein Psychologe die ambulante Nachbehandlung übernehmen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


@karlchen, na das ist ja schön, dass Du wenigstens den Durchblick hast, den andere noch nicht haben. Dass man alle Messies in eine solche Schublade steckt ist doch genauso unsinnig, wie die Darstellung der betroffenen Personen in irgendwelchen Sendungen. Es gibt meines Wissens derzeit keine klare Grenzen ab wenn ein Person, die gemeinhin auch schon mal als Messie bezeichnet wird behandlungsbedürftig ist und genauso gibt es auch nicht "die" Behandlung schlechthin, gerade in leichteren Fällen gibt es auch andere Methoden diese Personen erfolgreich zu behandeln.

Ich denke mal, dass es sehr schwierig ist pauschal zu sagen, ob man als Messie unheilbar erkrankt ist. Fakt ist aber, dass man diese Störung eher selten allein überwinden kann. Meist ist dazu doch fachliche Hilfe nötig und eine Haushaltshilfe lindert da höchstens die Symptome als das sie wirklich hilft. Im beschriebenen Fall ist wohl leider zu vermuten, dass da nur Symptome beseitigt wurden, die Störung der beiden Herrschaften aber nicht.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@JotJot
Es gibt selbstverständlich Grenzen, ab wann man eine Person in der Richtung behandeln sollte. Leider bleibt es in sehr vielen Fällen unentdeckt. Bei einem richtigen Messie sieht es schon so aus wie im Fernsehen dargestellt. Man muss sich natürlich über den Begriff Messie einig sein, denn nicht alle als Messie bezeichneten Personen sind in der Tat Messies. Ich meine hier allerdings richtige Messies.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Nur leider ist die Definition Messie ja schon sehr medial geprägt und so etwas wie einen richtigen Messie zu definieren dürfte schwer sein. Ist ein unordentlicher Mensch mit wenigen sozialen Bindungen schon ein Messie oder etwa doch jemand, der sich von nichts trennen kann, aber noch massig Kontakte hat? Was ist denn ein richtiger Messie.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@JotJot
Leider ist diese Definition über den Messie Begriff stark geprägt, weil man hier zwischen einen rein unordentlichen Menschen und einen sogenannten Allessammler unterscheiden muss. Der unordentliche Mensch schafft den Absprung von seinen Gewohnheiten selbst. Allerdings muss auch hier die Hife von anderen Personen vorhanden sein.

Der Allessammler (Messie) schafft es leider nicht, denn hier ist die reale Wahrnehmung gestört. Er muss sich erst einmal neue Realitäten schaffen und das gestaltet sich immer sehr schwierig. Der Messie kann mit geregelten Dingen erst einmal nichts anfangen und wünscht sich daher wieder alte Zustände zurück. Wenn bei einem unordentlichen Menschen sich sämtliche Lebensumstände oder einige Situationen ändern, kann er damit gut leben. Er wird höchstens auf eine andere Art wieder unordentlich.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Einen Messie würde ich nicht als geisteskrank bezeichnen, diese Bezeichnung halte ich eh für total überholt. Die Frau aus dem Beitrag war etwa 84 Jahre alt, der Mann glaube ich 86 Jahre alt. Warum die Frau nun das Messie-Syndrom hat, kann sicherlich niemand von uns beurteilen. Es wurde im Beitrag darauf eingegangen, dass Sie ja noch den Krieg miterlebt hat und eventuell sich deswegen schwer tut, allerdings war das wohl auch eher nur eine Vermutung von dem Betreuer des Mannes.

Zudem habe ich nicht mitbekommen, dass irgend jemand etwas gesagt hat darüber, ob die Frau nicht sogar schon in Behandlung gewesen ist oder war. Eine Haushaltshilfe im Rahmen der Pflegeversicherung wäre dort sicherlich möglich. Das heißt ja auch nicht, dass Sie dort nicht auch weitere Hilfen in Anspruch nehmen könnte. Aber Sie hat doch ein Recht darauf selbst zu bestimmen, was Sie und Ihr Mann möchten?

Dadurch dass Sie sich schon auf eine Haushaltshilfe einlassen wird, ist es doch ein Schritt nach vorn. Egal wie das dann in Zukunft abläuft, was Sie zulassen kann oder nicht, aber das überhaupt schon jemand in ihr Haus darf und helfen soll, ist doch schon mal etwas.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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