Deflation in der Euro-Zone

vom 11.03.2010, 20:55 Uhr

In Europa droht Deflation! Das ist ein Preisrückgang in Verbindung mit Verminderung der Geldmenge. Der erste Staat (als Frühindikator), der bereits davon betroffen ist, dürfte Lettland sein. Dort sanken die Preise im letzten Jahr um 4,1%. Ähnliches droht auch für Griechenland: falls die Sparprogramme umgesetzt werden, könnten die Löhne sinken und die Staatsausgaben zurückgefahren werden. Folge: ebenso wie in Lettland eine Deflation.

Das prominente Vorbild für diese Entwicklung dürfte die japanische Wirtschaft sein. Oder aber die Depression in den 1930er: damals kam es zu der bisher größten Wirtschaftskrise der Menschheit. Was viele nicht wissen: damals sanken nicht nur die Aktienkurse sondern auch die Preise für Brot, Zucker und Milch. Diese Krise führte in den 2. Weltkrieg; was wohl auch derzeit droht.

Manche Ökonomen rätseln noch, ob die Finanzkrise eine Inflation oder Deflation zur Folge haben wird. Meiner Ansicht nach ist nur letzteres möglich. Die Ursache liegt im Kreditsystem. Fast alle Unternehmen sind auf Kredite angewiesen. Die Eigenkapitalquote liegt im Durchschnitt bei 30%. Durch die Kredite wird eine Hebelwirkung erzielt. Firmen mit wenig Bargeld können riesige Lagerbestände aufbauen und den Umsatz steigern. Dieser Hebel ist aber nur gut, wenn die Zukunft hohe Gewinne verspricht. Falls sich die Gewinne vermindern, müssen die Unternehmen den Hebel zurückfahren (und damit auch ihr Risiko bankrott zu gehen). Dieses Phänomen wird Deleveraging genannt.

Und wenn die Unternehmen ihren Eigenkapitalanteil erhöhen, führt das auf makroökonomischer Ebene zu einer Geldvernichtung. Es ist das genaue Gegenteil von Giralgeldschöpfung. Die Geldmenge M3 sinkt durch zurückgezahlte Kredite. In den USA kann man diesen Rückgang bereits seit 2009 beobachten: M3 schrumpft! Und das, obwohl der Staat ein Milliarden-Paket zur Stützung der Volkswirtschaft verabschiedet hat.

Fazit: Europa droht eine Deflation wie in den 1930er. Ursache wird die Kredittilgung der Unternehmen sein, welche die Geldmenge M3 nach unten zieht.

» aa5 » Beiträge: 4 » Talkpoints: 2,54 »



Also ich finde es momentan doch sehr verfrüht von einer Deflation zu sprechen und kann mich deiner Argumentation nicht wirklich anschließen.

Man muss bedenken, dass in den 30er Jahren und auch in der japanischen Wirtschaftskrise ganz anders auf die damaligen Krisen reagiert worden ist als heute. Im Zuge der Depression der 30er Jahre haben die Länder drastisch ihre Ausgaben zurückgefahren. Zusätzlich zu dieser rigiden Sparpolitk sanken sowohl Aktien als auch Immobilienpreise.

In der derzeitigen Krise ist von Staatsseite genau das Gegenteil passiert. Man hat durch die Konjunkturprogramme und durch das Absinken der Zinssätze mit gleichzeitiger Erhöhung der Geldmenge dafür gesorgt, dass genügend billiges Geld im Umlauf ist um die Konjunktur zu stützen. Hinzu kommen noch andere unterstützende Faktoren wie zum Beispiel die Kurzarbeit, die den Arbeitsmarkt entlasstet hat. Dies alles ist nicht nur auf nationaler, sondern auf globaler Ebene passiert.

Das genügend billiges Geld im Umlauf ist sieht man daran, dass die Aktienkurse wieder stark angestiegen sind und das die Banken dadurch wieder extrem hohe Gewinne erziehlen.

Man kann die Eigenkapitalquoten der Unternehmen in Deutschland und in den USA nur bedingt miteinander vergleichen. In den USA wird nach ganz anderen Maßstäben binlanziert als in Deutschland und Europa. Ich sehe das größte Problem momentan darin, dass Kredite nachgefragt und benötigt werden aber die Banken in ihrer Kreditvergabe zu rigide vorgehen. Dies kann ein wesentlicher Faktor im weiteren konjunkturellen Verlauf werden.

Kommt das momentan von den Zentralbanken billige Geld nicht in der Realwirtschaft an sondern zikuliert wieder nur durch die Finanzwelt sehe ich die Gefahr, dass sich die Wirtschaft nur sehr langsam erholt und bei einem neuen Crash an den Börsen die Bankenwelt noch schwerer in die Krise gestürzt wird als bislang.

Dein deflationären Szenario gewinnt meiner Meinung nur dann an Wahrscheinlichkeit wenn die Konjuktur in den nächsten Monaten nicht wie gewünscht anspringt und den Ländern quasi dadruch irgendwann das Geld für weitere konjunkturelle Maßnahmen ausgeht und die Börsen erneut einbrechen werden. Man kann quasi sagen, dass das billige Geld die Realwirtschaft nicht erreicht. Dann kann es zum Abbau von Produktionskapazitäten kommen, die sich deutlich verstärken könnten.

Dagegen spricht aber das einige Länder, vor allem die BRIC Staaten wieder zu einem vernünftigen Wirtschaftswachstum zurückkehren. Schon allein die anziehenden Rohstoffpreise wirken deflationären Tendenzen entgegen und die konjunkturellen Aussichten sind momentan garnicht so schlecht wie man nach so einem Absturz vermuten könnte auch der zumindest in Deutschland recht stabile Arbeitsmarkt gibt Hoffnung. Fängt der Konjunkurmotor erstmal an zu laufen und lockern die Banken ihre Kreditvergabe kann es ganz schnell in die andere Richtung laufen und die Preise werden durch die anziehende Nachfrage wieder stark steigen.

Im Moment kann eben keiner von uns in die Zukunft schaun und die zukünftige Entwicklung prognostizieren. Alles hängt eben davon ab wie sich die Konjunktur in den nächsten Monaten entwickeln wird.

Griechenland kann man hier nicht als Beispiel für die weitere Entwicklung der anderen Länder hernehmen. Viele der griechischen Probleme sind hausgemacht und betreffen uns nur deshalb, weil die Griechen leider den Euro eingeführt haben. Wobei der nun gesunkene Euro für die europäische Exportwirtschaft garnicht so schlecht ist. Außerdem ist nicht automatisch klar, dass in Griechenland sinkende Löhne automatisch zu einer deflationären Tendenz führen. In Deutschland haben die Reallöhne in den letzten Jahren eher stagniert aber durch die hohen Rohstoffpreise kam es zur Geldentwertung.

» DerRaucher » Beiträge: 161 » Talkpoints: 9,79 » Auszeichnung für 100 Beiträge


DerRaucher hat geschrieben: Ich sehe das größte Problem momentan darin, dass Kredite nachgefragt und benötigt werden aber die Banken in ihrer Kreditvergabe zu rigide vorgehen.

Grundsätzlich braucht ein gesundes Unternehmen keine Kredite sondern finanziert sich durch Eigenkapital. Bei AGs sind das Aktien, bei GmbHs sind es die Einlagen der Gesellschafter. Offensichtlich funktioniert die Marktwirtschaft aber nicht mit solchen risikolosen Unternehmungen sondern sie besteht aus lauter kreditfinanzierten Unternehmungen. Je mehr Kredit eine Firma bekommt desto aggressiver kann sie auf den Märkten agieren und Marktanteile gewinnen.

Das Gegenstück auf den Finanzmärkten sind Hedgefonds, die Aktien auf Kredit kaufen. Klappt der Deal können überdurchschnittliche Profite erwirtschaftet werden. Sollte aber der Erfolg ausbleiben endet es im Totalbankrott. Auch im Brettspiel "Monopoly" kann man mit kreditfinazierten Häuserkäufen reich werden. Man belastet beispielsweise unwichtige Straßen um von dem Geld Häuser zu kaufen und damit höhere Umsätze zu erwirtschaften.

Auf Makroebene sind kreditfinanzierte Unternehmen vor allem bei steigendem BIP erfolgreich, so wie es seit 1945 in der 1. Welt zum Standard gehörte. Bei schwächelnder Wirtschaftsleistung (so wie 2009: BIP -5% in BRD) besteht für diese Art der Unternehmensführung ein Problem. Wer schon Schulden hat, kann bei Gewinnrückgang keine Überbrückungskredite mehr beantragen. Ein sofortiger Konkurs ist die Folge.

Die Frage lautet: Wenn die Banken mehr Kredite geben, wohin soll die Eigenkapitalquote dann noch sinken? Sie ist heute schon im Durchschnitt bei 50% der Bilanzsumme oder weniger. Einen Kredit beantragt man normalerweise wenn man die Zukunft rosig einschätzt, die Produktionskapazitäten erweitern will und damit den Gewinn steigert. Wer bei schlechter Gesamtlage investieren will, d.h. Zusatzkredite will, der erhöht sein Risiko ohne Grund. Das erinnert mich ein wenig an Nick Leeson, der selbst im Bankrott-Stadium das Ruder nochmal rumreißen wollte um Geld zurückzugewinnen.

Nun ja, die Prognosen für 2010 sind nicht schlecht. Deutsche Bank Research erwartet beispielsweise ein BIP Anstieg von +2% für das Gesamtjahr. Allerdings hat dieses Institut Anfang 2009 für 2009 ein BIP von -2% prognostiziert. Es wurden dann aber -5%. Also war DB-Research ein wenig zu optimistisch.

» aa5 » Beiträge: 4 » Talkpoints: 2,54 »



Ich glaube nicht, dass es zu einer Deflation kommt. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: die europäische Znetralbank wird mit aller Gewalt versuchen dies zu verhindern. Denn ohne eine Mindestinflation von zwei Prozent droht noch viel mehr Staaten als Griechenland der bankrott.

Die Deflation in den baltischen Staaten ist ja hausgemacht: massive Kürzungen im Staatshaushalt, Einsparungen bei den Gehältern. Man will einfach nur die Stabilitätskriterien für den Euro erfüllen und so ist ja für den Sommer geplant Beitrittsverhandlungen zur Eurozone aufzunehmen. Alle drei baltischen Staaten hoffen bis 2014 den Euro einzuführen und dafür waren eben massive Einschnitte nötig.

Ähnlich verhält es sich in Bulgarien, auch nur um der Eurozone beizutreten. Für die jetztigen Eurostaaten wäre Deflation schon allein für die Schuldentilgung ein Problem und es besteht auch kein Interesse daran. Zumal ja auch die Rohstoffpreise weiter ansteigen und allein dies schon für zumindest stabile Preise sorgt. Wünscheswert wäre eher eine höhere Inflation, zumindest für ein paar Jahre. Ich geh auch davon aus, dass man in den nächsten Jahren realtiv sicher mit zwei bis drei Prozent Inflation rechnen kann.

Benutzeravatar

» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Naja prognostizieren kann man ja nie was. Ob nun Inflation oder Deflation kommt, kann niemand voraussagen. Man muss eben die Wirtschaft in den nächsten Monaten beobachten.

Zu einer Deflation wird es in den nächsten Monaten denke ich nicht kommen, alleine wenn ich mir den Kurs des wichtigsten Rohstoffes ansehe (Öl), dann sehe ich einen deutlichen Anstieg.

Zumal denke ich auch, das der Euro gegenüber dem Dollar weiter an wert verliert. Denn der Dollarkurs ist zeitlich versetzt an den Ölkurs gekoppelt. D.h. wenn der Ölpreis steigt, steigt auch in einem Zeitversatz von 1-3 Monaten der Wert des Dollars. Natürlich kommen auch andere Faktoren hinzu, aber Öl wird nun mal Weltweit in Dollar gehandelt.

Im Moment kann man ja einen generellen Wertverlust des Euros erkennen das liegt aber eher an Griechenland weil die den Karren an die Wand gefahren haben und das Vertrauen in den Euro sinkt.

Die Sache mit dem "billigem Geld" ist wieder ein Thema für sich. Denn das Geld hat die reale Wirtschaft noch nicht erreicht. Es ist ziemlich deutlich erkennbar das der Mittelstand immer noch massive Probleme hat aus dem Grund das sie keine Kredite von Banken bekommen. Einige haben zwar sehr gute Ideen wie der Schreiner der an die Börse gegangen ist oder das Restaurant das "Aktien" im Form von Essensmarken verkauft hat. Aber das kann nicht den gesamten Mittelstand retten.

Das Banken ziemlich vorsichtig geworden sind ist halt auch ein Problem denke ich. Andererseits ist es auch wieder gut weil so der Totalverlust vermieden wird. Banken sind halt in so einer Art Monopolstellung und somit sag ich auch der Motor der Wirtschaft.

» bamboo » Beiträge: 20 » Talkpoints: 19,63 »


@betty
Du unterstellst, dass die EZB die Inflation beliebig steuern könnte. Also über Entscheidungen die Geldmenge M3 erhöhen um so gegen Deflation aktiv vorzugehen. Teilweise versucht sie das tatsächlich: die Zinssenkung auf nahe 0% war dafür ein Beispiel. Klar, eine Inflation von 2% jährlich wäre wünschenswert weil das Wirtschaftswachstum bedeutet. Allerdings kann selbst die EZB niemand dazu zwingen ein Eigenheim oder ein Auto zu kaufen. Das bleibt nach wie vor dem souveränen Verbraucher überlassen. Und eben dieser hat sich eben entschieden in 2009 weniger einzukaufen.

Letzten Endes geht es um Überkapazitäten: die Wirtschaft produziert mehr Güter als sie absetzen kann. Jetzt gibt es darauf zwei Antwortmöglichkeiten: Nachfrage erhöhen (z.B. durch Abwrackprämie oder Eigenheimzulage) oder zweitens, Rückbau der Überkapaziten. Letzteres impkiziert eine Verringering der Geldmenge, eine Verringerung der Kredite, und eine steigende Arbeitslosigkeit.

In genau diesem Szenario befindet sich die japanische Notenbank seit 10 Jahren. Bisher mit dem Effekt, die Staatsverschuldung weiter erhöht zu haben um so Preisrückgang und damit einer Deflationsspirale vorzubeugen. Bisher übrigens mit Erfolg, so dass jetzt auch Europa und die USA diese Strategie kopieren. Allerdings gibt es im Land des Greenbacks erste Risse: die Preise für Immobilien sinken, die Arbeitslosigkeit steigt leicht. Dass die Preise auf breiter Front (Lebensmittel, Benzin) noch nicht gesunken sind liegt einzig am Rohstoffhunger Chinas.

Wenn dort der Konjunkturzyklus beendet ist werden in den USA die Lichter ausgehen: die Unternehmen müssen dann ihre Grundstücke, Maschinen und Gebäude an die Banken versteigern und dementsprechend wird es Schnäppchenpreise geben. Arbeitslosenquoten von 30% und mehr werden der Standard. Und da immer mehr Banken dem Staat gehören wird quasi die gesammte Unternehmenslandschaft in Volkseigentum überführt werden.

» aa5 » Beiträge: 4 » Talkpoints: 2,54 »


aa5 hat geschrieben:Manche Ökonomen rätseln noch, ob die Finanzkrise eine Inflation oder Deflation zur Folge haben wird. Meiner Ansicht nach ist nur letzteres möglich. Die Ursache liegt im Kreditsystem. Fast alle Unternehmen sind auf Kredite angewiesen. Die Eigenkapitalquote liegt im Durchschnitt bei 30%. Durch die Kredite wird eine Hebelwirkung erzielt. Firmen mit wenig Bargeld können riesige Lagerbestände aufbauen und den Umsatz steigern. Dieser Hebel ist aber nur gut, wenn die Zukunft hohe Gewinne verspricht. Falls sich die Gewinne vermindern, müssen die Unternehmen den Hebel zurückfahren (und damit auch ihr Risiko bankrott zu gehen). Dieses Phänomen wird Deleveraging genannt.

Und wenn die Unternehmen ihren Eigenkapitalanteil erhöhen, führt das auf makroökonomischer Ebene zu einer Geldvernichtung. Es ist das genaue Gegenteil von Giralgeldschöpfung. Die Geldmenge M3 sinkt durch zurückgezahlte Kredite.

Wo sollen die Gewinne auch herkommen. Gerade Deutschland wird jetzt von den europäischen Nachbarländern angemahnt, endlich etwas für seinen Binnenmarkt zu tun und nicht alles auf die Karte Export zu setzen. Dabei definiert sich die EU (vielmehr ihr erster Pfeiler EG) über den gemeinsamen Binnenmarkt. Die Angriffe der Kanzlerin auf das finanzpolitische Versagen Griechenlands sollen nur vor unserem eigenen unsolidarischen wirtschaftspolitischen Handeln ablenken. Das wiegt viel schwerer, weil auch unsere Volkswirtschaft viel größer ist.

» Hessi_James » Beiträge: 11 » Talkpoints: 2,84 »



Ich muss dir in deiner Aussage, dass gesunde Unternehmen keine Kredite brauchen deutlich widersprechen. Viele Firmen würde an ihrer Expansion ohne genügend Fremdkapital scheitern. Die Frage ist nur, wie hoch die Überschuldung der Unternehmen ist bzw. sein darf?

Natürlich gibt es Branchen, deren Eigenkapitalquote deutlich zu gering ist, aber dies ist nicht überall der Fall. Eine Welt, in der sich Firmen ausschließlich durch ihr Eigenkapital finanzieren ist nur in der Theorie möglich. Sowas gab es nie und sowas wird es auch nie geben.

Wobei ich dir darin zustimmen muss, dass in manchen Ländern, wie zum Beispiel in den USA, es zu einem Überschuldungsgrad gekommen ist, der wirklich bedrohlich ist.

Meiner Meinung nach ist die essenzielle Frage die, ob die Regierungen es schaffen die Konjuktur zu stabilisieren bevor Ihnen das Geld ausgeht. Momentan den Geldhahn abzudrehen würde die Situation nur verschlimmern und zu solch einer Krise wie in den 1930er Jahre führen. Davon hängt meiner Meinung ab ob wir eine Inflation oder Deflation bekommen werden.

» DerRaucher » Beiträge: 161 » Talkpoints: 9,79 » Auszeichnung für 100 Beiträge


DerRaucher hat geschrieben:Momentan den Geldhahn abzudrehen würde die Situation nur verschlimmern und zu solch einer Krise wie in den 1930er Jahre führen. Davon hängt meiner Meinung ab ob wir eine Inflation oder Deflation bekommen werden.


Ja, Geldhahn zudrehen führt direkt in die Deflation. Soweit ich informiert bin, war dieses Szenario bereits vor der Immobilienblase in den USA (vor 2007) akut. Aus genau dieser Angst heraus wurden massiv Kredite vergeben. Die Immobilienblase wurde bewusst provoziert. Motto: steigende Preise sind leichter kalkulierbar als fallende. Insofern ist das Deflationsgespenst ein altes Phänomen und begleitet die FED schon seit 2000. Mit der Folge einer massiven Staatsverschuldung.

Aber zurück zum Euro-Raum: Über die letzten Jahrzehnte wurden hier massive Vermögen angesammelt. Die bürgerliche Gesellschaft ist reich geworden. Ursache dafür war eine hohe Sparquote. Nur leider ist das gesammte Vermögen derzeit nicht verfügbar. Es liegt als Sicherheit bei der EZB um für die ausgegeben Kredite eine Initial Margin zu bilden. Wie das genau mit der Quote ist, will ich hier nicht ausbreiten; in Kürze kann die Bank für 100€ Ersparnisse 200€ an Krediten rausgeben. Das gefährliche an diesen Hebeln ist, dass es keinen Bank Run geben darf. Denn wenn der Sparer seine 100€ abzieht, muss die Bank 200€ an Krediten zurückfordern. Auch dieses System dient dazu, den Kapitalismus noch aggressiver auf Wachstum zu programmieren. Solange alle Assests hoch bewertet sind funktioniert es perfekt und alle werden Reich. Nur leider ist dieser hochgezüchtete Moter unfàhig auf niedrigen Touren zu laufen. Wenn sich über Nacht das BIP halbiert verdienen die Leute nicht einfach nur halb soviel, sondern der Kapitalismus an sich geht kaputt. Denn durch die Hebel in der Kreditvergabe kommt es zu einem hard-landing. Insofern hast du absolut Recht: die Kreditvergabe ist das Entscheidende.

» aa5 » Beiträge: 4 » Talkpoints: 2,54 »


Du hast natürlich Recht, die Immobilienblase wurde deshalb ausgelöst, weil es einfach zuviel billiges Geld gab und die Kredite zu leichtfertig vergeben worden sind, vor allem in den USA. Die FED hat jahrelang mit einer moderaten Zinspolitik versucht die Wirtschaft mit billigem Geld zu versorgen um damit das Wachstum hoch zu halten. Nachdem das Kartenhaus eingestürzt ist geht sie nun wieder den gleichen Weg. Ihr bleibt ja auch garnichts anderes übrig.

Die oben beschriebene Problematik wurde noch dadurch verstärkt, dass die Banken mit viel zu hohen Beträgen, im Vergleich zu ihrer Eigenkapitalquote, gezockt haben. Das is ja der hauptsächliche Grund wieso viele große Banken ins Wanken geraten sind. Leider sehe ich hier auch kein gravierendes Umdenken. Die von dir beschrieben Kreditvergabepolitik unterstreicht dies nur.

Mittlerweile glaube ich, dass sich zukünftig generell wenig ändern wird. Wahrscheinlich werden wir dieses mal mit den gleichen Mitteln, die die Krise ausgelöst haben, diese Krise überstehen um zukünftig den totalen Kollaps der Finanzmärkte zu erleben.

Die Politk scheint mir gegenüber der Wirtschaft relativ machtlos zu sein. Nach anfänglichem Aktionismus sind viele richtige Maßnahmen, wie zum Beispiel die Steuern auf Finanztransaktionen oder höhere Steuern auf Boni im Sande verlaufen oder kamen nur kurzfristig zum Einsatz. Nichts spricht im Moment für eine nachhaltige Änderung des Finanzwesens.

Insbesondere die amerikanische FED gibt eigentlich immer und immer wieder nur die gleichen Antworten. Niedrigere Zinssätze, Erhöhung der Geldmenge und eine Ausweitung der Staatsverschuldung. Irgendwann werden die öffentlichen Haushalte einer Konsolidierung ihrer Finanzen nicht mehr ausweichen können. Vermutlich werden sie diesmal versuchen, dies durch eine höhere Inflation hinzubekommen. Klappt dies nicht, warten auf uns die 30er Jahre.

» DerRaucher » Beiträge: 161 » Talkpoints: 9,79 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^