Praktikum vorzeitig abbrechen wann legitim?

vom 03.04.2020, 15:15 Uhr

Eine unserer Praktikantinnen hat mir im Vertrauen erzählt, dass sie überlegt, im Mai ihr halbjähriges Praktikum abzubrechen. Durch die Coronakrise arbeitet sie wie alle anderen im Home Office uns hat dadurch kaum etwas zu tun. Eigentlich muss sie seit mehreren Wochen nur Stammdaten einpflegen und auch für April ist keine Besserung in Sicht. Auch vor Corona hatte sie sich bereits beschwert, dass sie zu viel Sachbearbeitung zu erledigen habe und das Praktikum sie weder fachlich noch persönlich weiterbringe. Allgemein scheinen die Praktikanten bei uns nicht zufrieden zu sein, denn von einer aus einer anderen Abteilung hatte ich schon ähnliche Aussagen gehört.

Ich finde es eigentlich gut und mutig, ein Praktikum auch mal abzubrechen, wenn man sich ausgebeutet fühlt oder keinen Mehrwert darin sieht. Natürlich gehören zu den meisten Praktika auch unliebsame Aufgaben, andererseits ist so etwas in erster Linie zum Lernen da und wenn man das Gefühl hat, nichts zu lernen, sehe ich ich auch keinen Sinn im Weitermachen. Andererseits hätte ich Angst, so etwas bei späteren Vorstellungsgesprächen rechtfertigen zu müssen. Wenn man schon bei Praktika hohe Forderungen stellt und abbricht, kann das für andere Arbeitgeber schon abschreckend wirken.

Habt ihr schon mal ein Praktikum abgebrochen oder zieht ihr so etwas eher durch? Meint ihr, ein abgebrochenes Praktikum kann später Probleme nach sich ziehen?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Grundsätzlich dient ein Praktikum ja dazu das Berufsbild kennen zu lernen und zu schauen ob die persönlichen Stärken und Schwächen mit dem Beruf bzw. den Vorstellungen dazu vereinbar sind. Es ist in meinen Augen also völlig in Ordnung wenn man ein Praktikum abbricht, gerade wenn man daraus keinen Erfolg bzw. Nutzen ziehen kann. Allerdings muss man sich natürlich auch bewusst sein, wie du bereits selbst geschrieben hast, dass man als Praktikant nun mal nicht nur anspruchsvolle Aufgaben bekommt, sondern auch einmal für einfachere Hilfsarbeiten wie Stammdatenpflege, Scan- & Kopierarbeiten, Ablage etc. herangezogen wird.

Allerdings kommt es auch immer darauf an, warum bzw. zu welchem Zweck man das Praktikum begonnen hat und was die Konsequenzen des Abbruchs wären. Ein halbjähriges Praktikum klingt mir ganz danach als wäre es ein Pflichtpraktikum für ein Studium oder für die Fachoberschule. Solche Pflichtpraktika sind ja zum Weiterkommen dringend erforderlich. Die Frage die sich mir also stellen würde wäre, ob es eine Alternative gäbe.

Praktika sind ja auf keine festen Praktikumszeiträume festgelegt. Man kann u.a. ja auch freiwillige kürzere Pratika, 2 Wochen, 1 Monat usw., machen. Insofern finde ich nicht, dass sich ein kurzes Praktikum negativ auf den Lebenslauf auswirkt. Sollte in einem Praktikumszeugnis der vorzeitige Abbruch erwähnt werden, kann man das ja getrost rechtfertigen. Man kann ja sagen, dass man festgestellt hat, dass dieser Aufgabenbereich nicht mit den persönlichen Vorstellungen übereingestimmt hat bzw. das Praktikum einen nicht weitergebracht hat.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich kann mir unterschiedlichste legitime Gründe für einen Praktikumsabbruch vorstellen. Allen voran gehen natürlich gesundheitliche Gründe und Risiken, beispielsweise durch eine längerfristige Erkrankung, durch Überstrapazierung von chronisch belasteten Körperteilen oder durch Schwangerschaft und Sorge um Gefahren für das Ungeborene. Aber auch mangelndes Interesse und wenig Spaß an der Tätigkeit, schlechte Betreuung oder ein unangenehmes Arbeitsklima sind Dinge, mit denen man sich in meinen Augen nicht unnötig monatelang herumquälen muss, wenn man gegebenenfalls bessere Alternativen finden kann. Ein Praktikum ist in der Regel ja auf freiwilliger Basis aufgebaut und Teil der persönlichen Fort- und Weiterbildung, und da muss jeder für sich entscheiden, ob ihm das wichtig genug ist, Strapazen auf sich zu nehmen, oder nicht.

Aktuell habe ich einen Praktikumsabbruch wegen der Corona-Krise an meinem Arbeitsplatz mitbekommen. Eine junge Studentin hat ihren Einsatz von 4 auf 2 Wochen verkürzt, weil sie durch nahezu täglich zunehmende Einschränkungen für externe Personen so gut wie gar nichts mehr machen und mitbekommen könnte und mehr oder weniger nur ihre Zeit abgesessen hat. Sie wurde quasi nur noch als Risikofaktor behandelt, und das hat mir zuletzt auch total Leid getan, weil sie eigentlich sehr engagiert und motiviert war. Daher haben wir ihr auch angeboten, zu einem späteren Zeitpunkt nach der Krise nochmal zu uns zu kommen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



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