Obdachlose näher kennenlernen wollen?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich nie großartig mit Obdachlosen unterhalte, selbst wenn ich an ihnen vorbei komme. Ich begegne ab und an Obdachlosen in der Bahn, wo sie Pfandflaschen sammeln. Am Bahnhof wird man auch mal direkt angebettelt oder in der Innenstadt betteln sie an entsprechenden Standorten um Geld. Ich habe aber offen gesagt gar keine Lust und gar keine Zeit mich mit ihnen auseinander zu setzen, sie über ihr Leben auszufragen und sie näher kennenzulernen.
Eine Bekannte von mir versteht mein Verhalten nicht. Sie neigt dazu, sich dann mit den Obdachlosen unterhalten zu wollen und sie eben näher kennenzulernen. Bei einem hat sie zum Beispiel herausgefunden, dass dieser täglich irgendwelche Medikamente einnehmen muss und deswegen kauft sie ihm jeden Tag Wasser, damit das eben leichter geht. Sie scheint aber auch die Zeit dafür zu haben, sich mit den Obdachlosen im Einzelnen zu befassen. Kinder hat sie keine und sie ist Hausfrau. Wie ist das bei euch? Wollt ihr Obdachlose immer näher kennenlernen und verwickelt sie in ein Gespräch? Oder ist euch das egal?
Ich habe mit Obdachlosen keine guten Erfahrungen gemacht. Damals gab ich ihnen ab und zu Geld, aber dann landeten diese Obdachlosen immer in einer Kneipe.
Und woher weißt deine Bekannte, dass diese Obdachlosen nicht lügen? Vielleicht wollen sie einfach eine gute Beziehung aufbauen, damit ihnen die Leute später auch Geld geben. Ich vertraue den Obdachlosen gar nicht. Ich würde den Obdachlosen nicht näher kennenlernen, weil meiner Meinung nach ist die Mehrheit nur darum bemüht, Geld zu bekommen.
Ich habe mich durchaus auch schon mit Obdachlosen unterhalten, wenn es sich angeboten hat. Ich sehe darin auch kein großes Problem. Meistens sind sie ja doch den ganzen Tag für sich und da tut es ihnen ganz gut. Eine Zeit lang musste ich immer mit der Bahn fahren und da die gerne mal zu spät kam saß ich im Winter dann schon mal neben Obdachlosen, die sich im Bahnhof aufwärmen wollten. Ich habe ihnen dann ein Getränk ausgegeben und dann kam man eben ins Gespräch.
Ich möchte nun nicht jeden näher kennenlernen, aber ich sehe auch kein Problem darin mich mit Obdachlosen zu unterhalten. Vor allem haben die ja teilweise wirklich interessante Geschichten zu erzählen. Man muss ja nicht jeden Obdachlosen gleich mit schlimmen Dingen verbinden, ihm gleich eine Sucht unterstellen oder sonst irgendetwas.
In meiner Jugend hingen meine Freunde und ich viel am Bahnhof rum, weil in unserem Kaff nicht viel los ist. Da haben wir uns auch mit Obdachlosen unterhalten, die dann teilweise auch wochenlang mit uns abhingen. Wir waren ja praktisch fast selber welche.
Heute würde ich mich auch ohne Weiteres mit Obdachlosen unterhalten, wenn sich die Gelegenheit ergeben würde. Aber ich bin generell niemand, der auf andere so einfach zugeht und ich würde sie auch nicht nach ihrer Lebensgeschichte ausfragen. Das mache ich ja mit anderen Personen auch nicht, sie nach allen Details und Leiden zu fragen.
Dass sie lügen, um an Geld zu kommen, würde ich gar nicht annehmen. Ihr Leben ist halt nicht so besonders toll, sie haben andere und größere Probleme als "Normalsterbliche" und sie brauchen nun mal Geld. Da sehe ich nichts Verwerfliches dran, wenn sie von ihren Problemen erzählen, wenn man sich ihnen zuwendet und sich dann auch über Geld freuen.
Ich käme mir verlogen und heuchlerisch vor, wenn ich ausgerechnet Obdachlose wegen ihres tatsächlich oder vermeintlich schlimmen Schicksals kennenlernen wollen würde. In meinen Augen steht bei solchen Anwandlungen weniger der Mensch als Gegenüber im Vordergrund, sondern eher das egoistische Bedürfnis, sich selber als guter, moralisch wertvoller Mensch fühlen zu können, weil man auch die Ungepflegten und Müffelnden nicht ignoriert. Wenn ich mich fragen müsste, ob ich den Typen auch anquatschen würde, wenn er rasiert wäre und eine Laptoptasche tragen würde, wäre das für mich grundsätzlich der falsche Grund, mit jemandem ein Gespräch anzufangen.
Allerdings muss ich auch dazu sagen, das ich generell kein sehr kontaktfreudiger Mensch bin, weswegen ich mir doppelt und dreifach blöd vorkommen würde, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe "näher kennenlernen" zu wollen, und andere dafür zu ignorieren. Wer sagt denn, dass der Anzugträger oder die Frau mit dem Kopftuch keine interessanten Geschichten zu erzählen hat? Aber ich finde eben, dass sie mich erstens nichts angehen und zweitens nicht wirklich interessieren.
Und wunder was darauf einbilden würde ich mir auch nicht, jemanden großzügigerweise die Wasserflaschen nachzutragen. Ich selber bin mir auch nicht zu schön, irgendwo auf dem Klo aus dem Wasserhahn meine eigene Wasserflasche nachzufüllen, weswegen ich das auch meinen Mitmenschen durchaus zumuten würde. Ich kann mit dieser Art des plumpen Gutmenschentums einfach nicht viel anfangen.
Ich möchte ehrlich gesagt im Allgemeinen nicht viele Menschen kennenlernen und deren Schicksale weiter hören. Es tut mir natürlich bei vielen Menschen leid, was denen passiert und widerfahren ist, aber man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen. Ich bin keine Mutter Theresa und möchte ich auch nicht sein. Ich kann mir nicht das Leid von tausenden Obdachlosen anhören, wenn ich daran vermindert etwas helfen kann.
Zumal ich der Typ bin, der in vielen Belangen auch die Politik in gewissen Maßen mitschuldig sehe. In Berlin und Hamburg gibt es mehr Einrichtungen für Obdachlose von Suppenküchen, Beratungsstellen, Duschen bis zur einfachen Übernachtung als in meiner Stadt. Hier wird eins nach dem nächsten dicht gemacht und von der Kommune von A nach B werden die Obdachlosen sowie in einem Topf geworfenen Junkies gebracht, weil ja angeblich ALLE so nerven würden.
Ich kenne einige davon, weil ich mal in der Diakonie mit ehrenamtlich gearbeitet habe. Die grüßen mich bis heute und sie sind jetzt nicht der tragische Fall, wie man es sich oftmals "wünscht". Sie hatten keine Lust auf Arbeit, sagt der eine offen, kein Bock auf das Leben mit Wohnung usw und er ist frei. Der andere ist in puncto Freiheit derselben Meinung. Das muss auch jeder für sich wissen, sie nerven aber niemanden, sind ehrlich nett und tun mir nichts. Daher gibt es auch mal hier ein Brot, da ein Brötchen usw.
Ich möchte mich aber auch im Allgemeinen nicht entscheiden, welchen Obdachlosen ich kennenlernen möchte, welchen Drogenabhängigen usw. Ich kann nun einmal nicht für alle da sein, das muss man akzeptieren können und wenn man sich selber am besten kennt, weiß man auch, was einem gut tun würde oder nicht.
Ich kenne eine mittlerweile Obdachlose Dame, die hat wirklich ein hartes Schicksal hinter sich. Ihr Mann und beide Kinder sind tot, daraufhin ist sie dem Alkohol verfallen, wohnt auf der Straße und redet immer mit ihnen. Sie tut niemanden etwas, sie reflektiert auch recht gut, aber das Schicksal hat ihr alles genommen. Noch solche Schicksale, kann ich auch nicht packen, weil mir das alles zu sehr leid tut und ich mich frage, wieso die Welt manchmal so gemein sein kann.
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