Mobbing im Internet erfolgreich anzeigen?

vom 11.06.2017, 09:53 Uhr

Eine Freundin wird seit geraumer Zeit im Internet von einer Person gemobbt. Sie hat zu Anfang immer noch gedacht, dass sich dies irgendwann legen würde und der Mobber einfach den Spaß daran verlieren würde. Auch hat sie dann versucht, dies einfach zu ignorieren.

Irgendwann musste sie aber doch zugeben, dass es sie nicht nur nervte, sondern auch wirklich an die Substanz ging. Sie hat dies dann auch wohl ihrem Partner erzählt, der dann meinte, dass er sich das nicht mehr lange anschauen würde und die mobbende Person dann anzeigen würde. Er meinte wohl, dass es mittlerweile sogar hohe Geldstrafen dafür geben würde, wenn jemand Mobbing betreiben würde.

Ich dachte bisher immer, dass es gar nichts bringt, Mobbing in irgendeiner Form zur Anzeige zu bringen. Ich bin davon ausgegangen, dass bei einer solchen Anzeige nichts weiter passieren würde und dies sich irgendwann im Sande verläuft. Ist es mittlerweile anders? Wird Mobbing da doch ernster genommen und kann man dies wirklich erfolgreich anzeigen? Habt ihr schon Erfahrungen damit gemacht? Wird dieses Thema nun ernster genommen, als noch vor ein paar Jahren? Macht es da einen Unterschied, ob es sich um Mobbing im Internet oder um Mobbing am Arbeitsplatz handelt?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich finde Sorae hat in diesem Beitrag schon sehr gut erklärt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt bzw. dass nicht alles tatsächlich Mobbing ist, was für Mobbing gehalten wird. Meiner Meinung nach gibt es auch keine rechtliche einheitliche Definition von Mobbing.

Ich kenne auch Menschen, die empfinden alles als Mobbing, was von ihrer Meinung abweicht. Da würde es schon als Mobbing gewertet werden, wenn man sagen würde, dass die Person lieber grün statt blau tragen sollte, weil die Farbe besser kleidet.

Ohne eindeutige Definition von Mobbing, die es im rechtlichen nicht gibt und ohne Beweise glaube ich kaum, dass eine Anzeige erfolgreich verlaufen würde. Ich habe auch mal einen sehr interessanten Artikel gelesen wo es darum ging, dass man die Mechanismen dahinter verstehen sollte und den Konflikt an sich, um das Problem zu lösen. Eine Anzeige würde meiner Ansicht nach eher im Sande verlaufen und nicht wirklich verfolgt werden und der Konflikt wird dadurch auch nicht wirklich gelöst.

Eine Aktion kann immer eine Reaktion zur Folge haben. Also sollte man sich meiner Meinung nach gut überlegen ob und wen man anzeigt und aus welchem Grund. Denn das kann ganz schnell nach hinten losgehen und entsprechende Gegenanzeigen hageln, wenn man nicht aufpasst, gerade wenn man die Person gut genug kennt um zu wissen, was die anzeigende Person alles für Leichen im Keller hat. Ist natürlich immer vom Einzelfall abhängig und von der Personenkonstellation.

Man hat mir mal in einem Fall mit dem Anwalt und einer Anzeige gedroht, wobei mir das aber ziemlich egal gewesen ist. Denn es hatte keine rechtliche Grundlage. Wenn man mich also angezeigt hätte, hätte ich genau gewusst, welche Gegenanzeigen ich starte, weil ich von illegalen Aktionen der Person wusste. Da hätte ich im Umkehrschluss wirklich eine Rechtsgrundlage gehabt und ich hätte auch keine Hemmungen gehabt, dieses Wissen einzusetzen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich denke aber, dass man sich ja schon irgendwie gegen Mobbing wehren sollte und muss. Im Fall meiner Freundin handelt es sich wirklich um Mobbing, da habe ich teils lesen können, was da im Internet geschrieben wurde. Ich denke auch nicht, dass der Mobber gegen meine Freundin irgendwas verwenden können, um eine Gegenanzeige zu starten. Vor allem wüsste man dann ja ganz offensichtlich, dass es sich um eine Racheaktion oder Retourkutsche handeln würde.

Ich war sonst auch immer der Meinung, dass man irgendwie anders gegen Mobbing vorgehen sollte. Aber teils nimmt dies ja immer mehr zu und ich denke einfach, dass diese Personen nicht einfach so davon kommen sollten. Ich denke jedoch, dass man das eben auch vom jeweiligen abhängig machen sollte.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Bei meinem Beispiel war nicht von Mobbing die Rede. Da hat mir jemand eine Anzeige angedroht wegen vermeintlicher Verleumdung und Rufmord, was absolut weder Hand noch Fuß hatte und die besagten Personen, vor denen ich derartige Äußerungen gemacht haben soll, hätten das auch bezeugen können, dass da absolut nichts dran war und ich nichts dergleichen gesagt oder getan habe. Da hätte ich aber gewusst, wie ich mich eben wehren würde.

Tut mir Leid Nelchen, aber ich glaube nicht, dass du in dem Fall unparteiisch bist. Wenn deine Freundin sich gemobbt fühlt ist es doch schon fast logisch, dass man als Freundin zustimmt, zumindest machen das die meisten unabhängig von der eigenen Meinung. Mag sein, dass du der Meinung bist, dass man gegen deine Freundin nichts in der Hand hätte, aber ich wäre da schon vorsichtiger. Jeder hat irgendwo eine Leiche im Keller oder irgendwelche Schwachpunkte, die sich für Racheaktionen benutzen lassen, man ist nur manchmal total betriebsblind und sieht das gar nicht und dann ist hinterher der Schock groß.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich denke, dass man sich durch eine eventuelle Gegenanzeige nicht abschrecken lassen sollte. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder sich deswegen einschüchtern lassen würde? Dann würde wohl niemand wegen irgendwas noch angezeigt werden und man könnte sich erlauben was man wollte.

Da passt der Spruch ganz gut " Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen". Vielleicht hat der Mobber meiner Freundin ja noch mehr Dreck am Stecken und würde sich damit selbst aus reinreiten, wenn er sie wegen irgendwas aus Rache anzeigen würde.

Ich denke, dass es zu einfach wäre, wenn man sich auf Grund einer möglichen Gegenanzeige, dagegen entscheidet einen Mobber anzuzeigen. Ich rede auch nur davon, wenn eben wirklich Mobbing besteht und sich die Person das nicht etwa nur einbildet.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich denke, dass du da recht hast. Ich persönlich würde mich von eventuellen Gegenanzeigen (siehe Verleumdung, soll häufiger vorkommen) auch nicht wirklich abschrecken lassen. Das ist aber eine Sache, auf die ich mich innerlich vorbereiten würde nur für den Fall der Fälle, wenn ich eine Anzeige planen würde. Ich habe kürzlich zum Beispiel darüber nachgedacht, ob ich einen Händler wegen Betrugs anzeige und habe dann auch überlegt, ob ich mich in so einem Fall auf eine Verleumdungsklage einstellen müsste.

Das Problem beim Mobbing ist aber, dass man eben beweisen muss als Opfer, dass das ganze systematisch und über längere Zeit passiert ist und dass man gezielt Opfer geworden ist. Das lässt sich schwer beweisen und ich habe mal gelesen, dass die allermeisten Klagen im Fall von Mobbing fallen gelassen werden, weil die Vorwürfe zu schwammig formuliert waren und man gar keine Beweise in dem Sinne hatte. Das Gericht hat das Verfahren dann eingestellt.

Oftmals ist es bei Mobbing ja auch so, dass wirklich sämtliche Kanäle benutzt werden, um ein Opfer wirklich fertig zu machen. Ich denke da zum Beispiel an einen Fall mit einer früheren Kollegin. Sie machte mich erst bei jedem Treffen fertig, dann bekam ich entsprechende Anrufe, als ich ihr aus dem Weg gegangen bin. Als ich dann nicht mehr ans Telefon ging, spamte sie mich mit SMS bzw. WhatsApp-Nachrichten voll. Ich bin sicher, wenn sie noch meine Kontaktdaten wie Email oder Facebook gehabt hätte, wäre sie da bestimmt aktiv geworden. Adresse hatte sie, tauchte aber nie dort auf.

Als ich also auf alles nicht reagiert habe, hat die Kollegin dann sogar "Briefe" hinterlassen, die dann herumlagen, wenn ich zur Arbeit gekommen bin. Das waren dann so Briefe, wo das so aussah, als hätte man sie einer anderen Kollegin geschrieben, in deren Inhalt ich aber übelst beschimpft worden bin. Ich habe die Beweise fleißig gesammelt und den Brief abfotografiert, ich konnte hinterher genau sagen, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit was gesagt oder getan worden ist und wie stark das ganze mit der Zeit zugenommen hat. Damit hatte ich dann was in der Hand und konnte mich wehren ohne Anzeige aber durch den Chef.

Bei Internet-Geschichten ist das ja nochmal was anderes, wobei ich da auch nicht alles als Mobbing empfinde. Ich hatte mal eine Mitschülerin, die sich beschwert hat, sie würde im Internet gemobbt werden. Es stellte sich dann beim konkreten Nachfragen heraus, dass sie in einem Diskussionforum aktiv gewesen ist und man sich zu bestimmten Verhaltensweisen oder Denkweisen von ihr eben kritisch geäußert hat, aber eben, weil sie als Threaderstellerin konkret nach der Meinung der User gefragt hat.

Es hat keine SMS, keine Nachrichten über Email, Facebook oder Telefon gegeben, auch wenn einzelne User diese Kontaktdaten gehabt haben laut ihren Angaben. Daher lag meiner Meinung nach nicht wirklich Mobbing vor, auch wenn sie das behauptet hat. Ich finde Sorae hat das schon ganz treffend ausgedrückt, manche Menschen bezeichnen schon härtere Kritik als Mobbing, obwohl gar kein Mobbing vorliegt.

Ich habe nämlich die Beiträge gelesen und dort hieß es nirgendwo "Du bist blöd" oder "Du bist fett" oder wie auch immer. Es wurde höchstens eine Einstellung oder Verhaltensweise in bestimmten Situationen kritisiert, was aber mit der Person an sich nichts zu tun hatte. Offensichtlich konnte sie mit Kritik nicht wirklich umgehen. Sie hat sich dann auch oft bei den Moderatoren beschwert, weil die anderen User sie angeblich beleidigen würden, aber interessanterweise wurde fast nie ein Beitrag gelöscht. Da frage ich mich dann erst recht wie man in diesem konkreten Fall meiner früheren Mitschülerin auf die Idee kommt, gemobbt zu werden aber naja.

So etwas hätte man dann nie erfahren, wenn man nicht konkret nachgefragt hätte. Angeblich würde ein bestimmter User sie immer in jedem Beitrag als blöd beschimpfen, aber als ich von ihr Beweise haben wollte für diese Behauptung, konnte sie komischerweise keine liefern. Auf die besagten Beweise warte ich bis heute und das ist mittlerweile Jahre her. Das Internet vergisst ja auch nichts, also hätte der besagte User auch keine Beweise vernichten können. Der Fall meiner früheren Mitschülerin ist für mich nur ein Zeichen von Überempfindlichkeit und nichts weiter.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Mobbing ist kein Straftatbestand. Eine Anzeige wegen Mobbing kann also keinen Erfolg haben. Möglich wäre eine Anzeige wegen Beleidigung, das wird aber schnell eingestellt, denn häufig fehlt das öffentliche Interesse und die Tat ist geringfügig. Nachstellung, also Stalking könnte Erfolg haben, wenn die Aktionen dazu ausreichen. Wenn Fake-Profile erstellt werden oder Bilder veröffentlicht werden, kann man über Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehen.

Die Aussichten sind aber nicht rosig. Der Privatklageweg mit dem Wunsch auf Unterlassung steht natürlich offen. Aber das verursacht Kosten und vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Das ist also auch nicht unbedingt der Königsweg. Meist bleibt nur, es allein zu regeln.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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